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Archiv "Kassenärzte und Psychotherapeuten: KBV legt Honorare offen" (23.07.2012)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 29–30

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23. Juli 2012 A 1467 KASSENÄRZTE UND PSYCHOTHERAPEUTEN

KBV legt Honorare offen

Das Einkommen der niedergelassenen Ärzte steht häufig im Fokus der Medien.

Wie es tatsächlich um die Vergütung der Vertragsärzte bestellt ist, will die Kassen- ärztliche Bundesvereinigung mit regelmäßigen Honorarberichten offenlegen.

F

ragt man den Vorstandsvorsit- zenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) nach Medienberichten über das Einkom- men der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten, legt sich seine Stirn in Falten: „Umsätze, Gewinn und andere Berechnungsgrößen ge- hen kunterbunt durcheinander“, sagt Dr. med. Andreas Köhler. „Begriffe wie brutto und netto werden inflatio- när falsch verwendet.“

Köhlers Ärger ist verständlich, denn gerade bei den freiberuflich tätigen Kassenärzten unterscheiden sich die Praxisumsätze von dem letztlich verbleibenden Nettoein- kommen zum Teil gewaltig. Im Schnitt, aber auch das ist nur eine grobe Betrachtungsweise, verblei- ben den Niedergelassenen nach Ab- zug aller Kosten, den Steuerzahlun- gen und den Aufwendungen für die eigene Kranken- und Pflegeversi- cherung sowie die Altersvorsorge lediglich 23,5 Prozent des ur- sprünglichen Umsatzes. In konkre- ten Beträgen ausgedrückt sind das 5 442 Euro pro Monat. Wohlge- merkt im Bundesdurchschnitt über alle Arztgruppen.

Drei Prozent mehr Umsatz

Das geht aus dem ersten Honorarbe- richt hervor, den die KBV dieser Ta- ge in Berlin vorgelegt hat. Der Be- richt betrachtet das erste Halbjahr 2011 im Vergleich zum Vorjahres- zeitraum. Danach ist der durch- schnittliche Honorarumsatz der nie- dergelassenen Ärzte und Psychothe- rapeuten um drei Prozent auf circa 102 000 Euro gestiegen. Der Hono- rarumsatz beinhaltet sämtliche Ho- norare für die Behandlung der gesetzlich Krankenversicherten, je- doch keine Vergütungsanteile aus den Selektivverträgen zwischen Ärzteverbänden und Krankenkassen

unter Ausschluss der Kassenärztli- chen Vereinigungen – etwa die Ver- träge zur hausarztzentrierten Versor- gung in Baden-Württemberg und Bayern. Ambulante Leistungen, die von ermächtigten Krankenhausärz- ten oder Instituten erbracht wurden, sind ebenfalls nicht in den Bericht eingeflossen.

Von der Honorarentwicklung im ersten Halbjahr 2011 haben die Arztgruppen unterschiedlich profi- tiert. Bundesweit betrachtet können die Abrechnungsgruppen Nerven- heilkunde (+13,5 Prozent) und Neurologie (+8,7 Prozent) die größ-

ten Honorarzuwächse verzeichnen.

Honorarverluste mussten hingegen die Fachärzte für Anästhesiologie (–4,1 Prozent), Gynäkologie (–3,2 Prozent), Urologie (–2,0 Prozent) und Orthopädie (–0,5 Prozent) hin- nehmen.

Hausärzte mit Zuwächsen

Für die hausärztliche Versorgung ins- gesamt weist der Bericht einen Ho- norarzuwachs je Arzt um 7,7 Prozent aus. Dabei gibt es in den einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen al- lerdings deutliche Unterschiede, die unter anderem auf ausgleichspflichti-

TABELLE

Honorarumsatz je Arzt und Honorarumsatz je Behandlungsfall in Euro

Quelle: KBV-Abrechnungsstatistik; Praxen mit zugelassenen Ärzten Kassenärztliche

Vereinigung

Schleswig-Holstein Hamburg Bremen Niedersachsen Westfalen-Lippe Nordrhein Hessen Rheinland-Pfalz Baden-Württemberg Bayerns Berlin Saarland

Mecklenburg-Vorpommern Brandenburg

Sachsen-Anhalt Thüringen Sachsen Bund

Honorarumsatz je Arzt in Euro 1. Hj.

