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Archiv "Diagnostik der ischämischen Enteropathie" (18.09.1975)

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Aktuelle Medizin ÜBERSICHTSAUFSATZ

Die Diagnose der ischämischen Enteropathie wurde noch bis vor etwa 20 Jahren ausschließlich vom Chirurgen oder Pathologen in tabu- la gestellt. Erst nachdem man die Zusammenhänge zwischen Klinik, zugrunde liegender Pathologie und am häufigsten auftretenden röntgenologischen Zeichen er- kannt hatte, wurde es möglich, die Krankheit präoperativ zu erkennen.

Die Diagnose ist für das therapeu- tische Vorgehen von Bedeutung, da es sich oft um Risikopatienten handelt. Die Prognose konnte aller- dings auch durch rechtzeitige An- giographie und Darmkontrastunter- suchung bis heute nicht wesentlich verbessert werden; die Letalität liegt immer noch zwischen 60 und 100 Prozent.

Die Zahl der mitgeteilten Fälle ist in den letzten Jahren, vor allem in der anglo-amerikanischen Litera-

tur, deutlich angestiegen. In einem Zeitraum von jeweils fünf Jahren haben die einzelnen Autoren fünf bis maximal 27 Patienten beobach- tet. Wir haben in den letzten zwei Jahren dreimal eine ischämische Enteropathie diagnostiziert; diese geringe Fallzahl entspricht aber nicht der tatsächlichen. Der Grund hierfür ist darin zu sehen, daß 50 Prozent dieser Kranken wegen der akuten Symptomatik keiner diagno- stischen Abklärung zugeführt wer- den.

Pathogenese

Die Ursache der ischämischen En- teropathie ist eine arterielle Minder- durchblutung des Darmes mit kon- sekutiver Hypoxämie oder Anoxie der Darmwand. Die arterielle Minderdurchblutung kann sowohl übergeordneter, also kardialer als

auch lokaler Natur sein. Man unter- scheidet daher nach der Genese zwei Formen:

O Nichtokklusive intestinale Isch- ämie, auch unter dem Namen Wil- son-Qualheim-Syndrom bekannt.

Ihre Ursache ist ein vermindertes Auswurfvolumen des Herzens mit begleitender Vasokonstriktion der Splanchnikusgefäße oder eine al- leinige reflektorische Splanchni- kusgefäßkontraktion.

O Okklusive intestinale Ischämie.

Sie ist Folge stenosierender oder verschließender Gefäßveränderun- gen der Arterien, die den Dünn- darm direkt versorgen. Es kommt zu Thrombose, Embolie, Arterio- sklerose, Arteriitis, Gefäßtrauma, dissezierendem Aneurysma, intesti- naler Obstruktion oder Celiacaxis- syndrom.

Eine nichtokklusive ischämische Enteropathie von einer okklusiven abzugrenzen ist nur selten mög- lich, da als ursächliche Faktoren oft sowohl eine zentral als auch eine lokal bedingte Minderdurch- blutung des Darmes in Frage kom- men.

Die durch Minderdurchblutung be- dingte hypoxämische Schädigung der Darmwand kann auf die Schleimhaut beschränkt sein oder auch eine transmurale Nekrose zur Folge haben; man unterscheidet auch eine nichtgangränöse von ei- ner gangränösen Form. Auch diese Differenzierung ist meist schemati- sierend; oft bestehen nichtgangrä- nöse und gangränöse Veränderun- gen nebeneinander, und jede nicht- gangränöse Form kann jederzeit in eine gangränöse Form übergehen.

Pathologisch-anatomisch führt eine arterielle Minderdurchblutung der Darmwand zunächst zu einer Hy- potonie mit konsekutiver Dilatation des betroffenen Segments. Es folgt eine ödematöse Durchtränkung mit kissenartigen Schwellungen und schließlich eine hämorrhagi- sche Durchsetzung der Darmwand.

