Leserdienst
Hinweise -Anregungen
BRIEFE AN DIE REDAKTIONAUFKLÄRUNG
Zu den glossierenden „Rat- schlägen" „Die Ursache ist beim Vater zu suchen", Heft 34/1982:
Unbefriedigend . Ich bin in keiner Weise psychotherapeutisch ge- schult und auch kein Kin- derarzt. Unbefriedigt war ich aber über die Ratschlä- ge des Psychotherapeuten Dr. Biersnyder. Ich hätte dem Jungen gesagt: „Dei- ne Seele ist von einem Storchenwesen gebracht worden, das ist ein geflü- gelter Helfer der Engel vom Himmel her, und dein Kör- per ist entstanden, so wie es dir dein Vater gesagt hat." Das Storchenmär- chen hat wie alle echten Märchen metaphysische und ernst zu nehmende Hintergründe und Wahrhei- ten, denen das Kind in- stinktiv noch enger verbun- den ist und die man ihm nicht vorzeitig verdunkeln soll.
Dr. med. Mathilde Fischer Dr. Doerflerstraße 5 8832 Weißenburg
PSYCHIATRIE
Zu der Titelseite und dem Arti- kel von Dr. med. Dr. phil. M. in der Beeck „Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken", Heft 17/
1982:
Wenig literarisch
. Da werden in einem sti- listischen Potpourri aus Waschmittelreklame- und
Comic-strip-Elementen (gemeint ist wohl die Titel- seite; die Red.) zunächst Hochstapeleien über den folgenden Artikel verbrei- tet. Doch da fehlte noch das I-Tüpfelchen: Was paßt zu „Teufelsgewalt" in
„Schwarzafrika" und faszi- niert den Leser mehr als der Missionar im Kochtopf der Kannibalen? Erraten — die barbusige Schwarze an
der Kette, den Blick sehn- süchtig in die Ferne ge- richtet. Daß die junge Frau mit dem folgenden Arti- kel genausowenig am Hut hat wie die knackigen Schö- nen neben jedem dritten
„Bild"-Artikel—wer merkt's, wen stört's? Die Verant- wortlichen für die Titel- blattgestaltung des DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATTES je- denfalls nicht. Was bietet nun der Artikel, auf den sich der „Aufmacher" so sensa- tionslüstern bezieht? — All- zuviel ist es nicht: Statt ei- nes „einmaligen hochlite- rarischen autobiographi- schen Berichtes" ereilt den Leser der wenig literari- sche Aufsatz . . . eines deutschen Psychiaters über den Bericht eines europäischen Psychiaters über den („urhaft schlich- ten"!) Bericht eines Afrika- ners über seine akusti- schen Halluzinationen und 58 verschiedenen Träu- me . . . — Da bleibt so viel an Information und Au- thentizität übrig wie Ge- schmack nach dem dritten Aufbrühen eines Teebeu- tels in der Tasse. Richteten sich diese kritischen An- merkungen weitgehend an die Redaktion, so ist nun aber auch der Autor zu fra- gen, mit welcher Berechti- gung er die Katalogisie- ru ng dieses psychiatri- schen Patienten als „der
‚schwarze Schreber` " vor- nimmt: Nachdem er gut die Hälfte seines Aufsatzes auf die Darstellung des deut- schen „Schreber-Falles"
verwendet hat, den er als
„am häufigsten zitierter Pa- tient in der Psychiatrie" als relativ bekannt vorausset- zen dürfte, kann er folge- richtig nur noch kurz auf den uns allen unbekannten Benedict Nta Tanka einge- hen. Daß da der Nachweis einer Parallelität zwischen beiden „Fällen" nicht recht gelingen will, daß da eine ganze Reihe offener Fra- gen bleiben, wundert nicht.
Und ob es da eine beson- ders glückliche Idee war, zur Unterstreichung der
zentralen These zwei Fami- lienfotos einander gegen- überzustellen, die sich so gleichen wie ein Hühner- und ein Straußenei, steht auch noch dahin. Wenn so- mit die Gleichsetzung zwei- er Patienten aus völlig ver- schiedenen Kulturen und
Lebenszusammenhängen unter dem Schlagwort „Ein Fall Schreber in Sachsen und in Kamerun" äußerst fragwürdig erscheint, so lautet die zweite und letzte Frage an den Autor, wie sich diese seine Herange- hensweise mit dem von ihm selbst zitierten Satz von Levi-Strauss verträgt, daß der andere vor allem anders ist und daß es wo- anders immer anders ist.
„Wer dies (nicht nur in Worten — D. K.) erkannt hat, versteht die Welt besser"
(M. in der Beeck).
Dieter Köcher, Arzt Fidicinstraße 22 1000 Berlin 61
Bärendienst
Ich möchte hiermit mein Mißfallen und auch meine Empörung zum Ausdruck bringen über die Titelsei- te . . . vom 30. April 1982.
Der Artikel über den au- tobiographischen Bericht eines psychiatrischen Patienten in Afrika hat mit der Abbildung einer ange- ketteten halb entblößten schwarzen Frau nichts zu tun. Hat es das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT wirklich nö- tig, das Interesse an der Psychiatrie durch eine Ti- telseite zu wecken, die eher einer Anzeige für den Film
„Gequälte Frauen" würdig wäre? Ich glaube, daß Sie damit die schon genug vor- handenen Vorurteile nur noch schüren und der Psychiatrie in Wirklichkeit einen Bärendienst er- weisen.
Dr. med. Rudolf Lachauer Osternacherstr. 103 8210 Prien am Chiemsee
KÖHNLECHNER
Zu den Leserbriefen von Frau Dr. med. E. Husstedt (Heft 4/
1982) und Dr. E. Brügmann (Heft 22/1982):
„Apostel des Heils"
Es hat schon vor Köhnlech- ner eine Reihe bekannter Leute gegeben, die sich nach einem ehrenvollen Abschluß ihrer beruflichen Karriere der Medizin zu- wandten (wie zum Beispiel der große Sänger Walter Ludwig, der als Assistenz- arzt an einem Schwarzwäl- der Kindersanatorium sei- nen Lebensabend be- schloß), aber keiner von ih- nen hat sein spätes Glück auch nur andeutungsweise zu einer Image-Pflege aus- genutzt.
Köhnlechner wurde mit Hil- fe kritikloser Massenme- dien, die sich seine Para- diesvogelattitüden und
pseudowissenschaftlichen Trompetenstöße zunutze
machen, zum Apostel des Heils für alle diejenigen, die noch an den Klapper- storch glauben. Und die Zahl der Klapperstorch- gläubigen sollte niemand unterschätzen!
Es sind weit mehr, als man allgemein vermutet. Das, was mich an dem „Fall" am meisten bedrückt, ist, daß sich offenbar niemand ge- traut, Köhnlechner einfach zu ignorieren und totzu- schweigen.
Am besten wäre es aber, wenn Dr. jur. Manfred Köhnlechner endlich einse- hen würde, daß er in der Heilkunde nichts zu su- chen hat und daß er mit seinen skurrilen Thera- pieempfehlungen in abseh- barer Zeit in die Nähe
staatsanwaltschaftl icher Ermittlungen gerät.
Dr. med.
Horst Johannesmeier Carl-Spitzweg-Straße 5 6909 Walldorf
12 Heft 41 vom 15. Oktober 1982 79. Jahrgang