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Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik

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Stellungnahme des DGB zum Vorschlag der EU-Kommission für eine neue EU-Richtlinie über die Konzessionsvergabe (897)

Berlin, 26.06.2012

Herausgeber:

DGB-Bundesvorstand Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik

Verantwortlich:

Claus Matecki

Henriette-Herz-Platz 2 10178 Berlin

Fragen an:

Claudia Falk Tel.: 0 30/2 40 60-237 Fax: 0 30/2 40 60-218 E-Mail: claudia.falk@dgb.de

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1. Hintergrund

Die EU-Kommission hat am 20.12.2011 ein neues Richtlinienpaket zur öffentlichen Auftrags- vergabe und Dienstleistungskonzessionen vorgelegt, das aus drei Einzelrichtlinien besteht:

Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe - KOM (2011) 896/2, Sektorenrichtlinie über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich Wasser-, Energie- und Verkehrsversor- gung sowie der Postdienste - KOM (2011) 895 und Richtlinie über die Konzessionsvergabe - KOM (2011) 897.

Mit diesem Richtlinienpaket verfolgt die Kommission im Rahmen der Strategie Europa 2020 nach eigenen Angaben folgende Ziele: Steigerung der Effizienz der öffentlichen Ausgaben, Förderung öffentlich-privater Partnerschaften, Flexibilisierung der Vergaberegeln, Erleichterung der Teilnahme kleiner und mittlerer Unternehmen an öffentlichen Vergabeverfahren und Schaf- fung der Möglichkeit, die öffentliche Auftragsvergabe zur Unterstützung gesellschaftlicher Ziele zu nutzen, Gewährleistung von mehr Rechtssicherheit.

Zur Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe sowie zur Sektorenrichtlinie hat der DGB bereits eine gesonderte Stellungnahme abgegeben, die Kritikpunkte darin sind auch auf die Richtlinie über die Konzessionsvergabe anzuwenden.

Mit der Einführung eines grundsätzlichen Ausschreibungszwangs werden die Rahmenbedin- gungen für die öffentlichen Auftraggeber bzw. Vergabestellen, die Unternehmen, die Nutzerin- nen und Nutzer und die Beschäftigten grundlegend geändert. Betroffen davon sind die öffentli- che Daseinsvorsorge, die Handlungsmöglichkeiten der Kommunen und anderen öffentlichen Körperschaften, aber auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für am Markt agierende Unternehmen wie im Hafenbereich mit Auswirkungen auf regionale Wertschöpfungsketten. Die Vorschläge kümmern sich dabei insbesondere nicht um soziale Korrekturen der Marktkräfte. Sie setzen vielmehr ein klares Signal für eine Fortsetzung der bisherigen wettbewerbsfixierten Wirt- schaftspolitik auf Basis der Prinzipien der EU-Binnenmarktfreiheiten. Alle Bestrebungen, als Konsequenz aus der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise das europäische Sozialstaatsmo- dell durch eine stärkere Rolle des Staates besser zu wappnen, werden verhindert. Der grund- sätzliche Vorrang des Marktliberalismus gilt, auch wenn über die öffentliche Beschaffung von Waren und Dienstleistungen auch ökologische Ziele verfolgt werden können. Die Möglichkeit der Berücksichtigung sozialer Kriterien und tarifpolitischer Standards in der öffentlichen Kon- zessions- und Auftragsvergabe wird unterminiert, indem auf die Logik der EuGH- Entscheidungen in den Fällen Rüffert etc. zurückgegriffen wird.

Dabei ist die öffentliche Auftragsvergabe und die Konzessionsvergabe wie geschaffen dafür, die ordnende Rolle des Staates für eine Politik des sozialen Fortschritts zu nutzen, d.h. für Vollbe- schäftigung, Verringerung der Einkommensunterschiede, Stärkung des Sozialstaates, Abschaf- fung prekärer Arbeitsverhältnisse, Ausweitung der Arbeitnehmerrechte und der Mitbestimmung und für Weichenstellungen zu einer sozialen und ökologischen Weiterentwicklung des europäi- schen Projektes.

Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge

Seit Inkrafttreten des Lissabonner Vertrags als neues EU-Primärrecht im Jahr 2009 ist die öf- fentliche Daseinsvorsorge gestärkt worden. Insbesondere ist in Artikel 14 des Vertrages über die Arbeitsweise der EU (AEUV) und im Protokoll 26 die Kompetenz der Mitgliedsstaaten der EU gestärkt worden, Dienstleistungen im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse zur Verfügung zu stellen, in Auftrag zu geben und zu finanzieren. Auch werden die Vielfalt und das hohe Ni- veau in Bezug auf Qualität, Sicherheit, Bezahlbarkeit, Gleichbehandlung und Förderung des universellen Zugangs und der Nutzerrechte als Teil der gemeinsamen Werte für diese Dienste betont. In der Grundrechtecharta, die integraler Bestandteil des Lissabonner Vertrags ist, aner- kennt und achtet die EU in Artikel 36 den Zugang zu diesen Dienstleistungen. Bezüglich der nichtwirtschaftlichen Dienste von allgemeinem Interesse wird die alleinige Kompetenz der Mit- gliedstaaten garantiert.

Auch wenn die bereits vor dem Lissabonner Vertrag existierende Unterscheidung zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Diensten insbesondere die Frage der Rechtssicherheit in Bezug auf die Unterwerfung der Daseinsvorsorge unter das EU-Wettbewerbs- und Beihilfe-

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recht nicht wirklich löst, legt doch der Lissabonner Vertrag eindeutig Wert auf die Qualität der öffentlichen Daseinsvorsorge und den weiten Spielraum der EU-Mitgliedstaaten.

Die Richtlinienentwürfe zur Revision des EU-Vergabe- und Konzessionsrechts nehmen auf die Stärkung der öffentlichen Daseinsvorsorge im EU-Primärrecht an keiner Stelle Bezug. Stattdes- sen werden in den Erwägungsgründen 1 und 2 des Entwurfs KOM (2011) 897 und in Erwä- gungsgrund 4 des Entwurfs KOM (2011) 897 auf die Öffnung des öffentlichen Auftragswesens für den Wettbewerb orientiert.

In Bezug auf die Daseinsvorsorge muss deshalb der Vorschlag der EU-Kommission vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Notwendig ist ein legislativer Rahmen, der auf eine hohe Qualität, breite Nutzungsmöglichkeiten und den weiten Entscheidungsspielraum der zuständigen politi- schen Entscheidungsgremien auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene orientiert ist, statt die öffentliche Daseinsvorsorge als potenziellen Markt anzusehen, der möglichst weitgehend und schnell geöffnet werden soll und primär auf Kostensenkung orientiert ist. Statt Kosten- und Qua- litätsdumping sollten Prinzipien für eine soziale und ökologische Nachhaltigkeit zum Tragen kommen. Dieser Ansatz wäre insbesondere verstärkt als Zielstellung in der Praxis umzusetzen.

Wir fordern die Kommission auf, die aktuelle Reform für einen Strategiewechsel hin zu einem solchen qualitativen Wachstum zu nutzen. Eine nachhaltige soziale Marktwirtschaft, wie sie im Lissabon-Vertrag verankert ist, sollte den sozialen Zusammenhalt innerhalb und zwischen den Mitgliedstaaten fördern. Die öffentliche Auftragsvergabe und die Konzessionsvergabe müssen grundsätzlich dazu genutzt werden, bestehende Ungleichheit abzubauen, ökologische Anreize zu setzen und so Eckpfeiler für zukunftsfähiges Wirtschaften in Europa zu setzen: Es geht um

„Gute Arbeit“ im öffentlichen Auftrag, um Tariftreue und Mindestlöhne und um die Einhaltung und Kontrolle von sozialen und ökologischen Standards. In Bezug auf die Richtlinie zu Dienst- leistungskonzessionen geht es insbesondere um die Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsor- ge und um sinnvolle Investitionen in eine zukunftsfähige öffentliche Infrastruktur.