Solange sich die Veränderungen auf Mukosa und Submukosa be-

Diagnostik

der ischämischen Enteropathie

Manfred Schmidt

Aus dem Zentralen Strahleninstitut

(Vorstand: Medizinaldirektor Dr. med. Alfons Jakob) der Städtischen Krankenanstalten Nürnberg

Die Diagnose „ischämische Enteropathie" kann erst seit etwa 20 Jahren präoperativ gestellt werden. Sie ist für das therapeutische Vorgehen von großer Bedeutung, da es sich bei den Betroffenen meist um ausgesprochene Risikopatienten handelt. Ein operativer Eingriff ist nur bei der gangränösen Form der ischämischen Entero- pathie indiziert. Bei der nichtgangränösen Form besteht die Thera- pie im wesentlichen darin, die kardiale Situation zu verbessern. Ne- ben lokalen intestinalen Gefäßveränderungen ist ein vermindertes Auswurfvolumen des Herzens häufig ein mitverursachender Faktor der intestinalen Ischämie.

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lschämische Enteropathie

Abbildung 1 (links oben): Übersichtsaufnahme im Stehen — Abbildung 2 (rechts oben): Übersichtsaufnahme im Liegen nach Kolon-Kontrastmitteleinlauf — Abbildung 3 (links unten): Typische lakunäre Füllungsdefekte im linken Mittel- Oberbauch — Abbildung 4 (rechts unten): Mesenterikographische Darstellung von Lumenschwankungen der Arkaden, die die dilatierten Jejunumschlingen versorgen

2604 Heft 38 vom 18. September 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Aktuelle Medizin Ischämische Enteropathie

Abbildung 5 (links): Der Kolonkontrasteinlauf läßt keine pathologischen Veränderungen erkennen, wohl aber zeigen sich gasgefüllte Dünndarmschlingen -Abbildung 6 (rechts): Die bereits auf der Leeraufnahme erkennbaren Verände- rungen lassen sich mit der Dünndarm-Breipassage nachweisen

schränken, kann eine Restitutio ad integrum eintreten. Eine Beteili- gung der Muskularis führt zu Strik- turen. Die Ausdehnung der Verän- derungen ist in der Regel lang- streckig. Eine vollständige Unter- brechung der Blutzufuhr hat eine Gangrän eventuell mit Perforation zur Folge. Dünn- und Dickdarm werden in gleicher Weise betroffen.

Die linke Kolonflexur, als Nahtstel- le der arteriellen Versorgung durch die Arteria mesenterica superior und Arteria mesenterica inferior, ist am häufigsten befallen.

Klinisches Bild

Je nach dem Grad der zugrunde liegenden pathologischen Verände- rungen reicht das klinische Bild von perakuter bis zu chronisch in-

termittierender Symptomatik, der sogenannten Dysbasia abdominalis oder Orthnerschen Krankheit.

..,.. Bei der perakuten Form besteht ein sehr schweres Krankheitsbild mit abdomineller Abwehrspannung und Schock.

..,.. Der akute Verlauf äußert sich in heftigen Abdominalschmerzen bei meteoristisch aufgetriebenem Ab- domen und umschriebener Druck- schmerzhaftigkeit, begleitet von rektalem Blutabgang und Diar- rhöen.

..,.. Der chronische Verlauf ist durch intermittierende Abdominalschmer- zen, die ein bis zwei Stunden nach Nahrungszufuhr auftreten und zwei bis vier Stunden anhalten, gekenn- zeichnet. Übelkeit und Erbrechen können auftreten, auch eine Malab- sorption kann sich entwickeln.

Röntgenbefunde

in den Städtischen Krankenanstal- ten Nürnberg wurden, wie bereits erwähnt, in den letzten zwei Jahren drei Patienten mit ischämischer Enteropathie beobachtet; ihre rönt- genologischen Befunde werden nachfolgend beschrieben .

