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Archiv "Die Bedeutung der Computertomographie in der Diagnostik des lumbalen Bandscheibenvorfalls" (19.11.1982)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 46 vom 19. November 1982

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Die Bedeutung der

Computertomographie in der Diagnostik des

lumbalen Bandscheibenvorfalls

Basile Bingas, Jan Peters, Firouz Golestan Aus der Neurochirurgischen Abteilung

(Ärztlicher Direktor: Professor Dr. med. Basile Bingas) des Sankt Gertrauden-Krankenhauses Berlin

Die Ganzkörper-Computerto- mographie findet in zuneh- mendem Maße Eingang in die Diagnostik des lumbalen Bandscheibenvorfalls. Sie er- laubt die Darstellung des Spi- nalkanals und seiner Weich- teilstrukturen ohne Injektion eines Kontrastmittels. Vorge- fallenes Bandscheibengewe- be kann direkt erkannt und in seiner Beziehung zur Umge- bung beurteilt werden. In ihrer Treffsicherheit kommt die spi- nale Computertomographie der Myelographie gleich, wo- bei die Computertomographie als nichtinvasive Untersu- chungsmethode den großen Vorteil hat, daß sie den Patien- ten nicht belastet und ambu- lant durchgeführt werden kann, während die Myelogra- phie auch bei geringer Korn- plikationsrate stationär erfol- gen sollte. Nach den vorlie- genden Ergebnissen ist eine zusätzliche Myelographie nur dann noch angebracht, wenn der CT-Befund entweder nicht ganz eindeutig ist oder mit der Klinik nicht übereinstimmt.

Lange Zeit war die spinale Myelogra- phie mit negativen oder positiven Kontrastmitteln (19)*) bei der Dif- ferentialdiagnose der Lumboischial- gie eine unentbehrliche Methode.

Mit ihr war nicht nur der Nachweis spinaler Raumforderungen, sondern vor allem eine exakte Höhenlokalisa- tion möglich, die vor ihrer Einfüh- rung auch bei eindeutigem neurolo- gischem Befund nicht immer mit letzter Sicherheit gelang.

Bei der spinalen Myelographie han- delte es sich jedoch trotz der Ent- wicklung gut verträglicher wasser- löslicher Kontrastmittel um eine in- vasive Untersuchungsmethode. Erst die Computertomographie (CT) eröffnete neue Möglichkeiten für ei- ne nichtinvasive Diagnostik (10). Ei- ne solche Diagnostik wurde durch die Entwicklung moderner hochauf- lösender Ganzkörper-Computerto- mographen möglich, die nicht nur die Beurteilung ossärer und artikulä- rer Strukturen, etwa die Feststellung einer spinalen Stenose oder eines engen Recessus lateralis (2, 7, 11, 13, 17) erlaubt, sondern auch die Differenzierung intraspinaler Weich- teile wie Duralsack, Nervenwurzeln, epidurale Venengeflechte, epidura- les Fettgewebe, Ligamentum fla-

vum, hinzugewinnen ließ (8, 15; Ab- bildung 1). Auf eine intrathekale In- jektion von Kontrastmitteln (5) kann heute in der Regel — zumindest im . Bereich des Lumbalkanals — verzich-

tet werden (14). Aus eigenen Erfah- rungen halten wir für die Darstellung des lumbalen Bandscheibenvorfalls ein Kontrastmittel für entbehrlich, wie die folgenden Abbildungen zei- gen (Abbildungen 2, 3, 4).

Heute ist die Darstellung der Band- scheibe und ihre dorsale Begren- zung gegenüber spinalen Tumoren ebenso wie die Differentialdiagnose eines Bandscheibenprolapses mög- lich (6), wenn auch die Abgrenzung gegenüber postoperativem Narben- gewebe in vielen Fällen schwierig bleibt. Ob spezifische Dichteunter- schiede hier weiterhelfen können, muß zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch offenbleiben (Abbildung 5).

Neben horizontalen Schnitten ist durch Rekonstruktion eine seitliche oder koronare Darstellung des Spi- nalkanals möglich.

In der vorliegenden Literatur wird die Treffsicherheit der spinalen

*) Die in Klammern stehenden Ziffern bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis des Sonderdrucks.

Ausgabe B

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

79. Jahrgang Heft 46 vom 19. November 1982 29

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Lumbale Computertomographie

Abbildung 1 (linkes Bild): Normales CT L5/S1 mit Darstellung von: a) Duralsack, b) Nervenwurzeln, c) Ligamentum flavum und d) epiduralem Venengeflecht. Das epidurale Fettgewebe, in das diese Strukturen eingebettet sind, erscheint hypodens und ist symmetrisch verteilt—Abbildung 2 (rechtes Bild):Totalsequester rechts L5/S1 medial derWu rzel mit Kompression des Du ralsackes (—>)

Abbildung 3 (linkes Bild): Lateromedialer, sequestrierter Prolaps links L4/L5 bis zum Foramen reichend (—>) — Abbildung 4 (rechtes Bild): Freier Sequester im Foramen L2/L3 links (--›)

Computertomographie beim Nach- weis des lumbalen Bandscheiben- vorfalls mit 80 bis 100 Prozent ange- geben (3, 4, 9, 12, 16, 20).

