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Archiv "Thrombolyse bei akutem Herzinfarkt" (05.04.1990)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

KURZBERICHT

I

m Jahre 1988 sind entschei- dende Fortschritte auf dem Gebiet der Behandlung des akuten Herzinfarktes gemacht worden. Folgende Neuentdeckungen müssen festgehalten werden:

O Aspirin (160 mg täglich als Ta- blette, ASS) senkt die Hospitalletali- tät der Patienten mit akutem Herzin- farkt eindeutig und signifikant.

Q ASS (160 mg) wirkt additiv zur Gabe von 1,5 Mio. E. Streptoki- nase (als Dauerinfusion über 60 Mi- nuten). Diese Kombinationstherapie führt zu einer weiteren signifikanten Senkung der Hospitalletalität.

O Auch Patienten mit einer Symptomdauer zwischen 5 und 24 Stunden haben nach der Kombina- tionsbehandlung eine signifikant re- duzierte Hospitalletalität im Ver- gleich zur Placebogabe.

(r)

Der Benefit der Kombina- tionsbehandlung des akuten Infark- tes kommt besonders auch älteren Patienten zugute.

O Die Reinfarktrate nach Thrombolysebehandlung wird durch ASS signifikant gesenkt.

O Frauen profitieren ebenso wie Männer.

O Die Inzidenz der Schlagan- fälle wird durch die Kombination ASS und Streptokinase nicht erhöht, sondern signifikant vermindert.

C) Die Komplikationsrate der Behandlung bei älteren Patienten ist nicht erhöht.

O Heparin in Verbindung mit der Kombinationsbehandlung ASS und Streptokinase ist für die erhöhte Blutungsgefahr verantwortlich.

Kortisonvorbehandlung vor Streptokinase ist ohne Effekt.

e Die Kombinationsbehand- lung von ASS und Streptokinase re- duziert die Hospitalletalität genau- so stark wie die Behandung mit APSAC. Das rt-PA hat einen gerin- geren protektiven Effekt.

Drei große Studien (alle in „The Lancet" publiziert im März, August

und September 1988) haben die Thrombolysebehandlung des akuten Myokardinfarktes untersucht und haben entscheidende Entdeckungen geliefert: ISIS-2, AIMS und ASSET.

ad 1:

Neuentdeckung bei ISIS-2 ist der protektive Effekt von 160 mg ASS auf die Hospitalletalität (35 Ta- ge) nach akutem Herzinfarkt (10,7 Prozent gegenüber 13,2 Prozent).

Also: Auch ohne Streptokinaseinfu- sion vermag allein eine kleine Dosis von ASS die Hospitalletalität bei Pa- tienten mit akutem Herzinfarkt zu senken (Tabelle 1). Da die Ergebnis- se eindeutig und die Nebenwirkungs- rate (größere Blutungen 0,4 Prozent gegenüber 0,4 Prozent in der Place- bogruppe, zerebrale Blutungen nicht erhöht) nicht erhöht ist, gehört ASS heute zur Routinetherapie des Herz- infarktes.

ad 2:

Neuentdeckung durch ISIS-2 ist:

ASS (160 mg) in Verbindung mit Streptokinase (1,5 Mio. E. als Dau- erinfusion über 60 Minuten infun- diert) reduziert die Letalität (35 Ta- ge) von 13,2 auf 8,0 Prozent (Tabelle 1). Der Effekt des ASS addiert sich zu dem Effekt der Streptokinase.

ad 3:

Neuentdeckung durch ISIS-2 ist:

Patienten mit einer Symptomatik von 5 bis 24 Stunden hatten nach Kombinationsbehandlung eine signi- fikant geringere Letalität (35 Tage) als die Kontrollen (13,3 versus 9,2 Prozent). Das übliche Zeitfenster von 4 Stunden ist heute nicht mehr gültig, die Kombinationsbehandlung ist bis 24 Stunden dem Plazebo über- legen (Tabelle 2).

ad 4:

Bei Patienten mit einem Lebens- alter über 70 Jahren ist die Letalität nach Herzinfarkt besonders hoch, sie wird durch ASS in Verbindung mit

Kardiologische Abteilung,

Rotes Kreuz-Krankenhaus Frankfurt/Main

Streptokinase signifikant reduziert (Tabelle 3). Es wird klar, daß gerade Patienten mit stark erhöhtem Risiko aufgrund ihres Alters („Risiko-Pa- tienten") profitieren.

ad 5:

Die Daten von ISIS-2 zeigen erstmals, daß die Reinfarktrate durch ASS in den ersten 35 Tagen nach Infarkt signifikant gesenkt wird (Tabelle 4). Jeder Patient nach In- farkt sollte also auf Dauer mit 160 mg ASS behandelt werden (Kon- traindikationen beachten).

ad 6:

ISIS-2 zeigt, daß Frauen ein er- höhtes Risiko haben, am Herzinfarkt zu versterben (17,5 Prozent). Dieses Risiko wird durch die Kombinations- behandlung signifikant reduziert auf

12,2 Prozent.

ad 7:

Aus ISIS-2 lernen wir, daß die Anzahl der Schlaganfälle mit oder ohne Streptokinase nahezu identisch ist, aber unter der Kombinationsbe- handlung reduziert wird (Tabelle 5).

ad 8:

ISIS-2 zeigt, daß die 401 Patien- ten, die älter als 80 Jahre waren, kein erhöhtes Blutungsrisiko nach Strep- tokinase hatten, im Vergleich zu jün- geren Patienten.

ad 9:

Patienten, die mit Streptokinase oder der Kombinationstherapie be- handelt werden, zeigen eine erhöhte Anzahl von transfusionsbedürftigen Blutungen (Tabelle 6). Die weitere Analyse (Tabelle 7) zeigt jedoch, daß die transfusionsbedürftigen Blutun- gen ganz überwiegend bei gleichzeiti- ger Heparingabe beobachtet werden.

