Handreichung für Betreuungslehrer/innen an bayerischen Gymnasien
Hier: fachspezifische Hinweise für das Fach Geschichte
2
Die Empfehlungen wurden erstellt bei der Seminarlehrertagung ALP vom 24.- 26.3.2014 und im Oktober 2016 aktualisiert und überarbeitet.
0. Allgemeine Aufgaben der Betreuungslehrkraft im Fach Geschichte
1. Vorgaben des Ausbildungsplans
2. Geschichtsunterricht in den einzelnen Schulstufen
3. Sequenz- und Halbjahresplanung
4. Schriftliche Leistungserhebung und -bewertung: Aufgabenkultur
5. Grundwissenssicherung
6. Erweiterung der fachdidaktischen und fachmethodischen Grundlagen
7. Geschichte vor Ort: Exkursionen, Lernen an außerschulischen Orten
3
0. Allgemeine Aufgaben der Betreuungslehrkraft
Die Betreuungslehrkraft ist der wichtigste Ansprechpartner der Referendarin bzw.
des Referendars in der Einsatzschule. Gerade in den ersten Wochen des zweiten Ausbildungsabschnitts sollte sie der Referendarin bzw. dem Referendar in besonde- rer Weise zur Verfügung stehen.
Wichtigste Aufgaben der Betreuungslehrkraft sind:
• Einführung in Beschlüsse der Fachschaft Geschichte und in informelle Ab- sprachen zwischen den Geschichtslehrkräften
• Information über Besonderheiten des Geschichtsunterrichts an der jeweili- gen Schule und über außerschulische Initiativen am Schulort und im Umfeld (Museen, Vereine, Feste usw.)
• Unterstützung und Beratung der Referendarin bzw. des Referendars bei den ersten eigenverantwortlichen Erfahrungen in der Praxis – von der lang- fristigen Planung bis hin zu konkreten Unterrichtssituationen. Erwünscht ist dabei eine grundsätzliche Offenheit für alle Methoden, auch wenn sie von den Gepflogenheiten der Einsatzschule abweichen.
In den Seminarschulen gibt es bezüglich der Reihenfolge und Schwerpunktsetzung unterschiedliche Verfahrensweisen. Die nachfolgenden fachspezifischen Aspekte geben einen Einblick in den Stand der Ausbildung und können bei der Betreuung hilfreich sein.
1. Vorgaben des Ausbildungsplans
Die Referendarinnen und Referendare sollen sich gemäß Ausbildungsplan fortentwi- ckeln können. Der Ausbildungsplan für das Fach Geschichte nennt folgende „fachdi- daktische und fachmethodische Grundlagen“:
Fachdidaktische Grundlagen
- Unterrichtsprinzipien des Exemplarischen, Repräsentativen, Modellhaften, Fun- damentalen und Elementaren im Geschichtsunterricht
- fachspezifische Betrachtungs- und Verfahrensweisen (chronologisch-genetisches Verfahren; Längsschnitt; Querschnitt, Fallanalyse u. a.)
- Multiperspektivität
- Berücksichtigung des Anwendungsbezugs der Inhalte; lebensweltlicher Zusam- menhang
- Einbezug von Regional- und Landesgeschichte durch Auswahl geeigneter Bei- spiele im Sinne eines das Allgemeine im Konkreten sichtbar machenden Lernens - Definition, Stellenwert und Behandlung der verschiedenen Epochen im Ge-
schichtsunterricht der verschiedenen Altersstufen, u.a. der Zeitgeschichte
Fachmethodische Grundlagen
- Handhabung der Fragetechnik im lehrerzentrierten Unterricht und ihre lernpsy- chologischen Bedingungen im Fach Geschichte
4
- Bedingungen und Möglichkeiten offenerer und handlungsorientierter Unterrichts- formen im Fach Geschichte
- Rezeptivität, Reflexion und Kreativität (z. B. szenisch-spielerische Formen) in der besonderen Situation der Begegnung mit Geschichte
- Progression der fachspezifischen Methoden (z. B. Umgang mit Text- und Bild- quellen) gemäß den Festlegungen des Fachlehrplans Geschichte
- Aufbau und altersspezifische Vertiefung des Grundwissens Geschichte; Siche- rung nachhaltigen Lernens
- Planung und Durchführung von Unterricht an außerschulischen Lernorten
Umgang mit fachspezifischen Quellen und Materialien
- Eigenart und Funktion von Quellenarbeit für den Schulgebrauch
- Methodik der Quellenarbeit an spezifischen Quellen der Geschichte: (schriftliche Quelle; Karikatur, Plakat, Foto, Historienmalerei u. a. als Bildquellen; der Gegen- stand; das Filmdokument und der historische Film; Aussagen von Zeitzeugen;
statistisches Material)
- Verfahrensmodelle für Herangehensweise, auch im Hinblick auf Progression im Methodenlernen
- Eigenart von historischen Quellen unterschiedlicher Art und Einübung in ihre kriti- sche Einschätzbarkeit
Wünschenswert wäre eine beratende Unterstützung in folgenden Punkten:
• in einem zeitnahen Gespräch nach Unterrichtsbesuchen: Erkennbarkeit von fachdidaktischen und fachmethodischen Grundlagen in der Planung und Um- setzung
• Verwendung von fachspezifischen Quellen und Materialien
• Hinweise auf regionalgeschichtliche Bezüge und wenn möglich schulspezifi- sche Möglichkeiten des lebensweltlichen Bezugs für Schülerinnen und Schü- ler an der Einsatzschule
2. Geschichtsunterricht in den einzelnen Schulstufen
2.1 Einsatz in der Unterstufe
Der Einsatz in der Unterstufe ist sicherlich problemlos möglich und gerade im An- fangsunterricht Geschichte besonders wichtig.
