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Archiv "Köhnlechner, ein auflagenwirksamer „Wundertäter“" (05.03.1982)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Deutschlands „berühmtester", mit- unter auch schon als „weltbekannt"

gepriesener Heilpraktiker machte kürzlich wieder einmal sensationell von sich reden: „Köhnlechner warnt vor Heilpraktikern", war in einer Sonntagszeitung zu lesen. Damit provozierte er einen Proteststurm seiner Kollegen u. a. mit dem Vor- wurf, er habe noch nicht einmal eine (sogenannte) „Voll-Fachschule" be- sucht und beteilige sich nicht an den (angeblich) obligatorischen Fortbil- dungsveranstaltungen, erlaube sich aber ein Urteil wie: „Ich muß bei einem hohen Prozentsatz der Heil- praktiker von einem Besuch drin- gend abraten!" . . . „Wissens- und Bildungsstand sind erschütternd."

„Nun ist es nicht Aufgabe eines ärzt- lichen Autors, den entsprechend ab- qualifizierten Heilpraktikern Schüt- zenhilfe zu leisten, noch weniger, wenn man Köhnlechner an das ab- gewandelte Sprichwort erinnert:

Wer selbst im zerbrechlichen Glas- haus sitzt, sollte wohl kaum mit Stei- nen, geschweige denn gar noch mit großen kantigen Quadern schmei- ßen!

Uns interessiert vor allem die be- weisbare Fehlinformation von Millio- nen, darunter Unzähligen von Lei- denden, wobei er angeblich „in je- der Woche für ein paar tausend Männer und Frauen letzte Hoffnung ist."

Nur verstand er darunter nicht etwa multiple Sklerose oder inoperable Hirntumoren oder auch fortgeschrit- tene Silikose. Es handelte sich schlicht und einfach um Hämorrhoi- den, Verstopfung, Appendizitis, Fett- leibigkeit und Hypertonie etc.

Verständlich wird dies, hört man über seine angebliche medizinische Ausbildung: „ ... bestimmte Profes- soren und Ärzte wurden von mir be- fragt. Auch ein Heilpraktiker, dem ich sehr viel zu verdanken habe.

Dann habe ich mir Privatunterricht geben lassen, habe hospitiert."

Zweifelhaft bleibt, wie das genügen konnte, von 1972-1975 ca. „70 000 Akupunkturbehandlungen durchzu- führen"; insgesamt während dieser Zeit sogar fast „100 000 Patienten"

zu versorgen.

Schwedischer Wohlfahrtsstaat

bräuche der Sozialleistungen sicht- bar: bei Anträgen auf Mietzuschüs- se, bei den Einkommensangaben für die Beschaffung von Plätzen im Kin- derheim, bei Anträgen auf Studien- beihilfen, in der Steuererklärung und nicht zuletzt bei den Krankmel- dungen. In gewissem Sinn ist der Rückzug in die Krankheit ein Mittel, um der überzogenen Besteuerung auszuweichen. Die Freizeit wird weit höher bewertet als das verhältnis- mäßig geringe zusätzliche Ein- kommen.

Mittlerweile haben sich auch bei den geistigen Vätern des Systems sowie bei Behörden und Politikern Beden- ken gegen die übertriebene Großzü- gigkeit des schwedischen Kranken- versicherungssystems eingestellt.

Und es fehlt auch nicht mehr an Vor- schlägen zur Beschränkung der Ver- sicherungsleistungen und zur Ver- besserung der Kontrollmöglichkei- ten.

Ein Sachverständigenkomitee der Regierung hat bereits den Vorschlag gemacht, die Administration und die Kosten von kürzeren krankheitsbe- dingten Abwesenheiten — weniger als zwei Wochen — auf die Arbeitge- ber zu überwälzen und diese hierfür durch eine Senkung ihrer Beiträge zur Krankenversicherung zu ent- schädigen. Auch die Frage der Wie- dereinführung eines oder mehrerer Wartetage oder eine Senkung der Leistungen während der ersten Krankheitstage — sog. Eigenrisiko — stehen zur Diskussion.

