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Archiv "Kurt Semm: Seit 1982 102 Entbindungen mit 131 Kindern" (29.05.1985)

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~ Kauf und Verkauf von Embryo-

nen ist abzulehnen und die ärzt-

liche Mitwirkung dabei als stan- deswidrig anzusehen.

Um Embryonen, die nicht implan- tiert werden können, das Leben zu erhalten, empfiehlt die Kom- mission als aus ihrer Sicht ethisch erwünschte Ausnahme bei der sonst abgelehnten Embryospen- de eine "pränatale Adoption". Hierbei wird der "verwaiste" Em- bryo auf eine andere unfruchtbare Frau mit Kinderwunsch übertra- gen, die ihn austrägt und ihn als ihr und ihres Mannes gemeinsa- mes Kind zur Welt bringt. Durch die pränatale Adoption mit eige- ner Schwangerschaft könnte eine engere Beziehung der Mutter zum Kind entstehen als im Falle der postnatalen Adoption eines Fremdgeborenen. Zur Zeit berei- tet die Kommission, wie Professor Wolff ankündigte, eine weitere Stellungnahme vor, die sich mit der Forschung an menschlichen Embryonen beschäftigt und in Kürze veröffentlicht werden soll.

Die Kernpunkte lauten:

~ Die Abgrenzung ethisch verant- wortbarer, der Verbesserung der

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Ärztetag: Extrakorporale Befruchtung

Fertilisationstherapie dienender wissenschaftlicher Untersuchun- gen gegenüber ethisch nicht ver- antwortbaren Experimenten; For- schungen zur Verbesserung der Fertilisierungstherapie sind des- halb notwendig, weil deren Er- folgsrate bisher nur rund zehn Prozent und auf der anderen Seite das Risiko einer Meh~lings­

schwangerschaft bis zu dreißig Prozent beträgt.

~ Die Festlegung strenger, in ge- sonderten Richtlinien zu fixieren- der Voraussetzungen und Bedin- gungen für die Durchführung ethisch verantwortbarer Untersu- chungen.

~ Die Einführung eines mehrstu- figen, öffentlichen Kontrollverfah-

rens, das die ethischen und recht-

lichen Aspekte der Forschungs- vorhaben prüft und ihre Durchfüh- rung gemäß den Richtlinien über- wacht.

Ohne eine solche Eingrenzung könnte die reproduktionsmedizi- nische Forschung eine Eigendy- namik entfalten, die sich dem Steuervermögen entzieht, beton- te Professor Wolff. jv

Kurt Semm:

Seit1982

102 Entbindungen mit131 Kindern

12 bis 15 Prozent aller in den Zivi- lisationsländern geschlossenen Ehen bleiben kinderlos, die Hälfte von ihnen trotz Kinderwunsch. Die Ursache der Unfruchtbarkeit liegt ebenso oft beim Ehemann wie bei der Ehefrau. Viele sterile Frauen können zwar gesunde Eizellen bil- det, doch die Vereinigung der Sa- men- und Eizelle kommt nicht zu- stande.

Erstmals in der Geschichte der Medizin können Ärzte "kreativ"

tätig werden, wie Professor Dr.

med. Kurt Semm, Direktor der Ab- teilung Frauenheilkunde im Uni- versitätsklinikum Kiel, in seinem Referat über die medizinischen Aspekte der extrakorporalen Be- fruchtung (EKB) zeigte. in inter- disziplinärer Zusammenarbeit mit Naturwissenschaftlern ist es den Ärzten gelungen, Eier operativ ab- zusaugen und in geeigneten Me- dien mit männlichen Samenzellen zu konjugieren. Nach dem Reifen wird das entstandene mensch- liche Wesen im Zwei- bis Vierzell- stadium in die Gebärmutter trans- feriert (ET).

in der Bundesrepublik führt man diese Methode zur Zeit in 19 Klini- ken und zwei gynäkologischen Praxen durch. Mehr als 70 Prozent der EKB-Patientinnen sind älter als 30 Jahre, ein Alter, bei dem selbst bei gesunden Frauen die biologische Fertilität auf weniger als 30 Prozent abgesunken ist.

Weiter ist bemerkenswert, daß mehr als 80 Prozent der Patientin- nen gynäkologisch voroperiert sind.

Von 1981 bis März 1985 konnten, wie Professor Semm ermittelt hat, in der Bundesrepublik bei knapp 3000 Pelviskopien oder Ultra- schallpu nktionen rund 7600 Eizel- Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 22 vom 29. Mai 1985 (41) 1683

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Prof. Dr. med. Kurt Semm

len gewonnen werden, was in et- wa 2,5 Eizellen pro Punktion ent- spricht. Weltweit erhielt man bei der EKB, die im internationalen Sprachgebrauch In-vitro-Fertilisa- tion (IVF) genannt wird, bis Juli 1984 rund 24 000 Eizellen aus 9600 Zyklen, woraus etwa 590 Kin- der geboren wurden. In rund 71 Prozent der bundesdeutschen Fälle führte das Inkubieren zur Befruchtung.

Aus den etwa 5400 befruchteten Eizellen entwickelten sich mit ei- ner weiteren Verlustrate von 21 Prozent knapp 3800 Mehrzeller, die in 1654 Transfers in die Gebär- mutter implantiert wurden.

