Röntgen
Zu der Glosse „Röntgen-Parasitose“
von Dr. med. Klaus Dieterich in Heft 33/1999:
Tollkühn
Den von Herrn Kollegen Dieterich bevorzugten Ge- schmack kann ich nicht tei- len. Zu fragen wäre allenfalls, ob entschuldigend für ihn Tucholskys Definition des Satirikers gilt. „Er ist ein gekränkter Idealist: er will die Welt gut haben, sie ist schlecht, und nun rennt er gegen das Schlechte an.“
Kein ernsthafter Kollege kann jedoch den augenzwin- kernden Hinweis unwider- sprochen lassen, daß wir Ärz- te es mit den gesetzlichen Vorschriften nicht so ernst nehmen sollten. Hat Herr Dieterich in den letzten Jah- ren keine Zeitungen gele- sen, als die Öffentlichkeit mit Horrormeldungen über Strahlenschäden durch zu vieles Röntgen überschüttet wurde? Die Röntgen-Verord- nung wurde bekanntlich vom Gesetzgeber verabschiedet zum Schutz der Patienten.
Falls Herr Kollege Dieterich es wünscht, ist die Deutsche Röntgengesellschaft gern be- reit, ihn und seinen unge- nannten Kollegen über die medizinischen und ökonomi- schen Vorteile einer an höch- sten Qualitätsmaßstäben ori- entierten radiologischen Dia- gnostik und Therapie aufzu- klären.
Daß er das Kind mit dem Bade auszuschütten anregt – und sei es auch nur in einer Glosse – ist angesichts der augenblicklichen Diskussion um die Gesundheitsreform mehr als tollkühn. Ist er sich eigentlich darüber im klaren, daß das Deutsche Ärzteblatt auch außerhalb unseres Be- rufsstandes auf interessierte Leser trifft, für die Hinweise auf „üppige Schlußzahlun- gen“, „schwarzes Röntgen“
und alternative Anlageme- thoden im Rotlichtmilieu nicht unbedingt Anlaß zum Lachen sind?
Vielleicht sollte man den Schreiber nicht zu ernst neh- men, meint doch Tucholsky:
„Satire ist eine durchaus po- sitive Sache. Nirgends ver- rät sich der Charakterlose schneller als hier, nirgends zeigt sich fixer, was ein gewis- senloser Hanswurst ist.“
Die Zitate von Kurt Tucholsky entstammen seiner 1919 erschienenen Glosse mit dem Titel „Was darf die Sati- re?“
Prof. Dr. med. Ulrich Möd- der, Deutsche Röntgenge- sellschaft, Du Pont-Straße 1, 61352 Bad Homburg v.d.H.
Frauenfeindlich
Mich erschüttert die Kritik- losigkeit, mit der Sie einen frauenfeindlichen Artikel in einem berufsständischen Or- gan, welches zur Hälfte von Frauen gelesen . . . wird, ver- öffentlichen.
Ich finde es überhaupt nicht witzig, wenn Frauen als Luxuskonsumobjekte in ei- ner Reihe mit dem Sportwa- gen und der Jacht genannt werden. Der Autor entlarvt sich als bedauernswerter Macho, der ins Bordell ge- hen muß, weil er seine Se- xualität in einer reifen, gleichberechtigten Bezie- hung nicht ausleben kann.
Ich rate zu einer Paarthera- pie, falls überhaupt eine Partnerin da ist.
Dr. Bettina Wiese, Guericke- straße 24, 30655 Hannover
Gesundheitsreform
Zur Gesundheitsreform:
Gehorsam verweigern
Es ist an der Zeit, der Ob- rigkeit den Gehorsam zu ver- weigern. Die Ärzte und Kran- kenhäuser würden von Nicht- fachleuten wie unmündige
„Deppen der Nation“ abge- tan. Ich fürchte um unsere noch zarte Demokratie.
Dr. med. Herbert Hesse, Simmlerstraße 4, 75172 Pforzheim
A-2398 (10) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 39, 1. Oktober 1999
S P E K T R U M LESERBRIEFE
Die neue Folge der Sendereihe „Das Gesundheitsmaga- zin“im ZDFam 6. Oktober, ab 21 Uhr, befaßt sich unter anderem mit den Themen „Viren“ und „Fuß- und Nagel- pilz-Erkrankungen“.