Ironischerweise zielen diese Vor- schläge genau darauf ab, die spezi- fisch schwedische Gestaltung des Krankenversicherungssystems zu revidieren und die Regeln den sonst in Europa etablierten Systemen an- zupassen. Es scheint heute so, als ob das „schwedische Modell" nicht so recht gehalten habe, was es einst versprach.

Anschrift der Verfasserin:

Dorothea Strömberg Skattebetalarnas Förening Arsenalsgatan 1/Box 7454 S-103 92 Stockholm

FORUM

Köhnlechner,

ein auflagenwirksamer

„Wundertäter"

Wie Deutschlands „erfolgreichster" Heilpraktiker die kompliziertesten Probleme der Medizin nonchalant zu „lösen" versteht

Heinz Walter Rölke

Einer Illustrierten zufolge soll vor wenigen Jahren ein Journalist der Bild-Zeitung freimütig geäußert haben: „Ich persönlich halte Köhn- lechner für einen Scharlatan, aber wir können nicht auf ihn verzichten, wenn wir die jetzige Auflage von 4,9 Millionen halten wollen. Wenn wir mal keinen Köhnlechner im Blatt haben, sinkt die Auflage sofort um einige hunderttausend Exemplare." Darf unsere Presse einen so gro- ßen Teil der Bevölkerung von einem „Heilpraktiker" verunsichern, ja in Irr- und Aberglauben versetzen lassen?

Ausgabe A/B DEUTSCHES ARZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 9 vom 5. März 1982

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Spektrum der Woche Aufsätze Notizen Köhnlechner

Vielseitige im Showgeschäft mag es sicher geben. Alleswissende und Al- leskönnende in der Wissenschaft beruhen dagegen auf Illusionen und weisen auf nichts anderes als auf die Summe von Widersprüchen dieses Mannes hin.

Ein Buchverlag stellte Köhnlechner vor als: „International anerkannter Experte, der zum Siegeszug der na- türlichen Heilverfahren beigetragen hat", in 5 Jahren „ein Handbuch in 2 Bänden und 14 weitere Bücher so- wie Hunderte von Artikeln" ge- schrieben habe und dazu „zahllose Interviews gab". Nach einer Illu- striertenserie seien 25 000 Anrufe und 35 000 Briefe („meistens sind es Hilferufe") eingegangen: „Er ant- wortet jedem persönlich!"

Ein Supermann der Medizin — oder ein Märchen aus „Tausendundeiner Nacht"? Für letzteres spricht die Schlagzeile: „Köhnlechner beim Schah" oder auch die scheinbar gu- ten Beziehungen zu dessen Kontra- henten, gemäß dem Titelblattfett- druck „Krebs! 10 000 deutsche Am- pullen für Khomeini ... erfuhr Heil- praktiker Dr. Köhnlechner." Zwar brachte dies der Zeitung eine „Miß- billigung des Deutschen Presserates ein", aber dafür meinte Köhnlechner bei nächster Gelegenheit: „Wenn es den Methoden nützt, daß ich meinen Namen, mein Bild, mein Urteil, mei- ne Erfahrungen einsetze, dann wer- de ich es auch tun. Wo immer es etwas zum Wohle der Patienten be- wirkt." Also doch ein Idealist? Oder wie er selbst bescheiden einem Re- porter sagte: „Sie können schrei- ben, daß ich vielleicht ein Pionier sein muß, daß mich das Geben mehr interessiert als das Nehmen!"

Doch der Chronist hegt Zweifel. Im- merhin will er so mir nichts dir nichts von einem „krebskranken US- Star 17 Millionen auf sein Konto überwiesen bekommen haben", selbstverständlich mit dem Verwen- dungszweck: „Niemand soll ster- ben, weil er zu arm ist" — laut Köhn- lechner.

Als allzu leichtfertige Behauptung konnte sein Opfersinn „für die Wei-

terbildung junger Ärzte" entlarvt werden, hieß es doch Ende vorletz- ten Jahres: „Morgen bekommt die Universität Regensburg von mir 500 000 Mark für einen Lehrstuhl der Erfahrungsmedizin." Bis lange nach Übermorgen wurde jedoch mit der genannten Alma mater kein Kontakt aufgenommen, noch erreichte mei- nes Wissens von der halben Million auch nur ein Pfennig deren Konten!