In einer ersten Untersuchungsserie hatten wir an Hand von 60 Fällen Myelographie-, CT- und Operations-

befunde verglichen und dabei in 85 Prozent eine operative Bestätigung des CT-Befundes gefunden (1).

In der vorliegenden Arbeit können wir über 154 Patienten mit Band- scheibenvorfall berichten, die in un- serer Klinik operiert wurden. Bei 128

Patienten war präoperativ sowohl ei- ne spinale Computertomographie als auch eine lumbale Myelographie durchgeführt worden. 26 Patienten wurden auf Grund des computerto- mographischen Befundes operiert.

Der hohe Anteil der zusätzlich zur Computer-Tomographie noch mye-

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Lumbale Computertomographie

Abbildung 5 (linkes Bild): Zustand nach Operation eines Bandscheibenprolapses. Zu erkennen ist ausgedehntes Narbengewebe (—>) mit starken Adhäsionen am Duralsack bis zum Recessus lateralis reichend — Abbildung 6 (rechtes Bild): Seitliche Übersichts- aufnahme der Lendenwirbelsäule zur Höhenlokalisation (scout view) der Schichten

lographierten Patienten erklärt sich aus unserer anfänglichen Zurück- haltung, allein auf Grund des CTG- Befundes zu operieren.

Methode

Die Untersuchungen wurden mit ei- nem hochauflösenden Computerto- mographen der dritten Generation durchgeführt.

Die Patienten befanden sich dabei in Rückenlage. Ein optimales compu- tertomographisches Bild erfordert eine achsengerechte Schichteinstel- lung, das heißt die Schichten müs- sen möglichst genau im Querschnitt der Bandscheibe bzw. des Wirbel- körpers liegen (18).

Hierzu kann die Gantry in einen Be- reich von minus 15 bis plus 15 Grad gekippt werden, zusätzlich ist je- doch ein Lordoseausgleich durch Anwinkeln der Beine, unter Umstän- den durch Hochlagern des Beckens, notwendig. Die einmal eingenom- mene Position muß der Patient wäh- rend der gesamten Untersuchungs- dauer beibehalten, damit die später angefertigten Schichten, die ver-

schiedene Dicke und Abstand haben können, auch wirklich mit den zur Höhenlokalisation vorher angefer- tigten seitlichen Übersichtsaufnah- men der Lendenwirbelsäule (scout view) übereinstimmen (siehe Abbil- dung 6).

Bei unseren Untersuchungen betru- gen Schichtdicke und Schichtab- stand 5 mm, das heißt die Schichten deckten den gesamten jeweils unter- suchten Bereich ab, ohne sich zu überlappen.

Bei der Festlegung der Schichten ist darauf zu achten, daß nicht nur die Zwischenwirbelräume erfaßt wer- den, sondern darüber hinaus noch etwa ein Drittel der kranial und kau- dal angrenzenden Wirbelkörper, um möglicherweise kranial und kau- dal luxierte Bandscheibensequester nachzuweisen. Bei unseren Untersu- chungen wurden routinemäßig die Höhen L4/L5 und L5/S1 geschichtet, höhere Segmente nur dann, wenn die Klinik dafür sprach. Es muß aus- drücklich betont werden, daß eine vorherige exakte neurologische Un- tersuchung erforderlich ist, um den zu untersuchenden Bereich bestim- men zu können.

Ergebnisse

Der Vergleich der Computertomo- graphie- und Myelographiebefunde bei den 128 Patienten (Tabelle 1) zeigt eine Übereinstimmung in 104 Fällen (81, 25 Prozent). Bei 103 Pa- tienten waren sowohl Computerto- mographie als auch Myelographie positiv, bei einem Patienten waren beide negativ und sprachen für post- operative Verwachsungen nach vor- angegangener Operation. Der Be- fund konnte später operativ bestä- tigt werden.

Betrachtet man die präoperativen Untersuchungsbefunde im Ver- gleich zu den Operationsbefunden, so ergeben sich die in Tabelle 2 und 3 dargestellten Ergebnisse.

