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Archiv "Ärztliche Hilfe zur Selbsthilfe: Gesundheitsberatung wird erprobt" (17.09.1982)

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DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft 37 vom 17. September 1982

Im Auftrag der Ersatzkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung hat das Zentralinstitut für die kas- senärztliche Versorgung (ZI), Köln die Koordinierung und die wissenschaftliche Begleitung des Modellver- suchs "Gesundheitsbera- tung durch Ärzte" übernom- men. Ausführliche präventi- ve Beratungen zu den Risi- kofaktoren Rauchen, Über- gewicht, Bewegungsman- gel, gesundheitsgefährden- der StreB und leichter Blut- hochdruck stehen im Mittel- punkt des Modellversuchs, der im Januar 1982 in den Kassenärztlichen Vereini- gungen Harnburg und Pfalz begonnen hat. (DEUTSCHES ÄRZTEBLATT, Heft 3/82, Ausgabe A, Seite 19)

Spektrum der Woche ~

Aufsätze ·Notizen

Ärztliche Hilfe zur Selbsthilfe:

Gesundheitsberatung wird erprobt

Christine Brühne

Der Schwerpunkt des Modell- versuchs "Gesundheitsberatung durch Ärzte" liegt auf gründlichen präventiven Beratungsgesprächen zu den wichtigsten Risikofaktoren.

Das Konzept wurde vom Zentralin- stitut für die kassenärztliche Ver- sorgung (ZI), Köln, entwickelt auf- grund der Erfahrung, daß allge- meine Ratschläge, Ermahnungen und Aufklärung über die Gefähr- lichkeit gesundheitlicher Risiken in der Regel nichts fruchten. Ne- ben der Erkenntnis, daß viele Zivi- lisationskrankheiten nicht plötz- lich schicksalhaft ausbrechen, sondern durch Lebensstil und Ge- wohnheiten langfristig vorbereitet werden, und der Hoffnung, solche Krankheiten vermeiden zu können oder zumindest den Zeitpunkt ih- res Auftretens hinauszuschieben, steht andererseits die Gewißheit der Erfolglosigkeit bloßen "Predi- gens". Zwar gehört Gesundheits- beratung seit jeher .zum Aufga- benspektrum der niedergelasse- nen Ärzte, besonders in Fällen, in denen es darum geht, bei bereits bestehender Krankheit notwendi- ge Lebensveränderungen bei den Patienten durchzusetzen. Bei vor- beugender Einflußnahme auf ris- kante Gewohnheiten jedoch fehlt offensichtlich der Leidensdruck einer Krankheit, der den ärztlichen Empfehlungen Nachdruck ver- leiht. Entsprechend groß ist die Enttäuschung der Ärzte, die im- mer wieder feststellen, daß Patien- ten ihre Ratschläge zum Beispiel zum Rauchen, zur Diät und zur Entspannung nicht in die Tat um- setzen. Diese Unwirksamkeit ärzt- licher Handlungsanweisungen

läßt sich durch die ganz allgemei- nen Voraussetzungen erklären, ungewünschtes Verhalten zu än- dern, festeingeschliffene Gewohn- heiten durch neue zu ersetzen:

Werden die Vorteile eines gesün- deren Lebens von den meisten Menschen auch rational eingese- hen, so ist dieses abstrakte Wissen doch den am eigenen Leibe erfah- renen, unmittelbar angenehmen Tätigkeiten hoffnungslos unterle- gen. Die üblichen gesundheitser- zieherischen. Appelle vernachläs- sigen diese Grundlage der soge- nannten Non-Compliance, sie ver- quicken gesünderes Leben haupt- sächlich mit den Assoziationen der Anstrengungen, Gewohntes aufzugeben und Bequemes zu las- sen, mit Verboten und Einschrän- kungen, Verzicht und Mühsal.

~ Im Modellversuch "Gesund- heitsberatung durch Ärzte" wer- den erfolgversprechendere Me- thoden der Gesundheitserziehung erprobt. Die ärztliche Intervention steht hier unter dem Motto "Hilfe durch Selbsthilfe". Ein Ratschlag nützt nur, wenn er umsetzbar ist.