Eigentlich müßte er durchaus zu sol- chen Leistungen fähig sein, nimmt man zur Kenntnis, was die Wirt- schaftszeitung „CAPITAL" recher- chiert haben will: „Nicht nur Ärzten, sondern auch Heilpraktikern über- läßt Dr. Köhnlechner das Praktizie- ren. Seine Firma Medica GmbH & Co Beteiligungs KG, deren Eintragung im Handelsregister seinen Namen verschweigt, vermietete Praxen, Per- sonal und die ganze Verwaltungsar- beit an Naturheilkundige — gegen 70 Prozent der Einnahmen."

Wo und wie lange hat Köhnlechner eigentlich Akupunktur „studiert"

Bekannt ist außerdem, daß bereits seit 1976 das „Manfred Köhnlechner Institut" die Massen anfragender Pa- tienten an genehme Ärzte des Zen- tralverbandes für Naturheilverfahren verweist und sich damit ein Monopol in der Delegierung der Kranken an- geeignet hat. Der Verband hat sich bis heute nicht von Köhnlechners Naturheilkunde distanziert.

Auch etikettiert man ihn als

„Deutschlands Akupunkturpapst", verbreitete er doch die Botschaft oder ließ sie verbreiten: „ ... Nadel unter den Nabel und Männer können wieder lieben" sowie: „Sex und Brennessel vertreiben Frühjahrsmü- digkeit". Als Gast der Fernsehsen- dung „1+1 = Eins" am 12. Dezem- ber 80 ließ er sich vom Show-Master Rainer Holbe ohne Widerspruch be- scheinigen, er habe nicht nur die Akupunktur in China studiert, son- dern diese obendrein noch nach Deutschland mitgebracht. Diese Be- hauptung ist absolut haltlos, be- denkt man, daß es bei uns bereits

seit 30 Jahren Akupunkturgesell- schaften der Ärzte und der Heilprak- tiker gibt.

Was seine Qualitäten bezüglich der Akupunktur anbelangt, sorgte er selbst für erhebliche Zweifel: Erzähl- te er einmal der Saarbrücker Zeitung 1975, er „ließ sich über mehrere Wo- chen in Hongkong in die Kunst der Akupunktur einweihen", hieß es in einem anderen Presseorgan: „Er rei- ste nach Hongkong und kam nach einem Jahr als Akupunkteur zu- rück." Auf die Frage der Reporterin, Frau Doose, wie lange er nun eigent- lich statt in China wenigstens in der britischen Kronkolonie gewesen sei, gab er keine Antwort. Bedauerlich, daß bei diesem leicht recherchierba- rem Hintergrund selbst der verant- wortliche Programmdirektor dem

Ersuchen von Akupunktur-Sachver- ständigen auf eine Richtigstellung der ungeheuerlichen Behauptung seines Show-Masters (er habe die Akupunktur nach Deutschland ge- bracht) nicht entsprach und argu- mentierte: „Es tut mir leid, wenn die Sendung Ihnen, statt Sie zu unter- halten, Verdruß brachte."

Damit verweist er den „weltbekann- ten" Heilpraktiker in die Nähe der Komödien-Bühne, wohin er auf- grund der gesammelten Tatsachen sicher eher gehört als hinter das Ka- theder einer Universität, auch wenn abermals vollkommen wahnwitzig eine Schlagzeile diesen Eindruck zu vermitteln suchte: „Köhnlechner an die Münchner Uni?"

