Zur Fortbildung Aktuelle Medizin FÜR SIE GELESEN
häufig liegt eine Aszites vor. Patien- ten, die Polyvinylchlorid ausgesetzt waren, können außerdem eine Akroosteolyse aufweisen. Die Pro- gnose ist grausam: 22 von 55 Patien- ten starben innerhalb von 3 Mona- ten, nach einem Jahr lebte keiner mehr. Die einzige Hoffnung liegt in der Transplantation oder der Resek- tion; das letztere ist jedoch selten möglich, da der Krebs meist in bei- den Lappen verteilt auftritt und häu- fig auch eine Zirrhose vorliegt. Nre
Angiosarcoma of the liver: A growing Pro- blem? Brit. Med. J. 282 (1981) 504
Ärztlicher Beruf und Wissenschaft
Sherman setzt sich in temperament- voller Weise mit den in Amerika auf- kommenden Versuchen auseinan- der, zwei Gruppen von Ärzten zu dif- ferenzieren:
O die Ärzte, die sich um das Befin- den des Patienten und seiner Fami- lie kümmern,
• eine größere Gruppe wissen- schaftlicher Ärzte, deren primäres Anliegen Technologie und die Ge- winnung von Erkenntnis sei.
Am Beispiel der pädiatrischen Onko- logie erörtert er, daß jede Einseitig- keit nur zu Lasten des Patienten ge- hen kann. Dieser benötigt den Arzt, der sich einerseits um seine persön- lichen Probleme kümmert und ande- rerseits die Heilmethoden der Ver- gangenheit und der Gegenwart so- wie (soweit möglich) der Zukunft übersieht. Gänzlich ungeeignet für diese Synthese sind nach Meinung des Autors nichtmedizinische Beru- fe wie Pfarrer, Schwestern, Pharma- zeuten sowie Spezialisten anderer Gebiete. Obwohl die gefährliche Spaltung zwischen holistischer und wissenschaftlicher Medizin hier be- sonders für die Onkologie hervorge- hoben wird, dürfte sie für alle Berei- che gelten. Gr
Sherman, C. D., Jr.: Holistic vs. Scientific Medi- cine, Newsletter an Cancer 1980, 601 Elm- wood Av., Rochester, New York 14642, USA
Ernährung, Cholesterin und koronare Herzkrankheit
Das Verhältnis der Lipidzusammen- setzung der Nahrung wirkt sich auf den Serumcholesterinspiegel, einen wichtigen Risikofaktor der korona- ren Herzkrankheit, aus. Diese Fest- stellung wurde in einigen epidemio- logischen Studien belegt, aufgrund der Vielzahl beeinflussender Fakto- ren derartiger Untersuchungen je- doch wiederholt angezweifelt.
Die Western Electric Study prüfte die Auswirkung der Nahrungsbe- standteile gesättigte Fettsäuren, un- gesättigte Fettsäuren und Choleste- rin auf den Serumcholesterinspie- gel. Außerdem wurde der Einfluß dieser Lipide einzeln und in ihrer Gesamtheit auf das Risiko des koro- naren Herztodes ermittelt. In einer Langzeitstudie bewerteten die Auto- ren vor 20 Jahren Nahrungsgehalt und -zusammensetzung 1900 männ- licher Beschäftigter mittleren Alters der Western Electric Company und verglichen sie mit dem Serum- cholesterinspiegel. Ein Jahr später erfolgte eine Wiederholung dieser Analyse, nach 20 Jahren wurde die Todesursachenstatistik ausgewer- tet. Das Ergebnis zeigte eine positive Korrelation zwischen Nahrungszu- sammensetzung und Serumchole- sterinspiegel bei der Erstuntersu- chung, das heißt, ein hoher Anteil an Cholesterin und gesättigten Fettsäu- ren entsprach einem hohen Serum- cholesterinwert, ein hoher Anteil an ungesättigten Fettsäuren korrelierte mit einer niedrigen Serumcholeste- rinkonzentration. Die Resultate der zweiten Untersuchung bestätigten dieses Ergebnis, zwischenzeitliche Änderungen in der Nahrungszusam- mensetzung führten zu entspre- chend höherem oder niedrigerem Cholesterin im Serum.
Das Risiko des koronaren Herztodes wurde nach der Ausschaltung ande- rer Risikofaktoren ermittelt. Mit zu- nehmendem Nahrungsgehalt an un- gesättigten Fettsäuren ergab sich ei- ne Abnahme des koronaren Risikos, sowohl aus der multivarianten Ge- samt- als auch aus der Einzelanaly-
se. Bei einer steigenden Menge ge- sättigter Fettsäuren erfolgte ein ten- denzieller, jedoch nicht signifikanter Risikoanstieg.
Die Western Electric Study bestätig- te damit die Hypothese, daß der Nah- rungslipidgehalt den Serumchole- sterinspiegel beeinflußt und so lang- fristig auf die Entwicklung der koro- naren Herzkrankheit einwirkt. MüB
Shekelle, R. B.; MacMillan Shryock, A.; Paul, 0.; Lepper, M.; Stamler, J.; Liu, S.; Raynor jr., W. J.: Diet, serum cholesterol, and death from coronary heart disease, The Western Electric Study, N. Engl. J. Med. 304 (1981) 65-70
Betat -Selektivität —
Eigenschaft des Patienten?
Die Autoren untersuchten bei zwei Patientengruppen mit gut definier- ten obstruktiven Atemwegserkran- kungen (Patienten mit Bronchitis gemäß der WHO-Definition und Pa- tienten mit Extrinsic-[allergischem-]
Asthma) die Wirkung von Carazolol, einem sogenannten nichtkardiose- lektiven Betablocker im Vergleich zu Pindolol. Carazolol erhöhte den Atemwegswiderstand bei den Bron- chitikern, aber nicht bei den Asth- matikern — mit Ausnahme eines Pa- tienten, der einen Status asthmati- cus entwickelte. Die Auswirkungen von Carazolol auf den Atemwegswi- derstand beruhten nur zum Teil auf der Substanz selbst; sie waren in größerem Maße durch die Charakte- ristik der Patienten beeinflußt.
Die Autoren schlußfolgern, daß die Beta t -Selektivität wenigstens zum Teil das Ergebnis einer Eigenschaft des Patienten ist. Die Bezeichnung einer Substanz als beta n -selektiv sollte daher sehr vorsichtig benutzt werden. Bei einzelnen Personen sind ernste Nebenwirkungen auf das Bronchialsystem auch durch Phar- maka möglich, die sich bei anderen Patientengruppen als sicher gezeigt haben. Sie
v. Wichert, P.; Perkow, I.; Teufel, W.: ß,Selecti- vity of Drugs: Quality of the Drug or Quality of the Patient? Respiration 39 (1980) 301-306, Prof. Dr. med. P. v. Wichert, I. Medizinische Klinik, Univ.-Krankenhaus Eppendorf, Martini- straße 52,2000 Hamburg 20
880 Heft 18 vom 30. April 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT