Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen AUS ALLER WELT
VEREINIGTE STAATEN
Reprivatisierung der Gesundheit
Eine erstaunliche Entwicklung zeichnet sich bei einem Lieblings- kind der „liberalen", nach deut- schem Sprachgebrauch also „lin- ken" Gesundheitspolitiker der USA ab: Bei den „Health Mainte- nance Organizations" (HMO). Es handelt sich dabei meist um „pre- paid plans": Organisationen, die gegen einen festen Beitrag ihren Mitgliedern ärztliche und Kran- kenhausbehandlung durch eigene Ärzte und Einrichtungen oder Ver- tragsärzte und -einrichtungen als Sachleistung gewähren. Seit Jah- ren hat sich die US-Bundesregie- rung bemüht, solche HMOs zu för- dern, eine eigene Abteilung im Ge- sundheitsministerium propagiert sie und hat viele bisher auch durch Zuschüsse finanziert, was aber nicht immer zum Erfolg führ- te: Von den 350 Millionen Dollar Darlehen, die der Bund bisher ge- geben hat, müssen 193 Millionen als verloren abgeschrieben wer- den. Wenn — wie einmal geplant — bis 1986 etwa 33 Millionen Ameri- kaner durch HMOs betreut werden sollen, dann sind jedoch nach ver- schiedenen Schätzungen Kapita- lien zwischen 5,5 und 9 Milliarden Dollar erforderlich.
Eine der ersten Sparmaßnahmen Präsident Reagens war die Strei- chung der weiteren Förderung von HMOs. Sein Gesundheitsmini- ster Richard Schweicker aber hat aus der Not eine Tugend gemacht:
Er propagiert die kommerzielle Weiterführung der HMO-Idee mit privatem Kapital. Erste Beispiele zeigen, wie sich bei einer Konfe- renz in Washington Anfang No- vember 1981 ergab, daß das geht — allerdings müssen viele HMOs ihre Satzungen ändern, weil sie bisher als „nonprofit"-Organisationen konzipiert waren. Sie müssen sich in normale, gewinnerstrebende Firmen verwandeln. Verschiedene Investmentbanken haben bereits ihr Interesse bekundet, Geld zu in-
vestieren, nachdem eine HMO in Pennsylvanien es vorgemacht hat:
Die Investmentbank Warburg, Pin- cus & Co. in New York hat eine große Anzahl von Anteilen gekauft und erwartet Gewinn bereits nach 18 Monaten. Die pennsylvanische HMO ist seit einem Jahr in ein Ge- winnunternehmen verwandelt, sie beschäftigt 250 Allgemeinärzte, 1500 Spezialisten und 40 Kranken- häuser für zur Zeit 85 000 Mitglie- der. 15 Profi-Salesmen werben monatlich 2500 neue Mitglieder.
Voraussetzung für den Erfolg ei- nes solchen Unternehmens, das inzwischen auch von Versicherun- gen, sogar den Sozialversiche- rungsträgern Blue Cross und Blue Shield, ins Auge gefaßt wird, ist die Einführung eines Manage- ments, das nicht auf die Beschaf- fung von staatlichen Zuschüssen getrimmt ist, sondern die ge- schäftliche Organisation zum Zweck der Gewinnerzielung be- herrscht. Voraussetzung ist aber auch die Beteiligung der Ärzte in möglichst hohen Stellen der Ver- waltungshierarchie, hieß es auf der Washingtoner Tagung. AMA
NEUGUINEA
Stillgesetz erfolgreich
Als erfolgreich hat sich ein Gesetz erwiesen, das die Regierung von Papua-Neuguinea erlassen hatte, kurz nachdem das australische Mandatsgebiet ein selbständiger Staat wurde: Das Gesetz verbietet den freien Verkauf von Babyfla- schen und Saugern; sie dürfen nur auf ärztliche Verschreibung von Apotheken abgegeben werden.
Das Allgemeine Krankenhaus in Port Moresby schätzt, daß in sei- nem Einzugsbereich das Verfüt- tern von künstlicher Kindernah- rung erheblich zurückgegangen ist; 88 Prozent der Mütter stillen ihre Kinder wieder — vor Erlaß des Gesetzes waren es nur 65 Prozent.
Seit 1978 hat das Krankenhaus in Port Moresby keinen einzigen To- desfall eines Säuglings unter sechs Jahren an Gastroenteritis verzeichnet. WHO/bt
CHINA
Rotes Kreuz wieder da
Das Chinesische Rote Kreuz hat, einer Mitteilung des „Chinese Me- dical Journal" zufolge, heute wie- der mehr als eine Million Mitglie- der. Sie sind in Unterorganisatio- nen in 14 Provinzen und größeren Städten zusammengefaßt; allein in Peking gibt es 110 000 Mitglieder, von denen sich viele aktiv in der Gesundheitsvorsorge und Ge- sundheitserziehung betätigen — meist Hausfrauen und Pensionäre.
Beim Beginn der Kulturrevolution 1966 sei das Chinesische Rote Kreuz praktisch zusammengebro- chen und verschwunden und für zehn Jahre nicht mehr vorhanden gewesen. bt ANTIGUA
Gemeinsame Katastrophenhilfe
Die panamerikanische Gesund- heitsorganisation, Regionalgrup- pe der WHO für ganz Amerika, hat auf Antrag verschiedener Regie- rungen im karibischen Raum eine zentrale Katastrophenhilfsstelle eingerichtet. In der Karibik sind in den letzten Jahren immer mehr neue, meist recht kleine selbstän- dige Staaten entstanden, die vor allem von den regelmäßigen kari- bischen Wirbelstürmen betroffen werden. Die Katastrophenzentrale ist auf der Insel Antigua statio- niert. Dort sind ständig in Bereit- schaft Fachleute für den Katastro- phenschutz, für die Vorbeugung vor Katastrophenschäden, für ärztliche Notfallhilfe, für Ausbil- dung in Erster Hilfe und für die Organisation von Hilfseinsätzen nach einer Katastrophe. Techni- ker, Meteorologen, Seismologen, Nachrichtentechniker und andere Fachleute stehen in mehr oder we- niger loser Verbindung mit der Zentrale. Zu den Trägern gehört neben den lokalen Regierungen, den Rote-Kreuz-Gesellschaften und den Vereinigten Staaten auch die Europäische Gemeinschaft. bt Ausgabe A/B DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 14 vom 9. April 1982 77