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Archiv "Dänemark: Keine Stellen für „Reserveärzte“" (09.05.1974)

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Bericht und Meinung DER ARZT IN EUROPA

DÄNEMARK

Keine Stellen für „Reserveärzte"

Dänemarks Hochschulabsolventen vor ungewisser Zukunft

Anfang dieses Jahres erschien in einer Kopenhagener Vorortzeitung folgendes Inserat: „Junger Arzt sucht irgendeine Stelle, um seine Familie ernähren zu können. Alles kommt in Frage." Der Inserent, Hugo Östergaard, 27 Jahre alt, ver- heiratet und Vater zweier Kinder, befand sich in demselben Dilemma wie weitere 300 frisch gebackene dänische Mediziner: Sie haben zwar ihr Hochschulstudium abge- schlossen, müssen jedoch nach den dänischen Bestimmungen, be- vor sie selbstverantwortlich ärztlich arbeiten dürfen, noch ein zweijähri- ges Praktikum als „Reservearzt" in verschiedenen Krankenhausabtei- lungen absolvieren. Solche Prakti- kantenstellen aber sind noch auf Jahre hinaus durch frühere Ex- amensjahrgänge blockiert, da der Ausbau der Stellenpläne nicht mit der wachsenden Zahl der Medizin- studenten Schritt hielt.

So gibt es im Königreich Dänemark jetzt das Paradoxon, daß einerseits Ärzte vor allem in der Allgemein- medizin fehlen und andererseits in diesem Jahr Hunderte junger Ärzte arbeitslos sind und stempeln ge- hen. Die Zahl derer, die ihre Aus- bildung nicht fortsetzen können, wird nach dem zweiten Prüfungs- termin Ende dieses Jahres auf rund 500 steigen: Jährlich können 300 Reservearzt-Stellen besetzt wer- den, doch schließen allein 1974 rund 800 Medizinstudenten ihr Stu- dium in Dänemark ab. Bis 1987 wird, sollte es bis dahin keine radi- kale Änderung des Ausbildungswe- ges geben, die Zahl der arbeitslo- sen Ärzte in Dänemark auf 3000 an- gestiegen sein.

Was Wunder, daß der Dekan der medizinischen Fakultät der Univer- sität Aarhus, Professor Dr. med.

Palle Juul-Jensen, die jungen Ärzte in seiner Abschiedsrede nach dem Wintersemester die „sozialen Ver- lierer dieser Gesellschaft" nannte.

Wie kam es zu dieser (theo"

schen) „Überproduktion" . Jun- gen Medizinern?

Der Vorsitzende des Vereins jünge- rer Ärzte (Forening af Yngre Lä- ger), Gunnar Schiöler, Kopenha- gen, erläutert das so: „Bei der Ex- pansion des Hospitalwesens in Dä- nemark in den fünfziger Jahren entstand ein gewisses Vakuum da- durch, daß plötzlich viele Oberärz- te benötigt wurden. Entsprechend attraktiv wurde der Arztberuf. Es gibt an Dänemarks Krankenhäu- sern rund 5000 Arztstellen, davon etwa 1200 für Oberärzte und 3800 für jüngere Ärzte, das heißt für Re- serveärzte. Bis vor etwa zwei Jah- ren gab es bei der Besetzung die- ser Stellen Schwierigkeiten, so daß man sich aussuchen konnte, wo man hinwollte. Dann wuchsen je- doch die Mediziner nach, die sei- nerzeit durch die wachsende At- traktivität das Medizinstudium wählten — die Zahl der Absolven- ten verdoppelte sich in anderthalb Jahren, ohne daß jedoch die Zahl der Stellen wuchs."

Gerd Poulsen, der Direktor des Vereins, ergänzt: „Die Erweiterung der Stellenpläne ist natürlich eine Geldfrage, und Geld fehlt uns in Dänemark." Nachdem nun der Druck auf die Praktikantenstellen wuchs, kam die sonst übliche Ro- tation, durch die die jungen Ärzte möglichst verschiedene Fachgebie- te kennenlernen sollten, zum Ste- hen: Wer eine Reservearztstelle hat- te, wagte nicht, sie zu kündigen, be- vor er eine neue hatte. Ein fristge- mäßes Nachrücken neuer Stellen- bewerber ist dadurch unmöglich.

