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Betreuung von Kindern mit Diabetes insipidus zentralis in der. endokrinologischen Ambulanz eines Universitätsklinikums.

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Academic year: 2022

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Betreuung von Kindern mit Diabetes insipidus zentralis in der endokrinologischen Ambulanz eines Universitätsklinikums.

Klinik für Kinder und Jugendliche der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität

Erlangen-Nürnberg

zur

Erlangung des Doktorgrades Dr. med.

vorgelegt von Caroline Schrader

aus Herford 2020

(2)

Als Dissertation genehmigt von der Medizinischen Fakultät

der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Vorsitzender des Promotionsorgans: Prof. Dr. med. Markus Neurath Gutachter: Prof. Dr. med. Helmuth-Günther Dörr

Prof. Dr. med. Joachim Wölfle

Tag der mündlichen Prüfung: 25. Mai 2021

(3)

Gewidmet meiner Familie

(4)

Inhaltsverzeichnis

1 Zusammenfassung ... 1

1.1 Hintergrund und Ziele ... 1

1.2 Patienten und Methoden ... 1

1.3 Ergebnisse ... 1

1.4 Schlussfolgerungen ... 2

1 Summary ... 3

1.1 Background and Aims ... 3

1.2 Patients and Methods ... 3

1.3 Results ... 3

1.4 Conclusions ... 4

2 Einleitung ... 4

2.1 Grundlagen ... 4

2.2 Pathophysiologie und Klinik ... 5

2.3 Ätiologie ... 6

2.4 Diagnostik ... 8

2.5 Therapie ... 10

2.6 Zielsetzung der vorliegenden Arbeit ... 11

3 Patienten und Methoden ... 12

3.1 Patienten ... 12

3.2 Methoden ... 14

4 Ergebnisse ... 16

4.1 Allgemeine Daten ... 16

4.2 Ätiologie des DI ... 18

4.3 Alter der Patienten bei Erstdiagnose ... 20

4.4 Dauer vom Symptom bis zur Diagnosestellung ... 22

4.5 Klinische Symptome ... 24

4.6 Auxologische Daten bei Erstdiagnose ... 26

(5)

4.7 Laborparameter bei Diagnose ... 26

4.7.1 Durstversuch ... 27

4.8 Neuroradiologische Diagnostik bei Erstdiagnose und im Verlauf ... 28

4.9 Molekulargenetische Diagnostik ... 31

4.10 Hormonausfälle im Hypophysenvorderlappen ... 33

4.11 Therapie des DI ... 34

4.12 Temporärer Diabetes insipidus ... 35

5 Diskussion ... 36

6 Literaturverzeichnis ... 44

7 Verzeichnis der Abbildungen und Tabelle ... 50

7.1 Abbildungen ... 50

7.2 Tabellen ... 50

8 Abkürzungsverzeichnis ... 51

9 Danksagung ... 52

10 Lebenslauf ... 53

(6)

1 1 Zusammenfassung

1.1 Hintergrund und Ziele

Der Diabetes insipidus zentralis (DI) ist im Kinder- und Jugendalter eine seltene Er- krankung. Daher sind die Erfahrungen, auch großer Zentren begrenzt. Ziel dieser Ar- beit war es, die klinischen Daten der Patienten zu analysieren, die alle in einer Klinik betreut wurden, und die Ergebnisse im Vergleich mit publizierten Studien zu bewerten.

1.2 Patienten und Methoden

Die Daten von 52 Kindern und Jugendlichen (24 w, 29 m) im Alter von 0.1 bis 17.6 Jahren (Diagnose im Zeitraum von 1990 bis 2013), wurden anhand der Krankenak- ten retrospektiv ausgewertet. Die Diagnose wurde bei 19 Patienten durch externe Kinderkliniken und bei 33 Patienten in Erlangen gestellt. Die wichtigsten Daten der Patienten wurden mit Hilfe der stationären und ambulanten Krankenakten sowie mit den elektronischen Dokumentations-Systemen des Universitätsklinikums erhoben und in eine Excel-Datei übertragen. Die ätiologische Einordnung wurde anhand der neuroradiologischen, histopathologischen, laborchemischen und molekulargeneti- schen Untersuchungen vorgenommen. Körpergröße und BMI wurden in SDS anhand der Referenzen von Kromeyer-Hauschild et al. berechnet.

1.3 Ergebnisse

Das Alter der Patienten lag bei Erstdiagnose im Median bei 7.9 Jahren (Spannweite 0.1 bis 17.6 Jahre). Die häufigste Ursache waren ZNS-Tumore, wobei der DI vor al- lem postoperativ auftrat. Bei 6 Kindern lag ein genetischer DI vor; 5 Patienten hatten eine autosomal-dominant vererbte Form mit einer Mutation im Exon 2 des AVP-NPII- Gens. Bei 9 Kindern konnte die Ätiologie bisher nicht geklärt werden. Die Diagnose wurde bei 57.7% der Patienten innerhalb von 4 Wochen nach Auftreten der ersten Symptome gestellt, bei 15.4% dauerte es länger als ein Jahr. In 18 Fällen wurde ein standardisierter Durstversuch durchgeführt. Eine Bildgebung des ZNS erhielten 47 Patienten, wobei 8 Patienten initial keine Auffälligkeiten zeigten. Zusätzliche Hormon-

(7)

2 ausfälle im Hypophysenvorderlappen lagen bei 32 (65.4%) Patienten vor. Bei 4 Pati- enten lag eine transiente Form des DI vor. Die Therapie erfolgte zunächst mittels in- tranasaler Applikation von DDAVP (65.4%) und im Verlauf mittels oraler Gabe von DDAVP (73 %). Insgesamt wurden 43 Patienten mindestens einmal in der endokrino- logischen Ambulanz vorgestellt. Die Häufigkeit der ambulanten Vorstellungen nahm nach der Erstdiagnose deutlich ab, von durchschnittlich 2.4 im 1. Jahr, auf 2.1 im 2.

Jahr, und auf 1.7 in den Jahren 3 und 4. Zum Zeitpunkt der Datenerhebung (Stichtag Juli 2016) waren 29 (55.8%) Kinder aktiv in der Kinder- und Jugendklinik in Behand- lung.

1.4 Schlussfolgerungen

Der zentrale Diabetes insipidus ist im Kindesalter eine seltene endokrine Erkrankung.

Unsere Daten zeigen, dass die Verlaufsuntersuchungen der Patienten nach Erstdiag- nose nicht mehr konsequent in einer Spezialambulanz eines Universitätsklinikums er- folgen. Dies kann dadurch erklärt werden, dass die medikamentöse Therapie des zentralen Diabetes insipidus als relativ einfach angesehen wird. Eine große Heraus- forderung stellen die Patienten dar, bei denen die Ätiologie des DI bei Erstmanifesta- tion nicht geklärt werden konnte. Hier sind regelmäßige neuroradiologische Verlaufs- untersuchungen notwendig. Zusätzliche Hormonausfälle bei Patienten mit ZNS-Tu- moren oder ZNS-Malformationen, erfordern eine adäquate Diagnostik und Therapie.

(8)

3 1 Summary

1.1 Background and Aims

Central Diabetes insipidus (DI) is a rare disease in children. The experiences, also in large centres are therefore restricted. It was aim of this work to analyse the clinical data of the patients who were treated in one clinic and to compare the results with published studies.

1.2 Patients and Methods

The data of 52 children (24 w, 29 m) with central DI (diagnosis from 1990 to 2013), were evaluated in retrospect with the medical files. 19 patients were diagnosed by different external paediatric clinics, and 33 patients in Erlangen. After diagnosis, all patients were presented in the University Hospital of Erlangen. The aetiological clas- sification was carried out with the neuroradiological, histopathological, laboratory and molecular genetic examinations. Height and BMI of the patients were calculated in SDS values.

1.3 Results

The median age of the patients was 7.9 years (range 0.1 to 17.6 years). DI was caused most frequently by CNS-tumors, in which the DI appeared primarily post-op- eratively. In 6 children there was a genetic cause; 5 patients had an autosomal-domi- nant mutation in the exon 2 of the AVP-NPII gene. The aetiology could not be cleared in 9 children. The diagnosis was made among 57.7% of the patients within 4 weeks after appearance of the first symptoms. In 18 cases a standardized thirst test was carried out. 47 patients got a neuroradiological imaging of the CNS in which 8 pa- tients did not show initially any distinctive features. Additional hormone deficiencies in the anterior pituitary were found in 32 (65.4 %) patients. 4 patients had a transient form of the DI. The therapy was carried out initially by an intranasal application of DDAVP (65.4%) and switched to an oral application of DDAVP (73%) in the course of follow-up care. Altogether, 43 patients were introduced at least once in the outpatient

(9)

4 department of paediatric endocrinology. The frequency of the presentations de-

creased considerably after the initial diagnosis from an average 2.4 (1st year), to 2.1 (2nd year), and to 1.7 in the years 3 and 4. At the time of the data collection, 29 (55.8

%) children were still in follow-up care.

1.4 Conclusions

Central diabetes insipidus is a rare endocrine disease in the childhood. Our data show that the follow-up examinations of the patients were carried out inconsistently in a special outpatient department of a university hospital. This can be explained that the medical therapy is considered by many physicians as relative easy. However, the patients with idiopathic DI in whom the aetiology could not be cleared at first manifes- tation represent a great challenge and require regular neuroradiological examina- tions. Additional hormonal deficiencies particularly in patients with CNS-tumours or CNS-malformations require an adequate medical care by an experienced endocrino- logist.

(10)

4 2 Einleitung

2.1 Grundlagen

Der Diabetes insipidus zentralis (DI) ist im Kindes- und Jugendalter selten (1-3). In einer großen dänischen Studie war die Prävalenz in der ersten Lebensdekade mit 43.5 pro 100 000 am höchsten und nahm danach von der zweiten bis dritten Le- bensdekade von 34.5 auf 9.7 pro 100 000 ab. Die jährliche Inzidenz lag bei 3-4 Pati- enten pro 100 000 (4).

