Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 13|
1. April 2011 A 681RANDNOTIZ
Heike Korzilius
Martin G. ist Allgemeinarzt und ge- hört als solcher rein statistisch zu den Vielverordnern. Da verwundert es nicht, dass er sich für die Preise der von ihm verschriebenen Medika- mente interessiert – immerhin haftet er für unwirtschaftliche Verordnun- gen. Mit dem Versuch, Licht ins Dunkel der Rabattverträge zu brin- gen, ist er jüngst allerdings grandios gescheitert.
Sowohl die Pharmaunternehmen als auch die Krankenkassen schwei- gen über die Höhe der ausgehandel- ten Preisnachlässe. „Ich halte diese Intransparenz für unerhört und nicht hinnehmbar“, schreibt G. an seine Kassenärztliche Vereinigung (KV). Er hoffe auf eine erklärende Antwort.
Eine solche können ihm aber we- der die KV noch die ebenfalls be- fragte Ärztekammer geben. Man be- daure, aber die vertraglichen Mo - dalitäten der Rabattverträge seien unbekannt, heißt es dort. Erst das Aufsicht führende Gesundheitsmi - nis te rium setzt zu einer Erklärung an:
Rabattverträge würden nach europä - ischem Vergaberecht geschlossen.
Das erlaube pharmazeutischen Un- ternehmen, das eigene Angebot der Geheimhaltung zu unterwerfen, was mit Verweis auf Geschäftsgeheim- nisse regelmäßig geschehe. Die Kassen, so das Ministerium weiter, stünden ebenfalls im Wettbewerb, und die Veröffentlichung von erziel- ten Preisen und Mengen könne de- ren Wettbewerbsposition berühren.
So gut, so unschön. Immerhin verwalten die Kassen das Geld ihrer überwiegend pflichtversicherten Mit- glieder. Angesichts steigender (Zu- satz-)Beiträge dürfte deren Interesse an Kosten und Nutzen von Rabatt- verträgen ebenso groß sein wie das der Ärztinnen und Ärzte, die für un- wirtschaftliche Verordnungen in Re- gress genommen werden.
Geheimnis- Krämer
Ein gutes Gespräch zwischen Arzt und Patient kann den Krankheits- verlauf positiv beeinflussen und Kosten sparen helfen. Oft kommt es im Praxis- und Klinikalltag je- doch zu kurz. Darauf hat der Vorsit- zende der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO), Dr. med. Friedrich Over- kamp, bei der Frühjahrstagung der Gesellschaft hingewiesen. Disku- tiert wurden dort die Auswirkungen der Ökonomisierung der Medizin in den Bereichen Arzt-Patienten- Kommunikation, Labormedizin und molekulare Diagnostik.
Das Ausmaß, in dem die Ein - nahme von Medikamenten mit den Empfehlungen des Therapeuten übereinstimme, sei entscheidend von einer gelungenen Kommunikation zwischen Arzt und Patient abhängig, sagte Overkamp. Es gebe Hinweise ONKOLOGIE
Das ärztliche Gespräch aufwerten
darauf, dass sich hierdurch in man- chen Fällen Rezidive vermeiden und Heilungschancen wahren ließen.
„Das ärztliche Gespräch ist keine de- legierbare Leistung, und es ist für eine gute Adhärenz unabdingbar“, ergänz- te der DGHO-Vorstand (siehe auch:
„Fünf Fragen an: Dr. med. Over- kamp“ unter www.aerzteblatt.de).
Die DGHO will eine Empfeh- lung erarbeiten, wie viel Zeit für ein gutes Gespräch notwendig ist und welchen Finanzbedarf dies erfordert. Der Geschäftsführende Vorsitzende, Prof. Dr. med. Ger- hard Ehninger, betonte: „Das Arzt- Patienten-Gespräch ist in der Leis- tungshonorierung unterbewertet im Vergleich zu technischen Leistun- gen. Wir sehen mit Sorge, dass es aufgrund zunehmender Dokumen- tationspflichten zu kurz zu kom-
men droht.“ EB
Für Arbeitnehmer soll es leichter werden, die Pflege von Angehöri- gen mit dem Beruf zu verbinden.
Das Kabinett billigte am 23. März die Pläne von Bundesfamilienmi- nisterin Kristina Schröder (CDU) für eine Familienpflegezeit von 2012 an. Beschäftigte sollen dann bis zu zwei Jahre lang ihre Arbeits- PFLEGENDE ANGEHÖRIGE
Kabinett billigt Familienpflegezeit
zeit reduzieren dürfen – allerdings nur, wenn der Arbeitgeber einwil- ligt. Derzeit werden in Deutschland 1,6 Millionen Pflegebedürftige zu Hause versorgt. Um den Beruf und die Pflege eines Angehörigen bes- ser miteinander vereinbaren zu kön- nen, plant Schröder, dass Beschäf- tigte ihre Arbeitszeit maximal zwei Jahre lang auf bis zu 15 Stunden pro Woche reduzieren können. Da- bei soll es einen Lohnausgleich ge- ben: Wer zum Beispiel nur noch 50 Prozent arbeitet, soll weiter 75 Pro- zent des letzten Bruttogehalts be- kommen. Das zu viel gezahlte Geld wird nach der Pflegezeit verrech- net: Die Betroffenen arbeiten wie- der 100 Prozent, bekommen aber weiter nur drei Viertel des Gehalts, bis das Zeitkonto ausgeglichen ist.
Die stellvertretende SPD-Vorsit- zende Manuela Schwesig kritisier- te, Normal- und Geringverdiener könnten nicht auf 25 Prozent ihres Gehalts verzichten. Zudem verlang- te sie einen Rechtsanspruch auf die Familienpflegezeit. dapd Zu Hause ver-
sorgt werden in Deutschland etwa 1,6 Millio-
nen Pflege - bedürftige.
Foto: Your Photo Today