Verfolgung
und Gedenken
Ruhestätten der Sinti und
Roma auf dem Nordfriedhof
Gedenktafel für die in der NS-Zeit ermordeten Sinti und Roma
Die Gedenktafel an der Leichenhalle erinnert an die Verfolgung und Ermordung zahlreicher Augsburger Sinti und Roma in der Zeit des Nationalsozialismus.
Sie soll nicht nur die Toten ehren und den Opfern Würde und Anerkennung zurückgeben, sondern auch verdeutlichen, dass Sinti und Roma heute ein Teil von Augsburg sind.
Das Dreieck symbolisiert den Schwarzen Winkel, den viele der in die Konzentrationslager eingewiesenen Sinti und Roma als Kennzeichnung tragen mussten.
Darin sind die Zeilen des Gedichts „Auschwitz“ des italienischen Künstlers Santino Spinelli eingraviert.
Die Tafel entstand auf Initiative des Regionalverbands Deutscher Sinti und Roma Schwaben. Finanziert wurde sie von der Stadt Augsburg und der Firma Steinwelt Sebastian Wagner.
Die Gräber der Holocaust-Überlebenden
Der Nordfriedhof ist dem Fischerholz, einem Bereich im Nordwesten Augsburgs in dem sich nach 1945 zahlreiche Sinti und Roma ansiedelten, am nächsten gelegen. Nach Schätzung des Regionalverbands gibt es hier annähernd 100 Gräber von Sinti, Roma und Reisenden. Darunter befinden sich auch die letzten Ruhestätten von mindestens 45 Menschen, die wäh- rend der NS-Zeit verfolgt wurden, den Holocaust aber überlebten.Die Entschädigungszahlungen, welche die Familien der Sinti und Roma in der Nachkriegszeit für das erlit- tene Unrecht erhielten und für die sie lange kämpfen mussten, investierten sie meist ausschließlich in die Gräber. Viele der Grabstätten sind deshalb besonders aufwändig und prächtig gestaltet.
Seit einiger Zeit werden die Angehörigen beim Erhalt der Gräber auch von staatlicher Seite aus unterstützt.
2017 haben Bund und Länder vereinbart, jeweils zur Hälfte die Grabnutzungsgebühren für die Gräber von Sinti und Roma, die Opfer des Holocaust waren, zu übernehmen.
Die Verfolgung von Sinti und Roma 1933–1945
Sinti und Roma waren in Europa bereits seit Jahr- hunderten Ziel von Stigmatisierung, Ausgrenzung und Verfolgung. Unter der nationalsozialistischen Herrschaft verschärfte sich ihre Diskriminierung und Entrechtung jedoch noch einmal drastisch. Von den Nationalsozialisten wurde die Minderheit als vermeint- lich minderwertige „Fremdrasse“ definiert, die aus dem deutschen „Volkskörper“ entfernt werden müsse.Sie verfolgten dieses Ziel durch die Ghettoisierung, Deportation und schließlich die systematische Ermor- dung hunderttausender Männer, Frauen und Kinder.
Anfänglich gingen vor allem lokale Behörden, Polizei und NSDAP-Dienststellen gegen Sinti und Roma vor.
Viele Angehörige der Minderheit wurden in Konzen- trationslager eingewiesen oder zwangssterilisiert.
Ab 1935 isolierte man Sinti und Roma vielerorts in bewachten Lagern von der restlichen Bevölkerung.
Ende der 1930er Jahre radikalisierte und systematisierte sich die Verfolgung zunehmend. Allein 1938 wurden hunderte männliche Sinti und Roma zur Zwangsarbeit nach Dachau, Buchenwald, Sachsenhausen und in andere Konzentrationslager verschleppt. Im Reichskrimi- nalpolizeiamt in Berlin entstand mit der „Reichszentrale zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens“ eine eigene Stelle, die die Erfassung und Verfolgung der Minderheit koordinierte.
Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde die Depor- tation aller im Reichsgebiet lebenden Sinti und Roma beschlossen. Zuvor war ihnen das Verlassen ihres aktuellen Wohn- oder Aufenthaltsorts verboten worden.
In der Folge verschleppten die Nationalsozialisten ganze Familien und zwangen sie, im bereits von der Wehr- macht besetzten Polen unter menschenunwürdigen Bedingungen Zwangsarbeit zu leisten. Viele überlebten diese Tortur nicht.
Ab Februar 1943 wurden aus fast ganz Europa rund 22 700 Sinti und Roma in das KZ Auschwitz-Birkenau verschleppt. Dort sollten sie durch Giftgas, Hunger oder harte körperliche Arbeit vernichtet werden. Vor allem viele Kindern fielen den folterähnlichen medizi- nischen Versuchen des SS-Lagerarztes Josef Mengele zum Opfer.
Seit Sommer 1941 fanden in den besetzten Gebieten in Süd- und Osteuropa zudem zahlreiche Massaker (z. B. systematische Erschießungen durch die soge- nannten Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD) statt, bei denen zehntausende Roma umge- bracht wurden.
Wie viele Sinti und Roma während der nationalso- zialistischen Verfolgung ermordet wurden, ist nicht genau bekannt. Die Zahl von mindestens 200 000 Opfern kann als gesichert gelten, andere Schätzungen reichen bis zu 500 000 Ermordeten.
Impressum
Der Flyer wurde von der Fachstelle für Erinnerungskultur des Kulturreferats der Stadt Augsburg in Zusammen- arbeit mit dem Amt für Grünordnung, Naturschutz und Friedhofswesen des Umweltreferats und dem Regio- nalverband Deutscher Sinti und Roma Schwaben e. V.
erstellt.
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Amt für Grünordnung, Naturschutz und Friedhofswesen – Bereich Friedhofswesen Stadtberger Straße 80a
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