In der Vorankündigung des Senders heißt es unter ande- rem: „Immer wieder hat es für Schlagzeilen auch bei uns ge- sorgt: das Hanta-Virus. Eine hier vorkommende Variante dieses Erregers kann neben Fieber auch schwere Nieren- schäden bis hin zum vollständigen Nierenversagen verursa- chen. Jetzt wurde zufällig eine noch schlimmere Variante dieses Virus entdeckt.“ Erörtert wird auch die Inzidenz und die Behandlungsmöglichkeit bei Hepatitis C. Weltweit schätzt man, daß 400 Millionen Menschen an Hepatitis C er- krankt sind. Unter dem Titel „Praxis 2001“ werden künftige Impfstoffe vorgestellt, an denen die Forschung heute noch
fieberhaft arbeitet. EB
TV-Tip
Fortbildung
Zu dem Leserbrief „Unheil verhin- dern“ in Heft 30/1999:
Alles in einen Topf geworfen
Leider wirft Kollege Bock Aus-, Weiter- und Fortbil- dung in einen Topf. Der Fort- bildungsnachweis betrifft we- der die Ausbildung (Studium und AiP-Zeit) noch Weiter- bildung (Zeit bis zum Fach- arzt). Er muß also nicht den ärztlichen Nachwuchs (Stu- denten und Weiterbildungs- assistenten) vor ungenügend engagierten beziehungsweise qualifizierten Dozenten und Chefärzten in Schutz neh- men.
Es geht um (oft langjäh- rige und niedergelassene) Fachärzte. Der Fortbildungs- bedarf ist doch unbestritten, durch Untersuchungen be- legt, und gilt lebenslang. Es genügt nicht, sich in EBM- Akrobatik zu trainieren (in diesem Zusammenhang lei- der nicht Evidence based me- dicine).
Dr. med. Kaspar, Landesärz- tekammer Thüringen, Im Semmicht 33, 07751 Jena- Maua
Schmackhafte Brötchen
Natürlich ist mir nach über fünf Jahren Tätigkeit in der Lehre der Unterschied zwischen Aus-, Fort- und Weiterbildung bekannt. Für mich allerdings greifen diese Problemkreise stark ineinan- der. Deshalb schien es mir bei der gebotenen Kürze für ei- nen Leserbrief nicht sinnvoll, dies allzu weitschweifig aus- zudifferenzieren.
So stehe ich schon auf dem Standpunkt, daß eine qualifizierte und engagierte Weiterbildung an den Kran- kenhäusern mit der Weiter- gabe von Erfahrung durch gutes ärztliches Führungs- personal die Qualität der Versorgung durch niederge- lassene Kollegen und die
Fortbildungsaktivität eben derselben positiv zu beein- flussen vermag.
Dies gilt auch für eine gute schulische und universitäre Ausbildung mit Anleitung zu selbständigem wissenschaft- lich fundiertem Eigenstudi- um. Nach der Niederlassung soll in meinen Augen der Markt entscheiden, welcher Kollege erfolgreich ist. Dazu bedarf es keines Regulativs.
Ich gehe ja auch nicht zu dem Bäcker mit den meisten Zer- tifikaten an der Wand seines Ladens, sondern zu dem Bäcker mit den schmackhaf- testen Brötchen . . .
Dr. med. Peter Bock, Kaiser- berg 3, 40878 Ratingen
Kosovo
Zu dem Leserbrief „Was ich vermisse . . .“ von Peter Matchev in Heft 24/1999:
„Schrei“ nach Protest völlig unreell
. . . Die Geschichte des Krieges läuft immer auf das gleiche hinaus. In jedem Krieg, nicht nur in Kosovo, arbeiteten die Ärzte nicht nur unter den primitivsten und gefährlichsten Verhältnissen, sondern auch jedes Mal unter dem Einsatz ihres eigenen Lebens.
Im 2. Weltkrieg wurde un- ter dem Kerzenlicht operiert, im Vietnamkrieg wurden Operationsleuchten bezie- hungsweise Aggregate mit Fahrrädern betrieben und auch, wie schon bekannt aus jüngsten Geschehnissen, in Kroatien haben die Ärzte (in Vukovar) in provisorisch ausgebauten unterirdischen Räumen ihre eigenen wie auch die gegnerischen Ver- wundeten versorgt.