2010 93 389 108 247 106 172 110 415 106 516 90 953 94 395 97 441 97 120 92 952 77 371 104 343 120 987 106 942 109 626 110 767 109 849 99 057

1. Hj.

2011 98 563 96 432 107 874 112 851 109 294 94 681 93 177 103 033 98 911 99 968 80 025 104 040 121 180 107 637 114 129 112 434 115 408 102 004

Veränderung

absolut

5 173 –11 816 1 702 2 437 2 778 3 729 –1 218 5 592 1 791 7 015 2 653 –303 193 695 4 503 1 668 5 559 2 948

in %

5,5 % –10,9 % 1,6 % 2,2 % 2,6 % 4,1 % –1,3 % 5,7 % 1,8 % 7,5 % 3,4 % –0,3 % 0,2 % 0,6 % 4,1 % 1,5 % 5,1 % 3,0 %

Honorarumsatz je Behandlungsfall

in Euro 1. Hj.

2010 54,32 66,97 57,82 58,21 54,77 55,59 57,89 55,70 59,72 64,62 56,90 63,22 57,10 51,51 52,16 50,90 52,94 57,61

1. Hj.

2011 55,82 60,26 58,70 58,97 56,61 58,12 57,38 59,14 62,44 65,10 58,95 63,91 56,78 52,30 54,56 51,61 55,82 59,00

Veränderung

absolut

1,50 –6,70 0,88 0,76 1,84 2,53 –0,51 3,43 2,72 0,47 2,05 0,68 –0,32 0,79 2,40 0,71 2,88 1,39

in %

2,8 % –10,0 % 1,5 % 1,3 % 3,4 % 4,6 % –0,9 % 6,2 % 4,5 % 0,7 % 3,6 % 1,1 % –0,6 % 1,5 % 4,6 % 1,4 % 5,4 % 2,4 %

P O L I T I K

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A 1468 Deutsches Ärzteblatt

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Heft 29–30

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23. Juli 2012 GRAFIK

Netto und brutto:

Was im Durch- schnitt den Kassen- ärzten vom Umsatz übrig bleibt, zeigt die Grafik.

Vom Honorarumsatz zum Nettoeinkommen

berufsständische Altersvorsorge 7,1 %

Nettoeinkommen 23,5 %

Betriebsausgaben 51,6 %

Steuern 14,9 % Kranken- und Pflege - versicherung 2,8 %

Quelle: KBV-Abrechnungsstatistik

ge Überzahlungen in Vorquartalen zurückzuführen sind. Auffallend ist jedoch, dass Allgemeinärzte und Internisten in den neuen Bundes - ländern mit durchschnittlich 110 000 Euro Honorarumsatz deutlich (etwa 14 000 Euro) über dem Bundes- durchschnitt dieser Arztgruppen (96 283 Euro) liegen. KBV-Vor- standschef Köhler dazu: „Seit der letzten Honorarreform sind zusätz - liche Finanzmittel in die ambulanten Versorgung gekommen. Insbesonde- re die Kollegen in den neuen Län- dern haben davon profitiert. Es war im Übrigen immer der erklärte Wille aller Beteiligten, dass die Verhältnis- se in Deutschland stärker angegli- chen werden.“ Hätte man nichts un- ternommen, so Köhler weiter, wäre die wohnortnahe Versorgung akut gefährdet gewesen.

Rückgang bei Fachärzten

Anders als bei den Hausärzten kam es im ersten Halbjahr 2011 im fach- ärztlichen Versorgungsbereich zu ei- nem Honorarrückgang um 0,7 Pro- zent. Dem Bericht zufolge sind hier- für die zunehmende Zahl der ange- stellten Ärzte in den Facharztpraxen und die abnehmende Zahl der zuge- lassenen Ärzte ausschlaggebend.

Weniger Gewinne oder Verluste als vielmehr die Gesamthöhe der Umsätze kritisierte die Deutsche Psy- chotherapeuten-Vereinigung (DPTV) in einer ersten Reaktion auf die Vor- lage des KBV-Honorarberichts.

DPTV-Vorsitzender Dieter Best wies auf die Diskrepanz bei den Überschüssen von somatisch täti- gen niedergelassenen Ärzten und den Psychotherapeuten hin. Danach erzielten die somatisch tätigen Ärz- te im ersten Halbjahr 2011 einen durchschnittlichen Überschuss von 49 345 Euro gegenüber 25 654 Euro bei den Psychotherapeuten.

