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Archiv "Schutzimpfungen: Anmerkungen aus Anlaß ihrer für die Patienten nunmehr kostenfreien Durchführung" (02.10.1985)

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EDITORIAL

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Schutzimpfungen

angestrebt. Die Ständige Impf- kommission des Bundesgesund- heitsamtes wie die Deutsche Ver- einigung zur Bekämpfung der Vi- ruskrankheiten empfehlen die Kombination durch Frühimpfung mit Masern-Mumps-Röteln-Impf- stoff ab dem 15. Lebensmonat und zusätzlich die Impfung aller adoleszenten Mädchen. Vor einer Schwangerschaft sollte der Rö- telnantikörpertiter kontrolliert werden. Sind keine Antikörper nachweisbar, so sollte erst die Rö- telnschutzimpfung ausgeführt und erst danach eine Schwanger- schaft geplant werden. Schwan- gere ohne Rötelnantikörper soll- ten im Wochenenbett gegen Rö- teln geimpft werden. In der Schwangerschaft ist die Röteln- impfung kontraindiziert. Ist sie je- doch unabsichtlich erfolgt, so be- deutet dies keine zwingende Indi- kation zum Abbruch der Schwan- gerschaft.

Tuberkulose ist eine chemothera- peutisch sehr gut zu behandelnde bakterielle Erkrankung, deren Trend in allen Industrieländern stetig rückläufig ist. Bei akuter Gefährdung hat sich die Che- moprophylaxe bewährt. In der Bundesrepublik Deutschland sind vorwiegend Personen mittleren und hohen Alters sowie Ausländer betroffen. Bei einer für die Bun- desrepublik Deutschland anzu- nehmenden jährlichen Infektions- rate von 0,03 Prozent (30 auf 100 000) ist keine Rechtfertigung einer generellen BCG-Impfung der Neugeborenen oder im späte- ren Alter gegeben.

Nach wiederholter Überprüfung hat die Ständige Impfkommission des Bundesgesundheitsamtes die Impfung besonders tuberkulose- gefährdeter Neugeborener ange- raten: Neugeborene, in deren Wohngemeinschaft beziehungs- weise engerem Lebensraum ein ansteckungsfähiger Tuberkulose- fall lebt, deren Eltern aus Staaten mit erhöhter Tuberkuloseinzidenz (etwa aus der Türkei) stammen und solche, die in Bezirken mit überdurchschnittlich hoher Tu-

Schutzimpfungen

nie systematische Anwen- dung von aktiven Schutz- impfungen hat zu unerwartet großen Erfolgen in der Be- kämpfung von Infektions- krankheiten geführt: Weltwei- te Ausrottung der Pocken, weitestgehende Verminderung der Erkrankungen an Polio- myelitis in USA und Mitteleu- ropa, starke Reduktion bis hin zum Verschwinden der Ma- sern in der Tschechoslowakei und einigen Bundesstaaten der USA.

Bei der aktiven Immunisierung stellt der Impfstoff das Anti- gen dar, durch dessen Stimu- lation der (oral, intrakutan, subkutan oder intramuskulär) geimpfte Organismus die hu- moralen und/oder zellulären Antikörper (AK) bildet.

Als Impfstoff dienen:

1. abgetötete Bakterien (soge- nannte „Totimpfstoffe" wie bei Pertussis-Vaccine), 2. durch Formoleinwirkung

„entgiftete" Toxine, soge- nannte Toxoide (zum Beispiel gegen Diphtherie, Tetanus), 3. durch Kulturpassage in der Virulenz abgeschwächte Bak- terien (zum Beispiel BCG) oder Viren (gegen Poliomyeli- tis, Masern, Mumps, Röteln), dies sind die sogenannten

„Lebendimpfstoffe".

Im allgemeinen sind Lebend- impfstoffe in der Dauer ihrer Schutzwirkung den Totimpf- stoffen überlegen! Als passive

Immunisierung wird Übertra-

gung von Antikörpern auf ei- nen Menschen bezeichnet, die in einem anderen Organismus (Mensch oder Tier) gebildet worden sind:

1. Natürliche passive Immuni- sierung durch diaplazentaren Übergang mütterlicher Anti- körper auf das ungeborene Kind (zum Beispiel Masern, Poliomyelitis). Dadurch ent- steht eine zeitliche begrenzte Leihimmunität des Neugebo- renen und Säuglings durch mütterliche Antikörper.

2. Homologe passive Immuni- sierung durch Übertragung vom Menschen gebildeter An- tikörper (zum Beispiel Röteln, Pertussis, Tetanus als Hyper- immunglobuline),

3. Heterologe passive Immu- nisierung durch Übertragung von in Tieren gebildeten Anti- körpern als „Heil-Serum"

(zum Beispiel Diphtherie-Anti- körper vom Pferd).

Die passive Immunisierung verleiht nur einen befristeten Schutz (2 bis 4 Wochen), da die Antikörper abgebaut wer- den.

Als Simultan-Impfung wird die Kombination von aktiver und passiver Immunisierung be- zeichnet (zum Beispiel bei Te- tanus und Hepatitis B gleich- zeitige Gabe von Hyperim- munglobulinen und aktiver Impfung).

Es sind vier Indikationen für Schutzimpfungen zu unter- scheiden:

Anmerkungen aus Anlaß ihrer für die Patienten nunmehr kostenfreien Durchführung

2896 (56) Heft 40 vom 2. Oktober 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Schutzimpfungen

EDITORIAL Impfungen für eine ausrei- chende Stimulation der Anti- körper-Bildung erforderlich, während beim älteren Kind und Erwachsenen eine einzel- ne Impfstoff-Applikation zur Auffrischung dieser Grundim- munisierung ausreichend ist.