Bedingt durch einen Mangel an antidiuretischem Hormon (ADH; Synonyme AVP = Arginin-Vasopressin, Vasopressin) kommt es zu einer verminderten renalen Wasser- rückresorption. Die klinischen Symptome sind eine hypoosmotische Polyurie, ein ge- steigertes Durstgefühl und eine Hypernatriämie.

ADH wird von Neuronen gebildet, die sich im Nucleus supraopticus und im Nucleus paraventricularis des Hypothalamus befinden. Über deren Axone gelangt ADH in den Hypophysenhinterlappen (HHL) und wird dort bis zu seiner Ausschüttung in neuro- sekretorischen Vesikeln gespeichert (5). Das AVP-Neurohypophysin II-Gen ist auf dem kurzen Arm des Chromosoms 20 (20p13) lokalisiert und codiert für ein Vorläu- fer-Hormon, das Prä-Pro-Vasopressin, welches aufgebaut ist aus einem Signalpep- tid, AVP, Neurophysin II und dem Glycopeptid Copeptin (6). Auf seinem Weg in den HHL durchläuft das Prä-Pro-AVP einige biochemische Prozesse. Durch Abspaltung des Signalpeptids im endoplasmatischen Retikulum entsteht das Pro-AVP, welches in neurosekretorischen Vesikeln entlang des Axons transportiert wird und dabei in seine Einzelprodukte Vasopressin, Neurophysin und Copeptin zerlegt wird (7). An- schließend wird es im HHL bis zu seiner Freisetzung gespeichert.

Die Sekretion von ADH unterliegt sowohl einer osmotischen als auch einer nicht os- motischen Regulation. Die Serumosmolalität liegt bei gesunden Patienten zwischen 280 und 295 mosmol/kg. Zwischen der Serumosmolalität und der Serumkonzentra- tion von ADH besteht ein linearer Zusammenhang. Veränderungen werden von os- motischen Rezeptoren des Hypothalamus wahrgenommen (8). Des Weiteren führt eine Abnahme des Blutvolumens bzw. ein Anstieg des Blutdrucks, registriert durch

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5 Baro- und Volumenrezeptoren im Carotissinus und in den Vorhöfen des Herzens über eine Weiterleitung des Signals zum Hirnstamm, ebenfalls zu einer vermehrten Sekretion von ADH (5). Dabei sind größere Veränderungen des Blutvolumens/Blut- drucks (Abfall von 10 – 15 %) notwendig, um Veränderungen der Serumosmolalität (Anstieg um 1 – 2 %) herbeizuführen (8, 9). ADH bindet in den Sammelrohren der Niere an die V2-Rezeptoren. Daraufhin wird eine Signalkaskade initiiert, die zu einem vermehrten Einbau von Aquaporinen in die apikale Zellmembran führt und somit die Permeabilität für Wasser erhöht (10). Langfristig steigert ADH zudem die Synthese von Aquaporinen (11).

2.2 Pathophysiologie und Klinik

Ein ADH-Mangel entsteht aufgrund verminderter Synthese, eines gestörten axonalen Transportes oder einer verringerten Sekretion. Die fehlende ADH-Wirkung in der Niere führt zu einer Abnahme der Wasserrückresorption in den Sammelrohren und zu einer hypoosmotischen Polyurie. Erst ein Verlust von über 80 % der Neuronen führt zu einem deutlichen Anstieg der Urinausscheidung (12). Bei einem renalen Wasserverlust von 2 Liter/m² KOF/Tag oder >150 ml/kg KG/24 h bei Neugeborenen, von 100-110 ml/kg KG/24 h bis zu einem Alter von zwei Jahren und 40-50 ml/kg KG/24h bei älteren Kindern und Erwachsenen spricht man von einer Polyurie (12).

Bei erniedrigter Urinosmolalität (< 300 mosmol/kg) und erhöhter Serumosmolalität (>

300 mosmol/kg) wird versucht, durch eine gesteigerte Flüssigkeitsaufnahme einer hypertonen Dehydration entgegenzuwirken (13). Dafür sind intakte Osmorezeptoren notwendig, die bei zunehmender Serumosmolalität das Durstgefühl steigern. Liegt sowohl ein Diabetes insipidus als auch eine Schädigung der Rezeptoren vor, wird das Krankheitsbild als „Adipsic Diabetes insipidus“ bezeichnet. Das Krankheitsbild verursacht eine schwere Hypernatriämie und Dehydration (14). Die primäre Poly- dipsie unterdrückt aufgrund des exzessiven Flüssigkeitskonsums die AVP-Freiset- zung und führt zu einer Polyurie.

Die wichtigsten klinischen Symptome Polyurie und Polydipsie fallen erst auf, wenn sich ein Durstgefühl ausgebildet hat. Beim jungen Säugling wird die Krankheit des- halb oft verkannt und neben den klinischen Zeichen wie Dehydratation und Exsik- kose imponieren Erbrechen, Fieberschübe, stark wechselndes Körpergewicht

(12)

6 und schlechtes Gedeihen (15). Daneben können auch andere unspezifische Symp- tome auf die zugrundeliegende Ätiologie hinweisen. Beschrieben sind Kopfschmer- zen, Sehstörungen, Müdigkeit, Wachstumsverzögerung, Gewichtsabnahme, Erbre- chen, Obstipation, Krampfanfälle und Nervosität (12, 16-18). Ein Panhypopituitaris- mus liegt vor, wenn weitere Hormonausfälle im Hypophysenvorderlappen hinzukom- men (19). Eine ausreichende Wirkung von Glukokortikoiden ist notwendig, damit die Nieren einen hypotonen Urin ausscheiden können. Ein gleichzeitig bestehender ACTH-Mangel kann die Symptome verschleiern, wobei der Vasopressinmangel erst unter der Substitution mit Glukokortikoiden evident wird (20, 21).

Bei einem kompletten DI induziert eine Flüssigkeitsrestriktion keine Freisetzung von ADH bzw. keinen Anstieg der Urinosmolalität. Im Gegensatz dazu wird bei einem partiellen DI noch ADH sezerniert, so dass ein geringer Anstieg der Urinosmolalität möglich ist (22). Postoperativ oder nach Schädel-Hirn-Trauma kann ein transienter, permanenter oder triphasischer Verlauf des DI beobachtet werden. Der triphasische Verlauf setzt sich zusammen aus einer initialen Phase mit Polyurie, verursacht durch eine vorübergehende Dysfunktion der ADH-produzierenden Neuronen, gefolgt von einer sekundären Phase mit Oligurie bedingt durch eine unkontrollierte Sekretion des ADH und einer tertiären Phase, in der die Polyurie nach endgültiger Zerstörung der ADH-produzierenden Neuronen wieder auftritt (23, 24).

2.3 Ätiologie

Die Ursachen des DI sind in der Tabelle 1 dargestellt (1, 7, 13, 15, 25-28). Die häu- figste Ursache sind ZNS-Tumore, insbesondere ein Kraniopharyngeom, ein Tumor der Pinealisdrüse, ein Germinom oder eine Histiozytose (15). Bei intrakraniellen Raumforderungen tritt der DI sowohl präoperativ (8 – 35 %) als auch postoperativ (bis zu 80 %) auf (21). Bei Säuglingen und Kleinkindern werden häufiger ZNS-Malfor- mationen, infiltrative oder genetische Formen gefunden (16). Die genetischen For- men werden in der Regel autosomal-dominant vererbt und manifestieren sich in der Regel innerhalb der ersten Lebensjahre (7). Bisher sind mehr als 70 heterozygote Mutationen im ADH-Neurophysin-II-Gen beschrieben (29). Extrem selten ist das Wolfram (DIDMOAD)-Syndrom, eine autosomal-rezessiv vererbte Störung, bei der

(13)

7 das WFS1-Gen betroffen ist. Das Syndrom ist durch einen juvenilen Diabetes melli- tus, eine Optikusatrophie, einen Diabetes insipidus und eine Taubheit charakterisiert.

Die Langerhanszell-Histiozytose (LZH), Germinome und autoimmune Prozesse (lym- phozytäre Infundibuloneurohypophysitis) werden häufig erst im Verlauf diagnostiziert (1). Anzeichen für eine autoimmune Genese sind ein Nachweis von zirkulierenden Auto-Antikörpern gegen ADH-produzierende Zellen, eine Verdickung des Hypophy- senstiels sowie eine vorangegangene Virusinfektion (30, 31).

Wird keine Ätiologie gefunden, dann wird der DI als idiopathisch bezeichnet. Der idio- pathischen Form ist keine eindeutige Prävalenz zuzuordnen, die Angaben variieren in der Literatur zwischen 0 % und 52 % (1, 15, 17, 25, 32, 33).

(14)

8 Tabelle 1 Ätiologie des zentralen Diabetes insipidus

2.4 Diagnostik

Der quantitative Nachweis einer Polyurie erfolgt in der Regel durch eine Urinsamm- lung über 24 Stunden - bei Säuglingen und Kleinkindern mit einem Blasenkatheter - und einer Flüssigkeitsbilanzierung. Zum Ausschluss anderer Ursachen der Polyurie sollten Glucose, HbA1c, Kalzium, Kalium und Kreatinin bestimmt werden (2). Bei ei- ner Serumosmolalität > 300 mosmol/kg und einer Natriumkonzentration > 145

mosmol/L sowie einer Urinosmolalität < 300 mosmol/kg besteht der hochgradige Ver- dacht auf einen DI (20, 34).

