DEUTSCHES
ÄRZTEBLATT
DISKUSSION
Die konservative Therapie des Gallensteinleidens
Die Litholapaxie
Entgegen den Ausführungen des Autors hinsichtlich der perkutanen Cholezystolitholapaxie hat dieses elegante und erfolgreiche Verfahren sehr wohl einen gesicherten Platz in der Behandlungsstrategie von Gal- lenblasensteinen. Meine eigenen gu- ten Erfahrungen decken sich dabei mit den in einer durchaus akzeptab- len Anzahl bereits vorliegenden bis- herigen Erfahrungsberichten auch an größeren Patientenzahlen. Hat man sich grundsätzlich einmal auf ein die Gallenblase erhaltendes Ver- fahren geeinigt, so ergibt sich bei gleichen präoperativen Vorausset- zungen (freie Gallenwege, gut moti- le, nicht entzündete Gallenblase, Steingröße bis 30 mm) eine Reihe von Vorteilen gegenüber den ande- ren im Artikel so ausführlich gewür- digten Methoden:
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Eine größere Indikationsbreite durch Einbezie- hung aller Steine, unabhängig von ih- rer Zusammensetzung.49
Absolute Steinfreiheit nach Abschluß des Ein- griffs ohne die Notwendigkeit einer oft viele Monate dauernden medika- mentösen Litholyse. Kostener- sparnis durch kostengünstigere Techniken und Vermeidung aufwen- diger auxiliärer Maßnahmen, lan- ganhaltender medikamentöser Nachbehandlung und entsprechen- der ärztlicher Betreuung.Und einige zusätzliche Fehlein- schätzungen sollten korrigiert wer- den, die sicher durch die geringen oder fehlenden eigenen Erfahrungen des Autors erklärbar sind. Däs Ver- fahren der Litholapaxie wird insbe- sondere an Häusern der Zentral- oder Regelversorgung geübt, wo- durch vielleicht der geringere Publi- zitätsgrad verständlich wird. Dabei sind weniger Radiologen als Urolo- gen die Initiatoren, die ihr von der Nephrolitholapaxie her vorhandenes Know-How als kollegiale fachüber- greifende Hilfe für den Gallenbla- sensteinkranken einbringen. Nur in den seltensten Fällen wird allerdings
Zu dem Beitrag von Prof. Dr. med.
Tilman Sauerbruch in Heft 50/1989
ein transhepatischer Zugang ge- wählt, der viel zu traumatisierend und komplikationsträchtig ist. Viel- mehr wird die Punktion zwischen Querkolon und Leberrand vorge- nommen, möglicherweise unter lapa- roskopischer Kontrolle und Fixie- rung der Gallenblase an der Abdo- minalwand. Weniger als zehn Pro- zent der Patienten müssen wegen anatomischer und technischer Schwierigkeiten bei der Lapaxie dann in der gleichen Narkose einer konventionellen Cholezystektomie unterzogen werden.
Nach meinen Erfahrungen wird von den Patienten, auch wenn alter- nativ eine ESWL möglich wäre, weit überwiegend das perkutane Vorge- hen gewählt, da die Aussicht auf si- chere Steinfreiheit bei kalkulierbar kurzer Behandlungsdauer für die Mehrzahl der Patienten entschei- dend ist.
Dr. med. Klaus Altrock Leitender Arzt der Urologischen Abteilung des Borromäus-Hospitals 2950 Leer
Schlußwort
Ich danke Herrn Dr. Altrock, daß er durch seine Stellungnahme der „perkutane Cholezystolitholapa- xie" zur größeren Diskussion ver- hilft. Sofern ich das Verfahren in meinem Artikel zu stiefmütterlich behandelte, möge er mir das verzei- hen. Der Schwerpunkt meiner Ab- handlung lag bei den konservativen Behandlungsmöglichkeiten. Die per- kutane Cholezystolitholapaxie ist ei- ne Methode, die, zumindest vom
Eingriff her, mehr in die Nachbar- schaft der Cholezystektomie gehört.
Die Gallenblase wird unter perkuta- nem Zugang in einer einmaligen Sit- zung bis auf 28 Ch aufbougiert, und anschließend werden die Konkre- mente mittels eines starren Endo- skopes und einer Faßzange entfernt.
Bei größeren Steinen ist zusätzlich eine Kontaktlithotripsie notwendig.
Der Eingriff dauert nach den publi- zierten Studien im Schnitt zwischen ein und drei Stunden unter Vollnar- kose, und die Patienten sind im Mit- tel zwei Tage stationär.
Der Zugang in die Gallenblase gelingt nicht immer (etwa 90 Prozent der Patienten). Komplikationen wie postoperatives Galleleck, Kolonper- foration und Blutungen sind möglich (im Bereich von fünf bis zehn Pro- zent). Da die vollständige Explorati- on der Gallenblase mit dem starren Endoskop gelegentlich schwierig ist, können bei einigen Patienten auch Fragmente oder kleinere Steine in der Gallenblase übersehen werden.
Im Gegensatz zu den geschilder- ten Verfahren (medikamentöse Li- tholyse, direkte Litholyse, Stoßwel- lenlithotripsie), für die die Ergebnis- se über die Behandlung mehrerer hundert Patienten publiziert wur- den, sind die Daten für die Cholezy- stolitholapaxie in der Literatur sehr viel spärlicher. Die größte mir be- kannte Serie umfaßt die Ergebnisse von 60 behandelten Patienten (per- sönliche Mitteilung S. Chiverton und.
M. Kellett, zu Publikation einge- reicht im British Medical Journal).
Dieses Manko konnte in der Tat durch eigene Erfahrung des Autors nicht wettgemacht werden.
Wir müssen also wohl noch eine Zeit warten, um abschätzen zu kön- nen, ob die von Herrn Dr. Altrock in Punkt 1 bis 3 hervorgehobenen, mög- lichen Vorteile der perkutanen Cho- lezystolitholapaxie das Ausmaß des Eingriffes, wie er sich derzeit dar- stellt, rechtfertigen.
Literatur über den Verfasser Prof. Dr. med.
Tilman Sauerbruch Klinikum Großhadern Medizinische Klinik II Marchioninistraße 15 8000 München 70 A-2244 (56) Dt. Ärztebl. 87, Heft 28/29, 16. Juli 1990