Nur das, was jemand selbst tut, ist wirkungsvoll. Jedoch wird ein Vor- satz um so leichter in die Tat um- gesetzt, je eher der Erfolg abseh- bar ist. Und beibehalten wird eine veränderte Verhaltensweise nur dann, wenn man merkt, daß sie gut tut.

Diese Bedingungen erfordern eine persönliche Beratung, in der auf Änderungswünsche, Änderungs- erfahrungen und- vor allem- auf die Änderungsmöglichkeiten des

Ausgabe B DEUTSCHES ARZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 37 vom 17. September 1982 69

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Gesundheitsberatung

Betroffenen eingegangen wird.

Hier liegen die Ansatzpunkte, mo- tivierend zu wirken: vage Vorsätze werden zu kleinen Schritten um- formuliert, die fast sicher zu be- wältigen sind, denn der Schwer- punkt auf dem Weg zur angestreb- ten Verhaltensänderung liegt auf der Erfahrung von baldigem Ge- winn durch geänderte Verhaltens- weise.

Zielgruppe

Das Angebot der Gesundheitsbe- ratung richtet sich an 30- bis 50jährige Versicherte der beteilig- ten Ersatzkassen in den beiden Regionen (Tabelle 2). Die Grund- gesamtheit der Anspruchsberech- tigten liegt bei knapp 170 000 Ver- sicherten; hierzu gehören außer den Mitgliedern der Ersatzkassen auch deren mitversicherte Fami- lienangehörige. Aus Kapazitäts- gründen können nicht sämtliche Versicherte gleichzeitig eingela- den werden. Während der Projekt- laufzeit erfolgen daher etwa sechs Einladungswellen. Dafür werden

aus der Grundgesamtheit der An- spruchsberechtigten Zufallsstich- proben gezogen, so daß jede Per- son der Zielgruppe die gleiche Chance hat, zur Gesundheitsbera- tung eingeladen zu werden. Wahr- scheinlich können im Laufe der Projektdauer alle Anspruchsbe- rechtigten berücksichtigt werden.

— Um möglichst unbeeinflußte Auf- schlüsse über das Interesse der Versicherten zu bekommen, wird — abgesehen von dem einmaligen Einladungsbrief — auf alle Werbe- kampagnen verzichtet. Der Einla- dung ist eine Liste der Ärzte beige- fügt, die Gesundheitsberatungen anbieten und mit denen ein geson- derter Termin dafür vereinbart werden kann.

Ärztliche Fortbildung

Im Auftrag des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung (ZI) wurde ein Fortbildungspro- gramm entwickelt, das den Veran- staltungen zur Methode der Ge- sundheitsberatung zugrunde lag.

Als Einstieg fand ein Vortrags-

nachmittag statt, mit ärztlichen Fachreferaten zur Einführung in den Modellversuch und zur Risi- kofaktorenmedizin.

Die Fortbildung zur verhaltens- orientierten Beratungstechnik wurde in Kleingruppenkursen für jeweils 12 Ärzte organisiert. Die Teilnahme hieran war für Modell- versuchs-Ärzte obligatorisch. Die Zeitdauer für diese Kurse betrug etwa 2 x 6 und 1 x 4 Stunden. Als Kursleiter wurden in -Gruppenar- beit und Beratung erfahrene Refe- renten ausgewählt und vorab in das Konzept des Modellversuchs und das Fortbildungsprogramm eingewiesen.

Das Kursprogramm enthält außer Kurzreferaten (die zu Hause aus- führlich nachgelesen werden kön- nen) vor allem Demonstrationsbei- spiele, Übungen und Raum für Er- fahrungsaustausch. Drei Fortbil- dungstage folgten jeweils mit eini- gen Wochen Abstand aufeinander, um die Erfahrungen der Ärzte mit den beginnenden Gesundheitsbe- ratungen in die folgenden Übun- gen einbeziehen zu können.

Dieses Programm wurde in der Vorbereitungsphase zunächst mit einer Gruppe von Ärzten auspro- biert und daraufhin überarbeitet.

Die Kurse für die insgesamt 166 teilnehmenden Ärzte begannen im Januar 1982 und endeten im Mai.

Anschließend wird projektbeglei- tend in beiden Regionen eine „Su- pervision" angeboten, die dem Er- fahrungsaustausch der teilneh- menden Ärzte dient.