Wegen der geringen Implanta- tionsrate sind mehrere ET bis zum Erfolg notwendig. Doch nur 21 Prozent der EKB-Patientinnen un- terziehen sich einem weiteren Versuch und neun Prozent meh- reren Versuchen. Bislang waren acht von 22 bundesdeutschen EKB-Zentren erfolgreich. Sie mel- deten 102 Geburten mit 131 Kin- dern, die von 1982 bis März 1985 zur Welt kamen. Im Durchschnitt wurden die Patientinnen 4,5 Tage während der Punktion, 4,4 Tage pränatal und 8,7 Tage postnatal stationär behandelt. Je „EKB- Kind", so Professor Semm, er- rechnen sich jedoch bei rund 3000 Pelviskopien etwa 75 Kran- kenhaustage. jv

Rainer Hess:

Sanktionsfähige Regelungen

im Berufsrecht

Der extrakorporal gezeugte Em- byro genießt vor seiner Implanta- tion in die Gebärmutter keinen rechtlichen Schutz. Er kann auch

„verworfen" werden, und man kann mit ihm Experimente durch- führen, ohne daß dies strafrecht- liche Folgen hätte. Das ist die heu- tige Rechtslage, von der der Justi- tiar der Bundesärztekammer, Dr.

jur. Rainer Hess, in seinem Refe- rat ausging. Juristen, Ärzte und auch Teile der Öffentlichkeit emp- finden diese Situation als höchst unbefriedigend. Deshalb will auch der diesjährige Deutsche Juri- stentag das Thema behandeln.

Dabei verstärkt sich bei Juristen die Auffassung, daß eine straf- rechtliche Lösung des Problems zur Zeit nicht möglich zu sein scheint. So werde mit einiger Spannung beobachtet, was bei den Bemühungen der Ärzteschaft um eine „berufsrechtliche Lö- sung" herauskomme. Auch diese habe aber ihre Schwierigkeiten.

Dr. Hess wies zunächst darauf hin, daß entgegen mancher Einwände das ärztliche Berufsrecht genü- gend Sanktionsmöglichkeiten. enthält. Dies sicherzustellen, ist Sinn der Konstruktion, Richtlinien des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesärztekammer über ei- ne medizinische Behandlungsme- thode in der Berufsordnung für die deutschen Ärzte verankern, was eine rechtliche Prüfung und Genehmigung auch der Richtli- nien durch die Aufsichtsbehörden einschließt. Bei gravierenden Ver- stößen wird auf diese Weise ein Eingreifen staatlicher Organe möglich. — Ein weiterer Einwand:

Eine „berufsrechtliche Lösung"

entspräche einem unzulässigen Eingriff in die Therapiefreiheit des Arztes. Dr. Hess setzte demge- genüber auseinander, daß die vor-

gesehene berufsrechtliche Rege- lung dem Arzt die persönliche Verantwortung für eine Entschei- dung zur Durchführung einer ex- trakorporalen Befruchtung nicht abnehme. Vorgesehen seien le- diglich eine Anzeigepflicht gegen- über der Ärztekammer und die Festlegung wissenschaftlicher Mindestvoraussetzungen für die Erbringung bestimmter Leistun- gen. Beides kommt im ärztlichen Berufsrecht nicht selten vor. Auch die dem Arzt vor der Durchfüh- rung einer bestimmten ärztlichen Maßnahme vorgeschriebene Pflicht, sich beraten zu lassen, könne ihn nicht aus seiner Verant- wortung für die Konsequenzen ei- nes Einzelfalles entlassen.

Andere Probleme liegen darin, daß die vorgesehene „berufs- rechtliche Regelung" die Interes- sen Dritter berühren könnte. Dies bezieht sich z. B. darauf, ob Ärzte in die Grundrechte eines nicht verheirateten Paares oder einer einzelnen Person eingreifen, wenn sie ihnen die Durchführung einer In-vitro-Fertilisation verwei- gern. Hier muß man in Betracht ziehen, daß das Grundgesetz und überhaupt das deutsche Recht der Ehe und der Familie besonde- ren Schutz gewähren. Man kann auch argumentieren, daß Lebens- partnern oder Einzelpersonen mit einem ernsthaften Kinderwunsch grundsätzlich die Eingehung ei- ner Ehe zuzumuten ist, wenn sie eine Familie gründen wollen. Vom Arzt könne man grundsätzlich nicht verlangen, daß er an der Zeugung eines von vornherein nicht so geschützten Kindes mit- wirkt. Gegen ein solches Verlan- gen einer Patientin kann der Arzt einmal die Gewissensklausel, zum anderen die Pflicht, daß er sich beraten lassen muß, anführen.

Ähnliches gilt für den grundsätz- lichen Ausschluß einer heterolo- gen Fertilisation in den Richtlinien des Wissenschaftlichen Beirates.

Sie ist, wohlgemerkt, rechtlich nicht verboten. Hier muß aber ab- gewogen werden zwischen dem möglichen Wunsch des biologi- Ärztetag: Extrakorporale Befruchtung

1684 (42) Heft 22 vom 29. Mai 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

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