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Parlamentarischer Abend: „Freie Berufe und Europa”

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behilfe, Antikorruptionsgesetz, E-Health- Gesetz, Tarifeinheitsgesetz, Kranken- hausstrukturgesetz und Pflegebe- rufsgesetz. Der Gesetzgeber ist hier überaus produktiv und beschert den Ärzten eine Vielzahl neuer Regle- mentierungen, Beschränkungen und neuer Verpflichtungen. Die Politik sollte dabei nicht aus den Augen ver- lieren, dass die Ärzte und damit die Freien Berufe eine der wichtigsten Triebfedern für Innovation in der

modernen, wissensbasierten Dienst- leistungsgesellschaft sind. Wo aber die Vorgaben und die Begrenzungen zu groß, zu dicht sind, ist kein Raum mehr für Innovationspotenzial.

Dr. Fritz Jaeckel, Staatsminister und Chef der Sächsischen Staatskanzlei, nahm den Ball in seinem Grußwort auf. Mit Sorge betrachte die Sächsi- sche Staatsregierung die Absenkung der Standards auf europäischer Ebene. Nicht nur in dieser Frage stehe die Staatsregierung zu den Freien Berufen. Denn sie bilden als Klein- und Mittelständische Unter- nehmen ein Teil des Rückgrats der Gesellschaft. Sachsen sei in Brüssel sehr gut aufgestellt, um Positionen nachdrücklich einzubringen, betonte Dr. Jaeckel. Die Freien Berufe in Deutschland sind ein sehr leistungs- fähiger Sektor. Gut jeder zehnte Euro wird in Deutschland durch sie erwirtschaftet. Tendenz steigend. Die Freien Berufe stehen in einem tag- täglichen Leistungswettbewerb. Dass sie bestehen, zeigt, dass sie auf klu- ges Wachstum setzen. Offenbar ver- steht man in Brüssel die spezielle Entwicklungsgeschichte der deut-

schen Freiberuflichkeit nicht. So etwas kann nur in Freiheit wachsen.

Freiberufliche Tätigkeit beruht auf Vertrauen und ist dem Gemeinwohl, dem Verbraucherschutz, der Unab- hängigkeit, der Qualitätssicherung, der persönlichen Leistungserbrin- gung und der Transparenz verpflich- tet. All das rahmt einen funktionie- renden Markt und einen kräftigen Mittelstand angemessen ein.

Dr. Günter Danner, Europaexperte der Techniker Krankenkasse und Stellvertretender Direktor der Euro- pavertretung der Deutschen Sozial- versicherung in Brüssel, brachte mit einer äußerst hörenswerten Sprache den europäischen Blickwinkel zum Ausdruck. Er bemerkt eine „Verge- meinschaftungsoffensive“ der EU.

Dazu gehören auch Angriffe auf den Grundsatz der Subsidiarität. Hoch- problematisch sei auch die Steuerar- tenzuordnung. So gäbe es verschie- dene Steuersätze in den Euroländern Berufspolitik

Ärzteblatt Sachsen 1 / 2016 5

Parlamentarischer Abend: „Freie Berufe und Europa”

Am 17. November 2015 hatte der Landesverband der Freien Berufe Sachsen e.V. wieder zum Parlamen- tarischen Abend in das Gebäude der Sächsischen Landesärztekammer nach Dresden geladen. Rund 100 Gäste aus Politik und Wirtschaft, darunter die Bundestagsabgeord- nete Maria Michalk (CDU) und die Sächsische Staatsministerin für Sozi- ales, Barbara Klepsch, sowie von den Freien Berufen waren dieser Einla- dung gefolgt. In seiner Begrüßung betonte der Präsident des LFB Sach- sen, Hans-Joachim Kraatz, dass die Gesetzgebung von Land, Bund und Europa den Freien Berufen sehr zu schaffen macht. Ob es um die unge- regelten Bauleistungen im Vergabe- recht, die Versorgungsleistungen und das Arbeitsumfeld der Apothe- ker, die Unabhängigkeit der Selbst- verwaltung oder den Abbau der Bürokratie geht – es geht schlep- pend oder gar nicht voran.

