M 045/2005 VOL 17. August 2005 43C Motion
2463 Hänni, Kirchlindach (GFL)
Weitere Unterschriften: 5 Eingereicht am: 14.02.2005
Krähenschäden sind wie vergleichbare Wildschäden zu entschädigen
Nach Rücksprache mit entsprechenden Fachstellen ist das Gleichgewicht in unserer Natur so gestört, dass eine Art wie momentan die Krähen sich überdimensional entwickeln kann.
Ihre natürlichen Feinde wie der Habicht, haben wir zu stark dezimiert. In diesem Ungleichgewicht nützen die bis anhin bekannten Regulierungsaktionen wenig. Die Krähe ist ein sehr intelligentes, anpassungsfähiges Tier. So braucht es entsprechend gut durchdachtes Handeln.
Der Regierungsrat wird beauftragt:
1. Um die Fehlentwicklung der Krähenpopulation zu erforschen sollen Betroffene und Fachstellen nachhaltige Massnahmen entwickeln.
2. Es soll geprüft werden, ob durch Krähen verursachte Schäden zu Kulturen und Objekten von entsprechender Stelle geschätzt und wie Wildschäden abgegolten werden können.
Es wird Dringlichkeit verlangt. Abgelehnt: 21.02.2005
Antwort des Regierungsrates
In den letzten Jahren haben im Kanton Bern die Meldungen von Schäden durch Rabenkrähen an landwirtschaftlichen Kulturen stark zugenommen. Zudem wurden aus der Bevölkerung immer wieder Stimmen laut, die die Dezimierung von Singvögeln durch Krähen beklagen. Aufgrund der deutlichen Zunahme des Rabenkrähenbestandes und damit verbundenen untragbaren Schäden insbesondere in der Landwirtschaft, diskutierten im Jahr 2002 die Fachorganisationen (Tier- und Vogelschutz, Pro Natura, Vogelwarte Sempach, Jägerschaft, Schweizerische Falknervereinigung, LOBAG und die Wildhut) unter der Leitung des Jagdinspektorates verschiedene Massnahmen zur Reduktion des Rabenkrähenbestandes. Eine wichtige dieser Massnahmen stellte das Einfangen der Krähen mit Fallen und anschliessendem Töten dar. Leider konnten diese Massnahmen nicht wirksam zur Entschärfung der Situation beitragen.
Vor diesem Hintergrund beschloss die Volkswirtschaftsdirektion gestützt auf Artikel 3 der eidgenössischen Jagdverordnung (SR 922.01), Betäubungsmittel zum Einfangen von Rabenkrähen einzusetzen. Während der vier Tage dauernden Aktion Ende Januar 2005 wurden über tausend Krähen getötet. Obwohl insbesondere dem Aspekt des Tierschutzes
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sorgfältig Rechnung getragen wurde, löste diese Aktion in der Bevölkerung grossen Unmut aus.
Im Rahmen der Behandlung der Motion M 251/2004 „Krähenschäden in Stadt und Land“
beurteilte der Grosse Rat in der Februarsession 2005 das Vorgehen der Volkswirtschaftsdirektion angesichts der in letzter Zeit stattgefundenen Verschärfung der Problematik mehrheitlich als richtig und notwendig, nahm die Motion an und schrieb sie aufgrund der durchgeführten Betäubungsmittelaktion als erfüllt ab.
Die Volkswirtschaftsdirektorin beauftragte das Amt für Landwirtschaft und Natur in der Folge, im Rahmen einer Arbeitsgruppe die zukünftige Krähenbekämpfungsstrategie zu erarbeiten. Die betroffenen Kreise trafen sich deshalb am 12. Mai 2005 erneut an einem
„Runden Tisch“, um gemeinsam nach wirksamen und verantwortbaren Wegen und Lösungen in Sachen „Krähenschäden/-bekämpfung“ zu suchen.
Die Gesprächsergebnisse können wie folgt zusammengefasst werden:
- Krähenschäden haben in letzter Zeit zum Teil massiv zugenommen. Dies gilt insbesondere in der Landwirtschaft, wo sie teilweise untragbar geworden sind.
- Die Komplexität der Thematik „Krähenschäden/-bekämpfung“ war bei allen Gesprächsteilnehmerinnen und Gesprächsteilnehmern unbestritten. Ebenso der Umstand, dass eine Ursachenbekämpfung kurz- und mittelfristig über den Entzug der guten Nahrungsgrundlage führen müsste, dies jedoch als absolut unrealistisch beurteilt wird. Massnahmen aller Art können daher nur über Prävention und Intervention im Sinne einer Schadensverminderung führen.
- Es gibt kein Patentrezept und nicht nur eine wirksame Massnahme zur Reduzierung der Krähenschäden. Zur Entschärfung der Situation ist der ganze, bekannte Massnahmenkatalog von der Prävention bis zur Intervention massgeschneidert anzuwenden mit dem Ziel, vorzubeugen, abzuschrecken und die Krähenschäden lokal zu reduzieren.
