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Archiv "Radikale Veränderung: Plädoyer für neue Wege der Aus- und Weiterbildung" (28.03.1997)

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Unsere Freunde jenseits des großen Teichs werden offenbar von ähnlichen Problemen geplagt wie wir. So berichtet ein amerikanischer Internist von zwei Juristen. Der eine war sein eigener Anwalt, dem er ge- rade eine Rechnung, basierend auf einem Stundensatz von 185 $ über- wiesen hatte, wobei er das Honorar als angemessen empfand. Der ande- re ist in einer Kanzlei angestellt und ist Patient in der Praxis des Interni- sten. Die Kanzlei versichert ihre Mitarbeiter über eine Health Main- tenance Organization (HMO), die dem Internisten einen Betrag über 156 $ für die umfassende medizini- sche Betreuung während eines Jah- res erstattet. Für diesen Betrag steht der Internist dem Patienten 24 Stun- den am Tag zur Verfügung, sieht ihn, so oft es notwendig ist, und betreut

ihn im Krankenhaus, sofern erfor- derlich.

Hier ist die Frage nach der Ange- messenheit berechtigt. Gleicher- maßen erscheint es angemessen, das drohende Sterben vorwiegend kleiner Praxen, die nach geltender Leistungs- bemessung unwirtschaftlich sind, zu hinterfragen. Gelänge es, wie vielfach gefordert, fachspezifische Budgetie- rung einzufahren, könnte plötzlich ei- ne bisher unrentable Praxis sehr schnell wirtschaftlich gesunden. Soll- ten wir zu viele Praxen haben, wäre eine Restriktion der Neuzulassung politisch nicht nur leicht durchzuset- zen, sondern auch effektiver als die Schließung einer bestehenden Praxis, weil der neue Kollege auf Grund sei- ner Ausbildung und der noch nicht aktualisierten Rahmenbedingungen in gleicher Weise zu arbeiten beginnt

wie der alte – nur intensiver und mit weniger Erfahrung. Wenn eine Praxis nur durch die Erbringung medizinisch wenig nützlicher Leistungen überle- ben kann, wird sie diese Leistungen dennoch erbringen. Was soll sie auch sonst tun? Reformpriorität sollte demnach jetzt die Umorientierung zum Nutzen für den Patienten haben:

Von einer wirkungsorientierten zu ei- ner nutzenorientierten Medizin. Soll doch keiner glauben, ein erfahrener Praktiker wüßte nicht, welche Lösung eines bestehenden Problems nützt und welche nur wirtschaftlich sinnvoll ist. Bei der Abwendung drohender Probleme bedarf es der Hilfe eines kritischen Epidemiologen zur Ab- schätzung des Nutzens, aber auch die- se gibt es im Lande. Was hält uns jetzt noch ab, die Selbstverwaltung umzu- setzen, wenn sie alle wollen?

Prof. Dr. med. Franz Porzsolt, AG Klinische Ökonomik, Klinikum, Universität Ulm

A-808 (20) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 13, 28. März 1997

P O L I T I K KOMMENTARE

Nutzenorientierte Medizin

Die Entwicklung der medizini- schen Wissenschaft und die Anforde- rungen von Staat und Gesellschaft an die Ärzteschaft erfordern eine Verän- derung der ärztlichen Aus- und Wei- terbildung. Der Deutsche Medizini- sche Fakultätentag stellte bereits vor einigen Jahren fest, daß die Univer- sitäten das ärztliche Ausbildungsziel, den „selbständigen und eigenverant- wortlichen Arzt“, nicht mehr errei- chen könnten. Statt dessen solle der

„weiterbildungsfähige Arzt“ neu als Ausbildungsziel festgelegt werden.

Hieraus entstand folgerichtig die sozi- alrechtliche Vorschrift, daß nur noch weitergebildete Ärzte die Zulassung als Vertragsarzt erhalten können.

Die Weiterbildungsordnung der Ärzte umfaßt 41 Gebiete und dane- ben zahlreiche fakultative Weiterbil- dungsmöglichkeiten, Schwerpunkte und 22 Zusatzbezeichnungen. Dazu bemerkte Prof. Dr. med. Walter Sie- genthaler, daß nur 30 Prozent der Be- völkerung einer spezialärztlichen Be- handlung bedürften und 70 Prozent

einer allgemeinärztlichen. Siegen- thaler schließt daraus, daß die medi- zinischen Fakultäten eine falsche Ausbildung auf Grund ihrer falschen Klinikstruktur betrieben.

Selbstverständlich besteht kein Zweifel daran, daß der medizinische Fortschritt allein durch eine hohe Spezialisierung zu erreichen ist. Den- noch bleibt es fraglich, ob dieses wis- senschaftliche Ziel eine Kranken- hausstruktur erfordert, die vornehm- lich der Spezialisierung folgt. Der viel- fach beklagte Mangel an Allge- meinärzten und die Überzahl an Fachärzten ist eine unmittelbare Fol- ge der Krankenhausstrukturen.

Eine radikale Veränderung der Krankenhaus- und Universitätsstruk- turen erscheint dringend erforder- lich. In Zukunft sollte jedes Kranken- haus nur zwei bettenführende Abtei- lungen besitzen: eine konservative und eine operative. Die notwendigen Spezialisten wären als Konsiliarärzte innerhalb der bettenführenden Ab- teilungen tätig. Neben den Vorteilen

für die Patienten, die wieder mehr als Persönlichkeiten und nicht als Spezi- alfall betrachtet würden, hätten die Studenten und die Weiterzubilden- den den Vorteil, immer allgemein- ärztlich ausgebildet zu werden. Eine gemeinsame Ambulanz und eine ge- meinsame Aufnahmestation für kon- servative und operative Patienten könnte die Zusammenarbeit weiter intensivieren.