Idiopathisch

Familiär/Genetisch

autosomal dominant, (autosomal rezessiv) Kongenitale Malformationen

• Septooptische Dysplasie

• Holoprosenzephalie

• Zyste der Rathke´schen Tasche, Empty-Sella-Syndrom

• Mittelliniendefekte

Intrakranielle Raumforderungen

• Kraniopharyngeom, Astrozytom, Germinom Granulomatöse/Infiltrative Erkrankungen

• Langerhanszell-Histiozytose, Sarkoidose Inflammationen/Autoimmune Erkrankungen

• Hypophysitis, Rasmussen-Enzephalitis Infektionen

• Virale Enzephalitis, Bakterielle Meningitis

Postoperativ (nach neurochirurgischen Operationen) Schädel-Hirn-Trauma

Ischämische oder hypoxische Noxen

(15)

9 Zur Diagnosesicherung und differenzialdiagnostischen Unterscheidung (DD: primäre Polydipsie, nephrogener Diabetes insipidus, partieller oder kompletter Diabetes insi- pidus) kann ein Durstversuch mit einem DDAVP-Test in der Klinik durchgeführt wer- den. Hierbei werden unter Flüssigkeitsrestriktion von bis zu 8 Stunden stündlich der Urin gesammelt und die Volumina sowie die Urinosmolalität dokumentiert. Zu Beginn und am Ende des Durstversuches sollten die Natriumkonzentration und die Se- rumosmolalität bestimmt werden. Darüber hinaus werden die Vitalparameter (Blut- druck, Herzfrequenz, Temperatur) und das Gewicht regelmäßig kontrolliert. Vorzei- tige Abbruchkriterien sind: Abnahme des Körpergewichts um mehr als 3 % (< 6 Jahre), 5% (>6 Jahre) und/oder Fieber > 38,5 °C. Bei gesunden Patienten ohne Ein- schränkung der Konzentrationsfähigkeit der Niere steigt die Urinosmolalität auf > 800 mosmol/kg, während die Serumkonzentration von Natrium und die Serumosmolalität gleichbleiben (35). Die Urinvolumina nehmen im Verlauf ab. Patienten mit zentralem DI zeigen einen pathologischen Anstieg der Serumosmolalität und der Natriumkon- zentration im Serum, sowie gleichbleibende Urinportionen und eine niedrige Uri- nosmolalität. Bei einer Urinosmolalität von < 500 mosmol/kg liegt wahrscheinlich ein DI vor, während bei einer Osmolalität > 700 mosmol/kg ein DI ausgeschlossen ist.

Werte zwischen 500 und 700 mosmol/kg gelten als Grenzbereich. Am Ende des Durstversuchs bzw. bei vorzeitigem Abbruch wird DDAVP s.c. oder i.v. verabreicht.

Bei Vorliegen eines zentralen DI führt dies zu einer Zunahme der Urinosmolalität und abnehmenden Urinportionen, während die Urinvolumina und die Osmolalität im Urin bei einem nephrogenen Diabetes insipidus gleichbleiben (15, 36). Eine deutliche Ein- schränkung des Konzentrationsvermögens auf 500–600 mosmol/kg Wasser zeigen auch Patienten mit primärer Polyurie, weil ihr Nierenmark durch die Polyurie „ausge- waschen“ ist (15).

Die Bestimmung der ADH-Konzentration im Plasma spielt in der klinischen Praxis heutzutage keine Rolle mehr (37). Eine neue diagnostische Möglichkeit bietet die Messung von Serum-Copeptin. Copeptin, das C-terminale Fragment des AVP-Prä- prohormons, reagiert ebenso osmosensitiv wie das bioaktive Hormon und wird äqui- molar mit AVP in die Zirkulation sezerniert, so dass Copeptin als Ersatz für ADH im Plasma gemessen werden kann. Ein normaler bzw. erhöhter Copeptinwert ist diag-

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10 nostisch für einen nephrogenen DI. Die Copeptin-Messung nach Infusion einer hy- pertonen Kochsalzinfusion (3 %-NaCl-Test) oder nach Arginin-Stimulation kann einen Diabetes insipidus zentralis von einer primären Polydipsie unterscheiden (38-40).

Zur ätiologischen Einordung des DI sollte immer eine neuroradiologische Bildgebung des ZNS mittels MRT veranlasst werden (16, 41, 42). Eine Verdickung des Hypophy- senstiels (>3 mm) kann ein Hinweis auf eine Langerhanszell-Histiozytose, ein Germi- nom oder auf eine autoimmune Genese sein (1, 12, 13, 43). Bei unauffälligem MRT empfiehlt sich eine halbjährliche bis jährliche Kontrolle (1). Raumfordernde Prozesse im Bereich der Hypophyse und des Hypothalamus erfordern eine Bestimmung von Keimzelltumormarkern im Serum und Liquor (36). Zur Abklärung einer familiären Form ist eine molekulargenetische Diagnostik notwendig. Da bei den Patienten häu- fig auch Hormone der Adenohypophyse ausfallen, sind regelmäßige endokrinologi- sche Kontrollen im Verlauf notwendig.

2.5 Therapie

Die Therapie der Wahl ist die Substitution in Form von 1-Desamino-8-D-Arginin-Va- sopressin (DDAVP; Synonym: Desmopressin), einem synthetischen ADH-Analogon.

Die Applikation erfolgt in der Regel intranasal (per Spray oder Tropfen) oder oral als Tabletten. Der Wirkeintritt ist bei nasaler oder oraler Anwendung nach 1-2 Stunden, die HWZ beträgt 3,5 Stunden und die Wirkungsdauer 6-18 Stunden (12). Bei Kindern variiert die tägliche Dosis zwischen 100 und 1200 µg oral, 2-40 µg nasal und 0.1-1 µg parenteral, meist aufgeteilt auf 2-3 Einzeldosen täglich (12). Eine neue Variante der oralen Applikation sind Lyophilisat-Tabletten, die buccal resorbiert werden und eine höhere Bioverfügbarkeit aufweisen als die herkömmlichen Tabletten (45). Aufge- löst in 0,9% Kochsalzlösung finden sie auch bei der Behandlung von Säuglingen An- wendung (tägliche Dosis 2-5 µg/ kg KG). Des Weiteren können Säuglinge nasal (1- 10 µg/Tag) mit DDAVP behandelt werden (15, 34, 36). Bei der oralen Verabreichung ist im Vergleich zur nasalen Anwendung die Wahrscheinlichkeit einer Hyponatriämie geringer (46). Weitere seltene Nebenwirkungen sind Übelkeit/Erbrechen, Kopf- schmerzen, Schleimhautreizungen, Nasenbluten (34). Bei einer Hypophysenvorder- lappen-Insuffizienz werden die jeweils fehlenden Hormone entsprechend substituiert.

(17)

11 2.6 Zielsetzung der vorliegenden Arbeit

Ziel dieser Arbeit ist es, die auxologischen, klinischen, laborchemischen und neurora- diologischen Charakteristika der Patienten mit zentralem Diabetes insipidus darzu- stellen, die in der Kinder- und Jugendklinik des Universitätsklinikums Erlangen be- treut werden. Folgende Fragestellungen sollten dabei analysiert werden:

• Welches Alter hatten die Patienten bei Diagnosestellung und welche Ätiologie war am häufigsten vertreten?

• Wie viele und welche Patienten wurden in der endokrinologischen Ambulanz oder in anderen Spezialambulanzen der Kinderklinik betreut?

• Welche Ursachen lagen dem DI zugrunde und bei wie vielen Patienten konnte die Ätiologie nicht geklärt werden?

• War der DI bei den Tumorpatienten schon vor chirurgischen Interventionen vor- handen?

• Konnte bei Patienten mit idiopathischem DI im Verlauf eine Ätiologie festgestellt werden?

• Wie lange dauerte es von der klinischen Manifestation des DI bis zur Diagnose- stellung?

• Welche Symptome zeigten die Patienten?

• Welche Labordiagnostik wurde durchgeführt?

• Welche Auffälligkeiten fanden sich bei der neuroradiologischen Diagnostik?

• Wie viele Patienten hatten eine begleitende HVL-Insuffizienz und welche Hormone waren betroffen?

• Wie wurden die Patienten therapiert?

(18)

12 3 Patienten und Methoden

3.1 Patienten

Im Dokumentationssystem der Klinik wurde zunächst nach Patienten mit dem ICD 10 Code E 23.2 (Diabetes insipidus) gesucht. Zusätzlich wurden die Krankenakten der Patienten gesichtet, die aufgrund ihrer Primärdiagnose für das Vorliegen eines zent- ralen DI in Frage kamen und bei denen der ICD-10-Code E 23.2 nicht berücksichtigt wurde. Berücksichtigt wurden dabei folgende ICD-10-Diagnosen: bösartige Neubil- dungen des Gehirns, bösartige Neubildung des Rückenmarkes, der Hirnnerven und anderer Teile des Zentralnervensystems, Neubildungen unsicheren oder unbekann- ten Verhaltens der endokrinen Drüsen, gutartige Neubildung sonstiger und nicht nä- her bezeichneter endokriner Drüsen, Unterfunktion und anderen Störungen der Hy- pophyse. Nach Durchsicht von insgesamt 147 Krankenakten konnten 55 Patienten mit der Diagnose zentraler Diabetes insipidus identifiziert werden, wobei die Diagno- sen im Zeitraum von 1990 bis 2013 gestellt wurden. Drei Patienten, die sich nur zur Zweitmeinung ambulant vorstellten, wurden nicht in die Auswertung aufgenommen.

Die Diagnose wurde bei 19 Kindern extern in verschiedenen Kinderkliniken gestellt und bei 33 Kindern am Universitätsklinikum in Erlangen (Abbildung 1). Bei Erfassung der Daten (Juli 2016) waren noch 29 Patienten (55.8 %) aktiv in der Kinderklinik in ambulanter Betreuung und 23 Patienten (44.2 %) wurden nicht mehr in der Kinderkli- nik betreut.

(19)

13

Diabetes insipidus

N = 55

Diagnose nicht bestätigt N = 92

Diagnose Extern N = 19

Diagnose Erlangen N = 33 Krankenakten (N = 147)

V.a. Diabetes insipidus

N = 52

Zweitmeinung (N = 3)

Abbildung 1 Algorithmus der Patienten mit Diabetes insipidus

Ambulante Betreuung in der Kinderklinik

N=49

(20)

14 3.2 Methoden

Die relevanten auxologischen, klinischen, neuroradiologischen und laborchemischen Daten der Patienten wurden mit Hilfe der stationären und ambulanten Krankenakten sowie mit den elektronischen Dokumentationssystemen des Universitätsklinikums er- hoben und in eine Excel-Tabelle übertragen.

