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Archiv "Orale Morphintherapie schwerer Tumorschmerzen" (28.11.1991)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

ZUR FORTBILDUNG

Marianne Kloke Klaus Höffken

Andrea Meyer-Jürshof Hubert Schneemann

Für die Dauertherapie schwerer und schwerster Tumorschmerzen steht als geeignetes Basistherapeutikum eine retardierte Morphinsul- fattablette in verschiedenen Stärken zur Verfügung. Der verzögerte Wir- kungseintritt sowie die lange Wirkdauer dieses Medikamentes machen es jedoch für die Ersteinstellung eines Tumorschmerzes mit Morphi- nen und insbesondere für die Bedarfsmedikation bei Schmerzspitzen ungeeignet. Mit der neu entwickelten Viskose-Morphinhydrochlorid- Lösung NRF 2.4. steht erstmals eine schnell und mittellang wirksame, oral applizierbare Morphinlösung zur Verfügung, die standardisiert und lagerungsstabil ist.

Orale Morphintherapie

schwerer Tumorschmerzen

Optimierung durch die standardisierte

Viskose-Morphinhydrochlorid-Lösung NRF 2. 4.

Einleitung

Zentral wirkende Analgetika vom Opiattyp sind in der Therapie von Tumorschmerzen unverzichtbar.

Der WHO-Stufenplan sieht in der Stufe II den Einsatz schwacher, in der Stufe III denjenigen starker Opi- oide vor (1). In der Bundesrepublik Deutschland sind derzeit fünfzehn zentral analgetisch wirkende Sub- stanzen zugelassen, von denen acht dem Betäubungsmittelrecht unter- stellt sind (Tabelle 1). Die klinische Anwendung hat jedoch gezeigt, daß nicht alle Opioide gleichermaßen für die Dauertherapie chronisch schwe- rer Schmerzen geeignet sind (2).

Entweder lassen sich bei oraler Gabe keine ausreichenden Wirkspiegel er- reichen, oder die analgetische Wirk- dauer unterschreitet vier Stunden und macht damit die Substanz für die orale Langzeitbehandlung wenig praktikabel.

Die erhebliche Kumulationsge- fahr läßt alle Substanzen, die aktive Metaboliten mit einer langen Halb- wertszeit bilden, als nicht regelhaft indiziert in der Dauertherapie er- scheinen. Somit sind Codeinphos- phat und Tramadol als schwache, Buprenorphin und Morphin als star- ke Analgetika in der Tumorschmerz- therapie entsprechend den Stufen II

und III von besonderer Bedeutung (3). Der Einsatz von Tramadol oder Buprenorphin ist aufgrund ihrer Eigenschaft als Partialantagonisten des Morphins durch die Existenz von Höchstdosen, bei deren Überschrei- ten keine weitere Zunahme der anal- getischen, unter Umständen aber der unerwünschten Wirkungen erreicht werden kann, begrenzt. Dieser „Cei- ling"-Effekt tritt für Tramadol ober- halb von 400 bis 600 Milligramm/die und für Buprenorphin oberhalb von 3,4 bis 5 Milligramm/die ein. Dage- gen sind die Dosierungen sowohl des Codeins als auch des Morphins als reine Opiatagonisten vom pharma- kologischen Standpunkt aus unbe- grenzt steigerbar.

Ein Vergleich der analgetischen Potenz der vier Medikamente macht deutlich, daß schwerste Schmerzzu- stände häufig nur durch Morphin be- herrschbar sind (Tabelle 2). Morphin ist auch oder gerade in der Lang- zeittherapie sowie bei multimorbi- den Patienten ein sicheres Medika- ment, da es kaum eine Organtoxizi- Einrichtung zur Schmerztherapie an der Inneren Klinik und Poliklinik (Tumorfor- schung) (Direktor: Prof. Dr. med. Siegfried Seeber), Universitätsklinikum Essen;

Apotheke und Interdisziplinäre Schmerz- konferenz am Universitätsklinikum Essen

tät besitzt. Darüber hinaus treten be- sonders bei oraler Applikation Ta- chyphylaxie und Suchtentwicklung bei kunstgerechter Applikation nicht auf. Zur Atemdepression kann es — wenn überhaupt bei oraler Therapie

— erst bei Überschreiten des Fünffa- chen der einfachen Tagesdosis kom- men. Morphin liegt für die orale Therapie in zwei Zubereitungsfor- men vor: einer wäßrigen Morphinhy- drochloridlösung und einer retar- dierten Morphinsulfattablette (MT).