In allen Zweifelsfällen, ob der gewünschte Impferfolg einge- treten ist oder nicht, sollten serologische Untersuchungen zur Prüfung der Antikörper- konzentration durchgeführt werden.

Nachdem 1983 die Deutsche Gesellschaft für Kinderheil- kunde durch Verhandlungen mit den RVO- und Ersatzkas- sen eine bundesweite Kosten- freiheit für Schutzimpfungen herbeiführen konnte, ist im Deutschen Ärzteblatt eine von Professor Dr. Olbing, Essen, inaugurierte Serie von Kurzin- formationen zu Indikation, Kontraindikation, Durchfüh- rung, Verträglichkeit und un- erwünschten Reaktionen der verschiedenen Schutzimpfun- gen erschienen (Hefte 33, 34, 35, 36, 37, 38, 39/1985). Das Ziel dieser Mitteilungen ist es, dem Arzt jene fachlichen Ar- gumente an die Hand zu ge- ben, die durch Weitergabe an die Eltern der potentiellen Impflinge dazu führen sollen, daß die Durchimpfung in den einzelnen Jahrgängen so zu- nimmt, wie es zum Individual- schutz des einzelnen sowie zugleich für die Errichtung ei- ner epidemiologisch wirksa- men Barriere gegen die ver- schiedenen Infektionskrank- heiten erforderlich ist.

Professor Dr. med.

Klaus Ditmar Bachmann Direktor der

Universitäts-Kinderklinik Albert-Schweitzer-Straße 33 4400 Münster

berkuloseinzidenz (z. B. einein- halbfach höher als der Landes- durchschnitt) leben.

Bei Ausländerkindern sollte also die BCG-Impfung entsprechend der im Herkunftsland ihrer Eltern gültigen Gesundheitspolitik ge- handhabt werden (siehe beilie- gender Impfplan).

Keuchhusten ist eine unangeneh- me Krankheit, besonders für das junge Kind. Therapeutisch ist sie gut zu beherrschen, so daß die Sterblichkeit in der Bundesrepu- blik Deutschland unter zehn pro Jahr liegt. Da das Impfschadensri- siko mit 1 : 25 000 bis 1 : 60 000 angenommen wird, sollten nur In- dikationsimpfungen durchgeführt werden bei Säuglingen,

a) die in Gemeinschaftseinrich- tungen leben, weil dadurch eine epidemische Ausbreitung verrin- gert werden kann,

b) die unter ungünstigen sozialen Verhältnissen leben, zum Beispiel in kinderreichen Familien mit en- gem Wohnraum (insbesondere Flüchtlings- und Gastarbeiterfa- milien) wegen besonders hoher Infektionsgefährdung und

c) bei denen der Keuchhusten ei- ne besondere Gefährdung dar- stellt, zum Beispiel bei Grundlei- den im Bereich der Atemwege (Bronchiektasen, Mukoviszidose u. a.) oder der Kreislauforgane, z. B. angeborene Herzfehler (aus- genommen sind Herzrhythmus- störungen, die durch die Impfung verschlimmert werden können).

Ausgenommen werden sollten Kinder mit zerebralen Störungen.

Influenza ist eine Krankheit, die vor allem ältere Menschen über 60 Jahre und alle Personen mit chronischen Erkrankungen bela- stet. Die Bekämpfung ist durch Schutzimpfung möglich, die selbstverständlich nicht gegen andere Respirationstraktinfektio- nen schützt. Wegen der immer wieder neu auftretenden Virusva- rianten richtet sich die Zusam- 1. Allgemein für die Region, in

welcher der Impfling lebt, zu empfehlende Impfungen; hier- zulande sind dies sechs Imp- fungen (Tetanus, Diphtherie, Poliomyelitis, Masern, Mumps und Röteln),

2. Impfungen bei Seuchenge- fahr (zum Beispiel Reisen in Typhus- und Gelbfieber-Ge- biete),

3. Impfungen zum Schutz des ungeborenen Kindes (Röteln), 4. Impfungen nach vermuteter Infektion, sogenannte „In- kubations-Impfung" (zum Bei- spiel bei Tollwut).

Obgleich die Impfstoffe im Rahmen des Möglichen risiko- arm sind, können dennoch un- erwünschte Nebenwirkungen auftreten. Für die entstehen- den Impfschäden tritt der Staat bei öffentlich empfohle- nen Impfungen ein.

Die praktische Durchführung der empfehlenswerten Schutz- impfungen erfolgt zeitlich nach einem Impfkalender, der nach der individuellen Befind- lichkeit des Impflings durch den Hausarzt in relativ weiten Grenzen (Vergrößerung der Abstände, aber möglichst kei- ne Verkürzung der Abstände zwischen zwei Impfungen) va- riiert werden kann (wie zum Beispiel bei interkurrenten In- fekten angezeigt).

Der Impfkalender sieht den Beginn mit Schutzimpfungen im Säuglingsalter vor, wenn die Leihimmunität durch dia- plazentar von der Mutter auf das Kind übergegangene Anti- körper erloschen ist.

Bei der Verwendung von Tot- impfstoffen sind beim Säug- ling erfahrungsgemäß 2 bis 3

Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 40 vom 2. Oktober 1985 (57) 2897

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