A 2226 Deutsches Ärzteblatt
|
Jg. 108|
Heft 42|
21. Oktober 2011 Bei 850 Männern mit einemdurchschnittlichen Alter von 49,5 Jahren und einem durch- schnittlichen BMI von 47,4 ist das Magenreservoir operativ verklei- nert worden. Der primäre Endpunkt der Studie war die Gesamtmortali- tät. Die maximale Beobachtungs- zeit betrug neun Jahre (median:
6,7 Jahre). Die Kontrollgruppe be- stand aus 41 244 nichtoperierten Männern (medianer BMI 42,0), 1 694 Männer aus der Kontroll- gruppe wurden mit Hilfe des für Beobachtungsstudien angewandten Propensity Score Matching (PSM) in Bezug auf alle relevanten Varia- blen und Kovariablen mit der Be- handlungsgruppe abgeglichen.
Die Ein-, Zwei-, und Sechs-Jah- resmortalitäten lagen bei den ope- rierten Männern bei 1,5, 2,2 und 6,8 %, in der Kontrollgruppe betru- gen sie 2,2, 4,6 und 15,2 % (HR für reduzierte Mortalität: 0,64, statis-
tisch signifikant). Wurden jedoch die Mortalitäten der Behandlungs- gruppe mit den PSM-Kontrollen verglichen, erreichten die Unter- schiede keine Signifikanz mehr.
Fazit: Bei Männern mittleren Alters mit morbider Adipositas reduziert die bariatrische Chirurgie die Ge- samtmortalität über einen Zeitraum von sechs Jahren nicht statistisch signifikant, wenn die Mortalität mit einer gut gematchten Kontrollgrup- pe verglichen wird. „Morbid adipö- se Männer mittleren und höheren Alters sind Hochrisikopatienten“, kommentiert Prof. Dr. med. Norbert Runkel (Villingen-Schwenningen).
Die Magenbypass-Operation habe eine erhöhte postoperative Frühle- talität (1,3 %), und die Sieben-Jah- res-Überlebensrate sei mit 22,4 % einem onkologischen Patienten ver- gleichbar. Offenbar könne die bari- atrische Chirurgie tödliche Kompli-
kationen der Adipositas im fortge- schrittenen Stadium nicht mehr um- kehren. Die Studie zeige allerdings den Verlauf über sieben Jahre hin - aus nicht auf. In der schwedischen SOS-Studie (3), die als die umfang- reichste prospektive Vergleichsana- lyse gelte, werde der Letalitätsun- terschied erst nach 13 Jahren signi- fikant. Die aktuelle Arbeit unter- streiche, dass bariatrische Operatio- nen rechtzeitig erfolgen sollten.
Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze
1. Runkel N, Colombo-Beckmann M, Hüttl, TP, Tigges H, Mann O, Sauerland St: Chirurgie der Adipositas. Dtsch Arztebl Int 2011;
108(20): 341–6.
2. Maciejewski ML, Livingstn EH, Smith VA, Kavee AL, Kahwati LC, Henderson WG, Ar- terburn DE: Survival among high-risk pa- tients after bariatric surgery. JAMA 2011;
305: 2419–26.
3.Sjöström L, Narbro K, Sjöström CD et al.:
Swedish Obese Subjects Study. Effects of bariatric surgery on mortality in Swedish obese subjects. NEJM 2007; 357: 741–52.
Etwa ein Drittel der Patienten mit einem Asthma bronchiale spricht nicht oder nur unzureichend auf die übliche Behandlung mit Kortikoi- den an. Den genetischen Hinter- grund hierfür haben US-amerikani- sche Wissenschaftler um Kelan G.
Tantisira untersucht. Sie haben eine Vielzahl von SNP-Kandidaten (Single-Nucleotid-Polymorphismen) bei Kindern mit Asthma sowie de- ren Eltern analysiert. Dabei wurde eine Assoziation zwischen einer Va- riation des Glucocorticoid-induced transcript 1-Gens (GLCCI1-Gen) rs37972 und der Ein-Sekunden-Ka- pazität (FEV
1) auf inhalative Ste- roide nachgewiesen.
Beim Abgleich mit den gepool- ten Daten aus Therapiestudien fan- den die Autoren, dass Asthmatiker, die homozygot das mutierte Allel rs37972 des Gens aufweisen, ge- genüber Asthmatikern, die homozy- got für das Wildtyp-Allel sind, eine nur eingeschränkte FEV
1-Reaktion auf die Steroid-Inhalation zeigen.
So lag der mittlere Anstieg der Ein-
sekundenkapazität bei Patienten mit homozygotem rs37972 bei 3,2
± 1,6 % gegenüber 9,4 ± 1,1 % bei Asthmatikern mit nichtmutiertem Gen. Er war damit nur etwa ein Drittel so hoch wie bei Patienten mit Wildtyp-Allel. Das Risiko einer eingeschränkten Therapieantwort ist somit bei Vorliegen der Genva- riation signifikant erhöht (OR 2,36, 95-%-KI, 1,27–4,41).
Fazit: „Der klinische Effekt ist spürbar, aber nicht überwältigend“, schreibt Jeffrey M. Drazen, Boston, dazu in einem Editorial. Die neuen Erkenntnisse sind aus seiner Sicht ein deutlicher Fortschritt, aber wohl erst ein Anfang auf dem Weg hin zu einer personalisierten, auf geneti- schen Merkmalen basierenden The- rapie beim Asthma bronchiale.
Christine Vetter
Tantisira KG et al.: Genomewide association between GLCCI1 and response to glucocorti- coid therapy in Asthma. NEJM 2011; 365:
1173–83.
ASTHMA BRONCHIALE
Erster molekularer Marker für Therapieansprechen
GRAFIK
Veränderungen der Lungenfunktion unter verschiedenen Studientherapien in Abhängigkeit von der Ausprägung des Allels rs37972
Änderungen der Einsekunden- kapazität (% des Vorhersagewerts)
homozygot für Wildtyp heterozygot homozygot für Mutante SOCS/SLIC-Studien Adult-Studie LOCCS-Studie CARE-Studie
modifiziert nach: NEJM 2011; 365: 1173–83