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er Zeitpunkt war gut gewählt:Mitten hinein in die Debatte um den Risikostrukturausgleich, kurz vor der Vorstellung des dritten Teils des Sachverständigengutachtens zur ge- sundheitlichen Versorgung mit seiner vorauszusehenden Schelte an den am- bulanten Versorgungsstrukturen prä- sentierten die nordrheinischen Ver- tragsärzte und Krankenkas-
sen gemeinsam erste Er- gebnisse ihrer Diabetes- Vereinbarungen. Die Daten belegen, dass bei der Mehr- zahl der Diabetes-Patien- ten, die im Rahmen der nordrheinischen Diabetes- Vereinbarungen ambulant behandelt werden, durch die strukturierte und qua- litätsgesicherte Versorgung deutliche Besserungen er- zielt wurden.
Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereini-
gung (KV) Nordrhein, Dr. med. Leon- hard Hansen, betonte die gesundheits- politische Bedeutung dieser positiven Ergebnisse. Die in Nordrhein erfolg- reich umgesetzten Diabetes-Vereinba- rungen – nunmehr auch Modell für ent- sprechende Vereinbarungen in anderen Regionen – seien die geeignete Ant- wort auf die von einigen Gesundheits- politikern immer wieder vorgetragene Kritik an einer angeblich schlechten ambulanten Versorgung von Diabeti- kern. „Der Aktionismus gewisser Poli- tiker ist absolut unangebracht“, betonte Hansen. Denn nun liege der Nachweis vor, dass gelungene therapeutische Konzepte für die Diabetiker-Behand- lung bereits bestehen. Deutlich werde auch, dass nur bei einer frühzeitigen Beteiligung der Ärzteschaft an Disease- Management-Programmen eine gute medizinische Behandlung chronisch
Kranker garantiert sei. Wichtig sei es, medizinischen Sachverstand den öko- nomischen Interessen der Krankenkas- sen entgegenzustellen.
Die Vereinbarung zwischen der KV Nordrhein und dem Landesverband der Betriebskrankenkassen Nordrhein- Westfalen mit dem Ziel, die Qualität der ambulanten Versorgung von Diabe-
tikern zu verbessern und Folgeerkran- kungen zu verringern, wurde Anfang 1998 getroffen. Im April 1999 schlossen alle gesetzlichen Krankenkassen in Nordrhein gleich lautende Verträge mit der KV Nordrhein ab. Inzwischen neh- men flächendeckend rund 1 400 diabe- tologisch geschulte Hausärzte und 100 Schwerpunktpraxen an dem Projekt teil. Diese liefern die anonymisierten Behandlungsdaten von fast 120 000 Pa- tienten zur Auswertung an das Zentral- institut für die Kassenärztliche Versor- gung (ZI), mithin findet in Nordrhein zurzeit die weltweit größte Längs- schnitt-Studie zur ambulanten Diabe- tes-Versorgung statt.
Die jüngste Auswertung ergab, dass bei fast der Hälfte der Patienten mit ho- hen Zuckerhämoglobin-Werten eine si- gnifikante Reduktion erreicht werden konnte. Darüber hinaus sank der diasto- lische Blutdruck von Diabetikern mit Werten über 90 Millimeter Quecksilber (mm Hg) um durchschnittlich 14 mm Hg; der systolische Blutdruck wurde bei Hochdruckpatienten (✞ 160 mm Hg) im Schnitt sogar um 20 mm Hg verrin- gert. Die noch kurze Lauf- zeit der strukturierten Dia- betiker-Versorgung erlaubt noch keine Aussagen dar- über, wie viele Folgeerkran- kungen vermieden werden konnten; doch die vorlie- genden Daten lassen nach Ansicht des Vorstandsvor- sitzenden des BKK-Lan- desverbands, Jörg Hoff- mann, langfristig auf erheb- liche gesundheitsökonomi- sche Auswirkungen schließen. Für ihn enthalten die Diabetes-Vereinbarungen in Nordrhein bereits nahezu alle Kom- ponenten, die der Gesetzgeber für künf- tige Disease-Management-Programme vorsieht. Wichtig sei in diesem Zusam- menhang, dass hochwertige Versor- gungsangebote nicht auf der Strecke bleiben, dass keine niedrigschwellige Versorgung aus kurzfristigen ökonomi- schen Motiven erfolgt.
KBV-Vize Hansen machte deutlich, dass eine Beteiligung der Kassenärzte bei der Definition von Disease-Manage- ment-Programmen im RSA-Gesetzent- wurf zurzeit zwar nicht vorgesehen sei, dass die KBV sich aber gleichwohl mit eigenen Vorschlägen zur strukturierten und qualitätsgesicherten Versorgung verschiedener Krankheitsbilder in die gesundheitspolitische Diskussion ein- bringen werde. Thomas Gerst P O L I T I K
Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 36½½½½7. September 2001 AA2221
Disease Management
Modellprojekt Diabetes-Behandlung
Die KV Nordrhein stellte gemeinsam mit den Krankenkassen Ergebnisse einer strukturierten und qualitätsgesicherten Versorgung vor. Es wurden deutliche Besserungen erzielt.
Die Betreuung von Diabetikern durch zertifizier- te Hausärzte und in Schwerpunktpraxen führte zu deutlich verbesserten Werten bei der Mehr- zahl der Patienten.
Foto: Peter Wirtz