Besondere Unterstützung durch die Betreuungslehrkraft ist bei folgenden Aspekten wünschenswert:
• Einübung einer konsequenten Arbeitshaltung der Schülerinnen und Schüler (Heftführung, Umgang mit dem Schulbuch usw.)
• Beratung bei der Erstellung von altersgemäßen Aufgaben in schriftlichen Leis- tungsnachweisen (Angemessenheit des Materials)
• Beachtung einer kindgerechten und erlebnisbetonten Unterrichtsführung
• Unterstützung bei Themenkomplexen, die in der universitären Ausbildung der Geschichtslehrkraft eine untergeordnete Rolle spielen (z.B. Frühgeschichte, Ägypten)
5 2.2 Einsatz in der Mittelstufe:
Beobachtungen legen nahe, dass Studienreferendare besonders häufig in Mittelstu- fenklassen eingesetzt werden. Nachdem gerade in diesen Klassen verstärkt Erzie- hungsaufgaben verlangt werden, benötigen die jungen Lehrkräfte besonders in die- sem Einsatzbereich Unterstützung.
Deshalb ist eine Hilfestellung bei folgenden Aspekten wünschenswert:
• frühzeitiger Hinweis auf disziplinarisch herausfordernde Klassen und ent- sprechende Beratung, auch in methodischer Hinsicht
• Ermöglichung von Hospitationen bei erfahrenen Kollegen in schwierigeren Klassen
Darüber hinaus erfordern zwei Themen eine besondere Unterstützung durch die Be- treuungslehrkraft:
• Einbindung in die Organisation und Durchführung der Exkursion in die KZ- Gedenkstätte
• kollegiale Zusammenarbeit der Fachkollegen G/SK in Zusammenhang mit dem fächerübergreifenden Projekt mit Sozialkunde in der 10. Jahrgangs- stufe
2.3 Einsatz in der Oberstufe:
Der Einsatz in den Qualifikationsstufen 11 und 12 stößt häufig auf organisatorische Probleme. Dennoch muss daran festgehalten werden, dass erst Erfahrungen in der Oberstufe zu einer ganzheitlichen Ausbildung der jungen Lehrkräfte führen können.
Die Einsatzschulen können aber auch durch andere Maßnahmen als die Kursüber- nahme zu dieser vollständigen Ausbildung beitragen, z.B. durch die gelegentliche Hospitation in W- und P-Seminaren. Dieser Themenkomplex wird an den Seminar- schulen überwiegend erst im 3. Ausbildungsabschnitt behandelt.
Besondere Unterstützung durch die Betreuungslehrkraft ist bei folgenden Aspekten wünschenswert:
• Ermöglichung von Hospitationen bei (Abitur-)Prüfungen, im Oberstufenun- terricht und in W- und P-Seminaren (auch in Sozialkunde)
• Beratung bei der didaktischen Reduktion, insbesondere bei Stoffen, die in der universitären Ausbildung eine untergeordnete Rolle spielen
• Intensivierung der Hilfe bei der Sequenzplanung
• Besondere Unterstützung bei der Erstellung und Korrektur von großen schriftlichen Leistungsnachweisen
6 3. Sequenz- und Halbjahresplanung
Mit den grundsätzlichen Erfordernissen einer Sequenz- und Jahresplanung sind die Referendare zu Beginn des zweiten Ausbildungsabschnitts vertraut. Dennoch erge- ben sich in der Praxis häufig noch Schwierigkeiten bei der Erstellung einer Unter- richtsplanung.
Besondere Unterstützung durch die Betreuungslehrkraft ist bei folgenden Aspekten wünschenswert:
• Hinweise auf fachschaftsinterne Absprachen der Einsatzschule, z.B. be- stimmte Projekte in einzelnen Jahrgangsstufen
• möglichst frühzeitiges Überprüfen der vom Referendar vorzulegenden lehr- plankonformen Planung, insbesondere im Hinblick auf
o Berücksichtigung der konstituierenden Grundlagen des Lehrplans (z. B.
