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Archiv "Bedeutung der Schwangerenvorsorge für die perinatale Mortalität" (05.06.1975)

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Bedeutung

der Schwangerenvorsorge für die perinatale Mortalität

Hans Meister, Günther Stark

Aus der Frauenklinik

(Vorstand: Professor Dr. med. Günther Stark) der Städtischen Krankenanstalten Nürnberg

Die moderne Geburtsmedizin hat zwar wertvolle wissenschaftliche Erkenntnisse über Geburtenauslösung, Wehenverlauf und insbeson- dere auch über Verhalten und Zustand des ungeborenen Kindes vermittelt, die Mütter- und Säuglingssterblichkeit aber nicht in dem angestrebten und erwarteten Maße senken können, denn diese wird entscheidend von Faktoren bestimmt, die vor dem Einsatz der ap- parativ-klinischen Geburtsmedizin liegen und in den Bereich der Schwangerenvorsorge gehören. Auch eine ausgefeilte geburtsmedi- zinische Behandlung kann nicht gutmachen, was vorher versäumt wurde: das Erkennen des Risikos und seine frühestmögliche Be- kämpfung im Verlaufe der Schwangerschaft. Für die kindliche Sterblichkeit ist die Frühgeborenenrate ausschlaggebend. Sie ist bei Raucherinnen, arbeitenden Müttern und nach vorangegange- nem Schwangerschaftsabbruch erhöht

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

WISSENSCHAFT UND PRAXIS

Um in unserer Klinik bessere Vor- aussetzungen zur Minderung der Säuglingssterblichkeit schaffen zu können, haben wir an Hand von 21 200 Geburten die Quote der pe- rinatalen Mortalität ermittelt; sie wurde nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation er- rechnet. Danach gelten als perina- tal verstorben die Kinder, die vor, während oder bis zu sieben Tage nach der Geburt ad exitum gekom- men sind und zum Zeitpunkt der Geburt ein Gewicht von mehr als 1000 Gramm aufwiesen.

Um festzustellen, ob die Ergebnis- se aus den Jahren 1968 bis 1971, in denen systematisch die modernen geburtsmedizinischen Methoden, wie Amnioskopie, Kardiotokogra- phie, Mikroblutuntersuchung und

Reanimationsbehandlung der Neu- geborenen angewendet wurden, besser seien, verglichen wir sie mit dem Ergebnis des Jahres 1967, in dem die übliche geburtshilfliche Betreuung die Methode der Wahl war (Darstellung 1).

Seit 1958 unterhalten wir eine Un- tersuchungsstelle zur Schwange- renvorsorge; derartige Untersu- chungen werden zusätzlich zu denen von niedergelassenen Kollegen durchgeführt. Die Gesamtzahl der Patientinnen hat sich in dieser Zeit nur gering vermindert, während die Zahl unserer Einzelberatungen von 2,1 auf 3,2 Beratungen pro Patien- tin anstieg. Wir konnten nur 54 Pro- zent aller Wöchnerinnen in unserer

„Schwangerenvorsorge" betreuen (Darstellung 2).

Perinatale Sterblichkeit

1967 betrug die perinatale Sterb- lichkeit 2,15 Prozent, in den Jahren 1968 bis 1971 schwankte sie zwi- schen 2,05 und 2,40 Prozent. Deut- lich abgenommen hat die perinata- le Sterblichkeit der Frühgebore- nen; die Rate sank von 20 auf 17,4 Prozent. Die Frühgeburtenfrequenz lag in allen Jahren etwa bei 7,5 Prozent mit einer Schwankungs- breite von 0,2 Prozent (vgl. Darstel- lung 3).

Operative Entbindungen

Im Berichtszeitraum nahmen ope- rative Entbindungen prozentual er- heblich zu; die Zahl der Spontan- geburten sank von 88 auf 74 Pro- zent. Die Sectiofrequenz stieg von 2,8 auf 4,8 Prozent an, die Vakuum- extraktion und Forzeps von 0,8 Prozent beziehungsweise 3,2 Pro- zent auf 8 Prozent.