MT eignet sich aufgrund der Wirkdauer von acht bis zwölf Stun- den besonders für die Dauerthera- pie. Die galenische Zubereitung be- dingt allerdings auch einen um etwa drei Stunden verzögerten Wirkungs- eintritt. Somit ist dieses Medikament zur Beherrschung von Schmerzspit- zen, wie sie im normalen Schmerzab- lauf sowie im Zusammenhang mit diagnostischen Maßnahmen oder be- sonderen körperlichen Belastungen entstehen, nicht indiziert. Weiterhin eignet sich MT nicht für die Phase der Erst- und Neueinstellung eines Schmerzes mit Morphinen, da hier häufige und kurzfristige Dosis- anpassungen

notwendig sind. Bei

flüssiger oder Sondenernährung ist eine Therapie mit der festen MT nicht möglich; deshalb wurde dieser Patientengruppe bis heute Morphin Dt. Ärztebl. 88, Heft 48, 28. November 1991 (53) A-4273

(2)

Tabelle l: Zentral wirksame Analgetika

Verhältnis Rationalname

INN-B'ezeicbnung'

, Wirkdauer in StUnden

relative*)

Wirkslärke , Qral : parenteral'

,.Beme .. kunge~

• nicbt BtMV-pflicbtige Substanzen Dihydrocodein-

hydrogen tartrat DHC 60 Tramadol Tramal

Dextropropoxyphen Develin ret.

8-12

4-6 6

0,2 nur p. o.

0,2 1:1

0,1 1:1

10% Metabolisierung zu Morphin

"

.. caveLeber-Nieren-Insuf- , fizienz;"Ceiling"~Effekt

siehe Methadon

, Tilidjn

+ ' ,

',Naloxon .'. '

4 0,2 , in Kombination·

nl,lt oral'

' j~ mi~tle;en bos~n Über-

wiegendes Antagonisten Valotori,;N', ,

• BtMV-pflicbtige Substanzen Pethidin

DOlantin

," ",

" ,Levomethadon

~ :" .

, P6\ärhidon'; , Pentazocin Fortral Piritiamid

." Dipiddlor'

".: ,f .

Buprenorphin Temgesic

"

M:()l:phin-~CL-: '

Lsg~NRF. '2.4 . . '

" . . .

retard.

Morphinsulfat MST Mundipharma 10/30/60/100 mg

2- 4

''-, '5- 7

2- 3

, '.2-:-4

.~ ..

6-8 3- 4 8-12

0,1 1:1

4 '.-'

0,3 2:1

0,8 ' , nur , parenteral

20 3:2

"

3:1**).,

1 3:1**)

. *) bezogen a\1f pai-ent~r~I~.Gabe ;~ri Morpliin:HCL , ,**) 'nur·bei Langzei!medikatjon" sonst 6:1 ;

überwiegend parenteral verabreicht.

Für die dargestellten Indikationsbe- reiche werden wäßrige Morphinhy- drochlorid-Lösungen unterschied- lichster Rezeptur verwendet. Oft enthalten diese als "Schmerztrunk"

bezeichneten Zubereitungen zusätz- liche große Volumenanteile an Alko- hol und/oder Neuroleptika, wie zum Beispiel die Bromptonmixtur (4).

Besonders in höheren Dosisberei-

ehen überwiegt dann die sedierende Wirkung dieser Zusatzstoffe, so daß das Ziel der Schmerztherapie, dem Kranken eine aktive Teilnahme am Leben zu ermöglichen, verfehlt wird.

Darüber hinaus sind diese Lösungen instabil und oft geschmacklich wenig akzeptabel. Weiterhin ist eine Ver- einheitlichung der Rezeptur zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Krankenhaus und Hausarzt A-4274 (54) Dt. Ärztebl. 88, HeIt 48, 28. November 1991

. : . . : -'.

, "

halluzinogen; konvulsiv Tachykardie

'Kumulatiori

Nw

-reicher

'MetaboIite ('2-:-3. ' Tage),"

, einschleichend " . ' ,

besonders bei höheren Dosen halluzinogen, Ku- mulation bei Leber-/Nie- ren-Insuffizienz

,stark PfiyChottop ,

gering spasminogen;

"Ceiling"-Effekt!