2. Worin liegt das Hauptproblem der Richtlinie 897 zu Dienstleistungskonzessio- nen?

Entgegen der bisherigen Rechtslage soll nun auch die Vergabe von Dienstleistungskonzessio- nen dem EU-Sekundärrecht unterworfen und dadurch ab bestimmten Schwellenwerten euro- paweit ausgeschrieben werden. Damit wird der Weg frei gemacht für eine europaweite Liberali- sierung und Privatisierung von Dienstleistungskonzessionen. Dies erfolgt gegen das explizite Votum des EU-Parlaments vom 18. Mai 2010, das eine Richtlinie zu Dienstleistungskonzessio- nen nicht für nötig hält.

Dieser Position schließt sich der DGB an.

3. Liberalisierung durch die Hintertür des Vergaberechts

Dienstleistungskonzessionen sind Formen der Übertragung ursprünglich staatlicher oder kom- munaler Aufgaben auf Dritte. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass der Konzessionär als Ge- genleistung für die Erbringung der Dienste statt eines Entgelts das Recht zur Nutzung und/oder Verwertung der Dienstleistung erhält. Etwaige Entgelte werden dem Konzessionär dann meist von Seiten der direkten NutzerInnen der Dienstleistung gezahlt. Hinzu kommen zum Teil - ins- besondere in den Bereichen Wasser und Energie - Einnahmen für die öffentliche Hand aus Konzessionsabgaben. Der Konzessionär trägt das wirtschaftliche Verwertungsrisiko.

Bis dato war der Wettbewerb bei diesen sog. „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftli- chen Interesse“ eingeschränkt. Denn diese werden als wirtschaftliche Tätigkeiten der Daseins- vorsorge im Interesse der Allgemeinheit von den Mitgliedstaaten mit besonderen Gemeinwohlverpflichtungen erbracht. Darunter fallen die Bereiche der Daseinsvorsorge, wie z.B. der Wasser-, Energie-, Post- oder Verkehrssektor. Genau darum geht es der EU- Kommission: Sie will immer mehr der vormals vor Wettbewerb weitgehend geschützten Bereiche der Daseinsvorsorge liberalisieren.

Die neue Richtlinie beinhaltet besondere Verfahrensvorgaben für die Auftragsvergabe von Dienstleistungskonzessionen: z.B. Anforderung einer EU-weiten Bekanntmachung im EU- Amtsblatt, Anforderungen an die Auswahl- und Zuschlagskriterien, Vorgaben zur Laufzeit der Konzessionen, Regelungen zur Änderungen einer Konzession oder Festlegung von Nachprü-

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fungsmöglichkeiten für die Bieter. Das führt zu einem intransparenten, bürokratischen Dschun- gel, der regionale Verwaltungen zu überfordern droht. Die Transparenz für Marktteilnehmer und EU-Kommission mag dadurch erhöht werden, eine stärkere Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger ist in den Vorschlägen jedoch nicht vorgesehen. Auch dies zeigt die einseitige Aus- richtung des Vorschlags der EU-Kommission.

Vor allem aber sucht man vergebens nach Ansätzen zur Stärkung sozialer Standards oder der öffentlichen Daseinsvorsorge. Die Spielräume für die öffentlichen Auftraggeber werden einge- schränkt, die nach Art. 39 Abs. 2 keine uneingeschränkte Wahlfreiheit bei der Definition der Zuschlagskriterien haben sollen. Auch die Einhaltung ortsüblicher Tarifverträge in der Auftrags- vergabe ist nicht vorgesehen (vgl. Art. 39, Erwägungsgründe 29 und 32). Im Gegenteil: Nach Erwägungsgrund 32 sollen die in Bezug auf Arbeitsbedingungen und Arbeitssicherheit auf nati- onaler Ebene geltenden Gesetze und Tarifverträge während der Durchführung einer Konzessi- on nur anwendbar sein, wenn sie mit dem Unionsrecht vereinbar sind. Der Verweis auf die Ent- senderichtlinie führt vor dem Hintergrund der EuGH-Rechtsprechung in Sachen Rüffert und anderen im Ergebnis zu einer Aushebelung des nationalen Arbeitsrechts und nationaler Tarif- verträge.

