1. Einleitung
Seit der Entdeckung der Röntgen- strahlen war keine technische Neue- rung so revolutionierend für die Röntgendiagnostik wie die Einfüh- rung der Computertomographie (CT) im Jahre 1972.
Bei dieser Methode, deren Entwick- lung vor allem ein Verdienst des englischen Physikers Hounsfield ist, handelt es sich um ein Transversal- schichtverfahren; die Strahlenquelle mit stark eingeblendetem Strahlen- bündel und ein mit ihr gekoppeltes hinter dem Patienten angebrachtes, aus mehreren Detektoren oder ei- nem Detektorenkranz bestehendes Meßsystem bewegt sich in einem Kreisbogen um den Körper.
Aus den dabei registrierten Absorp- tionswerten, die von der Ordnungs- zahl des Materials, seiner Dichte und seinem Durchmesser abhängen, werden von dem angeschlossenen Computer die Dichteunterschiede für jeden Bildpunkt errechnet und in einem vorgegebenen Raster auf ei- nem Monitor in entsprechende Hel- ligkeitsstufen umgesetzt wiederge- geben.
Es gelingt so, Absorptionsunter- schiede von 0,5 Prozent gegenüber etwa 4 Prozent bei dem Röntgenfilm zu erfassen und bei starken Kontra- sten eine Auflösung von Strukturen bis zu zwei Millimeter Durchmesser zu erreichen.
In den gebräuchlichen CT-Systemen beziehen sich die in Relativwerten angegebenen Schwächungskoeffi- zienten auf Wasser und Luft; danach hat Wasser den Dichtewert „null", Luft minus 1000 und dichter Kno- chen etwa plus 1000. Die Dichtewer- te der Weichteile des menschlichen Körpers liegen zwischen null und 80; lediglich Fett erreicht die Werte bis minus 100.
Zu Ehren Hounsfields erfolgen diese Angaben zur Dichte auch in Houns- field-Einheiten. (Die entsprechen- den von EMI verwandten Werte er- strecken sich von plus 500 bis minus 500).
Die Untersuchung erfolgt am liegen- den Patienten; in Abhängigkeit vom Volumen des zu untersuchenden Organs werden durchschnittlich 8 bis 14 Schichten von je 8 oder 13
Millimeter Breite angefertigt, auf de- nen sich dann in Abhängigkeit von der Dichte des Gewebes normoden- se, hypo- und hyperdense Bezirke differenzieren lassen.
Bei verschiedenen Organen und ins- besondere beim Gehirn erreicht man durch eine intravenöse Kon- trastmittelinjektion (1 ml 60prozenti- ges Kontrastmittel je kg Körperge- wicht) eine noch bessere Abgren- zung normaler und pathologischer Strukturen. Die Scanzeit der in Be- trieb befindlichen Geräte beträgt derzeit für die Ganzkörper-CT 3 bis 5 beziehungsweise 17 bis 20 Sekun- den und für die Schädel-CT etwa 1 bis 1 1/2 Minuten.
Die Strahlenbelastung ist relativ ge- ring, da mit hohen kV-Zahlen (120 bis 140 kV) gearbeitet wird, der Röntgenstrahl stark ausgeblendet ist und sich die Dosis über eine rela- tiv große Oberfläche verteilt.
So ist zum Beispiel bei einer Unter- suchung der Nieren die Hautdosis mit der Strahlenbelastung eines konventionellen Ausscheidungsuro- gramms vergleichbar, während die Gonadendosis deutlich niedriger liegt.
In der Bundesrepublik sind bis Juni 1978 etwa 52 Schädel- und 48 Ganz- körper-CT-Geräte in Betrieb genom- men worden. Die Anschaffungsko- sten für Schädel-CT-Geräte liegen
Mit Unterstützung der Deutschen Krebshilfe e. V.