'Wirkungseintritt '. "

, ' nach zirka-'15 I0iouten Wirkungseintritt nach zirka 3 Stunden; Kombi- nation mit Morphinlsg.

möglich

von Vorteil und trägt zur Überwin- dung der Hürden des BetäubliOgs- mittelgesetzes bei.

Deshalb wurde auf Initiative der Interdisziplinären Schmerzkonfe- renz am Universitätsklinikum Essen vom Zentrallabor De'utscher Apo- theker eine standardisierte Morphin- lösung entwickelt und deren Rezep- tur unter der Bezeichnung Visko- se-Morphinhydrochlorid-Lösung im

(3)

Tabelle 2: Vergleich der analgetischen Potenz verschiedener Opiate*)

600 mg Dihydrocodein p. o.

(therapeutisch nicht empfehlenswerte Dosis) entsprechen:

400 mg Tramadol p. o.

(Tageshöchstdosis,

oberhalb davon „Ceiling"-Effekt) entsprechen:

0,6-1,0 mg Buprenorphin 3,5 mg Buprenorphin p. o.

(Tageshöchstdosis, oberhalb davon „Ceiling"-Effekt) 200-270 mg Morphin p. o.

(Höchstdosis nach der BtMV: 1 g retardiertes, 2 g lösl. Morphin) entsprechen:

*) Die angegebenen Dosierungen stellen nur Annäherungswerte dar, die dem Einzelfall an- gepaßt werden müssen. Sie beziehen sich jeweils auf Tagesdosen.

Neuen Rezepturformularium (NRF) unter der Nummer 2.4. im Frühjahr 1988 veröffentlicht (4). Weitere Ein- zelheiten über Herstellungs- und La- gerungsvorschriften wurden in der 6.

Ergänzung zum NRF 1989 publiziert (5). Wir berichten im folgenden über die Erfahrungen an 98 Patienten, die diese Morphinlösung erhielten.

Patienten und Therapie

Patienten:

In den Monaten April bis De- zember 1989 wurden durch die Schmerzambulanz an der Inneren Klinik des Universitätsklinikums Es- sen 98 Tumorpatienten analgetisch eingestellt und behandelt, deren Schmerzsyndrome von ihrer Intensi- tät und Art her eine Therapie mit oralem Morphin entsprechend der Stufe III des WHO-Planes erforder- lich machten. Je nach Schmerzursa- che und Begleiterkrankungen wur- den zusätzlich periphere Analgetika und/oder Psychopharmaka sowie in Ausnahmefällen auch Antikonvulsi- va appliziert. Bei drei Patienten lag eine nasogastrale Sonde wegen Öso- phagus-Passage hindernisses.

Viskose-Morphinhydrochlorid- Lösung NRF 2.4. (ML):

ML enthält außer Morphin-HC1 keine pharmakologisch wirksamen Substanzen. Sie kann in den Konzen- trationen 0,2- und 2prozentig rezep- tiert werden (Tabelle 3 und Abbildung 1). Sie ist ohne Kühlung ein Jahr

ziert. Hierbei wurde die Höhe dieser Medikation an Hand der analgeti- schen Vorbehandlung und/oder der aktuellen Schmerzintensität so be- messen, daß der geschätzte Bedarf leicht unterschritten wurde, um eine unnötig hohe Dosierung zu vermei- den. Die Patienten wurden angewie- sen, bei Schmerzen zusätzlich das Drei- bis Vierfache der Stundendosis der Basismedikation einzunehmen (Tabelle 4). Die Einnahme durfte frühestens nach vier Stunden ent- sprechend der Wirkdauer der ML wiederholt werden.

Die niedrigste applizierte Ein- zeldosis der Bedarfsmedikation be- trug hierbei zehn Milligramm, die höchste 60 Milligramm Morphin.

Die Zusatzmedikation wurde unter Angabe von Uhrzeit, Menge und Be- gleitumständen (zum Beispiel nach einem langen Spaziergang) vom Pa- tienten dokumentiert. Wurde die Bedarfsmedikation regelmäßig zwei- oder mehrmals am Tag benötigt, so wurde die Dosis der MT um den er- gänzend applizierten Morphinbetrag gesteigert.

