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Archiv "Zwangsbehandlung: Bessere Personalausstattung erforderlich" (02.09.2013)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 35–36

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2. September 2013 A 1629

Das Leser-Forum

Beiträge im Deutschen Ärzteblatt sollen zur Diskussion anregen. Deshalb freut sich die Redaktion über jeden Leserbrief. Wir müssen aus der Vielzahl der Zuschriften aber auswählen und uns Kürzungen vorbehalten. Leserbriefe geben die Meinung des Autors, nicht die der Redaktion wieder. E-Mails richten Sie bitte an leserbriefe@aerzteblatt.de, Briefe an das Deutsche Ärzteblatt, Ottostraße 12, 50859 Köln.

ZW A NG SBEH ANDLUNG

Zu der Bekanntma- chung der Bundes- ärztekammer (DÄ 26/2013: „Stellung- nahme der Zentralen Kommission zur Wahrung ethischer Grundsätze in der Medizin und ihren Grenzgebieten bei der BÄK: ,Zwangsbe- handlung bei psychischen Erkrankun- gen‘“)

Bessere Personalaus- stattung erforderlich

Fast allen Inhalten dieser Stellung- nahme kann auch aus praktischer psychiatrisch-psychotherapeutischer Sicht nur zugestimmt werden. Die Formulierung „eine Fremdgefähr-

dung durch den Patienten kann in der Regel durch die Unterbringung des Patienten weitgehend abgewen- det werden“ greift allerdings deut- lich zu kurz, da sie nur die Perspek- tive der Öffentlichkeit wiedergibt und die Situation innerhalb der psychiatrischen Kliniken völlig aus- blendet. Das Fremdaggressionspo- tenzial dieser sehr kleinen Gruppe psychisch kranker Menschen (zum Beispiel mit akuten psychotischen Erkrankungen oder Intoxikationen) wird durch die unfreiwillige Unter- bringung in der geschlossenen Auf- nahmestation des regional zuständi- gen psychiatrischen Versorgungs- krankenhauses nämlich nicht zwangs- läufig geringer, sondern oft noch viel stärker. Das aggressive Verhal- ten richtet sich dann aber nicht mehr

gegen die Öffentlichkeit, sondern gegen Mitpatienten oder gegen das auf dieser Station tätige Personal, das den Auftrag zur Deeskalation hat. Um dieser sowohl für Mitpa- tienten als auch für das Personal ge- fährlichen Situation adäquat begeg- nen zu können, ist gerade bei der aktuellen, mit sehr eingeschränkten pharmakologischen Behandlungs- möglichkeiten einhergehenden Rechtslage eine deutlich bessere Personalausstattung der psychiatri- schen Versorgungskrankenhäuser er- forderlich geworden, der unbedingt Rechnung getragen werden muss.

Prof. Dr. med. Andreas J. Fallgatter, Ärztlicher Direktor,

Prof. Dr. Anil Batra,

Stellvertretender Ärztlicher Direktor, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität Tübingen, 72076 Tübingen

G S

Z c ä 2 n K W Grundsätze inder M

A UTOLOGE ZELLEN

Das Paul-Ehrlich-In- stitut fordert für am Point of Care (PoC) hergestellte autolo- ge Knochenmarks- zellkonzentrate eine Herstellungserlaub- nis nach dem Arzneimittelgesetz (DÄ 18/2013: „Wenn Ärzte ,Arzneimittel‘ im OP oder am Krankenbett herstellen“ von Jürgen Scherer, Rainer Seitz und Klaus Cichutek).

Fragwürdige Regelung

Die Autoren sprechen eine fragwürdi- ge gesetzliche Regelung an, denn der Arzt ist kein Arzneimittelhersteller, und lebende Zellen sind keine Arz- neimittel . . . Vor nicht allzu langer Zeit waren Stammzellen, so sie ver- pflanzt wurden, Transplantate. Trans- plantation, sei es von Geweben oder Zellen, ist eine ärztliche Aufgabe zur

Heilung von Krankheiten und Linde- rung von Beschwerden, nicht selten eine lebensrettende Aufgabe. Diese Aufgabe wird zusehends erschwert, indem man versucht, den Arzt zum Pharmazeuten und den Pharmazeuten zum Arzt zu machen . . .