Leistungsfähigkeit der
Ganzkörper-Computertomographie
Gerd Friedmann und Ulrich Mödder*)
Aus dem Radiologischen Institut der Universität zu Köln (Direktor: Professor Dr. Gerd Friedmann)
Die Computertomographie (CT) stellt eine revolutionierende Neue- rung in der Röntgendiagnostik dar. Sie ermöglicht als nichtinvasive Methode eine weitgehende Abklärung intrakranieller Prozesse. Die Ganzkörper-CT erweitert die Diagnostik im Bereich des Gesichtsschä- dels und des Thorax und liefert hervorragende Ergebnisse bei der Abklärung pathologischer Prozesse der parenchymatösen Abdomi- nalorgane, des Retroperitoneums und des Beckens. Die Strahlenbela- stung ist keineswegs höher als die bei bisherigen konventionellen Röntgenuntersuchungen.
DEUTSCHES
ÄRZTEBLATT
Heft 48 vom 30. November 1978 2891Ganzkö rper-Com putertomog raph ie
zwischen 0,8 und 1,5 Millionen DM und betragen für Ganzkörper-CT- Geräte zwischen 1,8 und 2,3 Millio- nen DM. Hinzu kommen die erfor- derlichen baulichen Maßnahmen, die mit etwa 50 bis 150 000 DM zu veranschlagen sind.
Die Folgekosten, zu denen die War- tungs-, Betriebs- und Personal- kosten zählen, belaufen sich jährlich auf etwa 250 000 DM. Berücksichtigt man ferner eine Amortisation von 20 Prozent jährlich und geht von einer
jährlichen Untersuchungsfrequenz
von etwa 2000 Patienten aus, so las- sen sich nach Döttl mit einer Vergü- tung von 180 bzw. 270 DM für Schä- deluntersuchungen und 400-450 DM für Organuntersuchungen mit dem Ganzkörper-CT eine Kosten- deckung und eine entsprechende Rentabilität erreichen. Diese Anga- ben erscheinen auch nach den eige- nen Erfahrungen realistisch. Die folgenden Abschnitte befassen sich mit den Ergebnissen bei Unter- suchungen des Kopfes, des Thorax, des Abdomens und des Skelettes.
2. Kopf (Tabelle 1)
2.1 Schädelinnenraum
Die zerebrale Computertomogra- phie dient in erster Linie dem Nach-
weis oder Ausschluß von Neubildun- gen, wird aber auch intensiv zur Dia- gnostik von Gefäßprozessen, atro- phischen Veränderungen, Mißbil- dungen und Verletzungsfolgen her- angezogen.
2.1.1 Tumoren
Der generelle Nachweis eines Groß- hirntumors gelingt - insbesondere nach intravenöser Kontrastmittel- applikation - in etwa 96 bis 98 Pro- zent. Bei den nichterfaßten Tumoren handelt es sich um noch kleine oder nahe den knöchernen Strukturen gelegene Geschwülste. Neben der Ausdehnung und Lagebestimmung des Tumors kann bis zu einem ge- wissen Grade auch zur Art der Ge- schwulst eine Aussage getroffen werden.
So ist die größte Zahl der Astrozyto- me 1. Grades an einer hypodensen Zone im Vergleich zu normalem Hirngewebe kenntlich, während die übrigen Gliome zumeist ein inhomo- genes Bild mit teils hypo- oder iso- densen, aber auch hyperdensen Be- zirken bieten. Demgegenüber heben sich die Meningiome bereits im Na- tivscan vielfach als homogener hy- perdenser Bezirk ab. Häufiges Kenn- zeichen der Glioblastome ist ein ge- mischtes Bild mit einem oft zu beob- achtendem Ringschatten nach Kon- trastmittelgabe, der jedoch auch bei
Tabelle 1: Computertomographie Schädel
.... . . - ---· - -· ' l
..". Nachweis oder Ausschluß von Tumoren und Bestimmungen der Tumorgröße, des parifokalen Ödems und eventuell Artdiagnose ..". Gefäßprozesse: Minderperfusion, Blutung, größere Aneurysmen und Angiome
..". Hirnatrophie, Hydrozephalus und Hirnmißbildungen ..". Trauma: Epi- und subduralas Hämatom, Kontusionsherde ..". Orbita: Primäre und sekundäre Tumoren, eventuell Fremdkörper- lokalisation
..". Gesichtsschädel: Tumoren der Nasennebenhöhlen, des Retro- maxillarraumes, der Orbitaspitze und der Schädelbasis
i
Metastasen (Abbildung 1 ), Abszes- sen und anderen Raumforderungen vorhanden sein kann.