Entgegen der vollmundigen Ankün- digung aller Parteien zum Bürokra- tieabbau werden auch die Hürden im Praxisalltag für die Heilberufe immer höher. Das ist das genaue Gegenteil einer freien Berufsausübung und schadet letztendlich der Patientenbe- treuung. Brüssel will den Wettbe- werb innerhalb der EU austarieren, dies bedeute eine Angleichung nach unten. Europa müsse aber mit anderen Kontinenten konkurrieren, Deutschland dabei an vorderster Front. Langfristig sei eine stabile Behauptung auf den internationalen Märkten für Europa wichtiger als kurzfristige wirtschaftliche Balance- akte, betonte Kraatz.

Auch die Ärzteschaft betrachtet die gesetzgeberischen Aktivitäten in Deutschland und Europa mit Sorge.

So wird der ärztliche Berufsstand mit einer Vielzahl von Gesetzen aus der Feder des deutschen Gesetzgebers überhäuft: GKV-Versorgungsstärkungs- gesetz, Präventionsgesetz, Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung, Gesetz zur Ster-

Staatsministerin Barbara Klepsch, Erik Bodendieck,

Staatsminister Dr. Fritz Jaeckel (v.l.) © LFB Sachsen/Holm Helis

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für gleiche Leistungen oder Waren, wie zum Beispiel Arzneimittel. Dr.

Danner ging sehr kritisch auf die Normung von Gesundheitsdienstleis- tungen ein. Die Europäische Kom- mission, verschiedene nationale Behörden und Interessengruppen treiben aktuell die Normung von Gesundheits- und Sozialdienstleis- tungen voran. Dabei verweisen sie auf die Qualität von Gesundheits- dienstleistungen für die Sicherheit von Patienten, die mit dem Instru- ment der Normung unterstützt wer- den könnten. Dass Gesundheitsdienst- leistungen Besonderheiten aufwei- sen, wird gern übersehen. Sie wer- den am Menschen erbracht und müssen daher individuell angepasst werden. Hier tritt ein offener Wider- spruch zutage, geht die Europäische Kommission im Zuge ihrer Transpa- renzinitiative doch davon aus, dass Deregulierung automatisch mehr Wachstum und Wettbewerbsfähig- keit, eine erhöhte Beschäftigung, niedrigere Preise und eine größere Auswahl mit sich bringe. Normung aber bedeutet (weitere) Regulierung.

Er unterstrich die Bedeutung des Sozialschutzes für den sozialen Frie- den. „Subsidiarität, verstanden als nationalstaatliche Gestaltung des Sozialrechts und seiner Praxisstruktu-

ren, gewinnt an Bedeutung in einer Zeit, die ein immer weiteres Ausein- anderklaffen der sozialen Versor- gungsrealitäten in der EU zeigt.“

Subsidiarität sei auch direkt proporti- onal zum Erfolgsgrad des deutschen Sozialmodells in relativer Staatsferne und Selbstverwaltung. Ein EU-Ein- heitsmodell des Sozialschutzes sei weder erstrebenswert noch realis- tisch. Ein Leistungsniveau auf dem kleinsten gemeinsamen volkswirt-

schaftlichen Nenner der EU-Staaten würde niemanden befriedigen, jedoch höchstwahrscheinlich viele enttäuschen. Subsidiaritätsbewah- rung sei folgerichtig nicht pauschale EU-Gegnerschaft, sondern ein subti- ler und bewährter Weg zur belastba- ren Sicherung des generationsüber- greifenden sozialen Konsenses.

Knut Köhler M.A.

Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Berufspolitik

6 Ärzteblatt Sachsen 1 / 2016

Tänzerinnen des Kinder- und Jugendtanzstudios der TU Dresden

© LFB Sachsen/Holm Helis

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