Bei drei ausschließlich über eine Sonde ernährten Patienten wurde ML als alleinige Morphinzuberei- tung in vierstündigem Intervall ver- wandt. Die Bedarfsmedikation ent- sprach hierbei der regelhaft appli- zierten Einzeldosis und durfte eben- falls alle vier Stunden wiederholt haltbar. Die maximal verschreibbare

Menge für den Bedarf von sieben Tagen in besonders schweren Fällen beträgt vierzehn Gramm Morphin- HCI, was 7000 ml der 0,2prozentigen Lösung entspricht. Unter Beachtung der Höchstdosen darf sie auf einem Rezeptformular gleichzeitig mit der Morphintablette (MT) verordnet werden (Abbildung 2).

Therapie:

Bei 95 Patienten wurde zur Erst- oder Neueinstellung eines Tumor- schmerzes mit oralem Morphin als Basistherapie MT in acht- oder zwölfstündigen Intervallen appli-

Tabelle 3: Viskose-Morphin-Hydrochlorid-Lösung NRF 2.4.

Wirkstoff: 1 g (entsprechend 1 ml) 0,2% Lösung enthält 2 mg Morphinhydrochlorid 1 g (entsprechend 1 ml) 2,0% Lösung enthält 20 mg Morphinhydrochlorid Standardabgabemenge: 100 g (entsprechend 100 ml) Arzneiform: Lösung zum Einnehmen

weitere Bestandteile: Carboxymethylcellulose-Natrium Saccharin-Natrium

Ethanol 70%o Kaliumsorbat Natriumedetat Flüssigaroma Salzsäure 10%

gereinigtes Wasser

Dt. Ärztebl. 88, Heft 48, 28. November 1991 (57) A-4277

(4)

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Abbildung I: Rezepturbeispiel (Morphin-HCL-Lösung) Abbildung 2: Rezepturbeispiel (Morphin-HCI-Lösung plus MSTR)

werden (Tabelle 4). Die Therapie wurde mit der 0,2prozentigen Lö- sung begonnen; bei Überschreiten von 30 Milligramm pro Einzeldosis (entspricht 15 ml) wurde auf die 2prozentige Lösung umgestellt.

Bei ambulanten Patienten wur- de ML rezeptiert, so daß sie dem Kranken jederzeit zur Verfügung stand. Bei stationären Patienten wurde die Stationsschwester ange- wiesen, dem Patienten ML in der an- gegebenen Dosis bei Verlangen zu geben.

Ergebnisse

Analgetischer Effekt:

Die Morphinlösung war bei al- len Patienten analgetisch wirksam.

Die Schmerzlinderung hielt bei 20 Prozent der Patienten für zwei, bei 30 Prozent für drei und bei fünfzig Prozent für vier Stunden an. Die Wirkung trat nach 15 bis spätestens 20 Minuten ein. Bei 27 Patienten war die geschätzte Basismedikation in

der ErsteinsteIlung um mehr als 100 Prozent gegenüber dem tatsächli- chen Morphinbedarf unterschritten;

hier erwies sich die geWählte Höhe der Zusatzmedikation als nicht aus- reichend. Nach Abschluß der Dosis- findungsphase konnte mit der Be- darfsmedikation immer eine ausrei- chende Schmerzlinderung erzielt werden.

Die von dem Patienten proto- kollierte, zusätzlich applizierte Mor- phinmenge ließ sich im Verhältnis eins zu eins in die Basismedikation mit der Morphintablette umrechnen.

Durch die von uns angewandte Kom- bination von Basis- und Bedarfsme- dikation ließ sich die Einstellungs- phase auf 4,8 Tage begrenzen, wobei 60 Prozent der Patienten bereits nach 24 Stunden Schmerzfreiheit an- gaben (Abbildung 3). Ein Drittel der Patienten hatte vorhersehbare kür- zerfristige Schmerzspitzen (etwa während der Autofahrt zum Behand- lungszentrum). Diese wurden durch die prophylaktische Gabe einer ent- sprechenden Menge ML beherrscht.

