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Archiv "Antazida: Säurebindung oder mehr?" (26.11.1987)

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PHARMAFORSCHUNG

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Z

ur Standardbeurteilung von Antazida wurde bislang deren Neutralisationskapazität her- angezogen. Das geht auf die ameri- kanische Arbeitsgruppe zurück, die die therapeutische Wirksamkeit der Antazida, nämlich Schmerzlinde- rung und beschleunigte Abheilung der Ulzera mit der Neutralisation der Magensäure in Verbindung ge- bracht hat. Sie hat auch die Grenz- ziehung des Säuregrades mit einem pH von 3,5 vorgenommen- Ober- halb dieses pH-Wertes nimmt die Schmerzbelästigung ab.

Das wird heute ziemlich in Fra- ge gestellt. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, daß die Eiferer unter den Verfechtern dieses Konzeptes einigen, bei Arzt und Patienten be- liebten, weil wirksamen Gel-artigen Aluminiumverbindungen den Gar- aus machen wollten, mit Hinweis darauf, daß ihre Neutralisationska- pazität so gut wie nicht vorhanden sei. Immerhin hat sich einer der da- mals inkriminierten Arzneistoffe bis heute in der Roten Liste gehalten.

Man darf darüber nachdenken, inwiefern die Neutralisationskapazi- tät heute noch ein adäquates Maß für die therapeutische Wirkung die- ser Stoffe ist, zumal deren Bindungs- vermögen für Stoffe, die mit der Entstehung einer Refluxösophagitis - vorab noch hypothetisch - in Zu- sammenhang gebracht werden, z. B.

konjugierte Gallensäuren oder Pep- sin, nicht erfaßt wird.

Was passiert, wenn Antazida eingenommen worden sind, zeigt die gastrale pH-Metrie an, die allerdings lediglich den Verlauf der Protonen- konzentration, d. h. die Azidität, er- faßt und nicht etwa die vorhandene Säuremenge, oder umgekehrt ausge- drückt, die Neutralisationskapazität des Mageninhaltes.

Nach wie vor problematisch bleibt die Frage der Mißweisung durch Magenwand-nahe Position der Elektroden, beispielsweise bei Lagewechsel, aber auch die Mes- sung in bestimmten Magenabschnit- ten. Bei der Gabe von Antazida im Korpusbereich erfolgt keine nen- nenswerte Änderung der pH-Werte im Vergleich mit derjenigen im An- trum. Die Frage des Refluxes kann mit der gastralen pH-Metrie nicht

beantwortet werden. Wenn Antazi- da zu einem Mageninhalt eingenom- men werden, der selber Neutralisa- tionskapazität hat, ist ihre Wirkung auf den Aziditätsgrad des Magenin- haltes gleich Null. Deshalb ist für die gastrale pH-Metrie eine proteinfreie Probemahlzeit angezeigt.

Wenn schon die gastralen pH- Messungen genügend Anhaltspunk- te dafür lieferten, daß der Säuregrad nicht allein ausschlaggebend für eine mögliche therapeutische Wirkung der aluminiumhaltigen Verbindun- gen mit adsorbierenden Eigenschaf- ten sein kann, ergab die tierexperi- mentelle Prüfung der Fähigkeit der Magenschleimhaut, alkalische Se-

Antazida:

Säurebindung oder mehr?

krete zu produzieren, Erstaunliches:

Nach einer vagalen Stimulation er- folgt eine beachtliche Sekretion ei- ner alkalischen Flüssigkeit, die mit der Abgabe von Prostaglandinen as- soziiert ist. Die Sekretionsrate des Magens für HCO3- wird mit 2 bis 4 x 10-3 Mol/Stunde angegeben. Su- alfat, aber auch aluminiumhaltige Antazida, steigern offensichtlich die Fähigkeit der Magenschleimhaut, al- kalisches Sekret zu produzieren.

Die Wirkung von Prostaglandi- nen des Typs PGE werden mit der Vokabel zytoprotektiv belegt, wor- unter die Anregung von Bikarbonat- sekretion, Schleimbildung und Durchblutung der Magenschleim- haut verstanden wird. Drei Wochen nach der Behandlung mit Antazida, z. B. Maalox 70®, ist die Abgabe von PGE2 aus Zellen menschlicher Magenmukosa auf das Zweieinhalb- fache gesteigert. In welcher Bezie- hung diese Beobachtung mit der von vielen klinischen Untersuchern be- stätigten Wirksamkeit, auch ver- gleichsweise niedriger Dosen von Antazida steht, muß noch offenblei-

ben. Vergleichsweise niedrige Do- sen: dieser Vergleich bezieht sich auf die Dosen, die ursprünglich zur Abpufferung des Magensaftes ange- wendet wurden. Früher war man sich einig darüber, daß Antazida schmerzlindernd und beschleuni- gend auf die Abheilung der Ulzera wirken. Die Schmerzlinderung ist heute ins Zwielicht geraten, viele klinische Untersucher stellen dies neuerdings in Frage. Dabei wird der Referent den Verdacht nicht los, daß dies mit dem neuen Dosen-Re- gime zusammenhängt. Vielleicht war an der alten Beobachtung doch etwas dran, daß der intragastrale pH-Wert 3,5 bis allenfalls 3,0 nicht unterschritten werden darf?

Die Therapie mit Antazida zur Behandlung von Ulkusleiden er- streckt sich über sechs bis acht Wo- chen, täglich werden etwa sechs bis acht Gramm magnesium- und alumi- niumhaltige Antazida eingenom- men. Es soll auch hier noch einmal wiederholt werden, daß diese Dosis nicht gefährlich ist, sofern die Nie- ren der Behandelten intakt sind.

Das gilt übrigens auch für alte Men- schen, sofern ihre Nierenfunktion nur altersbedingt eingeschränkt ist.

Das bedeutet nicht, daß die un- kontrollierte und zeitlich nicht be- grenzte Einnahme aluminiumhalti- ger Antazida ungefährlich ist; es gibt Einzelberichte, beispielsweise über Osteomalazie nach exzessiver und langdauernder Antazida-Einnahme.

Unter diesem Gesichtswinkel ist den Herstellern von Antazida übrigens auch anzuraten, ehe sie die Indika- tion zur Rezidivprophylaxe bean- spruchen, Studien über die Unbe- denklichkeit dieser Therapie vor al- lem bei alten Menschen vorzulegen.

Gegenüber exogener Aluminiumzu- fuhr sind neben Kleinkindern und Säuglingen mit eingeschränkter Nie- renfunktion vor allem Diabetiker und Patienten nach Parathyreoidek- tomie besonders empfindlich.

W. Forth, München

Quelle: Satelliten-Symposion, geleitet von Prof. Dr. K.-F. Sewing, Hannover, am 9.

September 1987 in Salzburg vor dem Kon- greß der Deutschen und österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie sowie der Deutschen Gesellschaft für Gastroen- terologische Endoskopie, gesponsert von der Firma Rorer, Bielefeld.

A-3320 (70) Dt. Ärztebl. 84, Heft 48, 26. November 1987

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