Der Verein jüngerer Ärzte — und mit ihm mittlerweile auch viele dä- nische Politiker — versuchen nun, an dieser Situation etwas zu än- dern. Gunnar Schiöler: „Kurzfristig streben wir mehr Stellen an, lang- fristig eine Änderung des Ausbil- dungsweges."

Von den Vorsch!' einiger Ex- perten wie 7' ..Jeispiel von Ober- arzt ‘ 1 ? Villum Christiansen ..arselisborg Hospital in Aar- . aus, hält Schiöler dagegen wenig.

Ginge es nach ihnen, so sollten die arbeitslosen Ärzte zunächst den Mangel an Krankenpflegern wenig- stens zeitweise beheben helfen.

Arzt Schiöler: „Wer das vorschlägt, weiß nicht, welche Anforderungen an Krankenpfleger gestellt werden, die mit der ärztlichen Ausbildung recht wenig zu tun haben — einmal abgesehen davon, daß viele Medi- zinstudentinnen und -studenten während des Studiums Geld ver- dienen, indem sie nachts und an

BLÜTENLESE

Honni soit qui mal y pense Empfindliche Gemüter wer- den täglich durch die Bunt- zeitungen geschockt, falls sie sie lesen. Wie züchtig lebten doch noch unsere Eltern, als sie noch jung waren. Da hält mir dieser Tage jemand eine Annonce aus dem Jahre 1908 unter die Nase:

„Grazer Klub. Heute Kostüm- ball. Beginn 9 Uhr. Zufahrt Jungferngasse. Abfahrt Frau- engasse."

Ich weiß nicht, was es dabei zu grinsen gibt! Für mich sagt die Anzeige lediglich, daß es schon damals voraus- schauende Verkehrsexperten gab, die unserem Lauritzen hätten das Wasser reichen können. Dr. Fleiß

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 19 vom 9. Mai 1974 1375

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Die Information:

Bericht und Meinung DER ARZT IN EUROPA

den Wochenenden als Krankenpfle- ger oder Krankenschwestern tätig sind."

Als Soforthilfe für die arbeitslosen Ärzte wird im Kopenhagener Innen- ministerium erwogen, diese von der Krankenhaus-Pflichtzeit zu ent- binden. „Das aber würde den Wert der Ausbildung sicherlich verrin- gern", meint der Sprecher der jüngsten Aarhus-Dimittenden, Arzt Henrik Melchiors. Gunnar Schiöler sieht noch eine andere Möglich- keit: den „Export". In den letzten Jahrzehnten hatte Dänemark schon immer eine größere Zahl junger Ärzte in die skandinavischen Nach- barländer exportiert, da damals noch mehr Ärzte als benötigt „pro- duziert" wurden, andererseits aber besonders in den nördlichen Teilen Norwegens und in den Ödland- schaften Mittel- und Nordschwe- dens Ärztemangel herrschte und diese Länder den Mangel durch at- traktive Angebote zu beheben wuß- ten. Kamen die jungen dänischen Ärzte nach einigen Jahren mit er- heblicher „Felderfahrung" nach Dänemark zurück, waren sie um- worbene Anwärter auf frei werden- de Oberarzt- oder Landarztstellen.

Inzwischen kann jedoch vor allem Schweden spätestens in zwei Jah- ren seine Arztstellen durch Landes- kinder besetzen. Aus diesem Grun- de zieht es nicht wenige junge Dä- nen in die USA (DEUTSCHES ÄRZ- TEBLATT Heft 8/1974, Seite 513).

„Näherliegend wäre jedoch in je- der Hinsicht Deutschland", sagt Gunnar Schiöler, „die meisten Stu- denten hatten Deutsch auf dem Gymnasium, und es ist nicht so weit bis nach Hause." Sein Verein will sich deshalb einmal besonders für die Angebote an Assistenzarzt- stellen in der Bundesrepublik inter- essieren. Im übrigen: Wenn die Richtlinien der Europäischen Ge- meinschaft über die gegenseitige Anerkennung der Diplome und die Freizügigkeit der Ärzte im Neuner- Europa in Kraft treten, gibt es für die dänischen Jungärzte keine Hin- dernisse mehr, südwärts zu wan- dern. Aber: Die Institution „Reser- vearzt" ist eine der noch bestehen-

