Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 3|
21. Januar 2011 A 121 BÖRSEBIUSDie Wahrheit hinter der Wahrheit
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ie Millionen des Herrn Grib- kowsky beschäftigen derzeit die Medien und – zu Recht – auch die bundesdeutschen Stammtische.Ein Wirtschaftskrimi der feinsten Sorte läuft vor unser aller Augen ab. Da hat also ein Exvorstand ei - ner Landesbank zu seiner aktiven Dienstzeit ein Beraterhonorar von fetten 50 Millionen Euro eingesackt und sitzt dafür nun auch im Loch, es sei wohl alles nicht mit rechten Dingen zugegangen.
Sie alle wissen, was dem Mann vorgeworfen wird, der trotz allem bis zum Beweis des Gegenteils nach unserer Rechtsordnung als unschuldig zu gelten hat. Beim Verkauf der Formel-1-Rechte seien wohl durch „günstige“ Konditionen Vermögenswerte deutlich unter pari verkauft worden, und dem stünden eben die kolportierten Milliönchen als möglicherweise wohlfeil ge- zahltes Beraterhonorar gegenüber.
Dabei, so sagen die Kritiker, wäre
es die verdammte Pflicht und Schuldigkeit des verantwortlichen Managers gewesen, im Sinne der Bank einen möglichst hohen Preis zu erzielen, dafür würde er ja schließlich anständig bis üppig be- zahlt. Nur am Rande: Selbst ein erstklassiger Berater der Spitzen- klasse (Tagessatz: 5 000 Euro) hätte fast drei Jahrzehnte nahezu un - unterbrochen arbeiten müssen, um 50 Millionen Honorar beanspruchen zu können.
Überdies ist frappant, dass gera- de in einer Phase, in der sich die Öf- fentlichkeit zunehmend fragt, war - um eigentlich nicht die mindestens Mitverantwortlichen in den diver- sen Landesbankskandalen, also ex- pressis verbis die Verwaltungsräte, für die Milliardenverluste zur Re- chenschaft gezogen werden, gerade die Causa Gribkowsky hochkocht.
Das ist durchaus nicht selbstver- ständlich, denn der Fall liegt ja nun- mehr schon einige Jahre zurück.
Immerhin wurde bereits 2007 ge- gen diesen Landesbanker eine An- zeige erstattet. Wurde sie auf politi- schem Weg aus der Welt geschafft?
Warum haben die Medien den Fall damals nicht schon aufgegriffen?
Wirklich seltsam, denn seit Grib- kowsky gibt es also einen bösen Bu - ben, und kein Mensch spricht mehr von den Aufsichtsgremien, die bis eben noch in der Bredouille waren.
Die Medien als (unfreiwilliger) Handlanger interessierter dritter Kreise? Auch mal was Neues. Aber zu oft leider wahr. Leider schreiben mittlerweile auch immer mehr Jour- nalisten voneinander ab, statt eigen- ständig zu recherchieren. Die Wahr- heit hinter der Wahrheit zu suchen, bleibt immens wichtig. Und zwar zeitnah. Dann wäre der Fall Grib- kowsky vielleicht schon vor Jahren ruchbar geworden und nicht erst heute als Motivtat, um von anderen möglicherweise ebenfalls justizia - blen Sachverhalten abzulenken. ■