„Die Eruption steht kurz bevor"
Pflegenotstände in den Krankenhäusern beklagt
betten geplant) in eigener Verant- wortung des Klinikträgers ohne In- anspruchnahme von öffentlichen Krankenhausfinanzierungsmitteln zu erfolgen hat. Nach Angaben des Klinikträgers soll der Routine-Ope- rationsbetrieb spätestens im Juni 1989 aufgenommen werden. Das In- vestitionsvolumen wird mit 45 Mil- lionen DM veranschlagt.
Gestiegene
Behandlungsfrequenz
Seit Inbetriebnahme des Fach- krankenhauses und des Rehabilita- tionszentrums im Jahr 1974 sind in Rotenburg mehr als 90 000 Patien- ten behandelt worden. 1987 wurden im Fachkrankenhaus rund 2500 und im Rehabilitationszentrum 5500 Pa- tienten versorgt. Mehr als 60 Pro- zent der Patienten kommen aus Bundesländern außerhalb Hessens und aus dem benachbarten Ausland.
Dies unterstreicht seine überregio- nale Bedeutung — auch im Hinblick auf den weiter notwendigen Abbau der Wartezeiten (in Hessen: durch- schnittlich 2 bis 6 Monate!).
Rotenburg plant in der Endaus- baustufe rund 1000 Operationen am offenen Herzen pro Jahr. Eine Kal- kulation der Sonderentgelte sei noch nicht möglich, so die Klinikleitung, doch kalkuliere man alternativ ein Angebot von Sonderentgelt gemäß
§ 6 BPf1V und separatem Tagespfle- gesatz und ein „Verbundpaket" aus Sonderentgelt und Pflegesatz. Zur Zeit (Mitte 1988) betragen die Son- derentgelte für herzchirurgische Operationen in Hessen zwischen 14 000 und 18 000 DM (ohne pau- schalen Pflegesatz in Höhe von 300 DM pro Tag in Universitätskli- niken).
Mit der Integration einer herz- chirurgischen Abteilung in den Kli- nikverbund ist das Herz-Kreislauf- Zentrum in Rotenburg an der Fulda das zweite Herzchirurgiezentrum in privater Trägerschaft in der Bundes-
republik Deutschland und das erste Zentrum, das Kardiologisches Fach- krankenhaus, Herz- und Gefäßchir- urgie und Rehabilitation in drei inte- grierten Fachbereichen und -klini- ken zusammenfaßt. HC
In einer Art Konzertierter Ak- tion haben sich jetzt 19 Verbände des Gesundheitswesens unter der Führung der Deutschen Angestell- ten-Gewerkschaft (DAG) und des Marburger Bundes (MB) für eine sofortige Beseitigung gravierender Pflegenotstände an vielen bundes- deutschen Kliniken ausgesprochen.
Sprecher des 7. Berufspolitischen Symposiums äußerten dabei Anfang Oktober in Hannover die Befürch- tung, daß mit der am 1. April näch- sten Jahres im öffentlichen Dienst eintretenden Arbeitszeitverkürzung die schon seit Jahren erkannten Mißstände im pflegerischen Bereich in eine Katastrophe münden, wenn dort nicht „unverzüglich" die erfor- derlichen Arbeitsplätze besetzt wür- den. Nach Auffassung der beteilig- ten Verbände müßten auf Grund der neuen Arbeitszeitregelung neben dem bisher schon ermittelten Zu- satzbedarf von 60 000 Pflegekräften weitere 20 000 Krankenschwestern und Pfleger eingestellt werden, um die zusätzliche Arbeitsbelastung auf- fangen zu können. Die Sprecher der Organisationen bezeichneten es als eine Zumutung, daß Krankenkassen und Krankenhausgesellschaften im- mer noch längst veraltete Anhalts- zahlen aus dem Jahr 1969 für die Personalschlüssel der 80er Jahre zu- grunde legten, obwohl damit eine ordnungsgemäße Patientenversor- gung nicht mehr zu gewährleisten sei. In einigen Regionen habe das bereits zu echten Pflegenotständen und nicht selten zu einer vollständi- gen Schließung ganzer Kranken- hausabteilungen geführt.
In einer „Resolution zur Ar- beitssituation in den Krankenhäu- sern" sprach sich die Konferenz da- für aus, zur Durchsetzung ihrer For- derungen auch vor dem Einsatz ei- nes „eskalationsfähigen" Katalogs von Kampfmaßnahmen nicht zu- rückzuschrecken, die — unterhalb der Streikebene — zum Erfolg führen sollen. Die von
den Krankenkassen- verbänden
geforderte „Optimierung krankenhausinterner Betriebsabläu- fe" sei als Problemlösungsansatzvöllig indiskutabel. Wer so argu- mentiere, offenbare allenfalls man- gelnde Sachkunde.
Unter Verweis auf die aktuelle Diskussion um die Gesundheitsre- form hoben die Teilnehmer des Symposiums drei Essentials hervor:
1> Nach wie vor ist menschliche Zuwendung wesentliche Vorausset- zung für eine wirkungsvolle Kran- kenbehandlung. Nur eine ausrei- chende Zahl entsprechend qualifi- zierter Fachkräfte stellen Güte und Leistungsfähigkeit der stationären Versorgung sicher. Die Forderung nach mehr Wirtschaftlichkeit im Krankenhaus darf nicht zur „Spar- samkeit ohne Rücksicht auf Verlu- ste" ausarten.
> Bei der Absicht der Bundes- regierung, die Eignung eines Kran- kenhauses zur Behandlung auch nach der Höhe der Pflegesätze beur- teilen zu lassen, bleibt die unter- schiedliche Leistungsstruktur der Krankenhäuser unberücksichtigt.
1> Pflegesatzverhandlungen müssen die besondere Leistungs- struktur eines Krankenhauses und den damit verbundenen Bedarf an Fachpersonal beachten. Medizini- scher Fortschritt bei veränderten Krankheitsbildern ist nicht zum Nulltarif zu haben.
Dr. Frank Ulrich Montgomery, 2. Vorsitzender des Marburger Bun- des (Bundesverband), erinnerte die Krankenkassenverbände daran, daß die Arbeitsbelastung für Ärzte und Pflegepersonal im Krankenhaus in den letzten Jahren erheblich zuge- nommen habe. Der „enorme" Pro- duktivitätszuwachs in diesem Be- reich sei jedoch mit „eingefrore- nen" Personalbeständen erzielt wor- den, was „naturgemäß" zu erheb- lichen Krankenständen bei den Mit- arbeitern geführt habe, die mit bun- desdurchschnittlich 22 Prozent so kraß wie in kaum einem anderen Produktions- oder Dienstleistungs- sektor