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(1)M 079/2008 Büro des Grossen Rates 30

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M 079/2008 Büro des Grossen Rates 30. Juni 2008 Motion

Zryd, Adelboden (SP-JUSO) Lemann, Langnau (SP-JUSO)

Weitere Unterschriften: 15 Eingereicht am: 31.03.2008

Wöchentliche Tagessitzungen

Der Grosse Rat diskutierte das Tagessystem drei Mal: bei der Totalrevision des Parlamentsrechts 1988/89, bei der Parlamentsreform 1996 sowie im Zusammenhang mit einer Motion 1999. Steter tropfen höhlt den Stein. Das Parlament soll sich erneut mit dem Sessionsrhythmus auseinandersetzten.

Das zuständige Organ wird aufgefordert, den aktuellen Sessionsrhythmus durch ein System mit wöchentlichen Tagessitzungen zu ersetzen.

Begründung

Der aktuelle Sessionsrhythmus im Kanton Bern erschwert vielen berufstätigen GrossrätInnen, einem geregelten Berufsleben nachzugehen. Es ist oft schwierig, Vertretungen zu finden oder auch vom Arbeitgeber frei zu bekommen. Dies scheint ein Mitgrund, dass viele sich gar nicht erst zur Wahl oder auch zur Annahme dieses Amtes überzeugen lassen. Gerade auch für jüngere ParlamentarierInnen ist es sehr aufwändig und schwierig, die Sitzungsblöcke den Arbeits- oder Studienzeiten anzupassen.

Grundsätzlich sollen die Arbeitsbedingungen des Milizparlamentes so ausgestaltet werden, dass sich Vertreterinnen und Vertreter aus möglichst allen Bevölkerungsgruppen an der politischen Arbeit im Grossen Rat beteiligen können. Nur so ist sichergestellt, dass die Zusammensetzung des Parlamentes repräsentativ bleibt. Das Tagessystem wird von mehreren Grosskantonen (z.B. Zürich, Aargau, Solothurn) erfolgreich praktizieret. Aktuelle Geschäfte können sofort abgehandelt werden. Die Fraktionen tagen wöchentlich und können so ihre Vorstösse und Geschäfte besser auf das Jahr verteilen.

Das System bringt viele Vorteile mit sich und die Zeit ist reif, einen effizienteren Tagungsrhythmus einzuführen.

Es wird Dringlichkeit verlangt. Abgelehnt: 03.04.2008

Antwort des Büros des Grossen Rates

1 Die Motion beschlägt ein ratseigenes Thema. Sie wird aufgrund von Artikel 62 der Geschäftsordnung und nach ständiger Praxis vom Büro des Grossen Rates beantwortet.

2 Die Kantone sind souverän in der Organisation ihrer Behörden. Der Bund beachtet ihre Organisationsautonomie (Art. 47 Abs.2 BV). Die Kantone können somit ihre

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Parlamente nach den eigenen Vorstellungen organisieren. Die Kantonsverfassung hält sinngemäss fest, dass die grundlegenden Bestimmungen der Behördenorganisation – wie die Sitzungsweise - in der Form eines Gesetzes zu erlassen sind.

3 Beim Tagessitzungssystem versammelt sich das Parlament zu Sitzungen, die höchstens einen Tag dauern. Beim Sessionssystem versammelt es sich zu Sessionen, die aus mehreren Sitzungstagen bestehen. Laut einer aktualisierten Umfrage des Kantons St. Gallen (Stand 2006) versammelt sich rund die Hälfte der Kantonsparlamente nach einer Untervariante des Tagessitzungs- bzw.

Sessionssystems.

4 Der bernische Grosse Rat versammelt sich seit jeher periodisch zu Sessionen. Er trifft jedes Jahr im Herbst den Planungsbeschluss, der Zeitpunkt und Dauer der Sessionen für das übernächste Jahr festlegt. Es hat dabei Bestimmungen der Geschäftsordnung zu beachten, wonach jährlich höchstens fünf Sessionen eingeplant werden dürfen und die Sessionen in der Regel zwei Wochen dauern. Der mittelfristige Sessionsplan wird ergänzt durch das kurzfristige Sessionsprogramm. Gestützt auf das Sessionsprogramm beschliesst die Präsidentenkonferenz 15 Tage vor Sessionsbeginn über die definitiven Eckdaten der Session. Die Sitzungstage und Sitzungszeiten sind in der Geschäftsordnung im Detail festgelegt, wobei Präsidentenkonferenz und Grosser Rat von den Regeln im Bedarfsfall abweichen können.