A-4278 (58) Dt. Ärztebl. 88, Heft 4S, 28. November 1991

Nebenwirkungen:

Bei Einnahme von ML traten keine zusätzlichen, über die von Morphin hinausgehenden bekannten Nebenwirkungen auf - initial Übel- keit und Sedierung, sowie persistie- rend Obstipation. Die Applikation der Bedarfsmedikation führte aus- schließlich in den ersten zwei Thera··

piewochen zu einer zeitlich begrenz-

t.~n Zunahme von Sedierung und Ubelkeit, danach wurde von keinem Patienten über das Auftreten dieser Nebenwirkungen durch Einnahme der Bedarfsmedikation berichtet. In einem Fall traten 15 Minuten nach Einnahme von ML Blutdruckabfall sowie Tachykardie und Atemnot auf.

diese Symptome waren durch Anti- histaminikagabe beherrsch bar.

Durchführbarkeit der Therapie:

ML wurde von 84 Patienten pro- blemlos akzeptiert. Lediglich vier Patienten lehnten sie wegen des zu intensiv süßen Geschmacks ab. Von zehn weiteren Patienten wurde die Aromatisierung zwar als unange- nehm, aber noch tolerierbar be-

(5)

Patienten 50

40-

30-

20-

10-

0

1 2 3 4 6 Tage

Tabelle 4: Dosierung von ML als Zusatzmedikation in Abhängigkeit von der Basismedikation

Basismedikation Intervall Einzeldosis

Zusatzmedikation Intervall*) Einzeldosis

8 Std. 30 mg MT 4 Std. 5 ml 0,2% ML

8 Std. 60 mg MT 4 Std. 10 ml 0,2% ML

8 Std. 300 mg MT 4 Std. 7 ml 2,0% L")

4 Std. 5 ml 0,2% ML 4 Std. 5 ml 0,2% ML 4 Std. 10 ml 2,0% ML 4 Std. 10 ml 2,0% ML

*) Das angegebene Intervall sollte nicht unterschritten werden.

**) Die gemäß der BtMV unterschiedlichen Höchstdosen von ML und MT erlauben diese Dosierung.

schrieben. 90 Prozent der Patienten hatten mit der Handhabung keine Schwierigkeiten.

Zusätzliche Vorteile:

Die ständige Verfügbarkeit ei- ner Zusatzmedikation erwies sich im ambulanten Bereich als vorteil- haft. Unseres Wissens nach benötig- te kein Patient im Beobachtungszeit- raum den Notarzt wegen schwerer Schmerzen. Die diensthabenden Kli- nikärzte wurden bei 35 Prozent der von uns analgetisch mit ML einge- stellten Patienten aus Gründen man- gelnder Analgesie benötigt. Haupt- ursache hierfür waren organisations- bedingte Verzögerungen in der Be- reitstellung der Bedarfsmedikation.

In neun Fällen signalisierten neu aufgetretene Schmerzen unter ML ein akutes Ereignis: Ileus (fünf Pa- tienten), Becken-Beinvenenthrom- bose (drei Patienten) pathologische Knochenfraktur (ein Patient). Vor Verwendung von ML in der Einstel- lungsphase wurde der Bereitschafts- dienst bei der Hälfte der Patienten benötigt.

Diskussion

Mit ML steht eine standardisier- te, mindestens ein Jahr haltbare, oral applizierbare Morphinzubereitung zur Verfügung. Ihre analgetische Po- tenz entspricht der des in der retar- dierten MT enthaltenen Morphins.

Die zusätzlichen Lösungsbestandtei- le bewirken keine über die von Mor-

Abbildung 3: Dauer der Dosisfindungspha se bei kombinierter Therapie mit Morphin lösung und Morphintabletten

phin hinausgehenden bekannten Ne- benwirkungen. Die in einem Fall be- obachtete vermutlich allergische Re- aktion könnte durch den Konservie- rungsstoff Kalium-Sorbat verursacht sein, da anamnestisch eine Sorbin- säureunverträglichkeit bestand.

Obwohl bei maximaler Auschöp- fung der erlaubten Morphin-Zusatz- medikation eine Verdoppelung der Tagesmorphindosis möglich war, kam es in keinem Fall zu einer län- gerfristigen oder klinisch relevanten Verstärkung der Morphinnebenwir- kungen. Die in der Initialphase zu

beobachtende Zunahme von Sedie- rung und Nausea muß als Folge noch mangelnder Adaptation gewertet werden. Die von uns beobachtete gu- te Verträglichkeit und hohe Sicher- heit von ML wird auch durch die Un- tersuchungen anderer Autoren über in der Langzeittherapie oral appli- ziertes Morphin bestätigt (6).