Supraseilära Raumforderungen, die in erster Linie Hypophysenadeno- men und Kraniopharyngiomen ent- sprechen, lassen sich am übersicht- lichsten in der sogenannten korona- ren Projektion darstellen, wobei zu- dem solide und zystische Bestand- teile der Geschwulst gegeneinander abzugrenzen sind (Abbildung 2).
Bei den infratentoriellen Prozessen lassen sich Neurinome ab einer Grö- ße von 1 ,5 bis 2 Zentimeter Durch- messer erfassen. Die Kleinhirntumo- ren stellen sich ab einer Größe von 2 bis 3 Zentimeter zumeist direkt dar und sind zudem an indirekten Zei- chen der Raumforderung, zu denen die Verlagerung des 4. Ventrikels und der Hydrocephalus occlusus gehören, erkennbar.
Der Stellenwert der CT im Rahmen raumfordernder zerebraler Prozesse ist heute so festzulegen, daß bei ent- sprechendem klinischen Verdacht die Computertomographie nach der neurologischen Untersuchung, dem EEG und Echogramm etwa parallel zur Isotopenuntersuchung und vor den invasiven Methoden zum Ein- satz zu gelangen hat.
2.1.2 Gefäßprozesse
Die Frage Blutung oder Infarkt, die klinisch im akuten Stadium oft nur schwer zu beantworten ist, bereitet computertomographisch wegen der gegensätzlichen Befunde kaum Schwierigkeiten, da sich koagulier- tes Blut durch seine hohe Dichte als hyperdenser Bezirk, das im Gefolge eines Infarktes sich entwickelnde Ödem mit anschließender Atrophie jedoch als hypodense Zone abhebt.
Mit zunehmender Resorption der Blutung können Befunde allerdings einander ähnlich werden. Bei Sub- arachnoidalblutungen aus Aneurys- men oder Angiomen sind größere Blutaustritte als solche erkennbar, kleine Aneurysmen bleiben verbor- gen, größere Gefäßwandaussackun-
Abbildung 2, Hypophysenadenom (unten links): Supra- und paraselläre Ausdehnung eines Hypophysenade- noms in koronarer Projektion dargestellt
Abbildung 3, Gesichtsschädeltumor (unten): Kieferhöh- lenkarzinom mit Einbruch in den maxilloethmoidalen Winkel in koronarer Projektion
gen und ausgedehntere Angiome bilden sich jedoch nach intravenö- ser Kontrastmittelapplikation ab.
2.1.3 Atrophie
Das Ausmaß atrophischer Verände- rungen sowohl der inneren als auch der äußeren Liquorräume und auch vorhandene Mißbildungen können computertomographisch unschwer nachgewiesen werden.
2.1.4 Verletzungen
Nach Schädel-Hirn-Verletzungen he- ben sich frische epi- und subdurale Blutungen ähnlich den erwähnten Massenblutungen kalottennahe als unterschiedlich große hyperdense Bezirke ab. Ältere Hämatome mit be- reits verflüssigtem Inhalt bewirken eine isodense oder sogar hypodense Zone, so daß dann im besonderen Maße auf Zeichen der Massenver- schiebung zu achten ist, um Fehl- diagnosen zu vermeiden.
2.2 Orbita
Bei raumfordernden Prozessen der Augenhöhle läßt sich vielfach festle- gen, ob die Veränderung vom Ner- vus opticus, der Muskulatur, den knöchernen Strukturen oder der Tränendrüse ausgeht; bedingt ist auch eine Aussage zur Frage infil- trierendes Wachstum oder abge- grenzter Prozeß möglich, während die Artdiagnose häufig offenbleiben muß.
Gute Erfahrungen liegen ferner bei der Lokalisation intraorbitaler Glas- fremdkörper vor.
2.3 Gesichtsschädeltumoren Ausdehnung und Wachstumsrich- tung der Gesichtsschädeltumoren können mit Hilfe der axialen und ko- ronaren Projektion für die Opera- tions- und Therapieplanung über- sichtlich dargestellt werden (Abbil- dung 3), wobei sich im Vergleich zur Filmtomographie eine Einsparung
an Zeit ergibt, die Belastung für den Patienten durch unbequeme Lage- rung geringer ist und die Beurtei- lung der einzelnen Strukturen leich- terfällt.