Für die Berechnung von Körperlänge, Körpergewicht und BMI in Standard Deviation Scores (SDS) wurden die Referenzwerte von Kromeyer-Hauschild et al. verwendet (47). Außerdem wurde der Zeitpunkt der ersten klinischen Manifestation und der Zeit- raum bis zur endgültigen Diagnosestellung erfasst. Ein postoperativ aufgetretener DI wurde der ursächlichen Ätiologie zugeordnet und nicht als eigenständige Gruppe ge- führt. Die basalen Laborwerte bei Erstdiagnose sowie die Ergebnisse des Durstver- suchs wurden erfasst. Die neuroradiologische Diagnostik wurde bei Diagnosestellung und im Verlauf bewertet. Erfasst wurden auch Hormonausfälle im Hypophysenvor- derlappen. Die Therapie wurde bei Diagnosestellung und beim letzten ambulant do- kumentierten Besuch analysiert.

Die ätiologische Einordung der Patienten erfolgte mit Hilfe von humangenetischen, bildgebenden und histopathologischen Untersuchungen (siehe Abbildung 2). Dabei wurden die Patienten in folgende Gruppen eingeteilt: 1.) Idiopathisch, 2.) Gene- tisch/Familiär, 3.) ZNS-Malformationen, 4.) Intrakranielle Tumore, 5.) Langerhanszell- Histiozytose (LZH), 6.) Autoimmune Erkrankung, 7.) Infektionen.

(21)

15 Diabetes insipidus

(n = 52)

Evaluation der Befunde

Genetisch (n=6)

MRT-ZNS

Malformation (n=4)

(

ZNS Tumor (n=26)

LZH (n=4) Histopathologie

Autoimmun (n=2)

Liquor/Serologie

Infektion (n=1) Idiopathisch (n=9)

Abbildung 2 Ätiologische Einordnung ; LZH = Langerhanszell-Histiozytose

(22)

16 Die Patienten mit familiär gehäuftem Auftreten und Nachweis einer Mutation in der molekulargenetischen Diagnostik wurden in die Gruppe „Genetisch/Familiär“ einge- teilt. Bei Nachweis einer intrakraniellen Raumforderung bzw. bei Nachweis der Re- sektion dieser Raumforderung in der postoperativen Bildgebung und dem Vorliegen eines histopathologischen Tumornachweises erfolgte die Einordung in die Gruppe

„Intrakranielle Tumore“. Bei sichtbarem Befall des ZNS und Veränderungen in der Hypophysenregion (z.B. Verdickung des Hypophysenstiels) in der neuroradiologi- schen Diagnostik wurde eine Biopsie durchgeführt und je nach dem histopathologi- schen Ergebnis erfolgte die Einteilung in die Gruppe „Langerhanszell-Histiozytose“

oder „Autoimmune Erkrankungen“. Patienten mit pathologischen Fehlbildungen des Gehirns wurden der Gruppe „ZNS-Malformationen“ zugeordnet. Konnte die Ätiologie des DI nicht geklärt werden, wurden die Patienten der Gruppe „Idiopathisch“ zuge- teilt.

Statistische Auswertung

Die Berechnungen erfolgten mit dem Programm SPSS (Version 25) der Firma IBM.

Zur Anwendung kam die deskriptive Statistik mit Angaben des arithmetischen Mittel- wertes, der Standardabweichung, des Medians, des Minimums und des Maximums.

4 Ergebnisse

4.1 Allgemeine Daten

Von den 52 Patienten (Alter 0.1 bis 17.6 Jahre) waren 24 Mädchen (46.2 %) und 28 Jungen (53.8 %). Bei 36.5 % (n=19) der Kinder wurde die Diagnose an einer exter- nen Klinik und bei 63.5 % (n=33) wurde die Diagnose im Universitätsklinikum Erlan- gen (Kinder- und Jugendklinik bzw. Neurochirurgische Klinik) gestellt.

Von den Patienten waren zum Zeitpunkt der Datenerhebung (Stichtag Juli 2016) noch 29 (55.8%) Kinder (17 w, 12 m) aktiv in der Kinder- und Jugendklinik in Behand- lung. Die Betreuung der Kinder erfolgte in verschiedenen Spezialambulanzen der Kinder- und Jugendklinik. Die Betreuungszeit lag durchschnittlich bei 5.6 ± 3.9 (SD)

(23)

17 und im Median bei 5.3 Jahren. Insgesamt wurden 43 Patienten (82.7 %) mindestens einmal in der endokrinologischen Ambulanz vorgestellt. Dabei wurden 35 Patienten (81.4 %) ausschließlich in der endokrinologischen Ambulanz und 8 Kinder neben der endokrinologischen Ambulanz auch noch in anderen Ambulanzen betreut. Sechs Kinder (11.5 %) wurden ausschließlich in anderen Spezialambulanzen (Onkologie n=4, Nephrologie n=1, Stoffwechsel n=1) der Kinder- und Jugendklinik betreut (Abbil- dung 3).

Erstdiagnose N=52

Extern N=19

Intern N=33

Betreuung in Ambulanzen der Kinderklinik; N=49

(n=48)

Externe Weiter- betreuung

N=2 Verstorben

N=1

Onkologie N=4

Nephrologie N=1

Diabetes N=1 Endokrinologie

N=43

Abbildung 3 Algorithmus der Betreuungssituation der Patienten

(24)

18 Ein Kind (m, Alter 5.3 Jahre, Ätiologie DI: infektiös) verstarb in der Kinderklinik an ei- ner EBV-Enzephalitis. Zwei Kinder wurden nach der Diagnosestellung nicht mehr ambulant vorgestellt. Ein Kind (m, Alter 8.4 Jahre, Ätiologie: nach Operation Astrozy- tom) wurde von einem niedergelassenen Erwachsenen-Endokrinologen und der Kli- nik für Neurochirurgie in Erlangen betreut. Bei einem weiteren Kind (m, Alter 9.7 Jahre, Ätiologie: idiopathischer DI) ist die Nachsorge unklar, der letzte Arztbrief ging an einen niedergelassenen Kinderarzt.

Die Patienten, die ausschließlich in der endokrinologischen Ambulanz betreut wur- den, stellten sich dort 1 x bis 4 x pro Jahr ambulant vor. Zwei Kinder wurden nach der Erstdiagnose nur ein einziges Mal vorgestellt (Pat. 1, w, 16.3 Jahre, Kraniopharyn- geom; Pat. 2, w, 4.3 Jahre, Ätiologie nicht geklärt). Im 1. Jahr nach der Diagnose lag die Anzahl der ambulanten Vorstellungen im Durchschnitt bei 2.4 ± 1.1 (SD); der Me- dian lag bei 3. Im 2. Jahr erfolgten im Mittel 2.1 ± 0.9 (SD) Vorstellungen/Jahr; der Median lag bei n = 2. Im 3. und 4. Jahr lagen die Vorstellungshäufigkeiten pro Jahr im Durchschnitt bei 1.7 ± 1.0 (SD).

4.2 Ätiologie des DI

Die Ursachen des DI in der untersuchten Patientenkohorte sind in Abbildung 2 und in der Tabelle 2 dargestellt. Bei Erstmanifestation des DI war die Ätiologie bei 13 Pati- enten unklar. Bei 3 Patienten wurde im Verlauf die Diagnose eines genetischen DI und bei einem Patienten die Diagnose Langerhanszell-Histiozytose gestellt. Bei 43 (82.7 %) Kindern konnte somit im Verlauf die Ursache für den DI geklärt werden. Bei 9 (17.3 %) Kindern konnte die Ätiologie bisher nicht geklärt werden (Diagnose: idio- pathischer Diabetes insipidus). Die häufigste Ursache des DI waren intrakranielle Tu- more mit 50 % (n=26). Bei Patienten mit einem Astrozytom (n=7) und einem Krani- opharyngeom (n=18) trat der DI postoperativ auf, bei der Patientin mit einem Germi- nom schon präoperativ. Bei insgesamt 29 (55.8%) Patienten wurde ein neurochirurgi- scher Eingriff vorgenommen: Tumorresektion (n=26), Zystenresektion (n=1), Hemi- sphärektomie bei Rasmussen-Enzephalitis (n=1) und eine Biopsie bei Hypophysitis (n=1). Bei 6 (11.5 %) Patienten wurde ein genetisch bedingter DI diagnostiziert; 5 Patienten mit autosomal-dominant vererbtem DI und ein Patient mit einem autoso- mal-rezessiven Wolfram-Syndrom (Diagnose bereits durch externes Krankenhaus

(25)

19 gesichert). Von den 5 Patienten mit autosomal-dominant vererbtem DI waren 3 mitei- nander verwandt und wiesen die gleiche Mutation im AVP-NP II Gen auf.

Tabelle 2 Ätiologie des Diabetes insipidus in der Patientenkohorte Patientenzahl Prozent (%)

Idiopathisch 9 17.3

Genetisch

• autosomal-dominant

• Wolfram-Syndrom

6 5 1

11.5

Malformation

• Septooptische Dysplasie

• Zyste Rathke’sche Tasche

• Mittelliniensyndrom

• Empty-Sella-Syndrom

4 1 1 1 1

7.7

Intrakranielle Tumore

• Kraniopharyngeom

• Astrozytom

• Germinom

Langerhanszell-Histiozytose Autoimmun

• Rasmussen-Enzephalitis

• Hypophysitis

Infektion (EBV-Enzephalitis)

26 18 7 1 4 2 1 1 1

50.0

7.7 3.8

1.9

(26)

20 4.3 Alter der Patienten bei Erstdiagnose

Bei Diagnosestellung des Diabetes insipidus lag das Alter im Median bei 7.9 Jahren.

Das jüngste Kind war bei Erstdiagnose 0.1 Jahre und das älteste 17.6 Jahre alt. Eine genaue Altersverteilung zeigt Abbildung 4. Bei 2 Kindern konnte kein genaues Alter zum Diagnosezeitpunkt ermittelt werden. Der Diagnosezeitraum war jedoch bekannt, so dass sie einer Altersgruppe zugeordnet werden konnten (Abbildung 5). Die meis- ten Patienten (n = 23) befanden sich bei Diagnosestellung zwischen dem 7. und 13.

