DEUTSCHES i\:RZTEBLATT
KURZMITTEILUNG
,..---· ,..---.. ...,. RRt
I
'"
9"""""'
9'~ II t ~
I ·"'""""" 'II ... l'og;o""''" " ~~- A'do"''"" f
Einsatz ~~~sd:~s~~?ce~end
1zur Veriügung • ...,. RR t
von -._+I
ACE-Hemmer • ..._. Aldosteron· Renin hemmen die Umwandlung '
ACE-
Hemmern bei der
Volumenmangel stimuliert die Freisetzung in der Niere
Angiotensin Converting
Enzym (ACE)
zu Angiotensin II
Ubiquitär ausreichend vorhanden
Behandlung der Hypertonie?
Abbildung: Vereinfachtes Schema der ACE- Wirkung, wobei das Kinin-System nicht be- rücksichtigt wurdeE
ine norwegische Studie (er- schienen im April1986) an 436 Patienten mit leichter (milde) bis mittelschwerer (moderate) Hyper- tonie verglich die Wirksamkeit des Beta-Rezeptorenblockers Atenolol (50 mg) mit der des Diuretikums Hydrochlorothiazid (25 mg) und des ACE-Hemmers Enalapril (20 mg) über jeweils 16 Wochen.Das Ergebnis ist in gewisser Weise überraschend: Die Blutdrucksen- kung war mit allen drei Anti- hypertonika gleich gut. Die Ab- nahme des systolischen Blut- drucks war mit Enalapril sogar deutlicher. Zudem wurde unter Enalapril über weniger Unverträg- lichkeitserscheinungen geklagt als unter Atenolol oder Hydrochlo- rothiazid.
Treten die ACE-Hemmer somit auch bei den leichten Hypertonien verstärkt in Konkurrenz zu Diureti- ka und Betablockern?
Die Zurückhaltung gegenüberdem primären Einsatzder ACE-Hemmer beruht (neben Kostenüberlegun- gen) auf einer Reihe sicherlich sel- tener, aber unter Umständen sehr schwerer unerwünschter Wirkun- gen: Mögliche allergische Reaktio- nen, zum Teil mit ödematöser Schwellung der oberen Luftwege (angioneurotisches Ödem) - die bei vorbestehendem latentem hereditärem angioneurotischem
Ödem auch durch verzögerten Kinin-Abbau verursacht wird, so- wie durch Einflüsse auf Blutbil- dung und Nierenfunktion. Darüber hinaus kann es zu gefährlichen Kollapszuständen kommen, wenn eine Diuretikatherapie vorausging oder wenn unter der ACE-Hem- mung Salz- und Flüssigkeitsverlu- ste auftreten, sei es während einer Hitzeperiode durch starkes Schwitzen, sei es durch Durchfälle oder durch Blutverluste, zum Bei- spiel bei einem Unfall.
Flüssigkeitshaushalt entscheidend
ln allen zuletzt genannten Situatio- nen kommt es zu einer Stimulie- rung des Renin-Angiotensin- und auch des Aldosteronsystems. Bei Patienten, die eine erhöhte Renin- aktivität aufweisen, besteht eine besonders hohe Empfindlichkeit gegenüber ACE-Hemmern. Be- kanntlich wird durch die ACE-Hem- mer die Umwandlung des unwirk- samen Angiotensin I in das blut- drucksteigernde Angiotensin II ge- bremst (siehe Abbildung). Es wird also nicht nur auf diese Weise ein erhöhter Blutdruck gesenkt, son- dern auch die bei Volumenverlu- sten normalerweise kompensatori- sche Blutdruckerhöhung abge- schwächt oder vielleicht sogar ganz aufgehoben. Erwünschte und 3204 (58) Heft 46 vom 12. November 1986 83. Jahrgang Ausgabe A
unerwünschte Wirkungen hängen also ganzwesentlich vom Flüssig- keitshaushalt ab. Man macht sich diese Beziehungen auch zunutze, wenn die blutdrucksenkende Wir- kung von ACE-Hemmern allein nicht ausreicht und zum Zwecke der Wirkungsverstärkung ein Di- uretikum zusätzlich verordnetwird. Problematisch bleibt insbesonde- re die Einleitung der Therapie mit ACE-Hemmstoffen, weil mit klini- schen Mitteln über Flüssigkeits- haushalt und intravasales Volu- men nicht immer ausreichende In- formation zu erhalten ist. Hohe Reninwerte signalisieren eine er- höhte Empfindlichkeit gegenüber ACE-Hemmern. Leider kann je- doch die Bestimmung der Renin- aktivität wegen des damit verbun- denen Aufwandes nicht routine- mäßig erfolgen. Somit sollte eine ACE-hemmende Therapie mit ei- ner niedrigen Dosis bei sorgfälti- ger Kontrolle des Patienten begin- nen. Die anfängliche Dosierung und Überwachung muß der Wir- kungsdauer des jeweiligen ACE- Hemmars angepaßt werden: Bei Captopril mit einer kurzen Halb- wertszeit werden hierzu (nach Ein- nahme auf leeren Magen) ein bis zwei Stunden ausreichend sein, während bei dem länger wirken- den Enalapril über mehrere (vier bis sechs) Stunden Kontrollen not-
wendig sind. C>
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
ACE-Hemmer AUSSPRACHE
Diagnostik des Bronchial-Karzinoms:
Vergleichende Beurteilung der Mediastinoskopie und Computertomographie
Das angioneurotische ödem kann bis zu 24 Stunden nach der ersten Medikamenteneinnahmen auftre- ten. Die optimale Dosierung kann neben der blutdrucksenkenden Wirkung auch direkt an der Hem- mung des ACE zusätzlich über- prüft werden, das jedoch nur in Speziallabors bestimmt werden kann. Damit läßt sich auch die Ein- nahmezuverlässigkeit des Patien- ten kontrollieren.