Stattdessen benennt die Richtlinie einen besseren Marktzugang für Unternehmen und die För- derung öffentlich-privater Partnerschaften (ÖPP) als Ziele (Erwägungsgründe 17 und 24). Die besondere Sorge der EU-Kommission gilt nicht etwa der Gewährleistung qualitativ hochwertiger Dienste im Rahmen von Dienstleistungskonzessionen, sondern der Behebung angeblicher Marktverzerrungen. So enthält die Vorschrift zu den Laufzeiten von Konzessionen allein die Aspekte Amortisierung von Investitionen und die Realisierung eines angemessenen Gewinns und lässt den inhaltlichen Zweck der Konzessionserteilung zur Erfüllung der Anforderungen der öffentlichen Auftraggeber bzw. Vergabestellen in Bezug auf eine konstante Versorgung bzw.

Erbringung der Leistung außen vor (vgl. Art. 16).

Die Kommission begründet die Vorlage des Richtlinienentwurfs damit, angebliche Rechtsunsi- cherheiten beseitigen zu wollen, den Vergabebehörden einfachere, flexiblere Verfahren zu brin- gen und besonders den KMU leichteren Zugang zum öffentlichen Auftragswesen zu eröffnen.

Dabei hat der EuGH in mehreren Entscheidungen zu Dienstleistungskonzessionen bereits zent- rale Grundsätze des EU-Primärrechts (Transparenz, Nichtdiskriminierung, Gleichbehandlung) für solche Konzessionen für anwendbar erklärt, an denen ein in einem anderen EU-Staat nie- dergelassenes Unternehmen potentiell interessiert sein kann.1 Allerdings werden Dienstleis- tungskonzessionen ihrer Art und ihrem Umfang nach in der Regel gar nicht grenzüberschrei- tend erbracht. Nach einhelliger Meinung der Akteure in Deutschland und vielen anderen Län- dern herrscht hier gar keine Rechtsunsicherheit. Die Wahrheit ist: Es geht um das Geschäft mit öffentlichen Gütern und Dienstleistungen.

Daher ermöglicht die Konzessionsrichtlinie nach Ansicht des DGB eine Liberalisierung durch die Hintertür eines eigenen EU-Konzessionsrechts und bedeutet einen Angriff auf die öffentliche Daseinsvorsorge.2 Sie ist daher grundsätzlich abzulehnen. In der derzeit gültigen Vergabe- richtlinie, die z. Zt. auch für Baukonzessionen gilt, haben die öffentlichen Auftraggeber wenigs- tens die Möglichkeit, den Dienstleistern soziale und umweltbezogene Auflagen zu machen, z.B.

Tariftreue vorzuschreiben (vgl. Art. 26 der RL 2004/18/EG und Art. 38 2004/17/EG). Da Bau- konzessionen künftig unter die Konzessionsrichtlinie fallen sollen, die derartige Möglichkeiten nicht vorsieht, entfällt diese wichtige Steuerung für einen wesentlichen Bereich der Konzessio- nen.

4. Folgen

Besonders drastisch wirkt sich die Unterwerfung unter den Wettbewerb bei dem Öffentlichen Gut Wasser aus. Der Richtlinien-Vorschlag über die Konzessionsvergabe erfasst unmittelbar öffentlich-rechtlich organisierte Unternehmen. In der Wasserversorgung machen diese rund 55

% der Unternehmen aus, bei der Abwasserentsorgung sind es noch viel mehr. Jeder Dienstleis-

1 Siehe auch beispielhaft EuGH Coditel (C-324/07); EuGH Coname (C-231/03); EuGH Telaustria und Telefonadress (C-324/98).

2 So auch: Bewertung der EU-Vergaberechtsreform aus kommunaler Sicht von Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag, Deutscher Städte- und Gemeindebund sowie Verband kommunaler Unternehmen e.V. vom 01.02.2012, S. 11 f.

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tungsanbieter soll der Richtlinie unterworfen werden, soweit die Dienstleistung auf dem Markt angeboten wird. Solche Dienstleistungsanbieter gelten dann als Wirtschaftsteilnehmer.

In Deutschland existieren hohe Qualitätsstandards für Wasser. Öffnet man diesen Kernbereich der öffentlichen Daseinsvorsorge für den europaweiten Wettbewerb, könnte wegen der Gewin- nerzielungsabsicht (Wasser als Geschäft) die Qualität dieses Lebensmittels leiden – trotz der EG-Trinkwasser-Richtlinie, die über Grenzwerte aber nur die Gesundheitsgefährdung der Men- schen ausschließen soll. Ebenso könnten im Gefolge soziale Standards der Beschäftigung in der Wasserwirtschaft leiden und die Preise für die Verbraucher steigen.