Lebensjahr. Am zweithäufigsten wurde der DI zwischen dem 2. und 6. Lebensjahr (n=18) diagnostiziert.

Bei den Patienten mit einem intrakraniellen Tumor lag der Häufigkeitsgipfel zwischen dem 7. und 13. Lebensjahr (44.2%). Im ersten Lebensjahr wurde die Diagnose bei 2 Patienten mit einer Malformation und einem Patienten mit einem genetischen DI ge- stellt (siehe Tabelle 3).

Abbildung 4 Altersverteilung der Patienten bei Diagnose

(27)

21 Abbildung 5 Häufigkeit der Diagnose (%) in den Altersgruppen (Lj.= Lebensjahr)

Tabelle 3 Zeitpunkt der Diagnosestellung in Relation zur Ätiologie des DI

Alter (Lebensjahr) 0 - 1

n (%)

2 – 6 n (%)

7 – 13 n (%)

14 – 19 n (%) Idiopathisch (n=9) Ø 3 (33.3%) 5 (55.6%) 1 (11.1%) Genetisch (n=6) 1 (16.7%) 1 (16.7%) 2 (33.3%) 2 (33.3%) Malformation (n=4) 2 (50.0%) 1 (25.0%) 1 (25.0%) Ø

ZNS Tumor (n=26) Ø 9 (34.6%) 14 (53.8%) 3 (11.5%)

LZH (n=4) Ø 3 (75.0%) Ø 1 (25.0%)

Autoimmun (n=2) Ø 1 (50.0%) 1 (50.0%) Ø

Infektion (n=1) Ø 1 (100.0%) Ø Ø

(28)

22 4.4 Dauer vom Symptom bis zur Diagnosestellung

Das Intervall (Symptom bis Diagnose) betrug im Mittel 0.3 ± 0.9 (SD) Jahre. Die Zeit- spanne vom Auftreten der ersten Symptome bis zur Diagnose des DI lag zwischen 0 und 5 Jahren. Bei 8 Patienten lagen keine Informationen über den genauen Beginn der Erkrankung vor. Bei 6 Patienten war ein Zeitintervall angegeben, so dass die Da- ten auch in der Abbildung 6 dargestellt werden konnten. Eine Übersicht in Relation zur Ätiologie gibt die Tabelle 4. Bei 30 Patienten (57.7 %) wurde der DI innerhalb von 4 Wochen diagnostiziert. Dies traf vor allem auf Patienten mit intrakraniellem Tumor (24/26), LZH (2/4) und autoimmuner Erkrankung (2/2) zu. Bei 25/30 Patienten trat der DI postoperativ nach Tumorresektion und bei einem Patienten nach Hemisphärekto- mie auf und wurde innerhalb einer Woche diagnostiziert. Bei 8 Kindern (15.4 %) wurde die Ätiologie mehr als 1 Jahr nach Beginn der ersten Symptome geklärt, da- runter 3/9 Patienten mit idiopathischem und 4/6 Patienten mit genetischem DI.

Abbildung 6 Dauer vom Symptom bis Diagnosestellung (%)

(29)

23 Tabelle 4 Intervall zwischen Symptom und Diagnose in Relation zur Ätiologie (W = Woche, M = Monat)

Ätiologie ≤ 1 W.

>1 W. ≤ 4 W. > 4 W. ≤ 3 M. >3 M. ≤ 6 M. > 6 M. ≤ 9 M. >9 M. ≤ 12 M. > 12 M. unbekannt

Idiopathisch (n=9) Ø Ø 3

(5.8%)

2 (3.8%)

Ø 1

(1.9%)

3 (5.8%)

Ø

Genetisch (n=6) Ø Ø 1

(1.9%)

Ø 1

(1.9%)

Ø 4

(7.7%)

Ø Malformation (n=4) 1

(1.9%)

Ø Ø Ø 1

(1.9%)

Ø 1

(1.9%)

1 (1.9%) Intrakranieller Tu-

mor (n=26) 24

(46.2%) Ø 1

(1.9%) Ø Ø Ø Ø 1

(1.9%)

LZH (n=4) Ø 2

(3.8%)

Ø 2

(3.8%)

Ø Ø Ø Ø

Autoimmun (n=2) 1 (1.9%)

1 (1.9%)

Ø Ø Ø Ø Ø Ø

Infektion (n=1) 1 (1.9%)

Ø Ø Ø Ø Ø Ø Ø

Gesamt (n=52) 27 (51.9%)

3 (5.8%)

5 (9.6%)

4 (7.7%)

2 (3.8%)

1 (1.9%)

8 (15.4%)

2 (3.8%)

(30)

24 4.5 Klinische Symptome

Zu den häufigsten Symptomen (Abbildung 7) zählten Polyurie (n=52), Polydipsie (n=27) und Nykturie (n=22). Darüber hinaus wurden folgende weitere Symptome be- richtet: Müdigkeit/Abgeschlagenheit (n=9), Gewichtsabnahme (n=7), Appetitminde- rung (n=6), Enuresis (n=5), Kopfschmerzen (n=5), Leistungsminderung (n=4), Schwindel (n=4), Übelkeit/Erbrechen (n=3), Bauchschmerzen (n=2) sowie Bewe- gungsunruhe/Nervosität (n=2).

Abbildung 7 Häufigkeit (%) der klinischen Symptome

Eine Polyurie fand sich obligat bei jedem Patienten. Eine Polydipsie manifestierte sich bei mindestens 50 % der Patienten in jedem Altersabschnitt. Davon ausgenom- men war die Altersgruppe von Geburt bis 1. Lebensjahr. Ebenfalls häufig war die Nykturie, deren Auftreten mit Ausnahme der oben genannten Altersgruppe in jedem Altersbereich zwischen 40 und 50 % lag. Der Anteil an Patienten mit Kopfschmerzen (17.4 %), Schwindel (17.4%) und Übelkeit/Erbrechen (13 %) zeigte in der Alters- gruppe vom 7. bis 13. Lebensjahr sein Maximum (Tabelle 5).

100

51,9 42,3

17,3 13,5 11,5 9,6 9,6 7,7 7,7 5,8 3,8 3,8

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Häufigkeiten in Prozent (%)

(31)

25 Tabelle 5 Häufigkeit der klinischen Symptome (in Klammern %) in den verschie-

denen Altersgruppen

Altersgruppen

Symptome 0 – 1.

Lebensjahr (n = 3)

2. – 6.

Lebensjahr (n = 18)

7. – 13.

Lebensjahr (n = 23)

14. – 19.

Lebensjahr (n = 8)

Polyurie 3 (100) 18 (100) 23 (100) 8 (100)

Polydipsie Ø 10 (55.5) 13 (56.6) 4 (50)

Nykturie Ø 8 (44.4) 10 (43.5) 4 (50)

Enuresis Ø 3 (16.7) 2 (8.7) Ø

Müdigkeit/

Abgeschlagenheit

Ø 4 (22.2) 4 (17.4) 1 (12.5)

Gewichtabnahme/

mangelnde Gewichts- zunahme

1 (33.3) 3 (16.7) 1 (4.3) 2 (25)

Appetitminderung Ø 3 (16.7) 1 (4.3) 1 (12.5)

Kopfschmerzen Ø Ø 4 (17.4) 1 (12.5)

Leistungsminderung Ø Ø 3 (13.0) 1 (12.5)

Schwindel Ø Ø 4 (17.4) Ø

Übelkeit/Erbrechen Ø Ø 3 (13.0) Ø

Bauchschmerzen Ø 1 (5.6) 1 (4.3) Ø

Bewegungsunruhe/

Nervosität

Ø Ø 1 (4.3) 1 (12.5)

(32)

26 4.6 Auxologische Daten bei Erstdiagnose

Zum Zeitpunkt der Diagnose DI lag der Körpergrößen-SDS der Patienten im Durch- schnitt bei -0.7 ± 1.63 (Median -0.4) und der BMI-SDS-Wert bei -0.1 ± 1.52 (Median - 0.14). Bei 7 Patienten fanden sich keine Angaben. In der Tabelle 6 finden sich die auxologischen Werte in Relation zur Ätiologie des DI.

Tabelle 6 Auxologische Daten der Patienten (MW ± SD) in Relation zur Ätiologie

Ätiologie Körpergröße-SDS BMI SDS

Idiopathisch (n = 9) -1.06 ± 1.62 0.00 ± 1.63

Genetisch (n = 5) 0.22 ± 1.67 -0.03 ± 1.20

Malformation (n = 2) -0.26 ± 1.63 0.90 ± 0.49

ZNS Tumor (n = 23) -1.01 ± 1.74 -0.26 ± 1.68

LZH (n = 4) -0.02 ± 1.03 -0.73 ± 1.11

Autoimmun (n = 1) 0.25 1.17

Infektion (n = 1) 0.61 1.54

4.7 Laborparameter bei Diagnose

Die Serum-Natriumwerte lagen durchschnittlich bei 148 ± 10 (SD) mmol/L (Median 146 mmol/l), die Plasmaosmolalität bei 302 ± 21 (Median 295) mosmol/kg und die morgendliche Urinosmolalität bei 144 ± 80 (Median 129) mosmol/kg. Bezogen auf die Ätiologie hatten Patienten mit einem intrakraniellen Tumor die höchsten Serum-Natri- umkonzentrationen mit 154 ±9 mmol/l und die höchste Plasmaosmolalität mit 315 ± 24 mosmol/kg (Tabelle 7). Die niedrigsten Plasma-Natriumwerte und die niedrigste

(33)

27 Plasmaosmolalität hatten Patienten mit einem genetischen DI und einer LZH. Dar- über hinaus war die Urinosmolalität mit 90 ± 47 mosmol/kg bei Patienten mit LZH am niedrigsten.

Tabelle 7 Laborparameter bei Diagnose (MW ± SD); LZH = Langerhanszell-Histi- ozytose

4.7.1 Durstversuch

Bei 18 von 52 Patienten wurde ein Durstversuch mit der anschließenden Gabe von DDAVP durchgeführt. Bei 4 der 18 Patienten wurde der Test in einer externen Kin- derklinik durchgeführt. Bei 34 Patienten fanden sich in den Krankenakten keine Da- ten. Der Durstversuch dauerte im Mittel 6 Stunden. Die maximale Dauer betrug 13 Stunden, die minimale Dauer 3 Stunden. Bei 7 Patienten wurde der Durstversuch aufgrund des starken Gewichtsverlustes zwischen 3 und 6 % des Körpergewichtes abgebrochen, davon wurden 4 vorzeitig abgebrochen (< 6 h).

