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Archiv "Praxisbudgets: KBV legt ein überarbeitetes Konzept vor" (06.09.1996)

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P O L I T I K LEITARTIKEL

E

s ist überhaupt keine Frage:

Die Vielzahl der derzeit gelten- den restriktiven Regelungen innerhalb der Honorarabrech- nung – allesamt Notlösungen gegen den bedrohlichen Punktwertverfall – können niemandem gefallen. Dieser Zustand ist untragbar und darf nicht mehr lange andauern. Die niederge- lassenen Kollegen, das habe ich wie- derholt erklärt, brauchen endlich wie- der Ruhe in ihrem Arbeitsalltag; sie brauchen kalkulatorische Sicherheit und die Gewißheit, daß ihre Arbeit im Rahmen der gegebenen Möglichkei- ten zu ordentlichen Punktwerten ver- gütet wird.

Weg aus der Misere

Warum dies alles zur Zeit fehlt, ist bekannt. Unsere Honorare sind – bei steigenden Arztzahlen – seit Jah- ren ganz stringent budgetiert. Auf- grund politischer Entscheidungen reicht das Geld nicht mehr aus, um den Leistungsbedarf zu decken. Nicht der neue EBM ist die Ursache für die Misere. Er deckt nur auf, daß Lei- stungsbedarf und Honorarvolumen längst nicht mehr in einem angemes- senen Verhältnis zueinander stehen.

Die bitteren Folgen sind gleichfalls bekannt: innerärztliche Verteilungs- kämpfe, Existenzangst und Frustrati- on. Doch wohin führt das? Direkt in

die Entsolidarisierung der Kassenärz- teschaft – in eine Situation, bei der es letztlich nur Verlierer geben kann.

Kurzfristig werden wir die Politik nicht dazu bewegen können, deutlich mehr Geld für die ambulante Versor- gung zur Verfügung zu stellen. Wir müssen daher notgedrungen mit dem haushalten, was uns zugebilligt wird.

Und zwar so, daß alle Kolleginnen und Kollegen zurechtkommen kön- nen. Mit Hilfe von differenziertenPra- xisbudgets ist das möglich.

Nach intensiven Vorarbeiten und zahlreichen Beratungen mit den führenden Vertretern der Berufsver- bände glauben wir, der KBV-Vertre- terversammlung am 7. September 1996 ein Honorierungssystem zur Be- schlußfassung vorlegen zu können, das uns aus der akuten Misere befreit und den notwendigen Spielraum für die politischen Auseinandersetzun- gen um eine „bessere Zukunft der ambulanten Versorgung“ insgesamt eröffnet.

Das Ziel:

Stabiler Punktwert

Um Mißverständnissen vorzu- beugen: Es geht nicht um einen neuen EBM. Es wird keine „Reform der Re- form“ geben, wobei aber die befriste- ten Teilbudgets auslaufen und die von der Kassenärzteschaft besonders kri-

tisch gesehenen Abrechnungsaus- schlüsse aufgehoben werden sollen.

Vielmehr streben wir auf der Basis des neuen EBM ein neu strukturiertes Honorierungssystem an,

l das durch eine wirksame Men- genbegrenzung zur Punktwertstabi- lität führt und das Punktwertniveau deutlich anhebt;

l das die Praxiserlöse wieder kalkulierbar macht;

l das schließlich das unter dem bestehenden Budgetzwang zur Verfü- gung stehende Honorar gerechter zwischen und innerhalb der Arztgrup- pen verteilt.