Später wurde auch in Sa- rajewo unter der jahrelangen serbischen Belagerung, unter nicht minder dramatischen Verhältnissen, die ärztliche Tätigkeit ausgeübt. Sub sole nihil novo!
Wann und wo konnten die Proteste von verschiedenen A-2399 Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 39, 1. Oktober 1999 (11)
S P E K T R U M LESERBRIEFE
Seiten die Kriege stoppen?
Wann und wo wurden da- durch die Greuel des Krieges gemildert?
„Inter arma“ nicht nur
„musae silent“, sondern auch unsere Sinne werden abge- stumpft und die Urinstink- te und Atavismen kommen an die Oberfläche, und folg- lich werden die Vernunft und humane Gefühle unter- drückt.
Mit Bestimmtheit kann man sagen, daß selten ein Krieg durch verschiedene Medien so intensiv und kon- stant vermittelt wurde wie der Krieg im Kosovo, und selten wurde so viel einem Land und seinen Menschen geholfen wie im Kosovo.
Folglich ist der „Schrei“
von Herrn Matchev nach ei- nem ausgebliebenen Protest der deutschen Ärzte gegen den Kosovo-Krieg völlig un- reell!
Dr. med. D. Madirazza, Un- terhoferstraße 26, 74653 Künzelsau
Weiterbildung
Zu dem Leserbrief „Einmal mehr das Messer geschärft“ von Dr. med. Hei- ner Loos in Heft 28–29/1999:
Großbritannien beispielhaft
Kollege Loos fragt unter Hinweis auf den Ärztetags- beschluß über eine Pflicht- Weiterbildung von 150 Stun- den in drei Jahren, wer die Kosten des Praxisausfalls übernimmt bei gleichzeiti- ger Verpflichtung des Arztes zur Betriebswirtschaftlich- keit.
Dazu ein Beispiel aus Großbritannien: Dort erhält jeder Allgemeinarzt, der an mindestens fünf Tagen an ei- ner jeweils sechsstündigen anerkannten Fortbildungs- veranstaltung teilnimmt, als finanziellen Anreiz von der Gesundheitsbehörde 2 000 Pfund im Jahr (Quelle: DÄ 1996).
Dr. Rolf Klimm, Bach 2, 83093 Bad Endorf
Abtreibung
Zu unserer Berichterstattung über den medikamentösen Schwangerschafts- abbruch in Heft 30/1999:
Mit brennender Sorge
Wie uns die Beispiele des Komatösen, Schwachsinni- gen und auch schon des Schlafenden zeigen, befindet sich die ethische Relevanz des Menschen jenseits von Bewußtsein oder Leidens- fähigkeit. Ohne selber den Versuch der Definition des- sen zu wagen, was Mensch ist, bitte ich „mit brennender Sorge“ meine Arztkollegen um den sicheren Beweis, daß Embryonen keine Menschen sind. Denn einzig dann kann die Abtreibung durch uns als
„ärztlich“ bezeichnet wer- den.
Wenn ein Beweis nicht vorliegt, riskieren wir hun- derttausendfaches Töten von Menschen – unabhängig von der ausdrücklich nicht igno- rierten Not der Schwangeren.
Schon allein dieses Risiko einzugehen ist maximal un- ärztlich. Es zwänge deshalb zum Ausschluß aus unserem Kreis, der einen hohen ethi- schen Anspruch hat, wie in dem Kommentar „Genuine Aufgaben der Ärzte“ ange- deutet ist.
In diesem Heft findet sich zudem allerlei Organisatori- sches zum Thema Abtrei- bung: Änderung der An- schrift für Bundesstatistik, Haftungsrisiko bei Anwen- dung von Mifepriston. Dieses Nebeneinander von buchhal- terisch präziser Darlegung trockener Rechengrößen im Zusammenhang mit Abtrei- bung einerseits und anderer- seits die Beschreibung genui- ner, ethisch begründeter Auf- gaben der Ärzte ist im vorlie- genden Ärzteblatt von sol- cher Ruhe, daß es mir graust – jedenfalls so lange, bis ich weiß, daß wir Ärzte nicht Menschen töten, wenn wir abtreiben.
Dr. med. Bernd Balke, Linzer Straße 14, 53489 Sinzig A-2400 (12) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 39, 1. Oktober 1999
S P E K T R U M LESERBRIEFE