„Wenn er Vorträge hielt, stürmte die Menge, vornehmlich die Frauen, aufs Podium und himmelten ihn an, sie rissen die Knöpfe von seinem Jackett, wollten, daß er sie berühr- te." Im „Stern-Magazin" vom 15. Ju- ni 1978 stand: „Einer der vielen stell- vertretenden Chefredakteure der Bild-Zeitung sagte mir: ,Ich persön- lich halte Köhnlechner für einen Scharlatan, aber wir können nicht auf ihn verzichten, wenn wir die jet- zige Auflage von 4,9 Millionen halten wollen. Wenn wir mal keinen Köhn- lechner im Blatt haben, sinkt die Auflage sofort um einige hundert- tausend Exemplare.'" So zu verste-

70 Heft 9 vom 5. März 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A/B

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Köhnlechner

hen sind wohl auch folgende Schlagzeilen:

„Manfred Köhnlechner — Frauenlei- den sind ganz anders ... Deutsch- lands berühmtester Naturheilprakti- ker weist neue Wege", „Wie Köhn- lechner depressiven Frauen hilft",

„Schlangengift stoppt Lähmung . Erste Hoffnungsschimmer im Kampf gegen die Multiple Sklerose ... Die aufsehenerregende Botschaft Köhn- lechners" „Herzinfarkt ... Nach Köhnlechners Theorie, die inzwi- schen durch viele wissenschaftliche Untersuchungen gestützt wird . "

und nicht zu vergessen der Slogan:

„Jung bleiben mit Köhnlechner".

Das letzte fesselt wohl am meisten das ärztliche Interesse, vor allem in der gesteigerten Form der Bild-Zei- tung Anfang des Vorjahres: „Köhn- lechners Neues Pulver, das jung hält... jung bleiben, so das Alter stoppen, mit 60 so aktiv und frisch sein, wie mit 40 — ein neues Präparat soll das jetzt möglich machen.

Köhnlechner hat es mit einer deut- schen Arzneimittelfirma entwickelt."

Und in einer Frauenzeitschrift stand vor kurzer Zeit vielversprechend:

„Dr. Köhnlechner, der selbst täglich zwei Kapseln des Wunderpulvers nimmt, fühlt sich jetzt schon so aktiv und frisch wie ein junger Mann."

Klagt ein Journalist:

„Die Bevölkerung

will eben eine starke ,Medizin`"

Bleibt anzumerken, daß laut Bun- desgesundheitsamt vom 26. Februar des Vorjahres jenes als „Reteca I + II nach Köhnlechner" angepriesene Pharmakon eine ganz andere Ent- stehung und zweifelsohne auch an- dere Wirkung hat. Bereits 1961 wur- de Reteca I als „Geriatricum comp."

in den Verkehr gebracht, während Reteca II 1976 für die Arznei-Phar- ma, Gerlingen, zur Eintragung kam.

Das Mittel, mit dem der angebliche

„Erfinder" mit seinem Konterfei bis in unsere Tage Reklame trieb, wurde also zu einer Zeit (zumindest Reteca I) entwickelt, in der Köhnlechner noch als Generalbevollmächtigter

des Bertelsmann Konzernes dazu wohl kaum Gelegenheit hatte, — ganz abgesehen von den dazu erfor- derlichen Kenntnissen und den Er- fahrungen, die er benötigt hätte.

Verständlich, wenn hier die Staats- anwaltschaft ermittelt hat, während allerdings andere kaum weniger gra- vierende Entstellungen unbehelligt blieben. Der Ressortleiter für Medi- zin einer der angesehensten west- deutschen Tageszeitungen schrieb Anfang des Vorjahres resignierend:

„Wie sein (Köhnlechners) Erfolg zeigt, will die Bevölkerung eben eine solche ‚Medizin'. Dagegen zu kämp- fen, ist einfach sinnlos." Was eben leider hieße — hinzunehmen, er wis- se mehr als „einige deutsche Onko- logen": „Köhnlechner — Leben ohne Krebs für 3 Mark am Tag ... und etwas Selbstdisziplin."

Zugespitzt durch Ereignisse der letz- ten Zeit ist die Gretchenfrage unter Insidern, ob denn tatsächlich länger geschwiegen werden sollte — und dies auch verantwortet werden kann. Beispielsweise treibt er ag- gressive Werbung für nicht existente

„Köhnlechner Methoden", läßt aber auf Proteste behaupten:

„Herr Dr. Köhnlechner sah sich wie- derholt gezwungen, rechtliche Schritte gegen Ärzte und Heilprakti- ker zu unternehmen, die nach

„Köhnlechner Methoden" behandel- ten. Oder: „Japanpflaster und Mur- meltierfett — Rheuma verschwindet nach 6 Tagen". Verständlich, daß deshalb nunmehr auch der Kölner

„Verein für Lautere Heilmittelwer- bung e. V." rechtliche Schritte ge- gen Köhnlechner erwägt.

Aber noch wird jeder Gedanke die- ses Mannes von einflußreichen Re- daktionen als Sensation den „mün- digen" Bürgern geboten: „Köhn- lechners Neuestes . . . Gesundheits- hotel für Kreislaufkranke ... für je- den Patienten eigenes Sportpro- gramm ... Heilpraktiker Köhnlech- ner hat einen neuen aufsehenerre- genden Plan. Lesen Sie . wieviele Patienten Köhnlechner kostenlos behandeln will."

Aufgrund der hier aufgezeigten Tat- sachen bedeutet er zweifelsohne ei- ne nicht zu unterschätzende Gefahr, versteht er sich im Gesundheitswe- sen doch „als eine Art Leitfigur und als Etikett". Publiziert bei diesen selbstverliehenen Prädikaten Nie- renentzündung als Operationsindi- kation und erzählt einmal geradezu Horrorgeschichten über die „ersten Fettpölsterchen (,Beginn der gefähr- lichsten Form der Verdauungsstö- rung')".

Im Rahmen einer großen Telefonak- tion unter dem Motto: „Herr Köhn- lechner, können Sie mir helfen?"

stellte er Frau Margarethe Z. aus Saarbrücken nicht nur eine Fern- Vermutungsdiagnose, sondern emp- fahl obendrein eine Akupunkturva- riante, noch dazu falsch dargestellt, die er später vorgab, nur vom Hören- sagen zu kennen und selbst nie an- gewandt zu haben.

Flieger, Reiter, Fußballer, Schachspieler —

die Sucht nach der Show

Hier werden die Zweifel an seiner Person und an seinen medizini- schen Fähigkeiten verstärkt und gleichzeitig seine Sucht nach Show- business offengelegt.

Die Demonstration als Flieger, Rei- ter, Fußballer, Schwimmer, Schach- und Tennisspieler erinnert an Film- schauspieler oder Schlagersänger, genauso seine publizierte Vorliebe für den „beklagensvverten Wegwerf- hund Struppi", . für „sein Pferd Julischka" und für die Muschi-Kat- zen, die der „prominente" Mann liebt.

Kein Wunder, daß er sich mit diesen permanenten PR-Methoden beden- kenlos als „Leiter eines Forschungs- institutes, das seine Erkenntnisse — unter vielen Ärzten verbreiten soll", feiern läßt (die „Ochsentour eines vollen Medizinstudiums" war ihm, wie er sagte, zuviel).

Und schließlich, als Gipfel der Ge- schmacklosigkeit, in dem tragisch ausgegangenen Entführungsfall 72 Heft 9 vom 5. März 1982 79. Jahrgang

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Ausgabe A/B

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Köhnlechner

sich als „letzte Hoffnung für Corne- lia Becker" in einer Sonntagszei- tung präsentieren — selbstverständ- lich per Fotografie und mit dem Te- lefon am Ohr, als habe er bereits Kontakt mit den gemeinsten aller Verbrecher hergestellt.

Bemerkenswert die Feststellung ei- nes Reporters aus dem Hause Sprin- ger: „Durch die Regenbogenpresse wird ein Bild von Ihnen (Köhnlech- ner) gezeichnet, das eigentlich in die Nähe der Scharlatanerie hineinwirkt.

Nur schreiben Sie in der Sprache und Unbekümmertheit des Laien!"

Dem wäre ärztlicherseits der Wunsch hinzuzufügen, daß unsere Medien kritischer sein sollten mit Rücksicht auf ihre Glaubwürdigkeit bei Millionen von Bürgern, die als mündig verstanden und behandelt werden wollen.

Literatur beim Verfasser

Dr. med. Heinz Walter Rölke Sonnleitenweg 15

8221 Bergen/Obb.

Wallraffs

Köhnlechner-Story

Nur wenige befinden sich gern in der Gesellschaft Wall- raffs, des bekannten Ein- schleich-Journalisten; zu die- sen wenigen zählt das DEUT- SCHE ÄRZTEBLATT nicht.