Ich möchte Ihnen das neue Kon- zept (siehe dazu auch den nebenste- henden Beitrag „Neues Vergütungs- modell für Kassenärzte“) kurz erläu- tern. Um die Einführung solcher arzt- gruppenbezogener, fallzahlabhängi- ger Praxisbudgets ist es zu wilden Spe- kulationen und Fehlinterpretationen gekommen. Dies veranlaßt mich zu folgender Klarstellung:

Praxisbudgets beinhalten kein Festgehalt, keine Pauschalvergütung und auch keinen garantierten Um- satz. Der EBM bleibt vielmehr als Abrechnungsgrundlage mit den darin enthaltenen Leistungspositionen voll erhalten. Allerdings werden die in das Praxisbudget einbezogenen Lei- stungspositionen des EBM insgesamt nur bis zu einem bestimmten Punkt- zahlvolumen je Praxis vergütet, das A-2189 Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 36, 6. September 1996 (17)

Praxisbudgets

KBV legt ein überarbeitetes Konzept vor

Das Modell „Praxisbudgets“ nimmt konkrete Gestalt an.

Nachdem die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung im Juni dieses Jahres der weitgehenden Budgetierung vertragsärztlicher Leistungen grundsätzlich zugestimmt hatte, kann der KBV-Vorstand jetzt ein in sich schlüssiges Honorierungssystem vorstellen. Die Praxisbud- gets können die ruinöse Mengenentwicklung stoppen, den

niedergelassenen Ärzten die lange vermißte Kalkulationssi-

cherheit bringen und zu einer gerechteren Verteilung der

knappen Geldmittel führen. Davon zeigt sich zumindest

Dr. med. Winfried Schorre überzeugt. Im folgenden Beitrag

nimmt der KBV-Vorsitzende Stellung und erläutert, warum

die Praxisbudgets – im Rahmen des Möglichen – eine positi-

ve Wirkung auf die Arbeit der Kassenärzte haben werden.

(2)

sich aus einer arztgruppenspezifi- schen Fallpunktzahl, multipliziert mit der Zahl der kurativ-ambulanten Be- handlungsfälle, ergibt.

Nach dem neuen Konzept setzt sich der Honoraranspruch aus den Punktzahlanforderungen aus folgen- den Bereichen zusammen:

1 Das Praxisbudget. Es ist arzt- gruppenbezogen und fallzahlabhän- gig und beinhaltet im wesentlichen die Standardlei-

stungen der jewei- ligen Arztgruppe.

1 Zusatzbud- gets für Praxis- besonderheiten („Gelbe Liste“).

1 Budget- freie Leistungen, dazu zählen bei- spielsweise die hausärztliche Grundvergütung, die Zuschläge zum ambulanten Ope- rieren, aber auch das Laborkapitel des EBM („Blaue Liste“).

1 Hochspe- zialisierte und ko- stenintensive Lei-

stungen, die keiner Mengenbegren- zung unterliegen und einzeln vergütet werden („Rote Liste“).

Für die Vergütungssituation des einzelnen Vertragsarztes sind zwei Regelungen von grundsätzlicher Be- deutung:

« Durch die Zusatzbudgets wird der bestehenden Differenzierung in- nerhalb der Fachgruppen Rechnung getragen.

¬ Da die Kassenärztlichen Ver- einigungen die Praxisbudgets mit ihren regionalen Zahlen berechnen, werden die regionalen Besonderhei- ten der KVen voll berücksichtigt.

Damit ist die grundsätzliche Ho- norarsystematik wiederhergestellt:

Der EBM legt die Bewertungsrela- tionen der Leistungen untereinander fest, und die KVen entwickeln aus den bundeseinheitlichen Berech- nungsgrundlagen die Honorarvertei- lung vor Ort. Dies hat zur Folge, daß die Praxisbudgets regional und zwi- schen den Arztgruppen verschieden sein werden.