Von einer 63jährigen Patientin, die unter dem Bild des akuten Abdo- mens stationär eingewiesen wor- den ist, wurde eine Übersichtsauf- nahme des Abdomens im Stehen angefertigt (Abbildung 1). Auf ihr sind neben einem meteoristisch geblähten Kolon mit einigen Spie- geln rechts im linken Mittel-Ober- bauch zwei aufgerichtete geblähte Dünndarmschlingen mit Spiegelbil- dung zu erkennen. Insgesamt deu- tet das Bild auf einen paralytischen

Subileus. !>

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Ischämische Enteropathie

Die Abdomenübersichtsaufnahme im Liegen nach Kolonkontrastein- lauf (zum Ausschluß eines Passa- gehindernisses) zeigt im linken Mittel-Oberbauch eine geblähte Dünndarmschlinge mit sägeblattar- tig vergröberten Randkonturen. Sie sind Folge verbreiterter Darmfalten und einer kurzstreckigen zum Darmlumen hin konvexbogigen Glättung und Starre der Wandkon- tur. Es besteht ein sogenannter la- kunärer Füllungsdefekt (Abbildung 2 auf Seite 2604).

Auf eine ischämische Enteropathie weisen die Konstanz der Gasvertei- lung in den Darmschlingen auf der Abdomenübersichtsaufnahme im Stehen und im Liegen und der la- kunäre Füllungsdefekt hin.

Nach oral verabreichtem Kontrast- mittel sind bei der Dünndarmpas- sage neben dilatierten hypotonen Dünndarmschlingen mit ödematös verbreiterten Falten im linken Mit- tel-Oberbauch typische lakunäre Abbildung 7

(links oben): Ab- domenüber- sichtsaufnahme im Liegen. Gas- gefüllte starre Dünn- darmschlinge im linken Mittel- bauch — Abbil- dung 8 (rechts oben): Die Dünndarm-Brei- passage zeigt langstreckig stenosierte Dünndarmschlin- gen — Abbil- dung 9 (links unten): Die Mesenterikogra- phie deckt einen Verschluß der Arteria mesen- terica superior auf

2606 Heft 38 vom 18. September 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Aktuelle Medizin

Füllungsdefekte zu erkennen, die auch als Daumendruckphänomene oder thumb-printings bezeichnet werden (Abbildung 3). Sie sind Ausdruck polsterartiger Schleim- hautschwellungen und submuköser Hämatome und bereits auf den Ab- domenleeraufnahmen zu erkennen.

Die Mesenterikographie zeigt Lu- menschwankungen von Arkaden, die die betroffenen Jejunumschlin- gen versorgen (Abbildung 4). Diese reflektorisch bedingten Lumen- schwankungen kommen wegen der ausgezeichneten Kollateralversor- gung des Darmes für die Ätiologie der Krankheit nicht allein in Fra- ge. Es müssen zusätzlich hämody- namisch wirksam werdende Fakto- ren hinzutreten, wie etwa ein ver- mindertes Auswurfvolumen des Herzens, was bei dieser Patientin auch der Fall war. Sie litt an einer schweren Kardiosklerose mit hypo- tonen Blutdruckwerten. Nach Stüt- zung des Herzens konnte die Pa- tientin dann beschwerdefrei nach Hause entlassen werden.

Im zweiten Fall handelt es sich um einen 63jährigen Patienten, der we- gen eines trifaszikulären Blocks mit synkopalen Anfällen stationär eingewiesen wurde. Während des stationären Aufenthalts entwickelte der Patient eine Ileussymptomatik mit blutigen Stuhlabgängen. Beim Kolonkontrasteinlauf lassen sich keine pathologischen Veränderun- gen erkennen (Abbildung 5). Man sieht aber eine Dekonfiguration von gasgefüllten Dünndarmschlin- gen mit sägeblattartig vergröberten Randkonturen, Lumeneinengungen, lakunären Füllungsdefekten und Verlust des Schleimhautreliefs; es besteht eine Wandstarre. Mit der Dünndarmbreipassage sind diese bereits auf der Leeraufnahme zu erkennenden Veränderungen eben- falls nachzuweisen (Abbildung 6).

Eine Mesenterikographie lehnte der Patient ab. Die abdominelle Symptomatik bildete sich nach kar- dialer Behandlung in wenigen Ta- gen vollständig zurück.