Der Autor des vorstehenden Artikels hatte allerdings seine dokumentarische Zitate- Sammlung über den Heilprak- tiker Köhnlechner vor Jahres- frist besagtem Wallraff und ei- nem Redakteur des Westdeut- schen Rundfunks überlassen.

So kommt es, daß manche Passage des Artikels entspre- chenden Abschnitten in Wall- raffs neuestem Buch ähnelt oder gar gleicht. Das Manu- skript Dr. Rölkes lag aber be- reits bei der Redaktion, lange bevor Wallraffs Buch heraus- kam. DÄ Spektrum der Woche

Aufsätze Notizen

FEUILLETON

Hans Schäfer (1) schreibt in seinem 1979 erschienenen Buch „Plädoyer für eine neue Medizin": Der Arzt sei für die menschliche Existenz unver- zichtbar und in seiner Rolle verkör- pere er das Wesen der Medizin.

„Gefahr der Arroganz"

Der Medizin heute wird von Schäfer keine gute Note gegeben. Sie hat ein

„gutes Teil ihrer Grunderfahrung"

verloren. Sie nimmt „Züge der An- onymität an und leidet an Giganto- manie". Das überträgt sich auf den Arzt, der in der „Gefahr der Arro- ganz" steht.

Der das „Plädoyer" lesende Arzt fin- det sich in einem Wechselbad von Widerspruch und Zustimmung. Er selbst ist das nicht, denkt er im Wi- derspruch.

Das Wesen des Arztes sei im ontolo- gischen Sinne nach Schäfer be- stimmt aus Heilserwartung, Kompe- tenz und Charisma. Er ist für die menschliche Existenz unverzicht- bar. Das ist er. Das bin ich, bejaht der Leser.

Der einzelne Kollege mag fragen, wie er denn wohl die Heilserwartung erzeuge, und wie er Kompetenz und Charisma gewinnt. Steht auch die Frage nur am Rand, so geben Auto- ren wie Viktor Emil Frankl (2), Erich Fromm (3), L. Goldschmitt (4), Bal- thasar Staehelin (5), Anton Hittmair (6), um nur einige zu nennen, Ant- wort. Sinn dieser Antwort in Varia- tionen: Einbeziehung subjektiver Elemente in das objektive, endliche, kausale einer rationalen Wissen-

schaft, Gewinn von Glauben an Po- sitionen der Ewigkeit, die zu den Glaubenspositionen anderer in Re- lation zu bringen sind: Der sterbli- che Mensch in der Unsterblichkeit.

Bemühtheit um Lebenssinn des Pa- tienten.

„Zeige deine Wunden"

Noch hat der lesende Arzt dazu in Erinnerung Axel Murken (7), der Lehrsätze des Künstlers Joseph Beuys zu seinen Werken zitiert, die den Künstler selbst zu einem Heiler unseres Jahrhunderts stilisieren.

Beuys schreibt: „Zukünftige Natur- wissenschaft wird auch ohne Anti- naturwissenschaft nicht mehr weiter kommen, jedenfalls nicht ohne die Antinatur = der Mensch, aufs äußer- ste zu gefährden." Also: „Zeige dei- ne Wunden."

Schäfer zeigt der Medizin ihre Wun- den. Aber wie soll es der Arzt tun.

Und wem? Sich selbst? Dem Pa- tienten?

Widerspruch wird zur Bedrohung für den Arzt

In der Realität herrscht in der Ge- genwart die massivste Verunsiche- rung des Patienten durch kritische Großberichte über Widersprüche und Pleiten der Medizin in der Pres- se. Vorläufiger Höhepunkt: Die Spie- gelberichte von Hans Halter (8).

Die Abwanderung zu außermedizini- schen Heilern von Kranken und sol- chen, die sich krank fühlen, ist dazu der Hintergrund. Weiterer Vertrau-

Medizin im Widerspruch

Uralte und neue Heilserwartungen an den Arzt

Peter Beckmann

74 Heft 9 vom 5. März 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A/B

Referenzen

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