Nun sind auch wissenschaftlich tätige Ärzte nicht gegen Fehlleistungen ge- feit, aber die Transparenz ihrer Arbeit und die Veröffentlichungen ihrer Er- gebnisse gewähren Einblick und schützen vor anhaltenden Fehlein- schätzungen. Hingegen haben die Re- gelungen und Richtlinien bislang we- der erhöhte Sicherheit für den Patien- ten noch Erleichterungen für die Ärz- te gebracht. Im Gegenteil, unter Beru- fung auf die gesetzlichen Regelungen wurden in einem unserer Klinika Zel- len nicht ausgegeben, weil die Heraus- gabe von einem Arzt an den anderen dort als „in den Verkehr bringen“ be- zeichnet wurde, damit wurde der Tod des Patienten in Kauf genommen.

Die Behörde kann sich in solchen Fällen auf die Argumentation zu- rückziehen, dass der Arzt sich durch Erklärung eines „übergesetzlichen Notstands“ über die Auflagen der Behörde hinwegsetzen kann, um das Leben des Patienten zu erhal- ten. Wir haben aber fast täglich mit solchen Notständen zu tun, da wir mit der Transplantation wie auch mit dem Einsatz virusspezifischer T-Zellen Leben retten können . . .

Prof. Dr. Hans-Jochem Kolb, Prof. Dr. Stefan Burdach,

Technische Universität München, 81664 München

Nicht haltbare Position

Seit circa 2006 ist die Anwendung der autologen Knochenmarkszell- transplantation zur Induktion des Kollateralarterienwachstums durch die Verfügbarkeit von bettseitig ein- setzbaren Zentrifugationssystemen wesentlich vereinfacht worden, wes-

U O OG

D s P h g z H nisnachdem Arznei

B R I E F E

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2. September 2013 wegen auch die Zahl der so behan-

delten Patienten in Deutschland stetig zugenommen hat, auf aktuell etwa 200 pro Jahr.

Bisher war die Herstellung von PoC- Knochenmarkszellpräparationen als gerichtete Gewebezubereitung ledig- lich anzeigepflichtig nach § 67 AMG.

Durch die vom PEI vorgeschlagene Einstufung als Arzneimittel für neu- artige Therapien (ATMP) und Regu- lation mit Notwendigkeit einer Her- stellungserlaubnis nach §13 AMG (wie zum Beispiel für eine allogene Stammzelltransplantation bei akuter Leukämie), wird die Anwendung die- ser Therapie in Deutschland fast un- möglich gemacht, da den Anforde- rungen für eine solche Herstellungs- erlaubnis von Krankenhäusern, die keine Universitäts- oder vergleichba- ren Klinika sind, kaum zu entspre- chen ist.

Zur Isolation der weißen Zellfrak- tion des Knochenmarks werden in Deutschland vor allem PoC-Zentrifu- gationsmethoden mit geschlossenen Systemen benutzt. Diese Dichtegra- dientenzentrifugationen zur Herstel- lung eines Knochenmarkszellkon- zentrats sind unstrittig sogenannte nichtsubstantielle Bearbeitungen des Ausgangsgewebes Knochenmark (EG-Verordnung Nr. 1394/2007), so dass aus dieser Art der Zellseparation keine Einstufung als ATMP resultiert, die automatisch zu der Notwendig- keit einer Herstellungserlaubnis füh- ren würde. Das PEI vertritt nun die Auffassung, die Wirkungsweise der dann in die ischämische Region ein- gebrachten Knochenmarkszellen sei nicht bekannt. Diese Auffassung kann unsererseits nicht nachvollzo- gen werden. Seit Anfang der 90er Jahre ist eine Vielzahl von Veröffent- lichungen (>1 000) erschienen, die die Rolle aus dem Knochenmark stammender weißer Zellen in der An- giogenese und Kollateralarterienge- nese untersucht haben. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die zellulär gesteuerte Kollateralarterien - entstehung – sowohl physiologisch als auch therapeutisch durch Zell- transplantation induziert – beim Menschen anders abläuft als bei den zahlreichen Tiermodellen.