Bei der Sectio konnte ein Abfall der perinatalen Sterblichkeit von 8,9 Prozent (1967) auf 2,33 Prozent (1971) festgestellt werden. Bei der Vakuumextraktion und Forzepsent- bindung betrug die perinatale Sterblichkeit 1967 noch 3,1 Prozent beziehungsweise 3,2 Prozent; sie fiel bis 1971 auf 1,1 Prozent bezie- hungsweise 1,5 Prozent ab (Dar- stellung 4).

Beckenendlagen

Unter den 21 200 Geburten wurden 904 Kinder aus Beckenendlage ge- boren (4,4 Prozent); die zweiten Zwillinge aus Beckenendlage sind in dieser Zahl enthalten. Die Früh- geborenenhäufigkeit betrug hierbei 29,9 Prozent, die perinatale Sterb-

lichkeit schwankte zwischen 9 und 12 Prozent. Bei Frühgebore- nen aus Beckenendlage lag sie um 30 Prozent. Die perinatale Sterb- lichkeit verteilt sich bei den einzel- nen vaginalen Entbindungsverfah- ren bei Beckenendlage wie folgt:

• Manualhilfe nach Bracht 7,8 Prozent,

1764 Heft 23 vom 5. Juni 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(2)

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Perinatale Mortalität

2 Kardiotokographie

1500 Amnioskopie

‚"1"

2

Blindpufferung + 02 l000

8 000 - Einzelberatungen

6 000 -

4 000 -

2,1 2,5 2,6 2,7 3,2 Beratung/Patientinnen 500

. Mikroblutunter-

suchung Patientinnen

gesamt

Entbunden bei uns 2 000 -

67 68 69 70 71 1967 1968 1969 1970 1971

Darstellung 1 (links): Perinatologische Methoden — Darstellung 2 (rechts): Schwangerenberatung

2,15

...

19,7 ... ... c4s, 18,6 18,9 ...

Frühgeburten 17,4

2,40

2,05 2,15 2,30

Al4HKoin) der

Reife Kinder

0,9 0,8 1,0

0,7

0 0

1967 1968 1969 1970 1971

0

20 - Or ...

19 - 2 20,0 18 - 17 - 0 .

0,7

1967 1968 1969 1970 1971

Darstellung 3 (links): Perinatale Mortalität 1967 bis 1971 — Darstellung 4 (rechts): Die perinatale Mortalität bei verschiedenen Entbindungsarten 1967 bis 1971

• halbe Extraktion 7,8 Prozent,

• ganze Extraktion 31,9 Prozent.

Auf Grund dieser Ergebnisse neh- men wir heute bei allen Erstparae mit Kindern in Beckenendlage eine primäre Sectio vor.

Zeitpunkt des kindlichen Todes Aufgegliedert nach dem Zeitpunkt des Todes ergab sich, daß 50 Pro- zent der Neugeborenen bis zum siebenten Tag verstorben sind. 35 Prozent waren bereits bei Klinik- aufnahme intrauterin tot, 15 Pro- zent verstarben antepartal in der

Klinik beziehungsweise intra par- tum (Darstellung 5).

Frühgeburten

Auch der Anteil der Frühgeborenen ist Darstellung 5 zu entnehmen.

Außer in der Gruppe „abgestorben

DEUTSCHES ÄRZTE BLATT Heft 23 vom 5. Juni 1975 1765

(3)

0/0

40 -

30 -

20-

10-

3,4 1,5 Tot bei Antepartal Aufnahme abgestorben

4,5 5,3 intra partum

111

abgestorben 37,9

12,2

post partum abgestorben 18'2 16,9

Frühgeburten 1000 - 2 500 g Bill Reife über 2 500 g

Darstellung 5: Perinatale Mortalität nach dem Zeitpunkt des Todes in Prozent bei 467 Fällen

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Perinatale Mortalität

intra partum" überwiegen immer die Frühgeborenen gegenüber den reifen Kindern; das gilt besonders für die Gruppe „verstorben bis zum siebenten Tag post partum".