Die Frage nach einer Beteilung der Fossa pterygo-palatina und der vor- deren Keilbeinhöhlenwand bei noch kleineren Tumoren bedarf allerdings weiterhin seitlicher Film-tomo- gramme.
Anhang Spinale Prozesse
Für die Diagnostik raumfordernder spinaler Prozesse hat die CT bisher nur begrenzte Bedeutung erlangt;
Skelettveränderungen, die den Spi- nalkanal einengen, sind sicher gut zu erkennen;. langsam wachsende Tumoren führen zu einer Auswei- tung des Spinalkanals, die aber auf Nativaufnahmen zu sehen ist; bei sogenannten Sanduhrgeschwülsten gelingt es, die Größe und Lage des
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 48 vom 30. November 1978 2893
Ganzkörper-Computertomographie
extraspinalen Tumoranteils und auch die eventuell vorhandene Druckatrophie am angrenzenden Knochen darzustellen.
3. Thoraxorgane
Die Indikation der CT im Thoraxbe- reich (Tabelle 2) betrifft bestimmte Erkrankungen des Herzens, die Fra- ge nach einem Aortenaneurysma und mediastinale, pulmonale, pleu- rale und von der Thoraxwand ausge- hende Prozesse.
Perikardiale Flüssigkeitsansamm- lungen und epikardiale, im Herz- Zwerchfell-Winkel gelegene Flüssig- keit oder Fettgewebe enthaltende Verdichtungen lassen sich gut tren- nen. ln den Herzhöhlen gelegene Tumoren und größere Thromben werden als Aussparungen innerhalb des Herzschattens sichtbar (Abbil- dung 4).
Aortenaneurysmen bilden sich rela- tiv gut ab, da an Hand der Schicht- serie der Übergang vom normal wei- ten zum pathologisch veränderten Gefäßlumen darzustellen ist.
Im Mediastinum sind die Beziehun- gen einer Geschwulst zur Umge- bung und den Nachbarorganen ne- ben den Zeichen der Verdrängung
r -- - - -- --- - -- -- -- -
gut zu demonstrieren, ein Vorteil, der für einen vorgesehenen chirur- gischen Eingriff und für die Bestrah- lungsplanung von Bedeutung ist.
Kleine, insbesondere pleuranahe und paravertebral gelegene Meta- stasen sind nach ersten systemati- schen Untersuchungen computer- tomographisch besser zu erfassen als filmtomographisch.
Für unklare, pleuranahe gelegene Veränderungen bietet die CT beson- ders gute Voraussetzungen zur ge- zielten und treffsicheren Punktion.
Zur ätiologischen Klärung pulmona- ler Verschattungen hilft die Compu- tertomographie mitunter entschei- dend, wie das Beispiel einer klinisch und laborchemisch stummen Lun- genechinokokkose zeigt (Abbildung 5).
4. Abdomen
Eine breite Anwendung hat die Computertomographie inzwischen auch im abdominellen Bereich er- fahren (Tabelle 3). Hier lassen sich vor allem Prozesse der parenchyma- täsen Organe, aber auch des retro- peritonealen Raumes genauer diffe- renzieren. Die Absorptionswerte der parenchymatösen Organe liegen re-
Tabelle 2: Computertomographie Thorax
~ Mediastinum Primäre und sekundäre Tumoren und Differenzie- rung in solide, zystische, fetthaltige oder vaskuläre Raumforderungen
~ Pulmo
~ Cor
~ Pleura und Thoraxwand
Ausdehnung von Tumoren; Metastasennachweis Perikarderguß, Perikardzysten, Aortenaneurysma und intrakardiale Tumoren und Thromben
Primäre und sekundäre Tumoren; Differenzierung von soliden, flüssigen, fetthaltigen Prozessen; Nachweis von Verkalkungen; Abklärung paraverte- braler-intraspinaler Raumforderungen
Gezielte Punktion Strahlentherapieplanung
lativ eng beieinander; lediglich Le- ber und Nieren haben Dichtewerte, die sich voneinander abheben. Die Unterscheidbarkeit der übrigen Or- gane ist somit abhängig von der Ausbildung periparenchymatösen Fettgewebes, dessen Fehlen bei Kin- dern die computertomographische Untersuchung erschwert, wenn nicht unmöglich macht.