Kompetenzstrukturmodell)
o aktuelle Änderungen, Ergänzungen und Konkretisierung des Lehrplans o Auswahlmöglichkeiten
o Konzeption von in sich geschlossenen Unterrichtseinheiten o exemplarische und fakultative Vertiefungen
o Einhaltung des Zeitrahmens
• Berücksichtigung von Exkursionen (beispielsweise in Jgst. 9: Besuch einer KZ-Gedenkstätte) und schulintern vereinbarten Projekten
4. Schriftliche Leistungserhebung und -bewertung: Aufgabenkultur
Die Referendarinnen und Referendare sind mit den grundlegenden Anforderungen an die Leistungsmessung im Fach Geschichte vertraut. Allerdings kann die Ausbil- dung an der Seminarschule nicht die Vielfalt der an den verschiedenen Einsatzschu- len üblichen Aufgabenformate abdecken. Die Beratung bei der Anlage, der Korrektur und der Bewertung von schriftlichen Leistungserhebungen hat besondere Bedeu- tung, weil die Studienreferendarinnen und -referendare für die Leistungserhebungen einerseits voll verantwortlich sind, andererseits aber noch wenig praktische Erfah- rung besitzen.
Besondere Unterstützung durch die Betreuungslehrkraft ist bei folgenden Aspekten wünschenswert:
• Information über die gewohnte Aufgabenkultur an der Einsatzschule, um Ab- weichungen von den erlernten Modellen an der Seminarschule zu erkennen (bes. wünschenswert: Hinweis auf Aufgabensammlung)
• Frühzeitige Überprüfung der Aufgabenerstellung für schriftliche Leistungs- nachweise auf
o Berücksichtigung der Formalia
o Einhaltung der Anforderungsbereiche
7 o materialgestützte Aufgabenanteile o Grundwissenssicherung
o Verwendung der Operatoren
• Ermöglichung der Erprobung innovativer Aufgabenformate, auch wenn sie von den Gepflogenheiten der Einsatzschule abweichen.
5. Grundwissenssicherung
Im Fachseminar hat die Referendarin bzw. der Referendar verschiedene Strategien der Vermittlung und Sicherung des Grundwissens kennengelernt. Wichtig ist jetzt, an der Einsatzschule in Abstimmung mit den von der Fachschaft getroffenen Vereinba- rungen (Anteil von Grundwissen in schriftlichen Leistungsnachweisen, Kennzeich- nung von Begriffen, eigene Tests usw.) umzugehen.
Hilfreich sind folgende Punkte:
• Besprechung über die an der Einsatzschule üblichen Verfahren
• Offenheit und Verständnis für darüber hinausgehende Ideen und Methoden der Referendarin bzw. des Referendars zur Grundwissenssicherung
6. Erweiterung der fachdidaktischen und fachmethodischen Grundlagen
Die Referendarin bzw. der Referendar hat an der Seminarschule verschiedene Me- thoden des Geschichtsunterrichts bereits kennengelernt und zum Teil auch selbst ausprobiert. Wünschenswert wäre eine Offenheit für die Experimentierfreude der Re- ferendarin bzw. des Referendars bei gleichzeitiger Unterstützung in Fragen, die sie bzw. er hat.
Übliche Ausbildungsinhalte:
• verschiedene Unterrichtsverfahren in Theorie und Praxis, besonders auch offene Unterrichtsformen
• Umgang mit dem Schulbuch
• Erschließung von Text- und Bildquellen
• Arbeit mit Geschichtskarten
• Erschließen von Diagrammen/Schaubildern
• Umgang mit neuen Medien
• Arbeit mit Darstellungen verschiedenster Art
• Berücksichtigung der Geschichtskultur
• Bedeutung einer sinnstiftenden Moderation des Unterrichtsgesprächs durch die Referendarin bzw. den Referendar (Reflexion, Bewertung, Ein- ordnung der durch Material erarbeiteten Fakten usw.)
8
7. Geschichte vor Ort: Exkursionen, Lernen an außerschulischen Orten
Die Referendarin bzw. der Referendar kennt verschiedene Möglichkeiten außerschu- lischen historischen Lernens im Überblick.
An der Einsatzschule ist der zeitliche Rahmen vorhanden, in dem Referendarinnen und Referendare Erfahrungen mit Exkursionen gewinnen können. Dabei brauchen sie Unterstützung durch begleitende Lehrkräfte in der Konzeption und Organisation (insbesondere in der Durchführung von verpflichtenden Gedenkstättenbesuchen in Jgst. 9).
Wünschenswert sind auch Informationen über die lokalen und regionalen Besonder- heiten (Museen, Archive, Führungen, Denkmäler, historische Ensembles, Ausgra- bungsstätten usw.).