den Schwierigkeiten für die Verab- schiedung dieser Richtlinien durch die EG-Instanzen. Ernstwalter Clees PS. Der junge Arzt Hugo Öster- gaard ist inzwischen Reservearzt am renommierten Reichshospital in Kopenhagen. Nachdem „Politiken"

ihren Lesern an seiner Person die Not der jungen dänischen Ärzte vorgestellt hatte, wurde er von Stel-

lenangeboten nur so überrannt. Au- ßer Kiesgrubenarbeiter und Fen- sterputzer konnte er auch Reserve- arzt werden, und hier sagte er so- fort ja. Aber auch die anderen Stel- lenangebote ließ Hugo Östergaard nicht verfallen: Er gab sie an be- freundete, arbeitslose Arztkollegen weiter. cle

ÖSTERREICH

Kurpfuscher- paragraph bleibt

Die Repräsentanten der österrei- chischen Ärzteschaft haben es in zähen Verhandlungen mit dem Ju- stizminister und dem Justizaus- schuß des Parlaments erreicht, daß bei der Reform des österreichi- schen Strafgesetzbuches der Kur- pfuscher-Paragraph bestehenge- blieben ist. Bei den Entwürfen, die seit 1960 zur Reform des Strafge- setzes vorgelegt worden waren, und auch in der letzten Regierungs- vorlage von 1971 war der Para- graph 343 des alten Strafgesetzbu- ches, der die Kurpfuscherei unter Strafe stellte, nicht mehr enthalten.

Offenbar war beabsichtigt gewe- sen, Kurpfuscherei zu einem blo- ßen „Verwaltungsvergehen", näm- lich einer Ordnungswidrigkeit ge- gen die Gewerbeordnung, zu ma- chen. Im neuen Strafgesetzbuch, das Ende vergangenen Jahres vom Parlament verabschiedet worden ist, steht der Kurpfuscher-Para- graph jedoch unter den Delikten.

Dieser Paragraph 184 bedroht die Ausübung einer Ärzten vorbehalte- nen Tätigkeit durch nicht ärztlich ausgebildete Personen mit Frei- heitsstrafe bis zu drei Monaten oder entsprechender Geldstrafe.

Dabei ist die Strafbarkeit auf die gewerbsmäßige Ausübung der Kur-

pfuscherei beschränkt, weil sonst Fälle menschlicher Hilfsbereit- schaft oder nachbarlichen Rates miterfaßt werden würden, die — wie es in der Begründung heißt — straf- rechtlich nicht unterbunden werden sollten.

WHO

Lebenserwartung für Frauen

wird ungünstiger

Nach Feststellungen des Londoner Professors Bernard Benjamin hat sich in den letzten Jahren in den europäischen Ländern der Unter- schied in der durchschnittlichen Lebenserwartung zwischen Män- nern und Frauen verringert. Es gibt sogar Anzeichen dafür, daß die weibliche Mortalitätsrate zunimmt.

Nach den Ermittlungen von Profes- sor Benjamin, der zu diesem Zweck Statistiken der Weltgesund- heitsorganisation für die Jahre von 1950 bis 1970 auswerte, liegt der Grund für diese Entwicklung nicht in einem schnelleren Zunehmen der Lebenserwartung von Männern, sondern in einer Verlangsamung der Zunahme bei den Frauen.

Diese Entwicklung trifft zeitlich zu- sammen mit zwei Faktoren: der Zu- nahme des Zigarettenverbrauchs der Frauen und der Lebensjahre, in denen Frauen Zigaretten rauchen;

ferner der zunehmenden Berufstä- tigkeit der Frauen, die oft die dop- pelte Belastung durch Beruf und Haushalt und Mutterschaft ein- schließt.

Zusammen mit statistischen Aus- wertungen der Todesursachen, der Säuglingssterblichkeit und der Ent- wicklung der verschiedenen Krebs- arten kommt Professor Benjamin zu dem Schluß, daß in Zukunft nach den therapeutischen Fort- schritten der letzten Jahrzehnte die präventive Medizin in vielen euro- päischen Ländern mehr in den Vor- dergrund rücken wird. WHO

1376 Heft 19 vom 9. Mai 1974 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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