Ätiologie Se-Natrium

mmol/l

Plasmaosmolalität mosmol/kg

Urinosmolalität mosmol/kg Idiopathisch 143 ± 5

297 ± 13 128 ± 82

Genetisch 139 ± 3 285 ± 4

166 ± 79

Malformation 147 ± 9

291 ± 1 206 ± 81

ZNS-Tumor 154 ± 9

315 ± 24 144 ± 44

LZH 137 ± 3

285 ± 9 90 ± 47

Autoimmun 154 ± 10 299 ± 7 209 ± 189

(34)

28 Tabelle 8 Laborparameter im Durstversuch (DV); dargestellt sind Mittelwert ± SD,

(Min. und Max.)

Im Verlauf des Durstversuches kam es zu einem Anstieg der durchschnittlichen Se- rum-Natriumkonzentration von 139 ± 5 (SD) mmol/l auf 144 ± 5 mmol/l und der Plas- maosmolalität von 290 ± 8 mosmol/kg auf 300 ± 11 mosmol/kg. Ebenfalls ließ sich ein leichter Anstieg der Urinosmolalität von 119 ± 58 (SD) mosmol/kg auf 229 ± 122 (SD) mosmol/kg verzeichnen. Nach der Gabe von DDAVP lag die Plasmaosmolalität bei 297 ± 17 (SD) mosmol/kg und die Natriumkonzentration bei 141 ± 6 (SD) mmol/l, während die Urinosmolalität im Mittel auf 534 ± 92 (SD) mosmol/l anstieg (Tabelle 8).

Bei allen Patienten blieb die Urinosmolalität während des Durstversuches < 500 mosmol/kg und alle zeigten ein Ansprechen auf DDAVP. Die Urinvolumina lagen zwi- schen 20 ml/h (Minimum) und 610 ml/h (Maximum) während des Durstversuchs

4.8 Neuroradiologische Diagnostik bei Erstdiagnose und im Verlauf

Bei 47 der 52 Patienten wurde bei Erstmanifestation des DI eine neuroradiologische Diagnostik des ZNS mittels MRT (n = 46) oder CT (n = 1) durchgeführt (Abbildung 8).

Bei 26 Patienten wurde ein Tumor und bei 4 Patienten eine Malformation im ZNS entdeckt.

Bei 6 Patienten (LZH=3, Germinom=1, Hypophysitis=1, idiopathisch=1) wurde eine Verdickung des Hypophysenstiels gefunden. Dabei konnte die Ätiologie des DI bei

Osmolalität Se-Natrium

mmol/l

Plasma mosmol/kg

Urin mosmol/kg

Beginn DV 139 ± 3

(134-146)

290 ± 8 (278-309)

119 ± 58 (51-289)

Ende DV 144 ± 5

(138-153) 300 ± 11

(283-317) 229 ± 122 (69-445) Nach DDAVP 141 ± 6

(133-150)

297 ± 17 (273-338)

534 ± 92 (371-688)

(35)

29 einer Patientin (Alter 14.7 Jahre) zunächst nicht geklärt werden. Der Hypophysenstiel hatte einen Durchmesser von 2.9 mm. Im weiteren Beobachtungszeitraum von 1.6 Jahren fand sich in der regelmäßig durchgeführten Bildgebung mittels MRT (alle 6 Monate) keine Progredienz der Befunde. Danach erfolgte keine Wiedervorstellung der Patientin.

Bei 8 Patienten mit initial unauffälligem Befund, wurde im Verlauf die neuroradiologische Diagnostik bei 5 Patienten wiederholt. Bei 2 Patienten fanden sich dazu keine Angaben, da sie nicht mehr in Erlangen betreut wurden. Bei einer Patientin lag ein genetischer DI vor, daher wurde das MRT ZNS nicht mehr wieder- holt. Von den 5 Patienten mit einer Bildgebung im Verlauf, wurde bei einem Jungen 1.7 Jahre nach der Erstmanifestation des DI eine Verdickung des Hypophysenstiels beschrieben und dann eine LZH diagnostiziert.

(36)

30

Neuroradiologie (n=47)

Malformation (n=4)

Normal (n=8) Tumor (n=26)

LZH (n=3)

Verdickter Hypophysenstiel (n=6)

Hypophysitis (n=1)

Rasmussen Enzephalitis (n=1)

EBV-Enzephalitis (n=1)

Germinom (n=1)

Enzephalitis (n=2) LZH

(n=1)

Abbildung 8 Ergebnis der neuroradiologischen Bildgebung bei Erstdiagnose LZH=Langerhanszell-Histiozytose

Idiopathisch (n=1)

(37)

31 4.9 Molekulargenetische Diagnostik

Bei 6 Patienten wurde eine molekulargenetische Diagnostik durchgeführt.

Bei einer Patientin wurde im Alter von 17.1 Jahren die Diagnose eines Wolfram-Syn- droms (autosomal-rezessiv) gestellt. Zusätzlich zum DI hatte die Patientin einen Dia- betes mellitus Typ 1, eine Optikusatrophie und eine beidseitige Innenohrschwerhörig- keit. Die Betreuung erfolgte in der Diabetesambulanz.

Bei 5 Patienten wurde ein autosomal-dominant vererbter DI diagnostiziert (Tabelle 9).

Die Patienten 1-3 kamen aus der gleichen Familie und hatten die gleiche Mutation. In der Familie hatten die beiden Geschwister (Pat. 1 und 2) bereits am Ende des ersten Lebensjahres Symptome im Sinne einer Polyurie und Polydipsie. Die Diagnose DI wurde aber erst mit 1.0 und 3.8 Jahren gestellt. Die klinischen Symptome des dritten Kindes (Cousin) traten im Alter von 3.3 Jahren auf; die Diagnose DI wurde mit 3.9 Jahren gestellt und mit 4.1 Jahren molekulargenetisch bestätigt. Von den 5 betroffe- nen Kindern mit einem genetischen DI waren vier Kinder bereits in den ersten Le- bensjahren symptomatisch. Nur ein Junge zeigte die Symptome des DI erst mit 8 Jahren.

Bei 4 Patienten unserer Kohorte mit einem idiopathischen DI wurde eine molekular- genetische Untersuchung aufgrund einer familiären Häufung (n=3) und Konsanguini- tät der Eltern (n=1) diskutiert, aber aufgrund vorzeitigen Ausscheidens der Kinder aus der ambulanten Betreuung bzw. Ablehnung durch die Eltern nicht durchgeführt.

(38)

32 Tabelle 9 Patienten mit autosomal-dominant vererbtem Diabetes insipidus (DI); * 1,2: Geschwister, # 3: Cousin von 1,2.

Patient, Sex Alter (Jahre) Diagnose DI

Alter bei Molekulargenetik

Mutation

1*, weiblich 3.8 9.8 Exon 2 des AVP-NPII-Gens → heterozygote G/T Transition, Ami- nosäure-Austausch an Position 96 (Gly G [GGC] → Val V [GTC]) 2*, männlich 1.0 6.6 Exon 2 des AVP-NPII-Gens → heterozygote G/T Transition, Ami-

nosäure-Austausch an Position 96 (Gly G [GGC] → Val V [GTC]) 3#, männlich 3.9 4.1 Exon 2 des AVP-NPII-Gens → heterozygote G/T Transition, Ami-

nosäure-Austausch an Position 96 (Gly G [GGC] → Val V [GTC])

4, weiblich 6.9 7.5 Heterozygote Mutation im Exon 2 des AVP-Gens

5, männlich 10.9 13.8 Heterozygote Mutation im Exon 2 des AVP-Gens

(39)

33 4.10 Hormonausfälle im Hypophysenvorderlappen

Bei 32 Kindern (65.4%) mit DI lag ein Panhypopituitarismus vor, da im Beobach- tungszeitraum mindestens ein weiterer Hormonausfall auftrat. Bei 22 Patienten lag ein Wachstumshormon (GH)-Mangel, bei 29 Patienten ein TSH-Mangel, bei 25 Pati- enten ein ACTH-Mangel und bei 17 Patienten ein LH/FSH-Mangel vor. Der höchste Anteil fand sich bei Patienten mit intrakraniellen Tumoren (n=26) und ZNS-Malforma- tionen (n=4). Hier konnten die Daten von 27 Patienten genauer analysiert werden.

Bei Erstmanifestation des DI hatten 16/27 Patienten einen TSH- und 18/27 einen ACTH-Mangel. Ein GH-Mangel konnte im Verlauf bei 18 Patienten und ein LH/FSH- Mangel bei 16 Patienten diagnostiziert werden (Abbildung 9). Die meisten Patienten hatten neben dem DI zwei oder mehr Hormonausfälle (Tabelle 10).