5 Das bernische Sessionsystem zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:

Konzentration der Plenararbeit auf fünf zweiwöchige Sessionen, eher kurze Sitzungszeiten vormittags und nachmittags an vier Wochentagen, die Termine der Führungsorgane und Kommissionen sind auf die Sessionstermine abgestimmt, Vorrang der parlamentarischen Arbeit vor allen anderen Tätigkeiten in den Zeitfenstern

„Kommission“ und „Plenum“, hohe mediale Präsenz des Grossen Rates in den Sessionszeiten bzw. begrenzte mediale Wahrnehmung ausserhalb der Sessionszeiten, Behandlung aller hängigen Parlamentsgeschäfte aller Direktionen in einer Session, Beratung grosser Ratsvorlagen in einer Session, für alle politischen Teilnehmer berechenbare Geschäftsabläufe, lange Reaktionszeit bei ausserordentlichen Lagen und Herausforderungen.

6 Die folgenden Beispiele vergleichbarer Kantone belegen die Vielfalt der Sessionssysteme: Der Kantonsrat St. Gallen trifft sich zu fünf Sessionen von höchstens drei Tagen bei Sitzungen von 08.30 bis 17.00 Uhr, die durch Pausen unterbrochen werden können. Der Bündner Grosse Rat trifft sich zu sechs Sessionen von jeweils drei Tagen. Hier legt die Präsidentenkonferenz die Sitzungszeiten und die Sitzungsdauer fest. Sie kann zudem Sessionen vorverlegen, nachverlegen, auf Sessionen verzichten oder ausserordentliche Sitzungen einberaumen. Der Freiburger Grosse Rat versammelt sich zu acht Sessionen. Die Session beginnt am Dienstagnachmittag. An den folgenden drei Tagen finden Vormittagssitzungen statt.

Die Sitzungen dauern jeweils rund 3 ½ Stunden. Der Solothurner Kantonsrat schliesslich trifft sich zu sieben Sessionen, die jeweils am Dienstagvormittag, am Mittwochvormittag und am Mittwochvormittag der folgenden Woche stattfinden und vier Stunden dauern.

7 Es gibt drei grössere Kantone, die das Tagessystem anwenden: Das Aargauer Parlament trifft sich zu 20 bis 25 Ganztagessitzungen pro Jahr. Sitzungstag ist der Dienstag. Das Baselbieter Parlament versammelt sich alle 14 Tage am Donnerstag zu halb- oder ganztägigen Sitzungen. Der Zürcher Kantonsrat tritt mit Ausnahme gewisser Zeitfenster jeden Montag zu Vormittagssitzungen zusammen (total 44 Sitzungstage).

Während der Beratungen des Staatsvoranschlags werden auch Abendsitzungen eingeschaltet.

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8 Das Tagessystemmodell der grossen Kantone zeichnet sich durch folgende Merkmale aus: regelmässige und – bei grossen Kantonen - häufige Plenarsitzungen an einem bestimmten Wochentag, regelmässige und gleich lange Befassung der Parlaments mit politischen Geschäften, Beschränkung der Politikarbeit auf einen Tag in der Woche, erleichterte Koordination der verschiedenen Interessen einer Milizparlamentarierin bzw. eines Milizparlamentariers, gleichmässigere Präsenz des Parlamentes in der Öffentlichkeit, rollende Geschäftsplanungen mit erleichterten Verschiebungsmöglichkeiten, begrenzte Zeitkapazitäten zur Bearbeitung der Ratsgeschäfte, erschwerte Plan- und Berechenbarkeit der Geschäfte, geringerer Termindruck verbunden mit erhöhter Bereitschaft zum Verschieben von Ratsgeschäften.

9 Beim Systementscheid gewichten die Erfahrungen der Ratsmitglieder stärker als bei anderen organisatorischen Fragen, weil die eigene Interessenlage (Austarieren von Berufs-, Politik-, Privat-, Sozial- und Freizeit) besonders angesprochen wird. Andere Überlegungen sollten aus Sicht des Büros auch in Erwägung gezogen werden. Es geht auch um den Beitrag der Sitzungsweise an die Zusammensetzung des Parlamentes, Wahrnehmung der Parlamentsfunktionen, Handlungsfähigkeit der Behörden, Stellung des Parlaments im Gewaltengefüge, an das Aufrechterhalten des Milizsystems, an angemessene Arbeits- und Lebensbedingungen der Ratsmitglieder, an die Kosten des Betriebs für das Ratsmitglied und für den Kanton usw.

