Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 43|
29. Oktober 2010 A 2107STUDIEN IM FOKUS
Lässt sich Ashma nicht durch inhala- tive Steroide allein kontrollieren, bietet sich als Alternative zu einem lang wirksamen Betamimetikum das Anticholinergikum Tiotropium an.
Die Effektivität dieser Substanz – bislang nur zur Therapie der COPD zugelassen – mit den herkömmlichen Optionen zu vergleichen, war Ziel einer vom National Heart, Lung and Blood Institute in Bethesda/USA ini- tiierten dreiarmigen, doppelblinden Cross-over-Studie. 210 Asthmatiker, die mit der Inhalation von 80 µg Be- clometason täglich (2 Hübe à 40 µg) keine adäquate Symptomkontrolle erreichten, nahmen teil.
Nach einer 14-tägigen Run-in- Phase erhielten die Patienten zusätz- lich zum Beclometason entweder 18 µg Tiotropium einmal täglich oder 50 µg Salmeterol zweimal täg- lich oder die Beclometason-Dosis wurde auf zweimal täglich 80 µg verdoppelt. Beim Switch der Grup- pen wurde jeweils eine zweiwöchige Wash-out-Phase zwischengeschaltet.
Primärer Endpunkt war der mor- gendliche PEF-Wert (Peak Expirato- ry Flow). Er lag unter der zusätzli- chen Inhalation von Tiotropium um 25,8 l/min und damit signifikant hö- her als unter der Inhalation der ver- doppelten Steroiddosis (95%-Kon- fidenzintervall (KI) 14,4 bis 37,1;
p < 0,001). Überlegen erwies sich Tiotropium gegenüber der höheren Steroiddosis auch bei sekundären Endpunkten wie dem abendlichen PEF mit einem Unterschied von 35,3 l/min (95%-KI 24,6–46,0, p < 0,001), der Anzahl der Tage mit guter Asthmakontrolle mit einer Dif- ferenz von 0,0079 (p = 0,01) und dem FEV1 (forciertes Expirationsvolu- men) vor der Bronchodilatation mit einer Differenz von –0,11 Punkten (p < 0,001). Gleichzeitig war die In- halation von Tiotropium der zusätz - lichen Inhalation von Salmeterol in al- len vordefinierten Endpunkten nicht unterlegen mit sogar deutlichem Vor-
teil beim FEV1 vor der Bronchodila- tation, der um 0,11 Liter (p = 0,003) stärker verbessert wurde. Der mor- gendliche PEF lag mit 6,4 l/min unter Tiotropium nur leicht über demje - nigen bei Inhalation von Salmeterol, der Unterschied war nicht signifikant (95%-KI –4,8 bis 17,5, p = 0,01).
Fazit: „Die Studie belegt, dass Tio- tropium auch beim Asthma FEV1 und PEF verbessert, und zwar min- destens so gut wie Betamimetika“, kommentiert Prof. Dr. med. J. Chris- tian Virchow (Universitätsklinikum Rostock). „Andererseits gab es kei- ne Unterschiede bei den Exazerba- tionen. Auch muss noch genauer ge- prüft werden, ob die Ergebnisse auf alle Patienten mit Asthma anwend- bar sind, da der Body-Mass-Index der Patienten im Mittel 31,4 betrug, so dass Adipositas eine wesentliche Komorbidität darstellte. Es fehlt fer- ner ein Hinweis zum Tiffeneau-In- dex. Deshalb lässt sich nicht aus- schließen, dass die FEV1-und PEF- Besserung durch eine Abnahme der Restriktion bei den adipösen Patien- ten bedingt sein könnte. Auch lässt sich nicht ausschließen, dass die se- parate Anwendung von Steroiden und
Salmeterol sowie Tiotropium dazu führte, dass die Patienten die Steroi- de unterdosierten. Dies könnte eine Tachyphylaxie unter Salmeterol be- dingen, die möglicherweise bei einer fixen Kombination nicht aufgetreten wäre. Es ist daher zu wünschen, die Ergebnisse mit Tiotropium und Sal- meterol, jeweils kombiniert mit Fix- dosen inhalierter Steroide, zu verifi- zieren sowie mit weniger adipösen Patientenkollektiven.“ Christine Vetter Peters SP et al.: Tiotropium bromide step-up therapy for adults with uncontrolled asthma.
NEJM 2010, doi 10.1056/NEJMoa1008770 UNKONTROLLIERTES ASTHMA
Anticholinergikum ist ebenso effektiv wie lang wirksames Betamimetikum
GRAFIK
Asthmakontrolle durch verschiedene Medikationen
Anzahl der Tage mit Asthmakontrolle (Zeitraum: 14 Tage) 3 2 1 0
Tiotropium Zweifach Glukokortikoide
Salmeterol P = 0,78
P = 0,01
P = 0,004
Quelle: modifiziert nach NEJM 2010, online
Die Einführung der VEGF-Hem- mung hat die Therapie der exsudati- ven Variante der altersabhängigen Makuladegeneration (AMD), der häufigsten Erblindungsursache im Seniorenalter, revolutioniert. Die intravitreale Injektion ist zum Stan- dard der Behandlung geworden.
Gebräuchlich sind im Wesentlichen zwei Wirkstoffe: Ranibizumab und Bevacizumab. Ranibizumab ist für die Therapie der feuchten AMD zu- gelassen, Bevacizumab hingegen
THERAPIE DER ALTERSABHÄNGIGEN MAKULADEGENERATION
Medikament reichert sich in Netzhautzellen an
wird off-label angewandt. Klini- sche Effekte und Erfolgsraten sind im Prinzip vergleichbar. Doch ist die Wirkweise der Substanzen iden- tisch? Eine Arbeitsgruppe um Prof.
Dr. med. Johann Roider (Universi- täts-Augenklinik Kiel) hat Zweifel.
Kulturen von retinalen Pigment- epithelzellen (RPE), die in der Netz- haut unter anderem für die Entsor- gung von Abbauprodukten der Pho- torezeptoren zuständig ist, wurden nach Exposition mit therapeutischen