Das aus pharmakologischen Er- wägungen heraus angewandte Dosie- rungsschema der Verdrei- bezie- hungsweise Vervierfachung der Stundendosis der Basismedikation erwies sich in der Durchführung als effektiv. Dies drückt sich auch in der Kürze der Dosisfindungsphase bis zum Erreichen der Schmerzfreiheit oder ausreichenden Schmerzpulliati- on aus.

Die Möglichkeit der raschen Schmerzbeherrschung durch den Pa- tienten selbst mit Unabhängigkeit von Not- und Bereitschaftsdiensten muß als wichtiger Beitrag zur Lö- schung des Schmerzgedächtnisses und Hebung der Lebensqualität ge- wertet werden. Die ständige Verfüg- barkeit von ML führte auch zu einer geringen Frequentierung der Not- und Bereitschaftsdienste. Die Stan- dardisierung der ML stellt eine Ver- einfachung der Zusammenarbeit zwischen Hausarzt, Krankenhaus und Schmerzambulanz dar, weil so jederzeit die Menge der pharmako- logisch wirksamen Substanzen be- kannt ist. Darüber hinaus erleichtert die einfache und gleichzeitige Re- zeptierbarkeit von ML und MT dem verschreibenden Arzt den Umgang mit dem Betäubungsmittelrecht.

Die Sondengängigkeit von ML machen eine gegenüber der oralen Applikation immer risikoreichere und aufwendigere parenterale Mor- phintherapie selbst bei ausschließ- lich sondenernährten Patienten überflüssig.

Die von uns mit der ML allein oder in Kombination mit der retar- dierten MT gemachten Erfahrungen zeigen, daß sich mit ML nicht nur die Einstellung und Dauertherapie von Schmerzpatienten mit Morphinen

optimieren, sondern auch im ambu- lanten

Bereich durchführen läßt.

Abschließend sei betont, daß ML keine Therapie chronischer Schmerzen nach Bedarf darstellt. Sie Dt. Ärztebl. 88, Heft 48, 28. November 1991 (61) A-4281

(6)

dient ausschließlich der Optimierung und Individualisierung der Therapie nach Plan entsprechend der Stufe III des WHO-Planes in Übereinstim- mung mit den dort festgeschriebenen Grundsätzen.

Literatur

1. World Health Organization: Cancer Pain Re- lief, World Health Organization — Geneva

—(1986) 50-70

Inturrisi, Ch. E.: Management of Cancer Pain, Cancer 63 (1989) 2308-2320

Zech, D.; Schug, S. A.: Medikamentöse The- rapie, aus: Tumorschmerztherapie, Hrsg.

Hankemeier, Zech, Bowdler, Springer Verlag Berlin Heidelberg New York (1989) 25-36 Kanone, T. A.: The Bromptom Cocktail.

Nursing Mirror 140 (1975) 59

Deutscher Arzneimittelcodex (DAC): Neues Rezepturformularium, 3. Lieferung 1988 NRF 2.4. (1988)

Deutscher Arzneimittelcodex (DAC): Neues Rezepturformularium, 6. Ergänzung 1989 NRF 2.4. (1989)

Anschrift für die Verfasser:

Dr. med. Marianne Kloke Innere Klinik und Poliklinik (Tumorforschung)

Einrichtung zur Schmerztherapie Universitätsklinikum Essen Hufelandstraße 55

W-4300 Essen 1

2.

3.

4.

5.

6.

Prophylaktische Sklerosierung der Ösophagusvarizen

Die Sklerosierung ist eine wirk- same Behandlung blutender Oso- phagusvarizen bei Patienten mit al- koholbedingter Lebererkrankung.

Deshalb wurde vermutet, daß eine Sklerosierungstherapie auch zur Verhütung initialer Blutungsepiso- den und zur Verbesserung der Über- lebensrate solcher Patienten prophy- laktisch wirksam sein könnte.