Die Argumentation des PEI, dass die einzige nachgewiesene Aufgabe

des Knochenmarks die hämatopoeti- sche Regeneration sei, ist wissen- schaftlich nicht haltbar. Die CD 34+-Stammzellen, die für die häma- topoetische Regeneration zum Bei- spiel nach myeloablativer Chemo- therapie eingesetzt werden, machen lediglich etwa zwei Prozent der wei- ßen Zellfraktion des Knochenmarks aus. CD 34+-Zellen sind zwar essen- ziell für die hämatopoetische Repo- pulation, nicht jedoch für die vielen anderen reparativen Funktionen von Knochenmarkszellen. Wenn Zellen aus dem Knochenmark, deren Mi- gration an den Ort der Ischämie ins- besondere bei Diabetikern, Rauchern und schwer an Hyperlipidämie Er- krankten gestört ist, an den Ort der gewünschten Kollateralarteriogenese mittels Injektion übertragen werden, ist die Funktion nach Applikation identisch mit der Funktion vor der Entnahme. Somit liegt weder eine substanzielle Bearbeitung noch ein

„nicht homologer“ Gebrauch vor.

Unstrittig ist die Einordnung von PoC-Knochenmarkszellkonzentrat als Arzneimittel; die Herstellung ei- nes Arzneimittels durch einen Arzt oder Heilpraktiker ist nach den §§ 67, 13 Abs. 2 b AMG anzeigepflichtig.

Eine behördliche Erlaubnis nach

§ 13 Abs. 2 a AMG bzw. eine Ge- nehmigung nach § 20 AMG ist für die Herstellung von Point-of-care- Knochenmarkskonzentraten nicht notwendig, da hier die im AMG vor- gesehene Ausnahmeregelung nach

§ 13 Abs. 2 b und § 20 d AMG greift;

typischerweise werden nämlich sämtliche im § 20 b und § 20 c AMG genannten Tätigkeiten inklusive der Spendertestung bei der autologen Knochenmarkszelltransplantation durch einen betreuenden Arzt durch- geführt. Auch ein In-Verkehr-Brin- gen des Knochenmarkszellkonzen- trates findet nicht statt.

Es ist von Bundesland zu Bundes- land unterschiedlich geregelt, ob die PoC-Knochenmarkstherapie ledig- lich anzeigepflichtig ist oder einer Herstellungserlaubnis bedarf. Auffal- lend ist, dass die Aufsichtsbehörden derjenigen Länder, die lediglich die Anzeigepflicht bejahen, sich enga- giert in die Materie eingearbeitet ha- ben, einen intensiven fachlichen Austausch mit den Anwendern

pflegten und teilweise auch bei Kno- chenmarkszelltransplantationen bei kritischer Extremitätenischämie an- wesend waren und sich somit eine hohe Expertise erarbeitet haben, wo- hingegen die Pflicht zur Herstel- lungserlaubnis in Bundesländern gilt, deren Aufsichtsbehörden unge- prüft die Auffassung des PEI über- nommen haben. Durch die Anwen- dung autologen Knochenmarkszell- konzentrats zur Induktion der Arte- riogenese bei kritischer Extremitä - tenischämie konnten in den letzten acht Jahren zahlreiche Ober- und Unterschenkelamputationen in Deutschland verhindert werden. Wir hoffen deshalb, dass das PEI seine medizinisch-wissenschaftlich und ju- ristisch nicht haltbare Position korri- giert, damit auch weiterhin Patienten mit kritischer Extremitätenischämie von dieser sicheren und wirkungs- vollen Therapie profitieren können.

Literatur beim Verfasser

Dr. med. Berthold Amann, Leitender Oberarzt, Zentrum für Gefäßmedizin, Asklepios Westklinikum Hamburg, 22559 Hamburg. Elf weitere Unterzeichner

H A U SA RZTVERTR ÄGE

Der CSU-Vorsitzen- de, Horst Seehofer, schlägt sich auf die Seite der Allgemein- mediziner (DÄ 27–

28/2013: „Bayeri- scher Hausärztetag:

Seehofer will Rückkehr zu alten Haus- arztverträgen“).

Klarstellung

Im oben genannten Beitrag wird behauptet , die SPD lehne eine Ver- pflichtung der Kassen, Hausarztver- träge anzubieten, ab. Das ist nicht richtig. Das Gegenteil ist der Fall.

In dem Parteitagsbeschluss vom 6. 12. 2011 heißt es auf Seite 5 aus- drücklich: „Um diesen Prozess zu unterstützen und die hausärztliche Versorgung und damit die Vorbeu- gemedizin zu fördern, kehren wir zum Rechtszustand von vor dem 22. 9. 2010 bei der Hausarztzen- trierten Versorgung nach § 73 b SGB V zurück.“

Zusätzlich hat die SPD-Bundes- tagsfraktion diese Forderung in ei-

U S

D d s S m 2 s Seehofer will Rückk

B R I E F E

Referenzen

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