- Die wahrscheinlich wirksamste, aber auch umstrittenste aller zur Verfügung stehenden Massnahmen, die Betäubung von Krähen mit Gluccochloral, wird von Tierschutz- und Vogelschutzkreisen sowie von der Vogelwarte grundsätzlich abgelehnt. Der Jagdverwalter des Kantons Solothurn hat demgegenüber glaubwürdig dargelegt, dass aufgrund seiner Erfahrung der lokale und über Jahre dauernde Einsatz von Betäubungsmitteln gegen Rabenkrähen eine erfolgsversprechende Tendenz aufweist.
- Über den künftigen Einsatz von Betäubungsmitteln zur Bekämpfung von Krähen konnte man sich nicht einigen. Ein solcher kann nur bei massiven, untragbaren Schäden zur Diskussion stehen und dürfte nur integriert in ein Schadenverminderungs- und Krähenbekämpfungskonzept als letztes Glied in der gesamten Massnahmenkette zur Anwendung gelangen. Die professionelle Durchführung wie auch die Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit sind dabei Grundvoraussetzungen.
Zu den beiden Anliegen der Motionärin ist Folgendes festzuhalten:
1. Die Entwicklung der Krähenpopulation wird von der Vogelwarte Sempach seit Jahren aufmerksam verfolgt. Dabei wird festgestellt, dass die Anzahl der Brutpaare der Krähen eine zunehmende Tendenz aufweist. Demgegenüber kann bei den sogenannten Junggesellenschwärmen die Bestandesentwicklung nicht abschliessend beurteilt werden. Dem zuständigen Jagdinspektorat sind diese Erkenntnisse bekannt. Sie konnten auch im Rahmen der Diskussion des „Runden Tisches“ einfliessen. Die Vertreter des „Runden Tisches“ waren sich grundsätzlich einig, dass der
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Rabenkrähenbestand sowohl im Kanton Bern als auch schweizweit deutlich zunimmt.
Diese Entwicklung steht auch in direktem Zusammenhang mit dem guten Nahrungsangebot in unserer Kulturlandschaft.
Zudem hat die Volkswirtschaftsdirektion bereits mit der Schweizerischen Hochschule für Landwirtschaft (SHL) in Zollikofen Kontakt aufgenommen. Die SHL wird voraussichtlich beauftragt, einen Bericht über die „Rabenkrähenschäden in der Landwirtschaft“ zu verfassen. Diese Grundlagen dienen für das Festlegen der künftigen Strategie „Schadensverminderung/Krähenbekämpfung im Kanton Bern“.
Dem diesbezüglichen Anliegen der Motionärin ist damit bereits entsprochen worden.
Der Regierungsrat sieht keinen Handlungsbedarf, die Krähenpopulation zusätzlich erforschen zu lassen.
2. Die grosse Mehrheit der übrigen Kantone bezahlt wie der Kanton Bern keine Entschädigungen für Krähenschäden. Die Mittel zur Entschädigung von Wildschäden sind zudem begrenzt. Auch die Entschädigungsfrage wurde am „Runden Tisch“ mit den Fachorganisationen diskutiert. Einstimmig ist man zur Auffassung gelangt, dass für Schäden, die Krähen verursachen, auch in Zukunft keine Entschädigungen ausgerichtet werden sollten. Ausschlaggebend war dabei der Umstand, dass die gesetzlichen Bestimmungen schon heute ein relativ breites Spektrum an Massnahmen zur Eindämmung von Krähenschäden vorschreiben bzw. zulassen: Gemäss Art. 12 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes vom 20. Juni 1986 über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (JSG; SR 922.0) treffen die Kantone Massnahmen zur Verhütung von Wildschäden und können jederzeit Massnahmen gegen einzelne geschützte oder jagdbare Tiere anordnen oder erlauben, wenn diese erheblichen Schaden anrichten. Art. 12 Abs. 3 JSG sieht vor, dass die Kantone bestimmen, welche Selbsthilfemassnahmen gegen jagdbare Tiere zum Schutz von Haustieren, Liegenschaften und landwirtschaftlichen Kulturen zulässig sind. Nach Art. 13 JSG wird der Schaden, den jagdbare Tiere an Wald, landwirtschaftlichen Kulturen und Nutztieren anrichten, angemessen entschädigt. Ausgenommen sind jedoch Schäden durch Tiere, gegen welche nach Art. 12 Abs. 3 JSG Selbsthilfemassnahmen ergriffen werden dürfen. Im Kanton Bern ist die Rabenkrähe jagdbar. Gemäss Art. 8 der Jagdverordnung vom 26. Februar 2003 (JaV; BSG 922.111) ist zudem jede handlungsfähige Person im Rahmen der Selbsthilfe berechtigt, u.a. Rabenkrähen zu erlegen, wenn diese an ihren Haustieren, landwirtschaftlichen Kulturen oder selber genutzten Liegenschaften Schaden verursachen.
Aus diesen Gründen erachtet der Regierungsrat das Entschädigen von Krähenschäden weder als notwendig noch als angebracht.
Antrag:
Ziffer 1: Annahme und Abschreibung Ziffer 2: Ablehnung
An den Grossen Rat