Die Tabelle 2 zeigt, daß ein positiver CT-Befund in 104 Fällen und ein ne- gativer in 6 Fällen operativ bestätigt werden konnte. Dies entspricht ei- ner Treffsicherheit von 85,93 Pro- zent. Falsch positive und falsch ne- gative CT-Befunde gab es jeweils in 9 Fällen (7,03 Prozent). Bei den mye- lographischen Untersuchungen (sie- he Tabelle 3) ergab sich bei 110 Pa- tienten ein positiver und bei 2 Pa-

Ausgabe B DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 46 vom 19. November 1982 31

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Computertomographie positiv negativ Myelographie positiv 103 10

Myelographie negativ 14 1

Computertomographie positiv negativ

Operation positiv 104 9

Operation negativ 9 6

Computertomographie positiv negativ

Operation positiv 130 9

Operation negativ 9 6

Myelographie positiv negativ

Operation positiv 110 10

Operation negativ 6 2

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Lumbale Computertomographie

Tabelle 1: Vergleich von Computertomographie- und Myelogra- Tabelle 2: Treffsicherheit der Computertomographie; Vergleich

phiebefund; n = 128 präoperative Befunde mit Operationsergebnissen; n = 128

Tabelle 3: Treffsicherheit der Myelographie; Vergleich präope- Tabelle 4: Treffsicherheit der Computertomographie; Vergleich rative Befunde mit Operationsergebnissen; n = 128 CT-Befund mit Operationsbefund; n = 154

tienten ein negativer Befund, das heißt eine Treffsicherheit der Myelo- graphie von 87,5 Prozent. Falsch po- sitive Myelographiebefunde wurden in 10 Fällen (7,81 Prozent), falsch negative in 6 Fällen (4,68 Prozent) erhalten.

Zusätzlich können wir die Ergebnis- se von 26 Patienten mitteilen, die allein auf Grund des CT-Befundes operiert wurden. In allen Fällen sprach der CT-Befund eindeutig für das Vorliegen eines Bandscheiben- prolapses, der operativ bestätigt werden konnte. Hier handelte es sich um selektierte Fälle mit eindeu- tigen klinischen und computertomo- graphischen Befunden.

Vergleicht man den CT-Befund mit dem Operationsbefund bei allen 154 untersuchten Patienten, so stellt man fest, daß die Ergebnisse in 136 Fällen übereinstimmen, wie sich aus Tabelle 4 ergibt. Dies entspricht ei- ner Treffsicherheit der Computerto- mographie von 88,31 Prozent.

Falsch positive und falsch negative CT-Befunde ergaben sich in jeweils 5,84 Prozent.

Besprechung

Wie die Ergebnisse zeigen, sind spi- nale Computertomographie und Myelographie in ihrer diagnosti-

schen Wertigkeit nahezu gleich.

Myelographische Befunde konnten in 87,5 Prozent, computertomogra- phische Befunde in 88,31 Prozent der Fälle operativ bestätigt werden.

Die Computertomographie hat als nichtinvasive Untersuchungsmetho- de den großen Vorteil, daß sie den Patienten nicht belastet und ambu- lant durchgeführt werden kann, während die Myelographie auch bei geringer Komplikationsrate doch stationär erfolgen sollte. Computer- tomographisch ist es möglich, den Prolaps nicht nur im Spinalkanal darzustellen, sondern seine genaue Lokalisation und Beziehung zum Duralsack und zur Wurzel zu ermit- teln. In vielen Fällen gelingt es so- gar, durch Messung der Dichte auf seine Beschaffenheit, das heißt Be- ginn oder Grad der Sequestierung, präoperativ zu schließen. Allerdings verlangt die Computertomographie eine dezidierte Fragestellung, da die Anzahl der Schichten begrenzt wer- den muß. In den meisten Fällen ge- lingt dies durch eine vorherige neu- rologische Untersuchung. Bei Pa- tienten mit unsicherer Höhenlokali- sation sollte unseres Erachtens pri- mär myelographiert werden.

Trotz der ermutigenden computerto- mographischen Ergebnisse behält die Myelographie weiterhin ihren Stellenwert bei der Diagnostik des Spinalkanals. Sie sollte zusätzlich

dann durchgeführt werden, wenn der CT-Befund entweder nicht ein- deutig ist oder mit der Klinik nicht übereinstimmt. Wenn auf Grund der Klinik eine Höhenlokalisation mög- lich ist, sind wir allerdings der Auf- fassung, daß primär grundsätzlich eine Computertomographie durch- geführt werden sollte, denn im Falle eines positiven Befundes kann auf eine zusätzliche Myelographie ver- zichtet werden.

Zusammenfassung

An Hand von 154 Patienten mit lum- balen Bandscheibenprolapsen wur- de die diagnostische Bedeutung der Computertomographie erörtert. Die Ergebnisse zeigen, daß die Compu- tertomographie der Myelographie gleichkommt. Die Computertomo- graphie bietet jedoch den Vorteil, daß sie ambulant durchgeführt wer- den kann, wobei für den Patienten keine Belastung entsteht. Bei 26 Pa- tienten, die auf Grund des klinischen und computertomographischen Be- fundes operiert wurden, betrug die Treffsicherheit 100 Prozent.

Anschrift für die Verfasser:

Professor Dr. med. Basile Bingas Neu roch iru rgische Abteilung des Sankt-Gertrauden-Krankenhauses Paretzer Straße 11

1000 Berlin 31

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