10 Beide Systeme sind praktikabel, wie der interkantonale Vergleich und die angeführten Beispiele zeigen. Beide Systeme haben ihre Vorzüge: das Zürcher Modell gefällt durch die kurzen und konzentrierten Sitzungen, die regel- und gleichmässige Belastung durch Politik, die gute Vereinbarkeit der Verpflichtungen eines Parlamentsmitglieds, der Reaktions- und Handlungsfähigkeit des Parlamentes aus aktuellem Anlass. Das Berner Modell gefällt durch die gute Plan- und Berechenbarkeit der Ratsgeschäfte, den Beitrag an eine gute und konzentrierte Willensbildung, die Ermöglichung längerer Perioden politikfreier Zeit, die unverzügliche Erledigung von Pendenzen in der folgenden Session.

11 Der Grosse Rat hat sich mehrmals für das Sessionssystem oder gegen das Tagessystem ausgesprochen. So sprach er sich im Rahmen der Totalrevision 1988/89 des Parlamentsrechts nach breiten Abklärungen aller möglichen Modelle für eine Variante des Sessionsmodells aus. In der Teilrevision 1993/94 nahm der Grosse Rat eine Änderung der Regelung vor, welche am Sessionssystem festhielt, das Selbstversammlungsrecht des Grossen Rates mit der Einführung des Sessionsplans aber stärkte. Das Projekt Parlamentseffizienz führte 1997/98 zu einer Verkürzung der Sessionszeit verbunden mit einer Verbesserung der Planungs- und Steuerungsinstrumente. In der Parlamentsrechtsreform 1996 wurde die Sitzungsweise des Grossen Rates erneut erörtert. Der Grosse Rat lehnte einen Antrag Albrecht auf Einführung des Tagessystems mit 126 zu 23 Stimmen bei 4 Enthaltungen ab. Am 8.

März 1999 wurde die Motion GFL (Albrecht) betr. Neuer Sitzungsmodus für den Grossen Rat mit 123 zu 28 Stimmen bei 13 Enthaltungen abgelehnt. Für die Gegner hat das Tagessystem folgende Hauptnachteile: die Schwierigkeit der Geschäftsplanung und die Schwierigkeit, grössere Reformvorhaben sachgerecht zu behandeln.

12 Der Wechsel zum Tagessitzungsmodus erfordert eine Änderung von Grossratsgesetz und Geschäftsordnung, die Flexibilisierung des heutigen Sessionssystems lediglich eine Änderung der Geschäftsordnung. Der Systemwechsel ist eine organisatorische Änderung, die weitreichende und nachhaltige Veränderungen in der Arbeitsweise des Grossen Rates mit sich bringen würde. Ein allfälliger Systemwechsel könnte deshalb nicht kurzfristig umgesetzt werden. Voraussetzungen für einen definitiven Systementscheid wäre eine Berichterstattung, welche die organisatorischen, finanziellen und personellen Auswirkungen des neuen Systems in einem Organisationsprojekt mit Kostenfolge transparent ausweist. Dabei wären die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten, die Abläufe, Arbeitsweise und Instrumente

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der Führungsorgane, Kommissionen, Fraktionen und Stabsdienste zu definieren sowie Realisierungs- und Folgekosten (Personal, Informatik und Finanzen) aufzuzeigen.

13 Würde der Grosse Rat hingegen ein Postulat überweisen, wäre mit einer Berichterstattung und mit detaillierten Vorschlägen innert den reglementarischen Fristen zu rechnen. In diese Überprüfung könnte auch eine Optimierung des bestehenden Systems mit Massnahmen wie der Stärkung der Präsidentenkonferenz, dem Abbau starrer Vorgaben, der Reduktion der Sitzungstage pro Session, anderen Sitzungszeiten, neuen Planungsinstrumenten usw. einbezogen werden.

14 Die Rahmenbedingungen parlamentarischer Arbeit scheinen sich geändert zu haben.

Das Büro ist deshalb bereit, das Anliegen zu prüfen. Weil es darum geht, den für den Grossen Rat besten und gangbarsten Weg zu finden, widersetzt es sich einer Motion, bei der das Vorgehen festgelegt ist und das anzustrebende Modell vorausgesetzt wird.

Das Büro empfiehlt Annahme der Motion in Form des Postulats.

Antrag: Annahme als Postulat

An den Grossen Rat

Referenzen

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