Gesundheitsberatung

Die Gesundheitsberatung selbst besteht aus Anamnese, körperli- cher Untersuchung (ohne EKG und großer Laboranalyse) und ei- ner sehr eingehenden Befragung zu den persönlichen riskanten Verhaltensweisen. Schwerpunkte des anschließenden gemeinsamen Gesprächs sind im Alltag realisier- bare Änderungsmöglichkeiten, die möglichst unmittelbar in die Tat umgesetzt werden können — im- Tabelle 1: „Gesundheitsberatung durch Ärzte" (Kurzbeschreibung)

Regionen: KV Hamburg

KV Pfalz

Dauer: 1982-83

Zielgruppe: 30- bis 50jährige Versicherte der

Barmer Ersatzkasse

Deutschen Angestellten-Krankenkasse Kaufm. Krankenkasse Halle

Braunschweiger Kasse

Schwäbisch Gmünder Ersatzkasse Hamburgischen Zimmerer-Krankenkasse

— nach Zufallsprinzip ausgewählt und einge- laden von den Ersatzkassen

Angebot: 3 präventive Gesundheitsberatungen zu den Risikofaktoren:

— Bluthochdruck — Bewegungsmangel

— Rauchen — falsch verarbeiteter

— Übergewicht Streß Motto: „Hilfe zur Selbsthilfe"

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Gesund he itsbe ratu ng

mer davon ausgehend, daß allge- meine Ratschläge- "Rauchen Sie weniger!", "Laufen Sie mehr!" - erfolglos sind, denn nicht das

Was, sondern das Wie bereitet Schwierigkeiten. Solche Schwie- rigkeiten liegen bei jedem Men- schen woanders, und nur jeder selbst weiß, wo genau in seinem Tagesablauf sich etwas ändern läßt. Der Arzt soll solche Suche nach Änderungsmöglichkeiten hilfreich unterstützten und sich vergewissern, daß das Vorgenom- mene auch mit Aussicht auf Erfolg eingehalten werden kann. Nur un- terstützt von Erfolgserlebnissen - weniger Husten bei eingeschränk- tem Rauchen, langsames und kon- tinuierliches Abnehmen, Spaß an der Bewegung- haben gesündere Verhaltensweisen Aussicht, lang- fristig beibehalten zu werden.

~ Ein Beispielfür solches schritt- weises Vorgehen: Ein Versicherter möchte das Rauchen aufgeben, weiß aber nach vergeblichen Ver- suchen, daß er es nicht schafft, von heute auf morgen ohne Zigarette.

auszukommen. Der Arzt bespricht die Möglichkeit, zunächst nur zwei Stunden täglich überhaupt nicht zu rauchen. Nachdem der Versi- cherte hiermit zwei bis drei Wo- chen erfolgreich war, wird die rauchfreie Zeit langsam ausge- dehnt. Dies hat folgende Vorteile:

Der Raucher kann mit dem ersten Schritt dort anfangen, wo es für ihn am leichtesten ist; die nächste Stufe wird erst in Angriff genom- men, wenn die vorige keine Schwierigkeiten mehr macht. Der Versicherte bekommt zunehmend die Sicherheit, daß er aufhören kann mit dem Rauchen. Diese Art von Beratung braucht Zeit, und vie- le Ärzte berichten über Erstbera- tungen von mehr als einer Stunde.

Die Ergebnisse der Beratung wer- den vom Arzt in einem Untersu- chungsheft dokumentiert, das der Versicherte erhält. Durchschriften davon dienen der Auswertung - selbstverständlich ohne Namen.

Durch ein "Merkblatt" für den Ver- sicherten zum jeweiligen Risiko

Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen Tabelle 2: "Gesundheitsberatung durch Ärzte" (Inanspruchnahme)

Grundgesamtheit der Zielgruppe Eingeladene Versicherte

(1. Einladungswelle Februar '82) 1. Gesundheitsberatungen Teilnahmequote

Teilnehmende Ärzte

wird die Beratung unterstützt. Die- se Gedächtnishilfe zum Nachlesen zu Hause ersetzt jedoch keines- falls die Motivation durch die Per- son des Arztes.

