A 334 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 112|
Heft 8|
20. Februar 2015 erhielten Lachgas, 3 569 ein ande-res Narkotikum. Der primäre kom- binierte Endpunkt waren Tod und kardiovaskuläre Komplikationen (nicht tödlicher Herzinfarkt, Schlag- anfall, Lungenembolie oder Herz- stillstand) in 30 Tagen postopera- tiv. Er wurde vergleichbar häu- fig erreicht: bei 283 Patienten (8 %) mit und bei 296 Patienten (8 %) ohne Lachgas (relatives Risi- ko: 0,96; 95-%-Konfidenzintervall:
0,83–1,12; p = 0,64). Infektionen am Operationssitus traten mit je 9 % ebenfalls vergleichbar häufig auf, Übelkeit und Erbrechen waren unter NO-Anästhesie mit 15 % sig- nifikant häufiger auf als im Ver- gleichsarm mit 11 % (p < 0,0001).
Die Häufigkeit dieser bekannten unerwünschten Wirkung lässt sich durch Prophylaxe reduzieren.
Fazit: Die Verwendung von Lach- gas bei nicht herzchirurgischen Ein- griffen beeinflusst weder das Ster- berisiko noch das Risiko für peri- operative kardiovaskuläre Kompli- kationen binnen 30 Tagen nach dem Eingriff. „Bei kaum einem ande- ren Narkotikum gab es eine solch kontrovers geführte Debatte über die Sicherheit“, kommentiert Prof.
Dr. med. Jörg Weimann, Chefarzt der Abteilung für Anästhesie und in terdisziplinäre Intensivmedizin, Sankt-Gertrauden-Krankenhaus, Ber- lin. Dieser Debatte sei es aber letzt- lich zu verdanken, dass mit der vor- liegenden ENIGMA-II-Studie die klinische Sicherheit von Lachgas in der Anästhesie nach heutigem wis- senschaftlichem Standard als belegt gelten dürfe. Dass Lachgas in vie- len Kliniken vor dem Hintergrund
früherer Diskussionen nicht mehr angewandt werde, erscheine aus heutiger Sicht voreilig. Denn in ei- ner Folgestudie (2) der ENIGMA- I-Studie (3) hätten sich für die An- wendung von Lachgas auch Vortei- le ergeben, so beim postoperativen Auftreten chronischer Schmerzsyn- drome.
Dr. rer. nat. Susanne Heinzl
1. Myles PS, et al.: The safety of addition of nitrous oxide to general anaesthesia in at- risk patients having major non-cardiac sur- gery (ENIGMA-II): a randomised, single- blind trial. Lancet 2014; 384: 1446–54.
2. Chan MT, et al.: Chronic postsurgical pain after nitrous oxide anesthesia. Pain 2011;
152: 2514–20.
3. Myles PS, et al. and the ENIGMA Trial Group: Avoidance of nitrous oxide for pa- tients undergoing major surgery: a rando- mized controlled trial. Anesthesiology 2007;
107: 221–31.
Die Effektivität einer intraarteriellen Therapie binnen 6 Stunden nach Be- ginn der Symptome eines akuten ischämischem Schlaganfalls durch intrakranielle Okklusion ist bei 500 Patienten an 16 niederländischen Zentren untersucht worden. Die Pa- tienten wurden randomisiert entwe- der konventionell therapiert (Throm- bolyse; n = 267) oder erhielten eine zusätzliche intraarterielle Therapie (Katheterisierung bis zum Verschluss und Freisetzung eines Thrombolyti- kums, mechanische Thrombektomie oder beides; n = 233). Bei 190 von
ihnen (81,5 %) wurde ein Stent ge- setzt. 445 Patienten (89 %) waren vor Randomisierung lysiert worden.
Das klinische Ergebnis wurde über den modifizierten Ranking Scale Score nach 90 Tagen beurteilt (0 = keine Symptome bis 6 = Tod).
Der Behandlungseffekt wurde als Odds Ratio (OR), adjustiert für die präspezifizierten prognostischen Faktoren, dargestellt. Die OR ergab sich mit 1,67 (95-%-Konfidenzin- tervall (CI): 1,21–2,30). Die Studie ergab eine absolute Differenz von 13,5 % (95-%-CI: 5,9–21,2) beim
Parameter „funktionelle Unabhän- gigkeit“ (modifizierter Ranking Scale Score 0–2) zugunsten der In- tervention (32,6 vs. 19,1 %). Es wurde kein Unterschied zwischen den Gruppen bei der Mortalität so- wie der Rate symptomatischer in- trazerebraler Blutungen registriert.
Fazit: Patienten mit akutem ischä- mischen Schlaganfall durch intra- kraniellen Gefäßverschluss sind bei intraarterieller Therapie nach 3 Mo- naten seltener auf externe Unter- stützung in den Alltagsaktivitäten angewiesen als nach konventionel- ler Behandlung (Alteplase). „Die Studie belegt, dass es bei nicht er- folgreicher systemischer Thrombo- lyse sinnvoll ist, einen proximalen Gefäßverschluss interventionell zu behandeln“, erläutert Prof. Dr. med.
Martin Grond, Klinik für Neurolo- gie am Kreisklinikum Siegen, das Resultat. Und der therapeutische Erfolg der Maßnahme wäre ver - mutlich noch größer gewesen, wenn die Interventionen rascher er- folgt wären. Denn zwischen Be- ginn der Thrombolyse und Leisten- punktion vergingen im Durchschnitt 3 Stunden. Christine Vetter Berkherner OA, et al.: A randomized trial of in- traarterial treatment for acute ischemic stroke.
N Engl J Med 2015; 372: 11–20.
AKUTER ISCHÄMISCHER SCHLAGANFALL
Intraarterielle Therapie binnen sechs Stunden vorteilhaft
GRAFIK
Funktionalität im modifizierten Ranking Scale Score im Zeitraum von 90 Tagen nach der Intervention
Modifizierter Ranking Scale Score
0 1 2 3 4 5 6
keine Symptome Tod
Intervention (N = 233)
Kontrolle (N = 267)
0 20 40 60 80 100 Patienten (in %)
modifiziert nach: N Eng. J Med 2015; 372: 11–20