Wird lediglich Streptokinase ohne Heparin gegeben, im Vergleich zur Placeboinfusion, so kommt es nicht zu einer erhöhten Anzahl von trans- fusionsbedürftigen Blutungen (Ta- belle 7). Da die Heparingabe keinen weiteren Vorteil erbringt, kann bei Anwendung der Kombinationsbe- handlung darauf verzichtet werden.

Heparin ist lediglich indiziert zur Vermeidung der Beinvenenthrom- bose (komplizierter Infarktverlauf).

ad 10:

Die prophylaktische Steroidgabe vor Streptokinase kann entfallen:

Ohne Steroide wurden 3,6 Prozent, mit Steroiden 3,3 Prozent allergische

Thrombolyse Franz Schwarz

bei akutem Herzinfarkt

A-1116 (68) Dt. Ärztebl. 87, Heft 14, 5. April 1990

(2)

Stunden ab Symptombeginn Plazebo

ASS + Streptokinase

0-4 5-24 13,1% 13,3%

6,4%* 9,2%*

0,7%

0,4%

0,0 Tabelle 7: ISIS-2-Studie — Zunahme der absoluten Prozentzahlen der transfusionsbedürftigen Blutun- gen unter Streptokinase in Abhängigkeit von der gleichzeitigen Heparingabe (jeweils im Vergleich zur Plazeboinfusion)

intravenöses Heparin subkutanes Heparin kein Heparin

Tabelle 5: ISIS-2-Studie — Schlaganfälle während Hospitalphase

Plazebo 1,0%

Streptokinase 0,7%

ASS + Streptokinase 0,6%*

* signifikanter Unterschied zu Plazebo

Plazebo Streptokinase

ASS + Streptokinase

2,9%

2,8%

1,8%*

Tabelle 8: Letalität bei Behandlung innerhalb 4 bis 6 Stunden nach Symptombeginn

[

ASS + Streptokinase APSAC rt-PA

Plazebo Medi- Relative kament Reduktion

13,1%

12,2%

9,8%

53%

47%

26%

6,4%

6,4%

7,2%

Tabelle 4: ISIS-2-Studie — Reinfarkte während Hospitalphase

* signifikanter Unterschied zu Plazebo

Tabelle 6: ISIS-2-Studie transfusionsbedürftige Blutungen während der Hospitalphase

Plazebo Streptokinase

ASS + Streptokinase

* signifikanter Unterschied zu Plazebo

0,3%

0,5%

0,6%*

Tabelle 1: ISIS-2-Studie Letalität (35 Tage) 13,2%

Plazebo

Tabelle 3: ISIS-2-Studie — Letalität (35 Tage)

* signifikanter Unterschied zu Plazebo

Alter (Jahre) Plazebo

ASS + Streptokinase

> 70 23,8%

15,8%* 3,7%*

< 60 6,2%

Tabelle 2: ISIS-2-Studie Letalität (35 Tage)

* signifikanter Unterschied zu Plazebo

ASS

Streptokinase

ASS + Streptokinase

* signifikanter Unterschied zu Plazebo

10,7%*

10,4%*

8,0%*

Reaktionen beobachtet. Der Unter- schied war nicht signifikant.

ad 11:

Die Wahl des Thrombolytikums ist heute nicht schwierig: Tabelle 8 zeigt die Ergebnisse der drei großen Studien für Patienten mit akutem Herzinfarkt und Symptomen seit vier bis sechs Stunden. Streptokinase in Verbindung mit ASS und APSAC zeigen ein nahezu identisches positi- ves Ergebnis, während 100 mg rt-PA deutlich weniger Effekt aufwies (AS- SET-Studie). Nachteil des rt-PA ist wider Erwarten eine hohe Rate an

transfusionsbedürftigen Blutungen (4,0 gegenüber 0,4 Prozent in der Placebogruppe). Die Anzahl der grö-

ßeren Blutungen nach APSAC be- trug 4,9 Prozent im Vergleich zu 1,8 Prozent in der Placebogruppe. Die Inzidenz von Schlaganfällen war un- ter APSAC nicht gesteigert.

Insgesamt ergibt sich, daß die Kombination aus ASS und Streptoki- nase heute die Therapie der Wahl für die Infarktbehandlung darstellt.

Die Behandlung mit APSAC ist nach bisheriger Kenntnis gleichwertig, aber teurer.

Literatur

1. Effect of intravenous APSAC an mortality af- ter acute myocardial infarction; preliminary report of a placebo-controlled clinical trial.

AIMS Trial study group. The Lancet I, (1988) 545-549

2. Wilcox, R. G.; Olsson, C. G.; Skene, A. M.;

von der Lippe, G.; Jensen, G.; Hampton, J.

R.; for the ASSET Study Group: Trial of tis- sue plasminogen activator for mortality re- duction in acute myocardial infarction. The Lancet II (1988) 525-530

3. Randomised trial of intra renous streptoki- nase, oral aspirin, both, or neither among 17187 cases of suspected acute myocardial in- farction. ISIS-2. The Lancet II (1988) 349-360

siehe auch Gross, R.: Thrombolyse: Einige neuere Aspekte. Dt. Ärztebl. 86, Heft 3/1989

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Franz Schwarz Rotes Kreuz-Krankenhaus Kardiologische Abteilung Königswarterstraße 16 6000 Frankfurt am Main 1 Dt. Ärztebl. 87, Heft 14, 5. April 1990 (69) A-1117

Referenzen

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