DEUTSCHES
ARZTEBLATT
0 R K MMENTAR
Arzneimittel-Pßichtlektüre
schrieben sein. Denn mindestens einmal im Jahr sollte der Arzt seine"persönliche Positivliste" daraufhin durchsehen, was er nicht mehr braucht und wo er sich etwas Besse- res wünscht.
Der Arzt sollte darüber, was die von ihm verordneten Arzneimittel können oder nicht und wie sie "funk- tionieren", ebensoviel wissen, wie er Entsprechendes im Benutzerhand- buch für sein Auto oder seine Kame- ra findet. Die Krankenhausapothe- ker fordern und erhalten schon seit längerem ausführliche und standar- disierte Informationshefte über alle wichtigen Arzneimittel. Gewiß ge- ben verantwortungsbewußte Herstel- ler ausführliche Produktmonogra- phien über einzelne ihrer Erzeugnis- se heraus. Da sie nicht einheitlich aufgebaut sind, findet der Arzt nur mühsam das Gesuchte. Auf dem 81.
Deutschen Ärztetag in Mannheim 1978 forderte daher Kreienberg*) mit Nachdruck eine Standardinfor- mation für Ärzte über Arzneimittel.
Der Bundesverband der phar- mazeutischen Industrie griff die For- derung mit der "Gebrauchsinforma- tion für Fachkreise" auf freiwilliger Grundlage auf. Allerdings wurde die der Indikation als Begründung vor- angestellte Wirkungsweise in Posi- tion 13 ans Ende verbannt. Auch die Beteiligung der Firmen ließ zu wün- schen übrig; bislang schlossen sich nur gut 20 v. H. der Hersteller an und auch ein Teil dieser nicht für al- le Präparate. Das mag wohl auch den Gesetzgeber veranlaßt haben, die
"Gebrauchsinformation für Fach- kreise" mit der Novellierung des der- zeitigen Arzneimittelgesetzes zur Pflicht zu machen. Die Überprüfung soll dem Bundesgesundheitsamt ob- liegen. Das heißt, daß wir erst nach Abschluß der Nachzulassung (1990?) alle "Gebrauchsinformatio- nen" zur Hand haben werden.
Schon jetzt ist klar, daß der Arzt nicht alle der über zehntausend
"Gebrauchsinformationen" benötigt, noch sie unterbringen kann. Die Stu- die der KV Dortmund zeigte, daß der erfahrene Allgemeinarzt mit we- nigen hundert Arzneimitteln aus- kommt. So finden 600 bis 800 "Ge- brauchsinformationen", die der ein- zelne Arzt für seinen "persönlichen Arzneimittelschatz" allenfalls benö- tigt, bequem in einem Aktenordner
Platz. Viele Kollegen haben sich mit den bisherigen Datenblättern und dem ihnen vom Deutschen Ärzte- Verlag übersandten Ringhefter schon eine "persönliche Positivliste"
zusammengestellt. Leider mußte das Format des Ringhefters aus techni- schen Gründen geändert werden (auf DIN A4).
Der Versand soll in Zukunft über eine automatisierte Zentralstel- le erfolgen, um Einzelanforderungen bei den Herstellern zu vermeiden.
Jeder Arzt soll aber nur die von ihm gewünschten "Gebrauchsinformatio- nen" erhalten. Dazu muß er sich al- lerdings die Mühe machen, auf den der "Roten Liste" '89 beigehefteten Anforderungskarten die Präparate, die er "in der Feder" hat, aufzufüh- ren. Seine "Erstausstattung" ist dann in der Datenbank der Zentralstelle festgehalten. Wenn gewünscht- ver- traulich! Diese "Erstausstattung"
sollte selbstverständlich nicht festge-
Arzneimittelverbrauch Einzeldosen
1)11die vom Patienten pro Einzelanwendung verbrauchte Menge an Tabletten. Dragees, Kapseln, Zäpfchen, Ampullen, Salben, Cremes oder Tropfen
Quelle: MPS ---~=.::::..~
Zwar ist in der Bundesrepublik Deutschland der Arzneimittelverbrauch in den letzten J ah- ren leicht gestiegen, doch hält er sich im in- ternationalen Vergleich durchweg niedriger als in vergleichbaren EG-Ländem. Danach verbraucht ein Franzose pro Jahr fast dop- pelt soviel an Arzneimitteln wie der statisti- sche Durchschnittsbürger der Bundesrepu- blik Deutschland
Vom ersten sollte er die "Ge- brauchsinformationen" aus dem Ringhefter herausnehmen und sie gegebenenfalls an die Zentralstelle schicken können, damit die Ände- rung dort vermerkt wird. Für Neues, das er aufzunehmen wünscht, sollte ihm der Ärztebesucher die "Ge- brauchsinformation" aushändigen und den Zugang der Zentralstelle melden. Sie sollte auch einfach mit einer vorgedruckten Postkarte von der Zentralstelle anzufordern sein.
~ Wichtigste Aufgabe der Zen- tralstelle ist die Aktualisierung der
"Gebrauchsinformation". Der Arzt sollte von Änderungen bei Indikatio- nen, Kontraindikationen, Nebenwir- kungen, Wechselwirkungen und Warnhinweisen nicht erst aus Tages- und Fachpresse erfahren. Innerhalb weniger Tage könnte er beim heuti- gen Stand der Technik die auf den letzten Stand gebrachte "Gebrauchs- information" in Händen haben. Mit markierten Änderungen die dann gegen das bisherige Exemplar ausge- tauscht wird.
Das versteht die Ärzteschaft un- ter der vagen Gesetzesbestimmung
"in geeigneter Form zugänglich zu machen". Wenn der Arzt sich die Änderungen aus der Presse aus- schneiden und einkleben soll oder gar das geänderte Stück bei Zentrale oder Hersteller einzeln anfordern muß, kann man weiterhin auf eine auf dem letzten Stand befindliche, umfassende und objektive Informa- tion des Arztes über die von ihm ver- ordneten Arzneimittel vergessen.
Das kann doch wohl kaum im Sinne des Gesetzgebers oder eines verant- wortungsbewußten Arzneimittelher- stellers sein?
Dr. med. Karl Heinz Kimbel Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft Herbert-Lewin-Straße 5 5000 Köln 41
*) Prof. Dr. Walter Kreienberg: Transparenz auf dem Arzneimittelmarkt, Deutsches Arzte- blatt 1978; 75: 1369-75
Dt. Ärztebl. 86, Heft 8, 23. Februar 1989 (33) A-451