Negative Folgen durch die Konzessionsrichtlinie sind auch für die deutschen Seehäfen zu erwarten, wobei noch unklar ist, was genau in den Anwendungsbereich fällt: Die Regelungen in Artikel 8 Absatz 5 Buchstabe a bezüglich der Herausnahme aus dem Anwendungsbereich bei Erwerb oder Miete von Immobilien oder in Artikel 14 von Tätigkeiten, die unmittelbar dem Wett- bewerb ausgesetzt sind, schaffen für den Hafenbereich keine Rechtssicherheit, ob er im An- wendungsbereich der Richtlinie liegt oder nicht. Die EU-Kommission hat aber bereits mit zwei Hafenpaketen (im EU-Jargon genannt „Port Package I“ oder „Port Package II“) wiederholt ver- sucht, den Bereich des Hafenumschlags zu liberalisieren.

Nun könnte eine Neuauflage der Hafenpakete in Form der nunmehr horizontal angesetzten EU- Richtlinie zur Konzessionsvergabe drohen. Damit würden die mit dieser Tätigkeit verbundenen Gewinne nicht mehr in den regionalen Wirtschaftskreisläufen der deutschen Seehäfen verblei- ben, sondern würde gegebenenfalls multinationalen Terminalbetreibern zufließen.

Die etablierten Hafenbetreiber in Europa, die sich oftmals gänzlich oder zum Teil in öffentlicher Hand befinden, wären durch diese Unsicherheit über die Zukunft der Geschäftstätigkeit zusätz- lich in ihrem Investitionsverhalten behindert.

Ein europäischer Ausschreibungszwang birgt damit ein hohes Gefahrenpotential für Investitio- nen, die Qualität der Arbeit einschließlich tariflicher und sozialer Standards sowie die Sicher- heit der Arbeitsplätze in den Häfen. Gefährdet werden damit letztlich die Wachstumspotentiale der Volkswirtschaft, da Investitionen nur dann getätigt werden, wenn die Bedingungen für die Refinanzierung gesichert sind.

Durch Privatisierung und Marktöffnung werden eine öffentliche Daseinsvorsorge nach qualitativ hochwertigen Gesichtspunkten mit erschwinglichem Zugang für alle sowie eine Sicherung von Arbeitsplätzen und guter Arbeit gerade nicht erreicht. Zudem würden die Kommunen durch den Zwang zum verrechtlichten Vergabeverfahren ihre Handlungsspielräume und damit auch ei- nen Teil ihrer demokratischen Kontrollmöglichkeiten verlieren.

Weiterer Kritikpunkt: Durch den Fokus der EU-Kommission auf die Schaffung neuer Marktberei- che statt der Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge könnten Direktvergaben von Dienst- leistungskonzessionen unterbunden werden. Dadurch geraten die Inhouse-Vergaben und die Interkommunale Zusammenarbeit (IKZ), also öffentlich-öffentliche Partnerschaften unter Druck. So heißt es im Artikel 17, dass mit der Richtlinie sichergestellt werden solle, dass eine von ihrem Anwendungsbereich ausgenommene öffentlich-öffentliche Zusammenarbeit keine Wettbewerbsverzerrung im Verhältnis zu privaten Wirtschaftsteilnehmern zur Folge hat.

Genauso wenig solle die Teilnahme eines öffentlichen Auftraggebers als Bieter an einem Ver- gabeverfahren eine Wettbewerbsverzerrung zu Folge haben.

Die Kommunen, die nach Art 28 des deutschen Grundgesetzes das Recht auf kommunale Selbstverwaltung haben, fürchten zu Recht den Verlust ihrer Einfluss- und Kontrollmöglichkei- ten. Stattdessen wird Kosten treibenden öffentlich-privaten Partnerschaften ein neues Ge- schäftsfeld eröffnet, Rekommunalisierungen öffentlicher Körperschaften werden erschwert.