Externe Unterstützung

Wenn sich im Laufe einer Gesund- heitsberatung zeigt, daß der Bera- tene über das ärztliche Gespräch hinaus weitere Unterstützung ha- ben möchte, so kann ihn der Arzt auf entsprechende Angebote loka- ler Träger hinweisen, etwa Über- gewichtsku rse, Lauf-Treffs, Anti- Raucherkurse und Entspannungs- trainings. Das Zentralinstitut hat zusätzliche einschlägige Kursan- gebote bei den Trägern angeregt, was teilweise erfolgreich war und Möglichkeiten der Zusammenar- beit im Hinblick auf eine Auswei- tung des Modellversuchs bietet.

Über das jeweils aktuelle lokale Angebot solcher unterstützenden Maßnahmen erhalten die Ärzte ei- gens hierfür zusammengestellte Unterlagen.

Wissenschaftliche Auswertung Modellversuche haben in der Re- gel einen eindeutigen Zweck:

Pragmatische, wissenschaftliche und ökonomische Gründe for- dern, eine neue Maßnahme - be- vor sie allgemein verbindlich ein- geführt wird - zunächst auf ihre Wirkung, ihre Angemessenheit und ihre Kosten hin praktisch zu erproben. Der Modellversuch "Ge- sundheitsberatung durch Ärzte"

soll den Ersatzkassen und den Ärzten Entscheidungshilfen für die Frage liefern, ob eine Gesund-

insgesamt: Harnburg Pfalz 167 868 152 479 15 389

9 000 6 750 2 250

1 799 1 433 366

20,0% 21,2% 16,3%

166 115 51

heitsberatung der beschriebenen Art künftig in der vertragsärztli- chen Versorgung stärker zur Gel- tung gebracht werden kann. Die Übertragbarkeit des Modells ist ein übergeordneter Gesichtspunkt der wissenschaftlichen Begleitung in allen Teilstudien. Ein unabhän- giger wissenschaftlicher Beirat berät dabei das Zl in Fragen der Evaluation. Folgendes Konzept wird verfolgt:

1. Ärztliche Fortbildung

Von allen teilnehmenden Ärzten wurden vor und nach den Kursen mit Hilfe von Fragebögen ihre Er- fahrungen mit Gesundheitsbera- tungen (im allgemeinen und im Modellversuch) erhoben. Die Kursleiter haben den Verlauf ihrer Kurse dokumentiert und werden ebenfalls nach ihren Erfahrungen mit dem Fortbildungsprogramm befragt. Davon ausgehend soll die Wirksamkeit und Angemessenheit der ärztlichen Fortbildung beur- teilt werden. Die Auswertungser- gebnisse gehen in eine überarbei- tete Programmversion ein.

2. Übertragbarkeit des Modellversuchs

Wie die betroffenen Ärzte das An- gebot der hier beschriebenen Art vo.n Gesundheitsberatung ein- schätzen, wie es sich in den Pra- xisablauf einordnen läßt, welche organisatorischen Bedingungen des Modells sich förderlich oder hinderlich auswirken, wird in Gruppendiskussionsverfahren mit einem Teil der Ärzte besprochen

werden. I>

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Chronisch Kranke —

Herausforderung der Medizin

Hannes Sauter-Servaes

Es sind vor allem die chronischen Krankheiten, die zu Lehrjahren der Lebenskunst werden können. Die moderne Medizin kann Novalis nur zustimmen, wenn er schreibt: „Krankheiten, beson- ders langwierige, sind Lehrjahre der Lebenskunst und der Gemütsbildung." Dies sollte so sein — ist es aber immer so?

Hemmnisse, Strategien und neue Aufgaben der Medizin waren einige Stichworte der 35. Jahrestagng der Katholischen Ärztear- beit Deutschlands zum Thema „Chronisch Kranke — Eine neue Herausforderung der Medizin" Mitte Juni in Fulda. Der Verfasser gibt Anregungen, die er von dieser Tagung im Zusammenhang mit bisherigen Erkenntnissen im folgenden wieder.