Eine weitere Veränderung könn- te eine Ausbildungsverbesserung be- wirken: die Loslösung des klinischen Ausbildungsteils von der spezialisier- ten Klinikstruktur in einer Medizin- hochschule. Die Verschulung des Me- dizinstudiums nach angelsächsischem Muster wird für die breite Masse der angehenden Ärzte den Studienerfolg verbessern. Das Humboldtsche Ideal der Universitas litterarum entspricht den Notwendigkeiten einer Massen- ausbildungsstätte nicht.

Selbstverständlich muß auch der Studierende an einer Medizinhoch- schule seine Ausbildung in engem Kontakt zur Klinik durchführen. Am geeignetsten erscheint dafür das skandinavische Modell einer ab- schnittsweisen Ausbildung in den verschiedenen Fächern: Man arbeitet

Radikale Veränderung

Plädoyer für neue Wege der Aus- und Weiterbildung

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A-810

P O L I T I K

(22) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 13, 28. März 1997

KOMMENTARE/AKTUELL

Das Internet-Angebot des Deut- schen Ärzteblattes erfreut sich wach- sender Beliebtheit: Inzwischen ist die monatliche Anzahl der Seitenzugriffe auf mehr als 80 000 gestiegen. Beson- ders häufig wird die Datenbank mit allen Beiträgen von Heft 1/96 an ge- nutzt. Der Leser hat dabei die Wahl zwischen einer reinen Volltextanzeige und der heftidentischen Darstellung

der gewünschten Artikel. Die heft- identische Darstellung (siehe Abbil- dung) einschließlich Tabellen, Fotos und Schaubildern ermöglicht der Acrobat Reader, ein Zusatzpro- gramm zur normalen Internet-Soft- ware. Dieses Programm muß der Nut- zer zuvor installiert haben, um die Ar- tikel im sogenannten „PDF-Format“

aufrufen zu können. Wichtig für alle

DÄ-Internetnutzer: Vom 1. Mai die- ses Jahres an können die PDF-Artikel nur noch mit der neuesten Version des Acrobat Readers gelesen werden.

Diese Version (3.0) kann über die Startseite des DÄ auf die eigene Fest- platte geladen werden.

Ein Mausklick auf die gelbe Schaltfläche „Get Acrobat Reader“

startet den Ladevorgang, der mit einer ISDN-Verbindung nur rund zehn Mi- nuten dauert. Ein Modem braucht für das Herunterladen – je nach Verbin- dungsqualität – jedoch wesentlich län- ger. Als Alternative zum Herunterla- den des Acrobat Readers käme die In- stallation des Programms von einer CD in Frage. Eine solche CD ist aller- dings im Handel nicht erhältlich und müßte eigens hergestellt werden. DÄ- Internetnutzer, die an einer entspre- chenden CD (inklusive der gängigen Internet-Browser Netscape und Inter- net-Explorer) interessiert sind, kön- nen ihr Interesse der Redaktion des Deutschen Ärzteblattes per Brief, per Fax (0 22 34/70 11-1 42) oder via e-mail (aerzteblatt@aerzteblatt.de) mitteilen.

Bei einer ausreichend hohen Nachfra- ge wäre ein Sammelbezug möglich, wobei die CD zum Selbstkostenpreis von 20 DM inklusive Versandkosten angeboten werden könnte.

Schnellere Ladezeiten Der Vorteil der neuen Acrobat- Version liegt in den sehr viel geringe- ren Ladezeiten für die Dateien. Der Aufbau der Artikel erfolgt um bis zu 70 Prozent schneller, was sich letztlich auch günstig auf die Telefonverbin- dungskosten auswirkt.

Die Wahl zwischen der reinen Volltextdarstellung und der heftiden- tischen Wiedergabe der Artikel soll dem Nutzer nämlich in allen Fällen, in denen es nur auf den Text und nicht auf die Abbildungen ankommt, die längeren Ladezeiten der PDF-Datei- en ersparen. Soll also lediglich der Text gelesen werden, ist der Aufruf der Artikel über das „ABC“-Symbol der „PDF“-Variante vorzuziehen.

Da allerdings Tabellen und Ab- bildungen mitunter für das Verständ- nis bestimmter Beiträge unerläß- lich sind, empfiehlt sich der Acrobat Reader auf jeden Fall. JM Diese Artikeldarstellung verbirgt sich hinter der Schaltfläche „PDF“. Wer mehr als den reinen Text sehen will,

muß das Zusatzprogramm Acrobat Reader installiert haben. Es kann über die DÄ-Startseite geladen werden.

Acrobat Reader

DÄ-Internetseiten wie im gedruckten Heft

vormittags in der Klinik und hört und lernt nachmittags den theoretischen Teil desselben Gebiets. Es erscheint immer noch effektiver, zumindest einmal 14 Tage Ohren oder Augen gespiegelt zu haben, als die kleinen Fächer nur in der großen Vorlesung zu hören und sonst auf sein Glück zu vertrauen.

Die entscheidende Änderung könnte die Umstruktierung aller Krankenhäuser und Universitätskli-

niken bringen. Dies ist sicher nur sehr schwer durchsetzbar, aber es ist vielleicht die einzige Möglichkeit, die unterschiedlichen Anforderun- gen von medizinisch-wissenschaft- lichem Fortschritt mit den berechtig- ten Anforderungen der Bevölkerung nach angemessener ärztlicher Ver- sorgung in Einklang zu bringen.

Dr. med. Rolf Bialas, Hamburg

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