Dass Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) europaweit vorangetrieben werden sollen, zeigt sich auch in der Initiative von EU-Kommission und Europäischer Investitionsbank (EIB), die ÖPPs direkt und politisch fördern. Dafür wurde 2008 eigens das EPEC gegründet, das „Eu- ropean PPP Expertise Centre“. Es gibt Hilfe in Form von Expertise und konkreter Implementie- rung von ÖPP-Programmen in den Ländern. Auch dieser Richtlinienvorschlag weist in die Rich- tung, dass Privaten - insbesondere finanzkräftigen Konzernen - das risikoarme Geschäft mit öffentlichen Dienstleistungen ermöglicht werden sollen. Dabei sind die Erfahrungen mit ÖPP-

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Projekten keineswegs positiv, wie man etwa an Beispielen wie dem Warnow-Tunnel in Rostock oder den Berliner Wasserbetrieben3 ablesen kann.

Bei den Wirtschaftlichkeitsvergleichen wird vorrangig die Eigenbauvariante der Kommune mit hohen Risikowerten belegt – mit anderen Worten: ÖPP werden schön gerechnet und so der Wettbewerb zu Ungunsten der Kommunen verzerrt. Das hatten u.a. die deutschen Landesrech- nungshöfe in ihrem gemeinsamen Bericht aus dem September 2011 moniert. Darin hatten sie anhand von 30 ÖPP-Projekten detailliert vorgestellt, wo die Fallstricke von ÖPPs liegen – das zentrale Ergebnis: Infrastrukturprojekte werden durch die Beteiligung Privater meistens nicht billiger. Es handelt sich um eine Verlagerung der Schulden in die Zukunft, wie bereits die PräsidentInnen der deutschen Rechnungshöfe 2006 in ihrer gemeinsamen Erklärung betont hatten.

Weiterer Kritikpunkt: Die von den Beratern angegebenen Effizienzrenditen konnten meistens nicht schlüssig nachgewiesen werden. Zudem würden Bewirtschaftung und Betrieb bis zu 30 Jahre an einen privaten Partner vergeben und damit diese Dienstleistungen dem Wettbewerb langfristig entzogen. Das konterkariert das selbst erklärte Ziel der EU-Kommission, den KMU den Zugang zum öffentlichen Auftragswesen zu erleichtern.

Schlussfolgerungen/ Fazit:

• Der DGB fordert das Europäische Parlament und den Europäischen Rat auf, den Vorschlag der EU-Kommission für eine EU-Richtlinie zur Konzessionsvergabe abzulehnen, da an- sonsten die Aushöhlung der öffentlichen Daseinsvorsorge sowie der sozialen Standards drohen.

• Für den DGB dürfen Dienstleistungskonzessionen nicht und Baukonzessionen nur unter strengen Kriterien – z.B. unter Wahrung der tariflichen und sozialen Standards - dem Ver- gaberegime und damit dem privaten Wettbewerb ausgesetzt werden.

• Der DGB fordert Rechtssicherheit für langfristigen Erhalt und Entwicklung öffentlicher Dienstleistungen im Interesse der VerbraucherInnen, der Beschäftigten und des Staates.

• Der DGB fordert den Vorrang für das Allgemeininteresse bei öffentlichen Dienstleistungen.

• Der jetzige Rechtszustand, der den öffentlichen Auftraggebern einen weiten Spielraum be- lässt und die Vorgabe von Tarifverträgen für die bei den Dienstleistern Beschäftigten er- möglicht, stellt die bessere Alternative gegenüber der Verabschiedung des von der EU- Kommission vorgelegten Richtlinienentwurfs dar. Schließlich sind die Arbeits- und Lebens- bedingungen der Beschäftigten, Qualifikation, Gesundheitsbedingungen und Arbeitsplatzsi- cherheit ein Faktor für Qualität und Sicherheit im öffentlichen Auftragswesen. Gerade im Dienstleistungsbereich stellt gut ausgebildetes und qualifiziertes Personal das eigentliche Kapital von Unternehmen dar. Die europäischen Richtlinien müssen daher sicherstellen, dass Qualität und Sicherheit nicht durch einen Wettbewerb um die niedrigsten Löhne und Sozialstandards gefährdet werden.

3http://blog.gemeingut.org/2012/01/ppp-leuchtturm-projekte-eine-spur-des-scheiterns/ - Internetzugriff03.05.2012

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