4.1 Pankreas
Die CT ermöglicht, das gesamte Or- gan in etwa 80 Prozent übersichtlich darzustellen. Dabei darf nach Haaga der Pankreaskopf nicht größer als der in gleicher Höhe bestimmbare Durchmesser des Wirbelkörpers sein und der Durchmesser des Pan- kreaskörpers nicht mehr als Zwei- drittel des Wirbelkörperdurchmes- sers betragen.
Die Wertung pathologischer Verän- derungen ist mitunter erschwert, wenn nur eine Organvergrößerung besteht, die sowohl bei der akuten und chronischen Pankreatitis als auch beim Tumor zu sehen sein kann, wenngleich der Tumor doch häufiger auf einen Teil des Organs beschränkt ist. Karzinome sind ab einem Durchmesser von 3 bis 4 Zen- timeter in etwa 85 Prozent, Pankrea- titiden in gut 80 Prozent diagnosti- zierbar; ein zusätzlicher Vorteil der Computertomographie ist hierbei, daß in den entsprechenden Schnit- ten auch pathologische Befunde der Nachbarorgane, so der Gallenblase, der Leber, der Nieren oder der Lymphdrüsen miterfaßt werden (Ab- bildung 6).
Fehlerhafte Befunde beruhen zu- meist darauf, daß angrenzende Strukturen insbesondere retroperi- toneale Tumoren und Metastasen noch als Pankreasgewebe angese- hen werden, bei schlanken oder kachektischen Patienten eine feh- lende Organabgrenzbarkeit besteht, Adhäsionen der Umgebung, Lage- anomalien des Organs und Artefakte zur Täuschung Anlaß geben und schließlich aus Unerfahrenheit Fehl- interpretationen erfolgen. Der letzt- genannte Grund, kleine Tumoren
Abbildung 4, Herzthrombus: Linksventrikulärer Herzthrombus im Lävokardiogramm (rechts) und im Computertomogramm nach intra- venöser Kontrastmittelapplikation (oben)
Abbildung 5, Lungenechinokokkus: Klinisch symptomloser Lungenechinokokkus bei 6jährigein Jungen im Thorax-Über- sichtsbild (links) und im Computertomogramm (rechts), Nachweis von zystischen Raumforderungen mit wasseräquivalen- ten Dichtewerten
und nur geringe Organvergrößerun- gen führen vorwiegend zu den falschnegativen Befunden.
Vergleicht man die Ergebnisse der CT mit den anderen zur Diagnostik von Pankreaserkrankungen heran- gezogenen Untersuchungsverfah- ren, so ergibt sich, daß sie weit bes-
sere Ergebnisse erbringt, als die Ma- gen-Darm-Passage und die Iso- topendiagnostik, so daß die CT bei klinischem Verdacht auf eine Pan- kreaserkrankung diesen Untersu- chungen vorgeschaltet werden soll- te. Die endoskopische retrogra- de Cholangio-Pankreatikographie (ERCP) ist der CT in der Diagnostik
des Karzinoms der Papilla Vateri überlegen; durch die Kombination beider Methoden ist der frühzeitige Nachweis pathologischer Verände- rungen am Pankreaskopf am besten gewährleistet. Im Vergleich zur So- nographie schneidet die Computer- tomographie besser ab, jedoch sind die besten Resultate auch hier durch
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Heft 48 vom 30. November 1978 2895Ganzkörper-Computertomographie
die Anwendung beider Verfahren zu erzielen. Die Notwendigkeit zur An- giographie wird seltener gegeben sein und die Indikation sich auf un- klare Fälle und den Nachweis von endokrinen Tumoren beschränken.
