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Archiv "Letzte Ruhestätten: Sichtbare Geschichte" (07.12.2012)

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A 2478 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 49

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7. Dezember 2012

D

er Dorotheenstädtische Fried- hof an der Chausseestraße ist ein Pilgerziel für viele, die den zahlreichen Geistesgrößen und Künstlern, die noch bis in unsere Tage dort begraben werden, die letzte Ehre erweisen möchten. Von den Baumeistern Schinkel und Stü- ler über die Philosophen Fichte und Hegel, die Komponisten Paul Des- sau und Hanns Eisler bis hin zu Schriftstellern wie Anna Seghers und Arnold Zweig ist auf diesem 1762 angelegten Friedhof mehr Kulturgeschichte versammelt als auf irgendeiner anderen Begräbnis- stätte in Deutschland.

Aber nicht auf allen Berliner Be- gräbnisstätten wurde den Toten ein ehrendes Andenken bewahrt. Einige sind zu Schauplätzen der deutschen Teilung degradiert worden: Sie wa- ren beim Bau der Mauer im Weg.

Für die Sicherung der Grenze der DDR war immer mehr Platz nötig.

Grabstätten wurden ohne Rücksicht auf ihre kulturhistorische Bedeu- tung zerstört. So kann man sich der schmerzhaften Erkenntnis, dass der Todesstreifen dort seiner Namens- gebung im doppelten Sinne gerecht geworden ist, nicht entziehen. Auf

dem Invalidenfriedhof in der Scharn - horststraße ist die Geschichte sicht- bar. Das 1748 als Militärfriedhof angelegte Gräberfeld wirkt wie eine noch schwärende Wunde. Res- te der Mauer sind als Mahnmal auf der Anlage verblieben. Mehr als 90 Prozent der Gräber wurden de- montiert und eingeebnet. Weil preu- ßische Militärs dort ihre letzte Ruhe - stätte fanden, wollten die Nazis die Anlage zum „Heldenfriedhof“ aus- bauen. Monumentale Gräber leiste- ten ihren Vorstellungen Vorschub.

Der Zweite Weltkrieg setzte den Planungen ein Ende. Das Gras, das inzwischen auch über das Grab des Holocaust-Planers Heyd rich ge- wachsen ist, wird die Vergangenheit jedoch nicht tilgen können.

Berlin hat mit 240 Friedhöfen die meisten aller europäischen Me- tropolen. Eine zentrale Begräbnis- stätte gibt es nur dem Namen nach, den Zentralfriedhof Friedrichsfelde.

Dort liegt die 1951 nach ihrer Zer- störung durch die Nazis neu errich- tete Gedenkstätte der Sozialisten.

Seite an Seite ruhen nun Politbüro- größen neben Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, deren Bestattung auf dem Friedhof der Märzgefal -

lenen in Friedrichshain untersagt worden war. In Friedrichsfelde wur- de ihnen schließlich eine Parzelle gewährt. Als die Begräbnisstätte 1881 im weitläufigen Parkstil ange- legt wurde, war das ein Novum in der Hauptstadt. Viele der älteren Friedhöfe, deren kleine, intime Flä- chen hinter hohen Mauern sich in der ungezügelt gewachsenen Stadt nun zwischen Wohnhäusern, Stra- ßen und S-Bahn-Trassen wiederfin- den, werden nur noch selten oder gar nicht mehr belegt.

Man wähnt sich an einem aus der Zeit gefallenen Ort, wenn man durch das Labyrinth der Friedhöfe am Halleschen Tor in Kreuzberg streift. Dort wurde die Romantik zu Grabe getragen: Mendelssohn-Bar- tholdy, Chamisso, Rahel Varnhagen von Ense nebst Gatten und E. T .A.

Hoffmann, dessen Trinkkumpan, der Schauspieler Devrient, vor dem Grab nicht nur einmal „Komm raus, du“ gefordert haben soll. Was hier noch larmoyante Gedanken an eit- les Streben und Vergänglichkeit auslösen mag, wird beim Besuch der riesigen Gräberfelder des jüdi- schen Friedhofs in Weißensee zur bedrückenden Erfahrung von Zeit- geschichte. Hinter der Gedenkstätte für die sechs Millionen jüdischen Opfer der NS-Gewaltherrschaft er- strecken sich auf 40 Hektar Gräber für mehr als 115 000 Tote. Eine lautlose Klage klingt durch die un- zähligen Gräberreihen, eine Klage, der die Unmöglichkeit des Verges- sens eingemeißelt ist.

Ulrich Traub

Bei der Berlin-Tourismus-Marketing: 0190 016316 (kosten- pflichtig) sind Informationen zu den Öffnungszeiten der Friedhöfe erhältlich. www.berlin-tourist-information.de;

Füh rungen: www.stattreisenberlin.de; Telefon:

030 4553028; Lesetipp: Klaus Hammer: Friedhofsführer Berlin. Jaron Verlag, Berlin 2001.

INFORMATIONEN

LETZTE RUHESTÄTTEN

Sichtbare Geschichte

Berlin hat mit 240 Friedhöfen die meisten aller europäischen Metropolen.

Foto: dpa

Blick auf den Dorotheen - städtischen Friedhof – hier das Grabmal von Architekt Johann Heinrich Strack (1805–1880)

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