Abbildung 9 Diabetes insipidus und zusätzliche Hormondefizite bei Hirntumo- ren/ZNS-Malformation

GH = Wachstumshormon; TSH = Thyroidea stimulierendes Hormon; ACTH = Adreno- corti- cotropes Hormon; LH = luteinisierendes Hormon, FSH = follikelstimulierendes Hormon

0 10 20 30 40 50 60

GH TSH ACTH LH/FSH

Anzahl der Patienten

Hormondefizit bei Erstdiagnose (n=27) Hormondefizit im Verlauf (n=27)

(40)

34 Tabelle 10 Hormonausfälle in Relation zur Ätiologie des Diabetes insipidus

Kraniopha- ryngeom

(n=16)

Astrozytom (n=6)

Germinom (n=1)

Malformation (n=4)

Gesamt (n=27)

GH 13 3 1 1 18

TSH 16 4 1 3 24

ACTH 14 4 1 2 21

LH/FSH 12 1 1 2 16

≥ 2 Ausfälle 16 4 1 2 23

Legende siehe Abb. 9

4.11 Therapie des DI

Bei Erstmanifestation des DI wurden die Kinder entweder intranasal, oral oder intra- venös mit DDAVP therapiert. Dabei erhielten 65.4 % (n=34) der Kinder ihre tägliche Dosis intranasal und 24.5 % (n=13) oral (Tabelle 11). Verwendete Präparate waren die Nasentropfen/-spray sowie Tabletten von Minirin®, Desmotabs® und Nocutil®

und das Nasenspray von Desmogalen®. Die orale Behandlung in Form von Lyophi- lisat-Tabletten wurde bei keinem Kind durchgeführt. Bei 2 Patienten wurde initial DDAVP intravenös gegeben. Bei 3 Patienten lagen keine Angaben zur Darreichungs- form und Dosis vor. Bei 20 Patienten wurde im Verlauf die Therapie von intranasal auf oral umgestellt, so dass bei der letzten ambulanten Vorstellung nur noch 9 (17.3

%) Patienten mit DDAVP intranasal behandelt wurden; 69.2% (n=36) wurden oral mit Tabletten behandelt. Im Verlauf wurde die tägliche DDAVP-Dosis bei nasaler Appli- kation von durchschnittlich 13 auf 21 µg und bei oraler Applikation von 238 auf 473 µg erhöht (Tabelle 11). Bei 3 Patienten konnte nur die Therapie bei Erstmanifestation ermittelt werden, da sie sich nach der Diagnosestellung nicht mehr in der Kinderklinik vorstellten. Bei 4 (7.7 %) Patienten wurde die Therapie beendet, da der DI nur tem- porär war.

(41)

35 Tabelle 11 Applikationsart und Tagesdosis (µg) von DDAVP; dargestellt sind Mittel-

wert ± SD, (Min. und Max.)

Erstdiagnose Letzte Kontrolle Applikation N Tagesdosis

(µg)

N (%) Tagesdosis (µg) Intranasal 34 (65.4 %) 13 ± 12

(0.8 – 60)

9 (17.3 %) 21 ± 16 (3 – 50)

Oral 13 (25 %) 238 ± 161

(100 - 700)

36 (69.2 %) 473 ± 365 (25 – 1600)

Intravenös 2 (3.8 %) 0.4 - -

Keine Therapie 4 (7.7)

Unbekannt 3 (5.8 %) 3 (5.8)

4.12 Temporärer Diabetes insipidus

Bei 4 Patienten mit einem Hirntumor (Kraniopharyngeom n=2, Astrozytom n=2) fand sich ein postoperativer temporärer DI. Die Therapiedauer lag zwischen 4 Wochen und 108 Monaten.

(42)

36 5 Diskussion

In der vorliegenden Arbeit wurden die Daten von 52 Kindern mit einem zentralen Dia- betes insipidus (DI) retrospektiv analysiert, die in der Kinder- und Jugendklinik des Universitätsklinikums Erlangen behandelt wurden. Bei 33 Kindern wurde die Diag- nose in der Kinder- und Jugendklinik gestellt. Die meisten Patienten wurden in der endokrinologischen Ambulanz oder gemeinsam mit anderen Spezialambulanzen der Kinderklinik betreut.

Wir können nicht genau beurteilen, ob der DI bei den Kindern temporär oder perma- nent war, da einige der Patienten nicht lange genug in der Kinderklinik betreut wur- den. Von den 29 Kindern, die in Erlangen regelmäßig betreut wurden, hatten 4 einen temporären DI. Ähnliche Häufigkeiten wurden in der Literatur berichtet (1, 48).

Die Geschlechterverteilung ergab in unserer Kohorte ein leichtes Überwiegen der männlichen Patienten. Das Verhältnis von betroffenen Jungen zu Mädchen lag bei 1.2. In den meisten Arbeiten waren Jungen häufiger betroffen als Mädchen (17-19, 32, 33, 48, 49), nur in zwei italienischen und in einer australischen Studie hatten Mädchen häufiger einen DI als Jungen (1, 16, 50).

Bei Diagnosestellung lag das Alter der Patienten im Median bei 7.9 Jahren und somit in dem Altersbereich von 6 bis 9 Jahren, der auch in der Literatur berichtet wird (1, 16, 18, 19, 48, 50). In den meisten Fällen wurde die Diagnose zwischen dem 7. und 13. Lebensjahr gestellt. Am seltensten wurde der DI in der Neonatal- bzw. Säuglings- periode diagnostiziert (5.8 %).

In unserer Kohorte war die häufigste Ursache ein intrakranieller Tumor. In den Arbei- ten von Wang et al. (51), De Buyst et al. (18), Werny et al. (25) und De los Santos et al. (48) finden sich vergleichbare Zahlen (siehe Tabelle 12). Betroffen sind vor allem Patienten mit einem Kraniopharyngeom, bei denen der DI auch schon präoperativ vorliegen liegen kann. Nach neurochirurgischer Intervention wird ein Anstieg der Häufigkeit (präoperativ 26 %) auf 45 % berichtet (52). Bei den Patienten unserer Ko- horte mit Kraniopharyngeom und Astrozytom trat der DI ausschließlich postoperativ auf.

(43)

37 Andere Ursachen für einen DI sind extrem selten (Tabelle 12). Die Inzidenz der

Langerhanszell-Histiozytose (LZH) wird auf 3-5 Fälle pro 1 Million Kinder geschätzt.

Die Erkrankung kann generell jedes Organ befallen; in etwa 25 % der Fälle ist die Hypophyse betroffen (53). In unserer Kohorte hatten 4 Patienten eine LZH. Der auto- somal-dominant vererbte neurohypophysäre Diabetes insipidus ist durch Mutationen im AVP-Neurophysin II (AVP-NPII) Gen bedingt (29). Bei Patienten mit einem DI wurde eine Häufigkeit von 3.5 % bis 8 % gefunden (1, 16). In unserer Kohorte hatten 5 (9.6 %) Patienten eine solche Form des DI. Bei 9 Patienten (17 %) konnte keine Ursache für den DI gefunden werden.

Der Zeitraum vom Auftreten der ersten Symptome bis zur Diagnosestellung lag in un- serer Patientenkohorte im Durchschnitt bei 0.3 ± 0.9 (SD) Jahren, wobei die Zahl gut mit berichteten Zahlen aus der Literatur übereinstimmt (32, 33). Bei ca. 52 % der Pa- tienten wurde die Diagnose schon innerhalb einer Woche nach dem Auftreten der ersten Symptome durch die Neurochirurgie gestellt. Bei 15.4 % der Patienten, darun- ter vor allem Kinder mit idiopathischem DI (n = 3) und genetischem DI (n = 4), dau- erte es jedoch über ein Jahr bis zur Erstdiagnose. Dies kann dadurch bedingt sein, dass die Symptome sich erst spät manifestiert haben, nicht richtig eingeordnet wur- den oder der Schweregrad des DI erst im Verlauf zunahm (7, 54).

(44)

38 Tabelle 12 Ätiologie des DI bei Kindern – Literaturübersicht

Autoren Wang

(51)

Maghnie (16)

De Buyst (18)

Bajpaj (49)

Catli (17)

Liu (33)

Werny (25)

Hunter (32)

De los San- tos (48)

Eigene Daten

Jahr 1994 2000 2007 2008 2012 2013 2015 2016 2016 2016

Patientenzahl 35 79 27 59 34 62 147 35 79 52

Verhältnis m : w 3.3 0.9 1.7 2.1 1.8 1.2 - 1.5 1.8 1.2

Ätiologie

Idiopathisch 14% 47% 26% 32% 29% 8% 12% 6% 18% 17%

Genetisch 0% 6% 0% 0% 0% 0% 7% 0% 3% 12%

ZNS-Malformation 20% 5% 15% 14% 9% 9% 24% 9% 9% 8%

Hirntumore (ge- samt)

51% 23% 48% 27% 38% 65% 57% 37% 56% 50%

• vor OP 17% 12% 26% 7% 9% 42% - 9% 9% 2%

• nach OP 37% 8% 19% 19% 29% 23% - 29% 46% 48%

Kraniopharyngeom 17% 15% 19% 24% 21% 24% 25% 17% 38% 35%

Astrozytom 6% 0% 2% 2% 3% 0% - 9% 4% 14%

Germinom 17% 8% 7% 3% 12% 32% 10% 9% 3% 2%

Andere Tumore 11% 8% 15% 0% 3% 8% - 3% 11% 0%

Histiozytose (LZH) 3% 15% 7% 19% 12% 19% 12% 9% 14% 8%

Infektion 9% 0% 0% 3% 0% 2% 2% 0% 1% 2%

Schädel-Hirn- Trauma

3% 3% 0% 0% 6% 0% 2% 0% 0% 0%

Autoimmun 0% 1% 0% 0% 3% 0% 2% 0% 0% 4%

(45)

39 Die Häufigkeit der klinischen Symptome der Patienten in unserer Kohorte stimmt mit den Angaben in der Literatur überein. Angaben zur Häufigkeit der Polyurie (55.9% - 98.7%), Polydipsie (44.1% - 90.6%) und Nykturie (15.2% - 56%) zeigen eine große Variabilität (17-19, 33, 48). In einer italienischen Studie wurden neben den Haupt- symptomen bei 40 % der Patienten noch weitere Symptome beschrieben (16). In un- serer Patientenkohorte hatten 45 % noch weitere unspezifische Symptome wie Kopf- schmerzen (9.6%), Übelkeit/Erbrechen (5.8%) und Müdigkeit (17.3%). Diese Symp- tome können Hinweise auf einen Hirntumor sein oder durch den Flüssigkeitsverlust bei nicht ausreichender Flüssigkeitsaufnahme bedingt sein.

Die Körpergröße war bei den Patienten nach Therapie eines intrakraniellen Tumors am niedrigsten, wobei dies durch einen zusätzlichen Wachstumshormonmangel er- klärt werden kann. Eine verminderte Körpergröße kann nicht zwangsläufig einer be- stimmten Ätiologie des DI zugeordnet werden (18, 19). In unserer Kohorte war die mittlere Körpergröße in der Gruppe der Patienten mit idiopathischem DI auch niedrig, wobei zwei Kinder kleine Eltern hatten.

