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Archiv "Medizin im Würgegriff" (14.06.1990)

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Academic year: 2022

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ist eine Diplomarbeit anzufertigen.

Der akademische Grad „Diplom- Mediziner" ist Voraussetzung zur Erteilung der Approbation. Weitere medizinische Graduierungen sind die Promotion A (Dr. med.) und die Promotion B (Dr. sc. med.), letztere entspricht in der Bundesrepublik dem Dr. med. habil. Die Promotion B ist Voraussetzung für die Berufung als Hochschullehrer.

Die derzeitige Rechtslage be- züglich der Zulassung von Studenten der Bundesrepublik in der DDR ist unklar. Die Studienplätze sind je- doch bereits für die nächsten beiden Studienjahre an Bewerber vergeben,

Seit Jahren sinkt die kassenärzt- liche Leistungsvergütung durch Punktwertverfall sowie inflationäre Geldentwertung, verbunden mit lau- fend steigenden Personal- und Sach- kosten. Auch das Privathonorar nach der GOÄ wird künftig reduziert.

Beide Minderungen verstehen sich bei unverändertem Leistungsan- spruch des Bürgers an eine sich stän- dig fortentwickelnde Medizin mit noch vor Jahren ungeahnten diagno- stischen und therapeutischen Mög- lichkeiten, die ihren zusätzlichen Preis haben.

Noch haben wir in der Bundes- republik Deutschland eine Medizin, die den Vergleich mit dem Weltstan- dard auf keinem Gebiet zu scheuen braucht, doch droht sie mehr und mehr durch staatliche Reglementie- rung mit Hilfe von bürokratischen, nicht sachverständigen Eingriffen systematisch provinzialisiert und da- mit ins Abseits gedrängt zu werden.

„Transparenz" wird propagiert, die bereits jetzt kaum mehr zu über- bieten ist. Schon heute wird jede Lei- stungsnummer für sich ebenso wie die Gesamtleistung individuell erfaßt und mit dem Fachgruppendurch- schnitt mit Hilfe von minutiös er- stellten Computerlisten durchleuch- tet und verglichen. Der Personalbe- stand der Kassenärztlichen Vereini- gungen und weiterer Kontrollgre- mien muß weiter zusätzlich erhöht werden, um das durch das „Gesund-

die zum jetzigen Zeitpunkt teilweise noch nicht einmal das Abitur absol- viert haben. Ob die bereits erteilten Zulassungen zu Gunsten anderer Bewerber wieder zurückgenommen werden, ist wohl unwahrscheinlich.

Im übrigen dürfte eine solche Rück- nahme rechtlich problematisch sein, da die Zulassungen wohl aufgrund der früheren und derzeit noch gel- tenden Rechtslage erfolgten.

Nach alledem dürfte die Hoff- nung vieler Studenten, das Studium in der DDR beginnen zu können, nicht begründet sein.

Rechtsanwalt Albert Stegmaier, Sandhausen/Heidelberg

heits-Reformgesetz" (GRG) neu an- fallende Datenvolumen zu verkraf- ten. Die sich hieraus ergebenden Ko- sten werden anteilig auf jeden ein- zelnen Arzt abgewälzt und wirken somit noch zusätzlich umsatzmin- dernd.

Computer müssen in Praxen auf- gestellt werden, weniger aus freiem Entschluß der Praxisinhaber, son- dern im wesentlichen, um Unterstel- lungen von bereits eingerichteten und einzurichtenden Kontrollgre- mien widerlegen zu können, ohne dem zeitraubenden und arbeitskraft- absorbierenden Verwaltungsauf- wand zu unterliegen.

Karteikarten müssen dennoch in irgendeiner Form weitergeführt wer- den, allein um eine Ablagemöglich- keit für schriftliche Befundmitteilun- gen zu haben. Die Hard- und Soft- ware-Kosten sowie deren Pflege ge- hen ebenfalls zu Lasten der Praxen.

Es sind also nicht die den Verwal- tungsaufwand steigernden Patien- tenzahlen (diese fallen drastisch), sondern staatliche Mißtrauenseinrich- tungen, die für diese Entscheidung ausschlaggebend sind.

Bisher selbstverständliche Fort- bildung wird institutionalisiert, der Arztberuf wird verschult, seine Ver- antwortung gegen sich selbst und für seine Patienten glauben andere ihm abnehmen und kontrollieren zu müs- sen. Der so oft zitierte mündige Bür- ger bleibt hier auf der Strecke, er fin-

det sich nur auf der Seite der Institu- tionen.

Es werden neue „Krankenversi- cherungsscheckkarten" eingeführt, die vom Patienten ebenso wie die Krankenscheine vergessen werden.

Deren Informationen können nur mit speziellen Lesegeräten abgeru- fen werden, ihre Finanzierung er- folgt durch uns.

Wir, die betroffenen Ärzte, se- hen diese Entwicklung mit offenen Augen, doch jeder von uns — ein In- dividualist — wurstelt weiter vor sich hin und glaubt, seinen restlichen Freiraum erhalten zu können, und begreift nicht, daß er von Quartal zu Quartal mit Riesenschritten unfreier wird.

Wir alle sind aufgerufen, uns jetzt zu wehren, wenn die Qualität der medizinischen Versorgung unse- rer Patienten nicht auf sozialistisches Niveau sinken soll. Hier hilft nur Ei- nigkeit der Gesamtärzteschaft gegen die totale Verstaatlichung, sie ist schon viel zu weit gediehen, als daß wir es uns leisten können, still zu ver- harren und wie ein Kaninchen auf die Schlange zu starren.

Wir müssen uns als Treuhänder für die Menschen verstehen, für die wir unsere Aufgabe täglich erfüllen — für die Patienten, denn sie sind letzt- lich die noch schweigenden Opfer dieser ideologischen Gesundheitspo- litik, deren umwälzende Dimensio- nen sie zur Zeit noch gar nicht er- kennen können.

Wer zu spät kommt, den straft die geschichtliche Entwicklung.

Nicht die anderen, sondern wir, das heißt jeder von uns, muß etwas tun, um eine Entwicklung, die in die fal- sche Richtung läuft, zu wenden. Pro- testieren wir bei unseren eigenen Organisationen und Körperschaften, die dem Bundesarbeitsminister zu gefällig sind.

Dirigismus nützt keinem! Im Gegenteil, er nimmt die Freiheit.

Jegliche Unfreiheit jedoch lähmt er- wiesenermaßen jede positive Ent- wicklung und führt zwingend zu ih- rem Niedergang. Diese Gesundheits- politik läuft Gefahr, der Totengräber einer noch leistungsorientierten und damit leistungsstarken Medizin zu werden.

Dr. med. Wolf Nerger, Hannover

Medizin im Würgegriff

A-1952 (28) Dt. Ärztebl. 87, Heft 24, 14. Juni 1990

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