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Die Frage: War der Kosovo-Krieg vöUkerrechtswidrig?

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Deutschland

wenigen Kritiker am Nato-Einsatz aus den Reihen der Bundestags-Grünen, forderte in seinem Plädoyer Freispruch für einen der Aufruf-Unterzeichner, "weil es keine vom Grundgesetz und vom Völkerrecht ge- tragene Legitimation für den Kosovo-Ein- satz gegeben hat".

Die Staatsanwälte bestreiten nicht ein- mal, dass die meisten Experten den Koso- vo-Krieg für völkerrechtswidrig halten.

Doch das Völkerrecht spiele hier keine Rol- le, sagen sie: Das Gebot, rechtswidrige Be- fehle zu verweigern, beziehe sich nur auf kriminelle Einzelbefehle. Und Fahnen- flucht sei niemals gerechtfertigt, auch nicht bei einem rechtswidrigen Angriffskrieg.

Deutsche Tornado-Besatzung: "Vordemokratischer Kadavergehorsam"?

Für Wolfgang Kaleck, selbst Rechtsan- walt und als Mitunterzeichner in erster In- stanz freigesprochen, passt diese Haltung

"eher in die Vordemokratische Zeit des Ka- davergehorsams": Das Strafrecht müsse im Rahmen dessen gelten, was im Grundge- setz und im Völkerrecht verankert sei.

PROZESSE

Kriminelle Beteiligung

Berliner Staatsanwälte verfolgen dutzendevon Unterzeichnern eines

Aufrufs zur Befehlsverweigerung.

Die Frage: War der Kosovo-Krieg vöUkerrechtswidrig?

D

en Beifall der Zuhörer verbat sich der junge Richter dann doch. Dabei hatte er den im Raum 157 des Amtsgerichts Tiergarten anwesenden Kriegsgegnern soeben einen Herzens- wunsch erfüllt.

Denn zum Freispruch des Angeklagten, der im April vergangeneo Jahres einen Aufruf an die am Kosovo-Krieg beteiligten Bundeswehrsoldaten mit unterzeichnet hatte, lieferte der Amtsrichter erstmals die ersehnte Begründung: "Der Aufruf an die Soldaten, sich nicht am Krieg zu beteiligen, ist nicht strafbar, weil der Bundeswehrein- satz als solcher rechtswidrig war."

Während das Bundesverfassungsgericht eine Klage der PDS-Fraktion gegen die Nato-Luftangriffe aus formalen Gründen verworfen hat und das Urteil des Interna- tionalen Gerichtshofs in Den Haag über die Klagen Jugoslawiens noch aussteht, wird die Rechtswidrigkeit der angeblichen

"humanitären Intervention" vor dem Ber- liner Amtsgericht zum Streitgegenstand.

Seit Anfang November läuft eine Serie von Verfahren gegen mehr als 40 deutsche Kriegsgegner. Prominentester Angeklag- ter: der Berliner Politologie-Professor Wolf- Dieter Narr, Mitverfasser einer Streitschrift gegen den Kosovo-Krieg. Gegen ihn wird am Donnerstag dieser Woche verhandelt-

just einen Tag bevor sich der Beginn der so genannten Luftschläge der Nato auf Ziele in Serbien und im Kosovo jährt.

Am 24. März 1999 trat die Bundesrepu- blik Deutschland in die ersten Kampfhand- lungen gegen einen souveränen Staat seit dem Zweiten Weltkrieg ein. Knapp einen . Monat später wurde in der Berliner "Ta- geszeitung" der von ost-und

westdeutschen Pazifisten und Bürgerrechtlern unterzeichne- te Aufruf veröffentlicht: "Eine Beteiligung an diesem Krieg ist nicht zu rechtfertigen. Verwei- gern Sie deshalb Ihre Einsatz- befehle. Entfernen Sie sich von der Truppe! Lehnen Sie sich auf gegen diesen Krieg!"

Damit gerieten die Pazifis- ten ins Visier der Bundes- wehrverwaltung: Weil der

Die Staatsanwälte halten dagegen, man könne den Soldaten nicht zumuten, dass sie erkennen, ob ein Einsatz völker- rechtswidrig sei. Doch, sagen die Unter- zeichner-Anwälte wie Ströbele: Dieselbe Staatsanwaltschaft habe in den Mauer- schützen-Prozessen den ehemaligen DDR- Grenzsoldaten "in stundenlangen Plä- doyers vorgehalten, dass sie den menschenrechtswidrigen Schießbefehl befolgt haben".

Aufruf auch vor Bundeswehr- Anwalt Kaieck

Nicht alle Staatsanwälte ma- chen den Eindruck, als stün- den sie voll und ganz hinter der Anklage: Sie habe, gibt eine Staatsanwältin in ihrem Plädoyer zu, erst von Kollegen von der Strafbarkeit des Auf- rufs überzeugt werden müs- sen. Die Überzeugung der zu- ständigen Amtsrichter gelang den Staatsanwälten wesentlich schlechter:

s

Unterzeichner wurden bisher verurteilt, 22 aber freigesprochen.

kasernenverteilt wurde, stell- te der Präsident der "Wehr- bereichsverwaltung V44, Karl- Dieter Stein, Strafanzeige. Die Berliner Staatsanwaltschaft zog kurz darauf alle laufen- den Ermittlungen an sich.

Zwar ist kein Tornado-Pilot oder Waffenelektroniker der Bundeswehr dem Aufruf ge- folgt. Weil er aber nach Para- graf 111 des Strafgesetzbuchs eine "Öffentliche Aufforde-

rung zu Straftaten'4 darstelle, Angeklagter Narr nämlich zu Befehlsverweige-

Doch auch die meisten Richter scheuen sich, auf die völkerrechtliche Problematik einzugehen. Der Aufruf sei von der verfassungsrechtlich geschützten Meinungsfreiheit gedeckt, lautet die gängige Urteilsbegründung zu Guns- ten der Unterzeichner, zu- mindest aber müsse ihnen ein ,Yerbotsirrtum" zugestanden werden. Die leidenschaftli- rung und Fahnenflucht, beantragte die

Staatsanwaltschaft Strafbefehl gegen jeden einzelnen Unterzeichner, mit Geldstrafen zwischen 2000 und 7500 Mark.

"Kriminell ist doch die Beteiligung an ei- nem völkerrechtswidrigen Krieg, nicht der Aufruf zur Befehlsverweigerung4' , hält Narr dem entgegen. Auch Rechtsanwalt Hans-Christian Ströbele, selbst einer der

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chen Kriegsgegner sehen darin einen Frei- spruch minderer Güte: "Ich möchte die Anerkennung", sagt Narr, "dass unsere Ar- gumente dem Grundgesetz entsprechen."

Die Prozesslust beider Seiten ist unge- brochen: Gegen alle Freisprüche legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein- auch das mutige Urteil des jungen Amtsrichters wird angefochten. DIETMAR HIPP

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