Bei Kindern mit DI führen der renale Wasserverlust und die verminderte renale Kon- zentrationsfähigkeit zu einer Hypernatriämie und einer erhöhten Plasma- osmolalität.

In den meisten Arbeiten finden sich keine Angaben zu den Laborwerten bei Kindern mit DI. Unsere Werte passen gut zu den Daten einer Studie aus Taiwan (Urinosmola- lität 180 ± 174 mosmol/kg, Serumosmolalität 306 ± 15 mosmol/kg) (33).

Die höchsten Werte fanden sich bei den Kindern mit einem ZNS-Tumor (Se-Natrium 154 ±9 mmol/l; Plasmaosmolalität 315 ± 24 mosmol/kg), wobei die Werte möglicher- weise durch das fehlende Durstempfinden aufgrund defekter Osmorezeptoren erklärt werden können (21). Bei Patienten mit fehlendem Durstempfinden wurde häufiger ein Kraniopharyngeom gefunden (55). Leider lagen in unserer Kohorte die Laborparame- ter (z.B. Urinosmolalität) nicht immer vor. Dies kann dadurch erklärt werden, dass die Diagnose DI nach einem neurochirurgischen Eingriff am ZNS bereits durch die Po- lyurie und Hypernatriämie gestellt wird und eine weitere Diagnostik nicht durchgeführt wird.

(46)

40 Der Durstversuch galt lange Zeit als der klinische Referenzstandard zur Differenzie- rung des Polyurie-Polydipsie-Syndroms, wobei die Differenzierung zwischen den häufigeren partiellen Manifestationsformen (primäre Polydipsie und partiellem zentra- len Diabetes insipidus), oft schwer ist. Jüngere Untersuchungen berichten von einer diagnostischen Gesamtzuverlässigkeit des Durstversuchs von etwa 70 % (56). Im Durstversuch steigt die Urinosmolalität bei einem zentralen DI erst nach Gabe von DDAVP an. Am Ende des Durstversuchs wurden für die Urinosmolalität Werte im Be- reich von 179.1 ± 5 mosmol/kg bzw. 282 ± 191 mosmol/kg berichtet, und nach

DDAVP-Gabe fanden sich Werte von 492 ± 18.6 mosmol/kg bis 617 ± 150 mosmol/kg (19).

Der Durstversuch wird auch dazu verwendet, einen kompletten von einem partiellen DI zu differenzieren, wobei die Kriterien nicht einheitlich sind.

Nach Di Iorgi et al. liegt ein kompletter DI bei einer Urinosmolalität von < 300 mosmol/kg am Ende des Durstversuchs und bei einer Urinosmolalität von > 750 mosmol/kg nach DDAVP vor (12). Für Fenske et al. ist zusätzlich der prozentuale An- stieg der Urinosmolalität > 50% nach DDAVP-Gabe für die Diagnose DI entschei- dend (39, 57, 58). In unserer Kohorte erreichte kein Patient nach DDAVP-Gabe die geforderte Urinosmolalität von > 750 mosmol/kg. Bei den Patienten, die am Ende des Durstversuchs eine gewisse Konzentrationsfähigkeit zeigten (Urinosmolalität > 300 mosmol/kg) und einen prozentualen Anstieg von > 50% nach DDAVP hatten, han- delte es sich um Patienten mit einem autosomal-dominant vererbten DI.

In den letzten Jahren wurde bei Erwachsenen die Bedeutung der Messung von Co- peptin als einfach zu messender Laborparameter für die Diagnose DI gezeigt. Nach hypertoner Kochsalzinfusion hatte der Copeptin-Cut-Off-Wert von 4.9 pmol/l eine Sensitivität bei 93.2% und eine Spezifität bei 100% für die Diagnose DI (39). In unse- rer Kohorte wurde Copeptin nicht bestimmt.

In der neuroradiologischen Diagnostik fanden sich initial bei 8 Patienten (17.0 %) keine Auffälligkeiten. Das hyperintense Signal („bright spot“) im Hypophysenhinter- lappen wird als Zeichen der funktionalen Integrität der Neurohypophyse gewertet. Ein fehlendes Signal gilt daher als ein diagnostisches Kriterium für einen Diabetes insipi- dus. In unserer Kohorte fehlte das hyperintense Signal bei 5 Patienten (Ätiologie des

(47)

41 DI: LZH n=2, idiopathisch n = 3). Die Daten zum „bright spot“ im Hypophysenhinter- lappen sind in der Literatur kontrovers. Das fehlende Signal wird in einigen Studien als diagnostisches Kriterium beschrieben (1, 16, 18, 19), in anderen Arbeiten aber nicht (25, 33). Der „bright spot“ kann auch bei Gesunden fehlen, wobei dies vor allem bei älteren Patienten beobachtet wird.

In den schriftlichen Befunden der Neuroradiologie fanden sich bei 15 Patienten vari- able Angaben zur Größe bzw. zum Durchmesser des Hypophysenstiels. Ein verdick- ter Hypophysenstiel (> 3 mm) wurde bei 4 Patienten gefunden. Bei einer Patientin (Diagnose: idiopathischer DI) wurde ein Wert von 2.9 mm gemessen und der Stiel durch den Radiologen als verdickt interpretiert. Im weiteren Verlauf blieb der Befund bei den regelmäßigen Kontrollen unverändert; eine Biopsie wurde abgelehnt. Die weitere Nachsorge wurde nach 18 Monaten durch die Patientin beendet. In der bis Anfang 2016 gültigen deutschen AWMF-Leitlinie zum Diabetes insipidus zentralis (aktuell in Überarbeitung) werden MRT-Kontrollen des ZNS in 1- bis 2-jährigen Ab- ständen empfohlen. Eine italienische Arbeitsgruppe empfiehlt Kontrollen in den ers- ten zwei Jahren in 4-6-monatigen Abständen und danach im jährlichen Rhythmus, um relevante Veränderungen des Infundibulums frühzeitig zu erkennen (1, 34). Bei progredienter Größenzunahme und Hinweisen auf einen infiltrativen Prozess soll ne- ben der Bestimmung der Tumormarker auch eine Biopsie durchgeführt werden.

Ein autosomal-dominant vererbter Diabetes insipidus wurde bei 5 Patienten in unse- rer Kohorte nachgewiesen, wobei 3 Patienten miteinander verwandt waren. Das ADH-Neurophysin-II-Gen besteht aus 3 Exons, welche für ein Vorläu-ferhormon des ADH codieren. Die häufigsten Mutationen sind Missens-Mutationen im Exon 2 (59).

Der Schweregrad der Polyurie kann bei Patienten mit einem autosomal-dominant vererbten neurohypophysären Diabetes insipidus innerhalb von betroffenen Familien und sogar bei betroffenen Geschwistern mit der gleichen Mutation beträchtlich variie- ren. Eine klare Genotyp-Phänotyp-Korrelation wurde bisher nur für die Mutation c.55 G>A (p.Ala19Thr) gefunden, bei der der Beginn der Symptome im Median bei 120 Monaten lag. Die klinische Symptomatik entwickelt sich insgesamt verzögert und lag im Median bei 32.5 Monaten (59). In unserer Kohorte dauerte es bei 3 von 5 betroffe- nen Patienten vom Symptom bis zur Diagnose des DI über ein Jahr.

(48)

42 Aufgrund der Ätiologie werden bei den Patienten mit zentralem Diabetes insipidus auch häufig Hormonausfälle im Hypophysenvorderlappen gefunden. Die berichteten Zahlen in der Literatur liegen zwischen 53 % und 81 % (16, 17, 19, 33). Ein Wachs- tumshormonmangel (GH-Mangel) wird am häufigsten berichtet (1, 16, 18, 32, 33, 41).

In unserem Patientengut lag die Häufigkeit eines GH-Mangels bei 42 %.

Mittel der Wahl ist die Therapie mit DDAVP (Synonym: Desmopressin) (45). In unse- rer Kohorte erhielten die meisten Patienten DDAVP zunächst intranasal und wurden dann im Verlauf auf Tabletten umgestellt. Die verabreichte DDAVP-Dosis ist altersab- hängig und individuell sehr unterschiedlich (45, 60). Eine orale Applikation wird emp- fohlen, da es dabei seltener zu einer Hyponatriämie kommt (44-46, 60). Die Bevor- zugung der oralen Einnahme konnte auch durch eine dänische Studie gezeigt wer- den (4).

Bei der Bewertung der Betreuungssituation von Patienten mit einem DI müssen meh- rere Faktoren berücksichtigt werden: 1. Der Diabetes insipidus ist eine seltene endo- krine Erkrankung mit einer variablen Ätiologie. 2. Die Häufigkeit der Kontrolluntersu- chungen hängt von der Ätiologie ab. 3. Die medikamentöse Therapie muss individu- ell an die Bedürfnisse der Patienten angepasst werden. 4. Ein Notfallausweis sollte vorhanden sein. 5. Eine wiederholte Schulung der Patienten, der Eltern und weiterer beteiligter Personen (z.B. Kindergarten, Schule) ist notwendig.

Nach der Erstdiagnose des DI fanden wir in unserer Kohorte eine abnehmende Häu- figkeit der Kontrolluntersuchungen. Überraschend war auch die Erkenntnis, dass sich viele Patienten nach der Erstdiagnose und Einstellung des DI nicht wieder ambulant in der Kinderklinik des Universitätsklinikums vorstellten. Im ersten Jahr nach Diagno- sestellung war die Zahl der Verlaufsuntersuchungen am größten. Patienten mit ei- nem Panhypopituitarismus (nach Therapie eines ZNS-Tumors) wurden häufiger am- bulant vorgestellt (3 x pro Jahr) als Patienten mit einem genetischen oder idiopathi- schen DI (1 x pro Jahr).

Von den ursprünglich 52 Patienten mit DI waren zum Zeitpunkt der Datenanalyse (Juli 2016) noch 29 Patienten in der Kinderklinik in Betreuung, während 23 Patienten über ein Jahr lang nicht in der Kinderklinik waren. Von diesen Patienten hatten 20

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