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Archiv "Europaparlament: Streit um Werbeverbot für Zigaretten geht weiter" (29.05.1998)

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uropa rückt auch auf dem Ge- sundheitssektor näher zusam- men. Das Echo ist geteilt, wie die Reaktionen auf die jüngsten Ur- teile des Europäischen Gerichtshofes belegen. Die Luxemburger Richter hatten entschieden, daß es gesetzlich Krankenversicherten erlaubt ist, auch ohne vorherige Genehmigung ihrer Krankenkasse EU-weit Gesundheits- leistungen in Anspruch zu nehmen.

„Wir sehen in dieser Entscheidung weit mehr Chancen als Risiken“, sagte Prof. Dr. med. Hans Rüdiger Vogel, Vorsitzender des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI), Mitte Mai in Mayschoß.

Das Urteil selbst werde kurzfri- stig keine gravierenden Veränderun- gen mit sich bringen, vermutet Vogel.

Zum einen müßten die gesetzlichen Regelungen in den einzelnen Mit- gliedstaaten voraussichtlich entspre- chend angepaßt werden. Zum ande- ren profitiere nur eine relativ kleine Gruppe von Patienten von der Rege- lung, darunter Bewohner der Grenz- regionen und Reisende.

Vogel sieht in dem Urteil die Chance, verkrustete Strukturen im Gesundheitswesen aufzubrechen. Po- sitiv sei zudem, daß so das Kostener- stattungsprinzip gefördert werde. Dies setze die deutschen Krankenkassen unter Zugzwang, endlich entsprechen- de Regelungen in ihren Satzungen zu verankern. Außerdem werde der Druck auf die EU-Mitgliedstaaten er- höht, Verwerfungen bei den Arznei- mittelpreisen anzugehen, die das Re- sultat unterschiedlicher sozialpoliti- scher Regelungen sind. Re- und Paral- lelimporte führten nach wie vor zu wirtschaftlichen Nachteilen für die Hersteller. Der Euro werde die Preis- unterschiede offensichtlicher machen.

„Die Versicherten werden dann noch stärker als heute die Frage stellen, warum dies so ist“, sagte Vogel. Dem freien Warenverkehr von Arznei- mitteln müßten Maßnahmen folgen, die einen indirekten Import ausländi- scher Sozialbestimmungen verhinder- ten. Der BPI fordert daher von der Europäischen Kommission einen Zeitplan, bis wann und wie hier Abhil- fe geschaffen werden kann. Ziel müsse es sein, die Beeinflussung des Wettbe- werbs durch nationale Gesundheitssy- steme möglichst gering zu halten.

Die Exportorientierung wird auch für die im BPI organisierten kleineren und mittelständischen Arzneimittel- hersteller immer wichtiger. Nach An-

gaben des Verbandes verzeichnete die Arzneimittelindustrie 1997 mit einem Plus von 23,7 Prozent das höchste Ex- portwachstum der letzten beiden Jahr- zehnte. Das Exportvolumen wuchs auf 21,6 Milliarden DM. Dagegen sind die Preise für Arzneimittel auf dem deut- schen Markt erneut zurückgegangen, im GKV-Markt um 0,8 Prozent. Diese Preisentwicklung, verbunden mit der höheren Selbstbeteiligung der Patien- ten, habe dazu geführt, daß die Kassen mit 11,2 Prozent einen historisch nied- rigen Anteil ihrer Gesamtausgaben für Medikamente aufwenden mußten.

„Angesichts dieser Tendenzen ist es nicht verwunderlich, wenn die Aus- landsmärkte immer wichtiger wer- den“, sagte BPI-Geschäftsführer Peter Dewein.

Bilanz des BPI-Vorsitzenden Vo- gel: „1998 ist ein gesundheitspolitisch nicht übermäßig interessantes Jahr.