4.2 Leber
Die Größenbestimmung des Organs gelingt einwandfrei. Mit einer Dar- stellung primärer oder sekundärer, die Leber befallener Tumoren ist in etwa 80 Prozent zu rechnen, wobei die Größe des Tumors und das Aus- maß der Leberschädigung eine Rol- le spielen. Nimmt nämlich der Fett- gehalt der Leber zu und damit die Dichte des Organs ab, lassen sich Metastasen von Organen, die primär eine niedrigere Dichte als normales Leberparenchym haben, nicht mehr grenzen. Hilfreich kann hier die Ga- be nierengängigen Kontrastmittels sein, das einen Dichteanstieg in Ab- hängigkeit von der vaskulären Per- fusion und der interstitiellen Diffu- sion des Kontrastmittels bewirkt, so daß sich dann hypovaskularisierte Metastasen als hypodense, hyper-
vaskularisierte Tumoren als hyper- dense Strukturen markieren. Zystische Leberveränderungen, zum Beispiel im Rahmen einer Echino- kokkose oder zystischen Degenera- tion sind aufgrund ihrer niedrigeren Dichtewerte und scharfen Begren- zung unschwer zu identifizieren; Le- berabszesse haben zentral ebenfalls niedrige Absorptionswerte, sind je- doch zur Peripherie unscharf be:
grenzt.
Eine obstruktive Cholestase führt zu einem charakteristischen Bild mit zentral weiten und nach peripher sich verjüngenden Gallenwegen, während die Befunde bei hepazellu- lären Erkrankungen recht unspezi- fisch sind.
Vergleichende Untersuchungen zwi- schen CT, Sonographie und lso- topenuntersuchung ergaben, daß die Isotopendiagnostik als Screen- ingmethode angewendet werden sollte, Anatomie und Art der Leber- veränderungen im Sonagramm am eindeutigsten zu erfassen waren, al- lerdings die lateral und kranial loka-
Tabelle 3: Computertomographie Abdomen ..,.. Leber
..,.. Pankreas
..,.. Nieren und Nierenbecken
Primäre und sekundäre Tumoren und Differenzie- rung in solide, zystische oder entzündliche Pro- zesse; Nachweis einer obstruktiven Cholestase Tumoren; Pseudozysten; nekrotisierende oder hämorrhagische Verlaufsform der akuten oder chronischen Pankreatitis
Tumoren; Differenzierung von soliden, zystischen oder entzündlichen Raumforderungen. Nachweis nicht schattengebender Steine; Abklärung einer sogenannten stummen Niere
..,.. Nebennieren Organvergrößerungen ..,.. Retroperito-
neum und Becken
Lymph knotenverg rößeru ngen; Aortenaneurysmen; Raumfordernde Prozesse, deren Ausdehnung und Gewebszusammensetzung
Gezielte Punktion Strahlentherapieplanung
lisierten und somit von den Rippen teilweise überlagerten Prozesse am besten computertomographisch zur Darstellung kamen. Die Kombina- tion CT und Sonographie scheint auch hier zu den günstigsten Resul- taten zu führen.
4.3 Nieren
Obwohl es computertomographisch sehr gut möglich ist, Größe, Lage, Form und Oberflächenbeschaffen- heit der Nieren einschließlich der perirenalen Abschnitte zu beurtei- len, hat sich an der Stellung des Ausscheidungsuregramms als Erst- untersuchung nichts geändert. Be- steht danach der Verdacht einer Raumforderung, bedarf dies der weiteren Abklärung durch die Sono- graphie und Computertomographie.
Hierdurch läßt sich zweifelsfrei eine weitere Einschränkung der Indika- tion zur retrograden Pyelographie und auch zur Renevasagraphie er- reichen.
Transplantatnieren und Organe, die wegen ihrer Insuffizienz im Aus- scheidungsurogramm nur unzurei- chend oder nicht mehr darstellbar sind, lassen sich computertomogra- phisch gut erfassen.
Bei den Tumoren ist deren Ausdeh- nung besser festzulegen als im Aus- scheidungsurogramm und auch ein Einbruch von Tumorgewebe in die Umgebung zu registrieren. Das Tumorgewebe selbst besitzt schwankende Dichtewerte, nimmt aber im Gegensatz zum gesunden Nierengewebe weniger Kontrastmit- tel auf, so daß dann der inhomogene unscharfe Übergang zu normalem Nierengewebe besser markiert wird. Eine Differenzierung zwischen mali- gnen und benignen Tumoren ist nur sehr begrenzt, eine Unterscheidung primär maligner Nierentumoren und Metastasen nicht möglich.
