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Archiv "Dumm gelaufen" (28.07.2000)

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lichen Belastung der einbehaltenen und der ausgeschütteten Gewinne sowie der Einkommensarten. Solche Einwände werden oft als Prinzipienreiterei abge- tan. Dabei wird dann verdrängt, dass nur die Beachtung sinnvoller und ratio- naler Besteuerungsprinzipien die steu- erliche Gerechtigkeit gewährleistet.

Das Prinzip, alle Einkommen ent- sprechend der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen gleich zu besteuern, gehört wohl endgültig der Vergangen- heit an. Bislang galt: Alle Einkommen werden unabhängig von der Quelle und Verwendung einem einheitlichen Ein- kommensteuertarif unterworfen; die Körperschaftsteuer hatte den Charak- ter einer Quellensteuer oder Steuer- vorauszahlung. Die von der Kapitalge- sellschaft gezahlte Körperschaftsteuer wurde beim Aktionär auf die Einkom- mensteuer angerechnet.

Nach dem neuen Recht wird von 2001 an der Gewinn der Kapitalgesell- schaft definitiv mit 25 Prozent belastet, gleichgültig, ob der Gewinn einbehalten oder ausgeschüttet wird. Der ausge- schüttete Gewinn wird dann noch ein- mal von der Einkommensteuer erfasst, allerdings nach dem neuen Gesetz nur zur Hälfte (Halbeinkünfteverfahren).

Dies begünstigt die Steuerpflichtigen mit höheren Einkommen und Steuer- sätzen, benachteiligt jedoch die Bezie- her kleinerer Einkommen, denn sie werden definitiv mit 25 Prozent belastet, selbst wenn sie sonst gar keine Einkom- mensteuer zu bezahlen haben. Dies be- nachteiligt den Kleinaktionär. Gegen das prinzipiell weit überlegene Anrech- nungsverfahren ist vorgebracht worden, dass dadurch Ausländer diskriminiert würden, weil Kapitaleigner, die nicht zur deutschen Einkommensteuer her- angezogen werden, die vom Unterneh- men entrichtete Steuer nicht erstattet erhalten. Das ist richtig. Es bleibt die Frage, ob dieses Problem nicht auch auf andere Weise zu regeln wäre. Für die rot-grüne Koalition ging es auch darum, Unternehmen besser zu stellen als Un- ternehmer. Die Reform hat daher auch eine ideologische Schlagseite. Dabei ist keineswegs gesichert, dass der im Un- ternehmen verbleibende Gewinn auch tatsächlich zur Schaffung neuer Arbeits- plätze in Deutschland und nicht auch zur Kapitalanlage genutzt wird. Falsch

ist die Unterstellung, dass ausgeschütte- te Gewinne dem Wirtschaftskreislauf entzogen werden; auch sie werden nicht nur konsumiert, sondern auch zur Finan- zierung von Investitionen eingesetzt.

Die Steuerreform führt ohne Zweifel in die richtige Richtung; sie wird das wirtschaftliche Wachstum stützen. Die Schwächen und Fehler der Reform wären jedoch zu vermeiden gewesen, wenn die Koalition den Mut zu einer wirklich großen Reform gehabt hätte.

Die ökonomische und die politische Konstellation wäre dafür günstig gewe- sen. Anzuerkennen ist, dass Rot-Grün in der Steuerpolitik einen Kurswechsel vollzogen hat, der auch Steuersenkun- gen für höhere Einkommen zulässt.

Dies wird jedoch dadurch beeinträch- tigt, dass künftig zwischen guten und schlechten Gewinnen unterschieden wird. Die falschen Weichenstellungen der Reform werden weiter wirken.

Wenn jetzt großspurig von einer Entlastung der Steuerzahler von rund 80 Milliarden Mark gegenüber 1998 ge- sprochen wird, so relativiert sich die Bedeutung dieser Zahl, wenn man weiß, dass Eichel mit der Reform nur auf die Hälfte der in den nächsten Jah- ren zu erwartenden Steuermehrein- nahmen verzichtet und die gesamten Steuereinnahmen schon bald den Be- trag von einer Billion übersteigen wer- den. Wir leben auch künftig nicht im Steuerparadies. Walter Kannengießer P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 97½½Heft 30½½28. Juli 2000 AA2007

D

a ist er ja wieder, der halbe Steuer- satz auf den Veräußerungsgewinn bei einer Betriebsaufgabe, gar- niert mit satten 100 000 DM Freibetrag.

In letzter Minute noch im Entschlie- ßungsantrag untergebracht als Hilfe für den Mittelstand. Wie der Phönix aus der Asche auf wunderbare Weise wieder auferstanden. Sicherlich eine gute Entscheidung

und hilfreich ab 2001.

Nun sind steu- erliche Wohltaten immer Balsam auf die geplagte Seele, die es in den letz- ten Jahren zuneh- mend schwieriger

fand, bei steigenden Steuern, Abgaben, Kosten und rückläufigen Einnahmen nicht zu verzweifeln. Nur, zu schade, ich habe nichts mehr davon. Denn ich habe meine Praxis ausgerechnet in diesem Jahre an einen Nachfolgerkollegen übergeben und darf somit noch den vollen Steuersatz bezahlen.

Die Altersvorsorge der Freiberufler beruht ja zu einem guten Teil neben der Rente aus den berufsständischen Ver- sorgungseinrichtungen auf dem Ver- kaufserlös des Betriebes. Das waren in meinem Fall also die Immobilie sowie materieller und immaterieller Praxis- wert. Und damit auch etwas übrig bleibt, gab es früher eben den ermäßig- ten Steuersatz.

Als ich mich für den Ruhestand nach über 30 Praxisjahren entschloss, war die

Welt noch in Ordnung, bis eben die neue Koalitionsregierung ab 1999 per Federstrich diese Sonderregelung bei Betriebsübergabe im Alter abschaffte.

Und auch wenn nachträglich immerhin wieder ein Freibetrag von 60 000 DM zugestanden wurde und sich durch die rechnerische Umlage auf fünf Jahre die Steuerlast etwas verringert, so bleibt es doch bei ei- ner empfindlichen (und wie ich es empfinde, willkür- lichen und unge- rechten) Schmäle- rung des eigentlich für die Altersvor- sorge eingeplan- ten Kapitals.

Als geduldiger Bürger und Kassen- arzt, dem schon oft Schwerverdauliches zugemutet wurde, habe ich das seinerzeit als unabänderlich hingenommen. Pech gehabt eben. Wenn jetzt aber nach nur zwei Jahren plötzlich alles wieder anders ist, fallen mir Begriffe ein wie Gleich- behandlung, Vertrauensschutz, Besitz- standswahrung oder Fürsorgepflicht.

Was habe ich also falsch gemacht?

Schlicht nur das falsche Zeitfenster ge- wählt. Dass es im Steuerrecht ähnlich turbulent zugeht wie bei DAX & Co, hätte ich nicht für möglich gehalten.

Dabei hätte ich das zusätzliche Kapi- tal sehr gut für die hoffentlich noch vie- len Jahre gebrauchen können. Dumm gelaufen, oder? Und muss ich das alles wirklich verstehen?

Dr. med. Hans Erich Rocker

GLOSSE

Dumm

gelaufen

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