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

THEMEN DER ZEIT

Es sind genau 25 Jahre vergan- gen, seit die Fakultätstagung der Mediziner von Münster sich der Problematik von „Gestalt und Sinn chronischen Krankseins"

widmete. Die damaligen Erörte- rungen sind heute nicht nur medi- zin-historisch, sondern allgemein- medizinisch erneut von höchst ak- tuellem Interesse. Es wurde da- mals schon ausgeführt, wie chro- nische Krankheiten Ursache ge- störten Gesundheitsgefühls, ver- minderter Leistungsfähigkeit sind und als Abnutzungserkrankungen vor allem an dem Bewegungs- und Kreislaufsystem die Gefahr der Le- bensverkürzung heraufführen. Es war aber auch schon ersichtlich, wie für die Gestaltung des Lebens keinesfalls das objektive Krank- heitsgeschehen allein entschei- dend ist, sondern wie charakterli- che, geistige und moralische Qua- litäten des Menschen von Einfluß sein können. Was aus dem chro- nisch Kranken wird, ist also oft in entscheidendem Ausmaß von der Persönlichkeit und nicht nur von den objektiven Krankheitsverän- derungen abhängig. So werden Leichtkranke oder wenig gealterte Menschen mit geringfügigen ob- jektiven Krankheitssymptomen

nicht fertig und sind in ihrer Le- bensleistung entscheidend ge- stört. Dabei sind moderne Lebens-

weise und Lebensform nicht stets Verbündete der Gesundheit, son- dern manchmal geradezu Schritt- macher der Krankheit. Der Segen der Sozialversicherung zum Bei- spiel, der entscheidend dazu bei- getragen hat, daß menschliches Elend gelindert wird, hat auf der Gegenseite mit sich gebracht, daß manche Versicherte frühzeitig den Lebenskampf aufgeben, daß der Gesundheitswille schwächer wird.

Das Lebensziel wird oft nur mehr in der Erlangung der Rente er- blickt. Nur manchmal erscheint es, daß chronische Krankheit und Lei- den die Reifung der Persönlichkeit in günstigem Sinne beeinflussen, daß solche Menschen durch ihre Behinderung die seelischen Kräfte von den oberflächlichen Zielen ab- lenken und dann bewundernswer- te Leistungen vollbringen. Dem entspricht ein Postulat jener Ta- gung, daß höchstes ärztliches Können und Wirken da einsetzt, wo die Heilbarkeit der Krankheit aufhört.

Zeitalter der chronisch Kranken Die damalige Lagebeurteilung in der Medizin deutet zwar schon die Tendenz der Entwicklung zum Übergewicht der chronischen Krankheiten an. Das Tempo und Gesundheitsberatung

3. Wirksamkeitskontrolle

Wie ist nun die Resonanz auf das Angebot der Gesundheitsbera- tung bei den betroffenen Versi- cherten?

Da es nur wenige vergleichbare Versuche gibt, werden Antworten hierzu sicher mit großer Span- nung erwartet. Erste Auskünfte geben die Inanspruchnahmedaten (Tabelle 2). Aus der Basisdoku- mentation wird eine Deskription der Teilnehmer nach Sozialdaten, Risiken und Beratungsergebnis- sen gewonnen. Der erlebte Nutzen der Gesundheitsberatung sowie Art und Dauer der erzielten Verhal- tensänderungen werden detailliert in repräsentativen Einzelinter- views erhoben. Als Gegenstück zu diesem Teil der Evaluation sollen auch die Gründe derjenigen Versi- cherten untersucht werden, die die angebotenen Gesundheitsbe- ratungen nicht in Anspruch ge- nommen haben. Diesen Fragen wird mit Hilfe von postalischen Fragebogen-Interviews nachge- gangen. Wir gehen davon aus, daß es hierfür sowohl „gute Gründe"

geben kann als auch Mißverständ- nisse und Hemmnisse, denen möglicherweise mit einer verbes- serten Konzeption zu begegnen wäre.

Methodisch Interessierte seien daran erinnert, daß es sich bei dem Modellversuch nicht um eine epidemiologisch-experimentelle Studie handelt, sondern um eine offene Feldbeobachtung. Messun- gen von langfristigen Einflüssen der Gesundheitsberatungen auf Morbidität und Mortalität sind im Beobachtungszeitraum nicht möglich. Der Vorteil des Modell- versuchs, der als Machbarkeits- studie konzipiert ist, liegt in seiner größeren Realitätsnähe.

Anschrift des Verfasserin:

Dipl.-Soziologin Christine Brühne Zentralinstitut für

die kassenärztliche Versorgung Haedenkampstraße 5

5000 Köln 41 (Lindenthal)

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