Um für die Zukunft eine noch weitere Differenzierung der Praxis- budgets zu ermöglichen, bedarf es aber zusätzlicher Informationen über die Struktur und die ökonomische Si- tuation in den Praxen der niedergelas- senen Ärzte. Hier kommt es entschei- dend auf die Mithilfe aller Kollegin- nen und Kollegen an. In den nächsten Tagen wird allen Praxen ein Fragebo- gen zugehen, mit dem eine von

der Kassenärztli- chen Bundesverei- nigung beauftragte Wirtschaftsprüfer- Gesellschaft Da- ten zur Praxis- struktur, Lei- stungsstruktur und Kostenstruktur der jeweiligen Pra- xis erhebt. Es ist von großer Bedeu- tung, daß sich möglichst viele an der Erhebung be- teiligen – nicht nur im Hinblick auf die gezielte Weiterent- wicklung der Pra- xisbudgets, son- dern auch um uns in die Lage zu ver- setzen, fundierter als bisher gegen- über den Krankenkassen und der Poli- tik die ökonomische Situation in den Praxen darzustellen und daraus die zwingenden Forderungen abzuleiten.

Es ist sichergestellt, daß die An- gaben der einzelnen Ärzte von der Wirtschaftsprüfer-Gesellschaft ver- traulich behandelt und der KBV le- diglich als statistische Daten überlas- sen werden, die keine Rückschlüsse auf einzelne Personen zulassen.

Datenauswertung im Dezember

Die Erhebung beginnt mit dem Versand der Fragebogen am 6. Sep- tember. Bis zum 25. September soll- ten alle Praxen angeschrieben sein.

Wir rechnen mit den Rückläufen in- nerhalb von sechs Wochen, so daß Anfang Dezember die Auswertung der Daten erfolgen kann.

Für die grundsätzliche Entschei- dung über die Einführung von Praxis-

budgets reichen die gegenwärtig vor- liegenden Daten über die durch- schnittlichen Betriebsausgaben der Praxen indessen aus. Das heißt: Wir brauchen die Angaben aus der Erhe- bung zur Verfeinerung des Systems, nicht aber, um es überhaupt einzu- führen.

Die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung wird sich also am 7. September im Rahmen einer außerordentlichen Sit- zung mit dem überarbeiteten Kon- zept befassen. Der KBV-Vorstand strebt die Einführung der Praxisbud- gets zum 1. Januar 1997 an. Von die- sem Zeitpunkt an sollen dann die jetzt noch geltenden Notlösungen ein En- de haben. Wir haben uns lange genug mit dem Thema EBM befassen müs- sen. Das gilt für die Selbstverwaltung genauso wie für die Kolleginnen und Kollegen vor Ort.

Die Entscheidung steht jetzt an

Ich hoffe doch, daß mit der Ver- treterversammlung die grundsätzliche Diskussion abgeschlossen werden kann. Es steht eine Vielzahl von hoch- brisanten gesundheitspolitischen Pro- blemen an, die zur Zeit die Bonner Po- litik beschäftigen. An der Bewältigung dieser Probleme muß sich die Kas- senärzteschaft unbedingt beteiligen, und das mit einer Stimme. Einige Punkte möchte ich hier nennen:

l Verhältnis ambulant/stationär;

l Forderungen der Kassen nach Vertragsfreiheit außerhalb des Kol- lektivvertragssystems;

l Überprüfung des Leistungska- talogs der gesetzlichen Krankenversi- cherung.

Nur wenn wir uns hier wieder dem Dialog mit der Politik stellen, ha- ben wir auch die Chance, unsere Vor- stellungen über ein neues Vergü- tungssystem in die politische Diskus- sion einzubringen. Ich bin zuversicht- lich, daß mit den Praxisbudgets die gegenwärtigen Irritationen behoben werden und sich die Kollegen auch wieder auf das konzentrieren können, was ihre eigentliche Aufgabe ist: die ambulante medizinische Versorgung der Patienten auf einem möglichst ho- hen Niveau. Dr. Winfried Schorre A-2190

P O L I T I K LEITARTIKEL

(18) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 36, 6. September 1996 Dr. Winfried Schorre: „Praxisbudgets sind weder Pauschalvergütung noch Festgehalt.“ Foto: B. Eifrig

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