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Archiv "Orale Langzeitkoagulation: Wenn Patienten sich selber testen und einstellen" (27.02.2004)

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on 500 000 antikoagulierten Patien- ten praktizieren 80 000 die INR- Selbstmessung und passen die Me- dikamentendosis eigenständig an. Diese aktive Beteiligung des Betroffenen an der Steuerung seiner Therapie führt zu einer deutlichen Senkung der Komplika- tionsrate von Thromboembolien und Hämorrhagien. Nach Angaben von Prof.

Dieter Horstkotte (Bad Oeynhausen) hängt die Inzidenz von Komplikationen nicht so sehr von der Intensität als vielmehr von der Stabilität der Antikoagulation ab. So hätten Patienten mit der geringsten INR- bezie- hungsweise Quickwert- Varianz das niedrigste Risiko für thromboem- bolische Komplikatio- nen. „In dieser Hinsicht sind Patienten, die das Ge- rinnungsselbstmanagement

praktizieren,am besten eingestellt“,er- läutert Horstkotte.

Für die Langzeit-Thromboembolie- prophylaxe mit oralen Antikoagulanzi- en sollte ein – individuell zu definieren- der – therapeutischer Bereich zwischen 1,8 und 4,4 INR angestrebt werden. In- nerhalb dieser Spanne ist das Thrombo- embolierisiko weitgehend gleich. Doch anders als bisher angenommen, gelten Schwankungen der INR-Werte inner- halb des definierten Intensitätsbereichs als komplikationssteigernd.

Umgekehrt ist das Komplikationsri- siko dann am geringsten, wenn die INR- Werte weitgehend stabil sind und nur geringe Fluktuationen auftreten; dies gilt unabhängig von der Intensität der Antikoagulation, wie die Ergebnisse mehrerer Studien belegen. Aus diesen

Erkenntnissen leitet Horstkotte zwei Schlüsse ab, die in die Therapie-Empfeh- lungen des American College of Chest Physicians aufgenommen werden: Da die INR-Schwankungen bei niedriger Inten- sität der Antikoagulation am kleinsten sind und erst mit steigender Intensität zunehmen, sollte jeder Patient unter Berücksichtigung seines individuellen thromboembolischen Risikos auf den niedrigsten möglichen INR-Wert einge-

stellt werden.

Es geht nicht mehr darum, die INR-Werte innerhalb des therapeutischen Fen- sters zu halten, sondern den Zielwert möglichst konstant einzustellen, wobei dieser nicht um mehr als 0,5 INR-Punkte unter- oder überschritten werde darf. Dazu Horstkot- te: „Wenn Sie einem Patienten erklären,er ist zwischen 2,0 und 4,5 INR gut eingestellt, dann sieht er bei INR- Werten von 2,1 oder 4,4 auch noch keinen Korrekturbedarf. Das ist heute falsch.“

An der Klinik für Thorax- und Kar- diovaskularchirurgie Bad Oeynhausen werden Patienten mit prothetischen Aortenklappen auf einen INR-Wert von 1,8 eingestellt. Dabei werden weni- ger Komplikationen als bei höheren Werten beobachtet – vorausgesetzt, INR-Schwankungen bleiben eng be- grenzt. „Wir sind an einem Punkt, an dem – mit ganz wenigen Ausnahmen – wir Patienten mit prothetischer Herz- klappe unmittelbar postoperativ auf das Gerinnungsselbstmanagement schulen“, betonte Prof. Reiner Körfer auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Tho- rax-, Herz- und Gefäßchirurgie in Ham-

burg. Nur etwa jeder Zehnte sei da- zu entweder nicht geeignet oder nicht willens.

Der Rehabilitationsmediziner Prof.

Heinz Völler (Rüdersdorf/Berlin) geht in seiner Argumentation sogar noch einen Schritt weiter: „Ob die Thromboembolie ihren Ursprung an der Herzklappe hat oder im linken Vorhof bei permanentem Vorhofflimmern – in beiden Fällen kann ein Schlaganfall folgen.“ Für die Mehr- heit dieser Patienten sei daher eine orale Langzeit-Antikoagulation mit Gerin- nungsselbstmanagement geboten. Nach Völlers Erfahrung werden Patienten mit Vorhofflimmern viel zu selten oral antikoaguliert, obwohl die Indikation für Risikopatienten mit Herzinsuffi- zienz, Hypertonus und/oder Diabetes mellitus unstrittig sei.

Eine orale Langzeit-Antikoagulati- on mit Gerinnungsselbstmanagement sehen die Experten auch indiziert bei Patienten mit dem Risiko für eine arte- rielle Thrombose sowie für Patienten mit tiefer Beinvenenthrombose. Dem- nach orientiert sich die Entscheidung für das Gerinnungsselbstmanagement nicht mehr an der Grunderkrankung, sondern am Thromboserisiko.

Nach Ansicht von Dr. Michael Span- nagl hat das Gerinnungsselbstmanage- ment eine qualitätssichernde Funktion:

„Jeder Patient, der das Gerinnungs- selbstmanagement regelgerecht prakti- ziert, wird den Verlauf seiner INR-Wer- te kritisch verfolgen, entsprechend den Schwankungen seine Medikation anpas- sen und bei Ausreißern seinen Arzt kon- sultieren und unglaubwürdige Labor- werte anzweifeln.“

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Reiner Körfer

Direktor der Klinik für Thorax- und Kardiovaskular- chirurgie des Herz- und Diabeteszentrums NRW Georgstraße 11, 32545 Bad Oeynhausen

Mitautoren:

Prof. Dr. med. Dieter Horstkotte, Direktor der Kardiologi- schen Klinik des Herz- und Diabeteszentrums NRW in Bad Oeynhausen;

Prof. Dr. med. Reiner Körfer, Direktor der Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie des Herz- und Diabeteszen- trums NRW in Bad Oeynhausen;

Privat-Dozent Dr. med. Michael Spannagl, Sekretär der Ge- sellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung (GTH) und Oberarzt am Klinikum Innenstadt der LMU München;

Prof. Dr. med. Heinz Völler, Vorsitzender der Arbeitsge- meinschaft Selbstkontrolle der Antikoagulation (ASA) und Chefarzt der Klinik am See in Rüdersdorf bei Berlin M E D I Z I N R E P O R T

Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 927. Februar 2004 AA549

Orale Langzeitkoagulation

Wenn Patienten sich selber testen und einstellen

Das Gerinnungsselbstmanagement ist mit weniger thromboembolischen Komplikationen verbunden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden.

Foto:Roche

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