Gesetzliche Weichenstellungen ste- hen nicht an.“ Mit Blick auf die Bun- destagswahl hofft er, daß das Prinzip der „Vorfahrt für die Selbstverwal- tung“ grundsätzlich weiter gilt. Bis- lang habe die Vorfahrt jedoch stets in der Sackgasse geendet und der Erhal- tung von Besitzständen gedient, kriti- sierte Vogel. Heike Korzilius

A-1358 (30) Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 22, 29. Mai 1998

P O L I T I K AKTUELL

Pharmaverband

Europa verspricht mehr Chancen als Risiken

Annäherungen im Gesundheitswesen können dabei helfen, verkrustete Strukturen aufzubrechen, hofft der BPI.

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s ist entschieden, zumindest vorerst. Die Mehrheit der Ab- geordneten des Europaparla- ments stimmte im Mai für ein Verbot der Tabakwerbung in allen Mitglieds- ländern der EU. Nachdem sich im Mi- nisterrat nur Deutschland und Öster- reich gegen diese Richtlinie ausge- sprochen hatten, unterstützten auch jetzt nur einige österreichische und skandinavische Abgeordnete die deutschen Verbots-Gegner in der

knapp drei Stunden dauernden De- batte.

Das beschlossene Werbeverbot untersagt die Tabakwerbung in allen Medien und auf Plakaten und muß in- nerhalb der nächsten vier Jahre umge- setzt werden. Im Fernsehen wird schon seit 1989 nicht mehr für Ziga- retten geworben. Künftig ist auch in- direkte Werbung, etwa für Kleidung oder Schuhe mit dem Logo der Ca- mel-Zigaretten, untersagt. Sport- und

Europaparlament

Streit um Werbeverbot für Zigaretten geht weiter

Das Europäische Parlament befürwortete das Tabakwerbeverbot. Die Gegner wollen klagen.

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Kulturveranstaltungen, wie die For- mel 1, dürfen durch die Tabakindu- strie noch bis zum Jahre 2006 gespon- sert werden. Danach wird die Wer- bung nur in Geschäften, die speziell für den Verkauf von Tabakwaren vor- gesehen sind, gestattet sein.

Heftige Kritik an der nach ihrer Auffassung „illegalen“ Richtlinie üb- ten die Verbände der Tabakindustrie und der Verleger. Das Europaparla- ment habe eine Richtlinie gebilligt, die keine angemessene Rechtsgrund- lage im Vertrag besitze und die in der EU ernsthafte gesetzliche und verfas- sungsrechtliche Probleme verursa- chen werde, kommentierte Robert Toet, Präsident der CECCM (Confed- eration of European Community Cig- arette Manufacturers Ltd.), die Ent- scheidung. Sie wollen jetzt gerichtli- che Klagen in den einzelnen Mitglied- staaten vorbereiten, um die Umset- zung der Richtlinie zu stoppen.

Die SPD-Europaabgeordnete Dagmar Roth-Behrendt, die sich schon seit Beginn der Diskussionen vor zehn Jahren gegen ein Tabakwerbeverbot stemmt, bezeichnete den Beschluß als „heuchlerisch und inkonsequent“.

Schließlich subventioniere die EU den Tabakanbau nach wie vor mit jährlich vier Milliarden Mark. Ein Verbot der Tabakwerbung sei nicht nur wirkungs- los, sondern auch beschäftigungspoli- tisch riskant. Nach ihrer Ansicht stehe das Werbeverbot auf rechtlich so wack- ligen Beinen, daß es gute Chancen ha- be, noch gekippt zu werden.

Wenn die juristische Prüfung er- gäbe, daß ein Verfahren vor dem Eu- ropäischen Gerichtshof (EUGh) aus- reichend fundiert sei, empfiehlt auch Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer der Regierung zu klagen.