Bei mittelschweren und schweren Hypertonien ist die alleinige The- rapie mit ACE-Hemmern nicht aus- reichend, es müssen zusätzlich Di- uretika gegeben werden. Fixe Kombinationen sollten in der Re- gel nicht primär verordnet werden.
Erst wenn die individuelle Emp- findlichkeit ermittelt ist, kann auf eine feste Kombination überge- gangen werden.
Ein günstiger Aspekt der ACE- Hemmer besteht darin, daß sie kaum negative metabolische Ef- fekte aufweisen; in der Kombina- tion mit Diuretika können sie of- fenbar sogar deren ungünstige Einflüsse auf Lipide, Blutzucker und Harnsäure abschwächen, al- lerdings kaum die diuretikaindu- zierte Hypokaliämie bei schweren und schwersten (malignen) Hyper- tonien.
Es wird also in jedem Fall abzuwä- gen sein, ob bei der Verordnung der subjektiv meist gut verträg- lichen ACE-Hemmer mögliche un- erwünschte Wirkungen in Kauf ge- nommen werden können. Eine ausführliche Aufklärung des Pa- tienten über den Wirkungsmecha- nismus dieser Substanzen wird zur Therapiesicherheit beitragen.
Literatur
Helgeland, A.; Hagel, C. H.; Strommen, R.;
Tretli, S.: Lancet I (1986) 872-875.
Professor Dr. med.
Fritz Scheler Medizinische Universitäts-Klinik Robert-Koch-Straße 40 3400 Göttingen
u dem Beitrag von Dr. med.
L— Jürgen Lenz und Mitarbeitern in Heft 25/26,1986, Seiten 1849 bis 1851, war noch ein weiterer Leser- brief eingegangen, den wir im fol- genden wiedergeben. Auch hierzu hatten die Autoren auf ein Schluß- wort verzichtet. Der Artikel ist un- ter „Diagnostik des Bronchialcar- cinoms" eingeordnet und stellt fest: „Die Mediastinoskopie gilt als sehr aussagefähige, ja sogar obligate diagnostische Untersu- chung im Rahmen der Operabili- tätsbeurteilung des Bronchialkar- zinoms. Ziel dieses Verfahrens ist es ..., nach histologischem Meta- stasennachweis die Rate der Pro- bethorakotomien zu senken".
Diese Auffassung geht auf das Jahr 1959 (Carlens) zurück und fand im deutschsprachigen Raum viel Beachtung. Der bekannteste Vertreter einer Operabilitätsbeur- teilung durch die Mediastinosko- pie war Maaßen (1962/1964), wel- cher eine Operabilität nur bei iso- liertem und homolateralem Lymphknotenbefall distal der bei der Resektion vorgesehenen Re- sektionsstelle erkannte. Als Be- gründung für diese Auffassung galt, daß einer Lungenresektion bei Befall mediastinaler Lymph- knoten kein kurativer Wert beizu- messen sei.
Dieser Einstellung sind wir bereits 1969 gemeinsam mit Schulte ent- gegengetreten (DMW 94: 368-372, 1969). Die hohe Quote von Patien- ten mit 5-Jahres-Überlebenszeiten nach Lungenresektion mit Lymph- knotenmetastasen der 2. und so- gar 3. tributären (paratracheal) Stationen (Konrad, Ammedick, Bläute 1978) bestätigen diese Auf- fassung. Voraussetzung ist aller- dings eine korrekte Lymphknoten- dissektion des Mediastinums (Bi- furkation, Tracheo-Bronchalwin- kel, paratracheal, paraösophage-
al) mit der notwendigen Spaltung der mediastinalen Pleura (das operative Staging beim Bronchial- karzinom: Konrad und Hendricks 1980). Andernfalls wäre das Bron- chialkarzinom das einzige Ma- lignom, bei welchem der onkolo- gisch tätige Chirurg bei Lymph- knotenbefall nicht operiert oder die Lymphknoten beläßt.
Neben dieser korrigierenden Fest- stellung beruft sich die moderne Onkologie nicht nur auf chirurgi- sche Therapiemodalitäten. Hierzu
„Empfehlungen zur Behandlung maligner Tumoren" der ATO (Ak- tionsgemeinschaft der Nordrhein- Westfälischen Tumorzentren und onkologischer Arbeitskreise). Un- ter diesen Gesichtspunkten wäre die Frage von Lenz und Mitarbei- tern meines Erachtens dahinge- hend zu beantworten, als das me- diastinale CT gegenüber der Me- diastinoskopie eine bessere Aus- sage erbringt, ob ein infiltratives Wachstum des originären Tumors oder metastatischen Lymphkno- tens mit tumorösem Ausbruch vor- liegen. Im Falle vergrößerter meta- stasenverdächtiger, aber noch nicht in das umgebende Gewebe ausgebrochener Tumorknoten kä- me nach onkologischer Auffas- sung eine Lymphknotendissektion in Betracht, und diese wäre nach einer Mediastinoskopie durch Ein- blutung und entzündlich narbige Prozesse erschwert.
Somit kann aus onkologischer Sicht der Äußerung von Lenz und Mitarbeitern, daß die Mediastino- skopie zur Operabilitätsbeurtei- lung beim Bronchialkarzinom ei- nen obligaten Stellenwert innehat, nicht gefolgt werden.
Professor Dr. med. R. M. Konrad Chirurg
Auf den Steinen 4
4005 Meerbusch 1 (Büderich) 3206 (62) Heft 46 vom 12. November 1986 83. Jahrgang Ausgabe A