Zysten stellen sich scharf begrenzt und gut gegen das gesunde Gewebe abgesetzt mit wasseräquivalenten Werten dar. Die Differenzierung Hy- dronephrose/Pyonephrose ist auf- grund unterschiedlicher Dichtewer-
Abbildung 6, Pankreastumor: Pankreaskopftumor (links) mit nach ERCP kontrastierter, gestauter Gallenblase (Pfeil) und obstruktiver Cholestase (rechts)
Abbildung 7, Nierenbeckenstein: I. v. Urogramm: nichtschattengebende Nierenbeckenaussparung (links); im Computerto- mogramm Nachweis eines intrapelvinen Konkrementes (rechts)
te ebenfalls möglich. Andererseits läßt sich eine Pyonephrose bei iden- tischen Dichtewerten von einem Tu- mor mitunter schwer abgrenzen; zur Unterscheidung kann eine perirena- le Fettgewebswucherung beitragen, die bei der Pyonephrose, nicht aber beim Tumor zu beobachten ist.
Im Ausscheidungsurogramm sich darstellende Kontrastmittelausspa- rungen im Nierenbecken können von einem tumorösen Prozeß, einem nichtschattengebenden Stein oder von Blutkoagulen verursacht wer-
den. Die in der konventionellen Dia- gnostik als nichtschattengebende Steine klassifizierten Konkremente haben im Computertomogramm je- doch eine so hohe Dichte, daß sie sich eindeutig vom Parenchym un- terscheiden (Abbildung 7).
4.4 Nebennieren
Für den Nachweis von Nebennie- rentumoren zeichnet sich ebenfalls eine Änderung des diagnostischen Vorgehens ab. Während bisher bei
der Suche nach einem Phäochro- mozytom neben den Laboruntersu- chungen, dem Ausscheidungsuro- gramm und der etagenweise venö- sen Blutabnahme zur Hormonbe- stimmung die Angiographie unent- behrlich erschien, ist jetzt aufgrund der positiven Erfahrungen die Com- putertomographie als nichtinvasive Methode der Angiographie vorzu- schalten, da sie Nebennierentumo- ren ab einer Größe von 2 bis 3 Zenti- meter Durchmesser zu lokalisieren vermag (Abbildung 8). Statt einer dreieckförmigen oder ovalären Ne-
DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 48 vom 30. November 1978
2897Abbildung 10, Skelettmetastase: CT: ausgedehnte Destruktion am Os sacrum (links); im Filmtomogramm kaum zu erkennen (rechts)
Ganzkörper-Computertomographie
benniere stellt sich dann ein rundli- cher, glatt konturierter, relativ ho- mogener solider Prozeß dar.
4.5 Lymphknoten
Für die Lymphknotendiagnostik stellt die Computertomographie ei- ne ergänzende Methode dar, die im Anschluß an die Lymphographie einzusetzen ist, da die mit Lipiodol
kontrastierten Lymphknoten den Bildaufbau nicht stören und die Zu- ordnung erleichtern. Über die Innen- architektur der Lymphknoten ist kei- ne Aussage möglich, jedoch können in einer Region gelegene, nichtkon- trastierte Lymphknoten ab einer Größe von 2 bis 3 Zentimeter als solche nachgewiesen werden. Fer- ner ist es computertomographisch möglich geworden, im hinteren dor- salen Mediastinum lokalisierte ver-
größerte Lymphknoten, die sich bei der konventionellen bilateralen Fuß- lymphographie nicht kontrastieren, zu erfassen.
4.6 Kleines Becken
Im kleinen Becken sind Zysten, Aus- dehnung und Sitz von Blasentumo- ren (Abbildung 9), eine Prostataver- größerung, Lipome und Liposarko-
Abbildung 8, Nebennierentumor: Re.-seitiges Phäochro- mozytom von 2 cm Durchmesser (Pfeil)
Abbildung 9, Blasentumor: Dokumentation der intra- und extravesikulären Ausdehnung eines Blasentumors zur Strahlentherapieplanung
me und ausgeprägtere Lymphkno- tenschwellungen gut zu dokumen- tieren; damit bietet sich die Methode als präoperative Untersuchung — um das Ausmaß des Prozesses kennen- zulernen — für die Feldgrößen- und Dosisberechnung bei vorgesehener strahlentherapeutischer Behand- lung, für die Verlaufsbeobachtung und die frühzeitige Erkennung von Rezidiven an.
