Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 144. April 2008 A709
A K T U E L L
Die Bilanz des Ärzteverbands
„Freie Ärzteschaft“ zur Protestwo- che fällt positiv aus. Er hatte die nie- dergelassenen Ärztinnen und Ärzte aufgefordert, ihre Praxen vom 25.
bis 28. März zu schließen. „Die Presseresonanz war unglaublich po- sitiv“, sagte Vorstandsmitglied Wie- land Dietrich dem Deutschen Ärzte- blatt. Außerdem habe sich eine nen- nenswerte Zahl von Ärzten an den Praxisschließungen beteiligt. Diet- rich schätzt aufgrund persönlicher Rückmeldungen, dass 30 000 Pra- xen geschlossen blieben. Allerdings sei es schwierig, die Zahlen zu be- legen. Die Beteiligung in den ein- zelnen Regionen sei zudem recht unterschiedlich gewesen.
Zurückhaltend waren die Ärzte offenbar in Bayern und Baden- Württemberg. Der Bayerische Haus- ärzteverband habe den Protest nicht aktiv unterstützt, weil er den Sys- temausstieg propagiere. Auch der Mediverband in Baden-Württem- berg habe sich zurückgehalten, weil
er sich in Vertragsverhandlungen zur hausarztzentrierten Versorgung mit der AOK befinde.
„Wir geben mit dieser Woche ei- nen kleinen Vorgeschmack darauf, was passiert, wenn eines der bes- ten Gesundheitssysteme der Welt mutwillig zerschlagen wird“, hatte der Präsident der „Freien Ärzte- schaft“, Martin Grauduszus, in sei- nem Protestaufruf kritisiert. Mit- glieder des Verbandes haben außer- dem Verfassungsbeschwerde gegen das GKV-Wettbewerbsstärkungs-
gesetz erhoben. HK
PRIVATE KRANKENVERSICHERUNG
Klage gegen Gesundheitsreform
30 private Krankenversicherungen haben beim Bundesverfassungsge- richt Klage gegen Teile der Gesund- heitsreform eingereicht. Das hat der Verband der privaten Krankenver- sicherung (PKV) mitgeteilt. Die Branche wendet sich vor allem ge- gen den Basistarif, den anzubieten die privaten Kassen ab Januar 2009 verpflichtet sind.
Die klageführenden Unterneh- men, die nach eigenen Angaben rund 95 Prozent aller Privatversi- cherten repräsentieren, werden von dem Berliner Verfassungsrechtler Helge Sodan vertreten. Die Ein- führung eines Basistarifs, der sich in den Leistungen an der gesetzlichen Krankenversicherung orientieren müsse, sei „eine entscheidende Ab- kehr von den bisherigen Versiche- rungsprinzipien der privaten Kran- kenversicherung“, sagte Sodan.
Mit dem Basistarif dürfen private Versicherer niemanden mehr wegen Krankheit oder Alter abweisen und deswegen auch nicht die Prämien erhöhen. Der Tarif darf nicht teu- rer sein als der durchschnittliche Höchstbetrag der gesetzlichen Kran- kenversicherung (GKV). In der Kritik der privaten Krankenversi- cherer stehen auch die GKV- Wahltarife sowie der Steuerzu- schuss in der GKV für die beitrags- freie Mitversicherung von Kindern.
Das Bundesgesundheitsministerium sieht die Klagen „gelassen“, wie eine Sprecherin mitteilte. Die Regelungen seien verfassungskon- form.
Nach den neuen Geschäftszah- len der PKV gab es 2007 weniger neue private Krankenversicherte. Mit 59 900 Personen lag der Neuzugang um etwa 50 Prozent unter dem Vor- jahresniveau (116 100 Personen).
Die Zahl der privaten Zusatzversi- cherungen stieg um 7,5 Prozent auf 19,78 Millionen an. ddp
Menschen, die morgens früh auf- stehen und fröhlich den Tag begin- nen, gelten gemeinhin als fleißig, dynamisch und erfolgreich. Spät- aufsteher dagegen haben einen eher schlechten Ruf. Doch das än- dert sich zurzeit. Jedenfalls in Däne- mark. Dort nämlich hat Camilla Kring dem morgendlichen frühen
Weckerklingeln den Kampf ange- sagt. „Warum sollen wir uns Ar- beitszeiten wie einst die Mönche und die Bauern aufzwingen lassen, wenn das im Computerzeitalter doch völlig überflüssig ist?“, fragt die Ingenieurin. Sie veröffentlichte ihre Thesen zuerst auf den Kuriosa- Seiten der Zeitung „Politiken“. Doch inzwischen erhält Kring immer mehr Unterstützung – auch von Wissen- schaftlern und Arbeitgebern. So macht nach Ansicht des dänischen Schlafforschers und Neurologen Morten Møller der harte Kern der Morgenmuffel sechs Prozent aus.
Insgesamt schätzen Wissenschaftler diese sogenannten B-Menschen auf 15 bis 25 Prozent. Die Kopenha- gener Stadtverwaltung bietet spezi- elle Jobangebote für Spätaufsteher an. „Langschläfer sind bei uns im Pflegesektor hochwillkommen,“
meinte der Kopenhagener Personal- chef Kim Maskell und kündigte neue Arbeitszeitmodelle an. „Lasst die Leute um elf zur Arbeit und um acht nach Hause gehen“, fordert Kring auf der Internetseite www.b- samfund.dk. Heute gehe es im Ar- beitsleben darum, „dass die Men- schen arbeiten, wenn sie am kreativsten sind“. In der Realität richte sich die Gesellschaft aber im- mer noch nach den Bedürfnissen derjenigen, die von acht bis 16 Uhr arbeiteten. In Dänemark scheint sich dies zu ändern. Doch ob sich der Trend auch in Deutschland durch- setzen wird, bleibt zu bezweifeln.
RANDNOTIZ
Gisela Klinkhammer
Im Staate Dänemark
FREIE ÄRZTESCHAFT
Protestwoche als erfolgreich gewertet
30 000 Praxen blieben nach Angaben der Freien Ärzte- schaft geschlos- sen.
Foto:dpa