Best: „Das ist ein Ausdruck dafür, dass die Psychotherapie sowie die gesamte sprechende Medizin ge- genüber der somatischen Medizin stark benachteiligt ist.“ Die ver- gleichsweise geringen Einkommen der Psychotherapeuten würden zu- dem nicht durch Privatbehandlun- gen kompensiert.

Im Honorarbericht der KBV heißt es dazu: „Es ist zu vermuten, dass

der im Vergleich zu anderen Abrech- nungsgruppen geringe Honorarum- satz aus einer unterdurchschnittlichen Tätigkeit der Psychotherapeuten im Vergleich zu den Kalkulationsan- nahmen des EBM beziehungsweise zu den Grundsätzen der Vollauslas- tung einer psychotherapeutischen Praxis in der Rechtsprechung des BSG zur angemessenen Höhe der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen resultiert.“ Dies will Dieter Best freilich nicht gelten las- sen. Die Einkommensunterschiede können, so der DPTV-Vorsitzende, keineswegs mit unterdurchschnittli- chen Arbeitszeiten der Psychothe- rapeuten erklärt werden. Best ver- weist auf eine Erhebung des Zen- tralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI), wonach die durch- schnittlichen Arbeitszeiten der Psy- chotherapeuten mit wöchentlich 47 Arbeitsstunden nur um etwa zehn Prozent unter denen aller Arztgrup- pen (52 Wochenstunden) liegen.

Für Dieter Best zeigen die vorge- legten Zahlen, dass die Psychothe- rapeuten die Zielvorgaben für die Einkommenshöhe nicht erreichen können. „Es sei denn“, merkt Best an, „sie würden ihre Arbeitszeiten verdoppeln.“

Der Honorarbericht der KBV er- läutert neben der Auflistung der Honorarentwicklung in den Kas-

senärztlichen Vereinigungen nach Gesamtumsätzen und Honorarum- sätzen pro Behandlungsfall auch den Zusammenhang zwischen Ho- norarumsatz und Gesamtvergütung.

Neun Seiten sind diesem Thema im Bericht gewidmet. Noch ausführli- cher geht der Honorarbericht auf das Sonderthema „Vom Honorar- umsatz zum Nettoeinkommen“ ein.

Dabei wird zunächst darauf verwie- sen, dass vom Honorarumsatz aus der vertragsärztlichen Tätigkeit des Arztes die Betriebsausgaben abge- zogen werden müssen. Diese um- fassen Aufwendungen für Praxisan- gestellte und externes Personal, für Material und Labor, für Mieten für Praxisräume, für Energie, Versiche- rungen, Beiträge und Gebühren, für Kraftfahrzeughaltung, Kosten für Geräte und Fremdkapitalzinsen, für Fortbildung und noch einiges mehr.

Viel Arbeit und Verantwortung

Danach sind Steuerzahlungen von durchschnittlich 30,9 Prozent des Überschusses zu entrichten und wei- tere Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung sowie für die berufsständische Altersvorsorge zu tragen. Erst das, was dann noch üb- rig bleibt, ist Nettoeinkommen. 23,5 Prozent des ursprünglichen Umsat- zes und eben rund 5 400 Euro netto im Monat. Dem Deutschen Ärzte- blatt erklärte der KBV-Vorstands - vorsitzende: „Ich halte die Zahlen für nicht schlecht, aber auch nicht für üppig. Die Verantwortung und die Arbeitsintensität in den Praxen sind enorm hoch. Das muss mit einem wenigstens halbwegs angemesse- nen Einkommen honoriert werden.“

Die Kassenärztliche Bundesver- einigung wird künftig derartige Ho- norarberichte quartalsweise vorle- gen. Sie tut dies einerseits, weil der Gesetzgeber dies seit dem GKV- Versorgungsstrukturgesetz (Para- graf 87 c SGB V) fordert, aber auch deshalb, so Köhler, „weil wir genau diese Transparenz wollen: anhand von nachprüfbaren Zahlen und Fak- ten Klarheit schaffen und Ver- gleichbarkeit herstellen“.

Josef Maus

@

Der KBV-Honorarbericht über das erste Halbjahr 2011:

www.aerzteblatt.de/121467

P O L I T I K

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