4.7 Palpable Tumoren
Bei palpablen Tumoren des Abdo- mens vermittelt die CT im Gegensatz zu den jeweils nur ein Organ erfas- senden konventionellen diagnosti- schen Methoden die Darstellung ei- nes kompletten Körperausschnittes.
In den bisher zu übersehenden Fäl- len gelang stets eine einwandfreie Organzuordnung des Palpationsbe- fundes, eine Größenbestimmung des Prozesses und eine Aussage über die Beziehung zu Strukturen angrenzender Bezirke.
Aus diesen Gründen sollte bei einer pathologischen Resistenz im Abdo- men die CT die Erstuntersuchung sein, da sie entscheidende Hinweise für das weitere diagnostische und therapeutische Vorgehen gibt und keine kontrastmittelbedingte zeitli- che Verzögerung für anzuschließen- de Untersuchungen in Kauf genom- men werden muß, ein gezielteres, auf den bereits lokalisierten Prozeß abgestimmtes Untersuchungspro- gramm angeschlossen werden kann und sich invasive Methoden wie die Angiographie nicht selten erüb- rigen.
5. Skelett
Die Erfassung des gesamten Körper- querschnittes bei der Abklärung tumoröser Prozesse führt nicht sel- ten zur Aufdeckung noch nicht be- kannter ossärer Metastasen (Abbil- dung 10).
Osteolysen imponieren als scharf begrenzte hypodense Areale, osteo- plastische Herde sind allerdings wesentlich schwieriger zu identifi-
zieren, da sie von degenerativ be- dingten Sklerosierungen, insbeson- dere an der Wirbelsäule, weniger gut abzugrenzen sind. Am Becken kön- nen überraschend weit ausgedehnte extra- und/oder intrapelvine meta- statische Weichteilinfiltrationen auf- gedeckt werden.
6. Ausblick
Die zukünftige Entwicklung der Ganzkörper-Computertomographie wird sicherlich noch zu einer Ver- besserung des räumlichen Auflö- sungsvermögens und kürzeren Scanzeiten führen, so daß bewe- gungsbedingte Artefarkte weitge- hend ausgeschaltet werden können.
Die Herzaktionen sind jedoch erst durch eine Scanzeit im msec-Be- reich zu überspielen. Durch die An- wendung verschiedener kV-Stufen oder den Einsatz differenter Detek- toren wird sich diA quantitative Ana- lyse der Absorptionswerte noch ver- bessern lassen.
Ferner ist eine Weiterentwicklung der Rechnerprogramme mit elektro- nischer Erstellung von Zusatzebe- nen (Longitudinal-, Sagittal- und Schrägebenen) zu erwarten.
Schließlich ist, bedingt durch die Registrierung so geringer Absorp- tionsunterschiede auch mit der Ent- wicklung neuer und eventuell or- ganspezifischer Kontrastmittel zu rechnen. Trotz des raschen techni- schen Fortschrittes ist die Entwick- lung der Computertomographie si- cher noch keineswegs zum Ab- schluß gekommen, so daß sich auch das Spektrum des klinischen An- wendungsbereiches noch ausweiten wird.
Zusammenfassung
Die Ganzkörper-Computertomogra- phie erfaßt mit einem hohen Maß an diagnostischer Sicherheit patholo- gische Prozesse des Schädelinnen- raums, der Orbitae und des Ge- sichtsschädels. Im thorakalen und abdominellen Bereich findet die
Computertomographie vor allem für die Organuntersuchung zunehmend Anwendung, da vielfach eine end- gültige Diagnose allein mit dieser Untersuchung zu erwarten ist, wert- volle Hinweise für das weitere dia- gnostische Vorgehen gewonnen werden und sich die Zahl invasiver Eingriffe reduzieren läßt.
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Anschrift der Verfasser:
Professor Dr. med. Gerd Friedmann Dr. med. Ulrich Mödder
Radiologisches Institut und Poliklinik
der Universität zu Köln Joseph-Stelzmann-Straße 9 5000 Köln 41