Für ein totales Tabakwerbeverbot be- säße die EU keine Rechtsgrundlage, sagte Seehofer in einem Focus-Inter- view. Nach dem Amsterdamer Ver- trag blieben die Organisation des Ge- sundheitswesens und die medizini- sche Versorgung weiterhin eine natio- nale Aufgabe. „Mir wäre es am lieb- sten, alle Menschen hörten morgen mit dem Rauchen auf“, äußerte See- hofer. Davon müsse man aber die Be- völkerung überzeugen und dürfe nicht in blinden Aktionismus verfal- len. Über eine Klage vor dem EUGh wird im Juli entschieden. Eva Richter

A-1359

P O L I T I K AKTUELL

Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 22, 29. Mai 1998 (31) ine dauerhafte kongruente

Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist nach Meinung des Instituts für Gesundheits-System-Forschung in Kiel unter der Leitung von Prof. Dr.

med. Fritz Beske weiterhin in Frage gestellt. Gründe: die demographische Entwicklung und der medizinische Fortschritt. Denn diese beiden Pa- rameter werden zu weiter steigen- den Ausgaben im Gesundheitswesen führen.

Einnahmeseite wurde lange vernachlässigt

Bisher sind vorwiegend auf der Ausgabenseite der Gesetzlichen Kran- kenversicherung Lösungsvorschläge gemacht worden. Die Einnahmeseite wurde stets vernachlässigt, weil sowohl der Beitragszahler als auch die Arbeit- geberseite kaum noch Spielräume sa- hen, um die GKV zu sanieren.

Nach Meinung von Prof. Beske gibt es gerade auf der Ausgabenseite der GKV die Möglichkeit zu rationali-

sieren, und zwar in einer Größenord- nung zwischen 15 und 75 Milliarden Mark. Allerdings: Keiner hat bisher konkret gesagt, wo diese Einsparpo- tentiale liegen. Selbst Gesundheits- minister Horst Seehofer kennt die- ses Problem zur Genüge: „Entwe- der die Beiträge erhöhen oder die Leistungen her- absetzen.“

Da in jedem privaten Unter- nehmen oder in staatlichen Dienst- stellen Rationali- sierungspotentia- le vorhanden sind, gibt es diese auch in der Gesetzli- chen Krankenver- sicherung. Sie müßten nach Meinung des Kieler In- stituts nur ausgeschöpft werden.

Einige Einsparungen nennt der Direktor des Kieler Instituts, Dr.

med. Johannes Hallauer, beim Na- men: Akupunktur, Arthroskopie, Rei- semedizin, Knochendichtemessungen sowie Kuren und Reha-Maßnahmen.

„Dies ist ein Katalog der Grausamkei- ten“, so Dr. Hallauer. Er nennt auch konkret, wieviel eingespart werden könnte: satte 7,2 Milliarden Mark.

Doch das sind nur drei Prozent der ge- samten Gesundheitsausgaben. Aber:

Bei Einsparung dieser Kosten würden sowohl die Beitragszahler als auch die Arbeitgeber entlastet. Und gerade das sei doch politisch gewollt! Das Institut ist sich im klaren darüber, daß die Lei- stungsstreichungen auf großen Protest stoßen werden. Denn die Leistungen sind hart erstritten worden und oft auch politisch gewollt. Rolf Combach Auszug aus dem Streichkatalog des Kieler Instituts

Paragraph des SGB V Einsparung

in Mio. DM

§ 21 Gruppenprophylaxe 37

§ 22 Individualprophylaxe 255

§ 23 Ambulante Vorsorgekur für Rentner 74

§ 23 Stationäre Vorsorgekur 63

§ 24 Vorsorgekuren für Mütter 181

§ 24 Schwangerschaftsabbruch und Sterilisation 374

§ 25 Gesundheitsuntersuchung 1096

§ 26 Kinderuntersuchung 191

Gesetzliche Krankenversicherung

Neue Konzepte für Einsparungen

Gut sieben Milliarden an „Einsparpotential“ hat das Kieler Institut für Gesundheits-System-Forschung ausfindig gemacht.

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Tabelle

Referenzen

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