Schlußfolgerungen

Trotz routinemäßiger Anwendung moderner Methoden der perinata- len Medizin konnte bei uns im Ver- gleich zum Bezugsjahr 1967 die Quote der perinatalen Sterblichkeit nicht verbessert werden. Lediglich bei Sectio, Vakuumextraktion und Forzeps ist sie abgesunken.

Eine mögliche Ursache für das Ausbleiben der erwarteten besse- ren Ergebnisse sehen wir in der gleichbleibend hohen Rate an Frühgeborenen. Ihr Anteil an der perinatalen Sterblichkeit beläuft sich bei uns auf 64 Prozent.

Bekanntlich kann man mit intensi- ver Schwangerenvorsorge die Frühgeborenenhäufigkeit und da- mit auch die Quote der perinatalen

Sterblichkeit senken. Nur 54 Pro- zent aller Patientinnen, die bei uns entbunden wurden, kamen zu uns zur Schwangerenvorsorge.

Ein weiterer Grund könnte die Zu- nahme der Risikofälle sein, deren Zahl von 1967 bis 1971 von 39 auf 51 Prozent angestiegen ist.

Belastend wirken sich auf unsere Ergebnisse auch die sogenannten Ausländergeburten aus. Wir ver- zeichneten von 1967 bis 1971 eine Zunahme von 8 auf 26 Prozent.

Die perinatale Sterblichkeit von Kindern ausländischer Mütter lag im Berichtszeitraum um 20 Prozent über dem Durchschnitt.

Notwendigkeit der

Schwangerenvorsorgeuntersuchung Die Möglichkeit, die Quote der pe- rinatalen Sterblichkeit zu senken, besteht neben der Anwendung der einzelnen perinatologischen Me- thoden besonders in einer Intensi- vierung der Schwangerenvorsorge, um die Frühgeborenenrate zu min-

dern und alle Risikofälle einer kli- nischen Überwachung zuzuführen.

Diese Vermutung wird durch die Ergebnisse der Jahre 1972 und 1973 bestätigt. 1972 betrug die Frühgeburtenfrequenz 6,8 Prozent die perinatale Sterblichkeit 2,02 Prozent. Für 1973 lauten die Zah- len: Frühgeburtenfrequenz 5,75 Prozent, perinatale Sterblichkeit 1,76 Prozent.

Unsere Ergebnisse sagen naturge- mäß noch nichts über zerebrale Spätschäden aus; sie werden sich erst in den nächsten Jahren sicher erfassen lassen. Nach Aussage un- serer Pädiater ist allerdings schon jetzt ein gewisser Rückgang zu verzeichnen. Auffallend sei insbe- sondere die starke Abnahme der von unserer Klinik verlegten Kinder mit Atemnotsyndrom.

Anschrift der Verfasser:

Dr. med. H. Meister

Professor Dr. med. G. Stark 85 Nürnberg 5, Flurstraße 7

-ECHO

Zu: „Die Candidamykose" von Prof. Dr. med. Heinz Seeliger und Dr. med. Ute Vögtle-Junkert in Heft 16/1975, Seite 1119 ff.

Soorpilzbefall

sprunghaft angestiegen

„Die Soorpilz-Erkrankungen sind in den letzten 20 Jahren sprunghaft angestiegen. Wie Prof. Heinz Seeliger vom Hy- gieneinstitut der Universität Würzburg im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT berichtete, hat sich diese an verschiedenen Körperteilen auftretende Hautpilzkrankheit nicht nur durch kritiklose Anwendung von Breitband-Antibiotika, mangelhafte Körperpflege und geänderte sexuelle Mo- ralbegriffe stark ausgebreitet.

Sie zieht im Gegensatz zu früher auch häufiger tödlich endende Infektionen nach sich." (Deutsche Presseagen- tur)

1766 Heft 23 vom 5. Juni 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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