In einer prospektiven randomi- sierten Untersuchung wurde die pro- phylaktische Sklerotherapie und ei- ne „Schein-Therapie" bei 281 Män- nern mit alkoholbedingter Leberer- krankung angewandt, die mindestens drei Varizen aufwiesen, jedoch noch keine Varizenblutung erlitten hat- ten. Bei allen Patienten wurde eine Endoskopie durchgeführt, 143 wur- den sklero- und 138 scheinthera- piert. Beide Patientengruppen waren zu Beginn der Untersuchung bezüg- lich des Ausmaßes der Lebererkran- kung und anderer klinischer Indices vergleichbar, bis auf die Tatsache, daß andere innere Erkrankungen in der Sklerotherapie-Gruppe bedeu- tend häufiger auftraten. Die Unter- suchung wurde nach 22,5 Monaten beendet, weil die Mortalität in der Sklerotherapie-Gruppe — aus wel- chem Grund auch immer — mit 32,2 Prozent bedeutend höher war als in der Scheintherapie-Gruppe (17,4 Prozent, p = 0,004); immerhin erlit- ten die Teilnehmer der Sklerothera- pie-Gruppe deutlich weniger Vari- zenblutungen.

Die Todesursachen waren un- terschiedlich, es gibt keine einleuch- tende Erklärung für die übermäßig hohe Mortalität in der Sklerothera- pie-Gruppe. Nach Beendigung der Behandlung ging der Mortalitätsex- zeß sofort zurück. Es gab 53 Blutun- gen im oberen gastrointestinalen Be- reich. (einschließlich zehn Blutungen aus ösophagusvarizen und neun aus Ösophagusulcera) in der Sklerothe- rapie-Gruppe gegenüber 40 Blutun- gen (einschließlich 19 aus Ösopha- gusvarizen) in der Scheintherapie- Gruppe. Komplikationen durch die Sklerosierungstherapie traten häufig auf, waren jedoch nicht lebensbedro- hend.

Eine prophylaktische Sklerosie- rung von Osophagusvarizen ist also

Durchfälle stellen eines der Leitsymptome bei Patienten mit ei- ner HIV-Infektion dar, wobei als Er- reger neben „klassischen" pathoge- nen Keimen auch eine Reihe von op- portunistischen Keimen angeschul- digt werden müssen. In vielen Fällen gelingt es jedoch nicht, die Ursache der Durchfälle zu finden. In einer Pi- lotstudie wurden 17 Aidspatienten mit therapieresistenten Durchfällen mit Octreotid (Sandostatin) in einer Dosierung zwischen 50 und 250 !..tg 3 x täglich behandelt. Nach Absetzen der Therapie kam es prompt zu ei- nem Rezidiv, nach Wiederaufnah- me der Behandlung sistierten die Durchfälle erneut. Allerdings war ein überzeugender Effekt nur bei 45 Prozent der behandelten Patienten nachweisbar. Bei drei von fünf Pa-

FUR SIE REFERIERT

bei Männern mit mittlerer bis schwe- rer alkoholbedingter Lebererkran- kung mit steigender Mortalität ver- bunden. Deshalb sollte nach Ansicht der Autoren eine Sklerosierungsthe- rapie erst nach dem Auftreten einer ersten Blutung aus Ösophagusvari- zen eingeleitet werden. jhn

The Veterans Affairs Cooperative Varice- al Sclerotherapy Group: Prophylactic Scle- rotherapy for Esophagal Varices in Men with Alcololic Liver Disease. N. Engl.

Journ. Med. 324 (1991) 1779-1784.

Dr. Peter B. Gregory, Office of the Vice President and Dean, Stanford University Medical Center, Room M-121, Stanford, CA 94305-5302, USA.

tienten erfolgte eine Langzeitthera- pie über sieben bis zwölf Monate, wobei zum Teil eine Dosissteigerung erforderlich wurde. Auch wenn es sicher noch zu früh ist, aufgrund die- ser offenen Studie weitreichende therapeutische Schlüsse zu ziehen, sollte Sandostatin bei anderweitig therapierefraktären HIV-assoziier- ten Durchfällen ins therapeutische Kalkül gezogen werden.

Fanning, M., M. Monte, I. Sutherland, M.

Broadhead, G. Murphy, A. Harris: Pilot Study of Sandostatin (Octreotide) Thera- pie of Refractory HIV-Associated Diar- rhea. Dig. Dis. Sci. 36: 476-480, 1991.

Department of Medicine, University of To- ronto, University of Montreal, University of Calgary, Clinical Research, Sandoz Ca- nada, Inc., Dep. of Neuroendocrinology, Clinical Research, Sandoz, Basel, Switzer- land.

Sandostatin bei HIV-assoziierter therapie- resistenter Diarrhoe

A-4282 (62) Dt. Ärztebi. 88, Heft 48, 28. November 1991

Referenzen

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