Der dritte Patient war ein 72jähri- ger Mann mit einem abgelaufenen

Vorderwandinfarkt. Er litt seit zwei Jahren an intermittierend auftre- tenden abdominellen Beschwerden in Form heftiger Oberbauch- schmerzen mit Brechreiz und lang anhaltenden Diarrhöen. Die statio- näre Einweisung erfolgte unter dem Bilde des akuten Abdomens.

Auf der Abdomenübersichtsaufnah- me im Liegen sieht man im linken Mittelbauch eine starre gasgefüllte Dünndarmschlinge mit engem Lu- men und Reliefverlust (Abbildung 7). Die Dünndarmpassage zeigt de- konfigurierte, langstreckig steno- sierte Dünndarmschlingen mit Ver- lust der Schleimhautfiederung (Ab- bildung 8). Die Mesenterikographie deckt einen Verschluß der Arteria mesenterica superior drei Zentime- ter nach dem Abgang aus der Aor- ta abdominalis auf (Abbildung 9).

Auch dieser Patient konnte nach kardialer Behandlung das Kranken- haus wieder verlassen.

Differentialdiagnose

Wie diese Beispiele demonstrieren, sollte bei jedem älteren Patienten mit akutem Abdomen, der auf der Abdomenübersichtsaufnahme im Stehen Zeichen eines Subileus oder Ileus aufweist, die ischämi- sche Enteropathie in die differenti- aldiagnostischen Überlegungen einbezogen werden. Oft führt dann die Abdomenübersichtsaufnahme im Liegen schon zur richtigen Dia- gnose, wenn man auf die Konstanz der Gasverteilung, lakunäre Fül- lungsdefekte und langstreckige de- konfigurierte Darmschlingen ach- tet. Mit der Kontrastdarstellung des Darms lassen sich diese Verände- rungen noch deutlicher sichtbar machen.

Der nächste röntgendiagnostische Schritt ist dann die Mesente- rikographie, die aber nur bei der okklusiven Form pathologisch aus- fällt. Perakuter Verlauf und auf der Abdomenübersichtsaufnahme ex- traluminale Gasansammlungen in der Darmwand, in den Pfortader- ästen oder unter dem Zwerchfell, sind Zeichen einer Darmwandgan- grän beziehungsweise Perforation;

sie stellen natürlich eine Kontrain- dikation für eine Kontrastdarstel- lung dar.

In die radiologische Differentialdia- gnose der nichtgangränösen isch- ämischen Enteropathie müssen in dem Stadium der polsterartigen Schleimhautschwellungen und sub- mukösen Hämatome auch Zustände anderer Genese mit einbezogen werden, wie angioneurotisches ödem, Darmwandhämatome nach Trauma, Antikoagulantien-Medika- tion, hämorrhagische Diathese und Thrombose der drainierenden Darmvenen. Die Differentialdiagno- se im Stadium der Stenose umfaßt vor allem langstreckige Strikturen entzündlicher Genese.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Manfred Schmidt Chefarzt der

Radiologischen Abteilung Stadtkrankenhaus 86 Bamberg

Therapie in Kürze

Das akute Karpaltunnelsyndrom kann nach schweren Verletzungen von Knochen und Weichteilen im Handbereich entstehen. Etwa ein bis zwei Tage nach dem Trauma klagen die Patienten über neuriti- sche Schmerzen und Sensibilitäts- störungen in den Fingern. Stellt man die Diagnose nicht oder zu spät, besteht Gefahr für den betrof- fenen Arm, der sich stark trophisch verändern kann. Ein diagnostizier- tes Karpaltunnelsyndrom muß so- fort konsequent behandelt werden.

Man lagert die Extremität hoch und gibt dem Patienten abschwellende und entwässernde Präparate.

Wenn sich dann innerhalb von zwölf Stunden keine Rückbildungs- tendenz der klinischen Symptome zeigt, ist die chirurgische Dekom- pression des Mediannervs unerläß- lich. cb (Lanz, U.; Wolter, J.: Chirurg 46 [1975] 32-35)

Referenzen

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