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Bei 47 der 52 Patienten wurde bei Erstmanifestation des DI eine neuroradiologische Diagnostik des ZNS mittels MRT (n = 46) oder CT (n = 1) durchgeführt (Abbildung 8).

Bei 26 Patienten wurde ein Tumor und bei 4 Patienten eine Malformation im ZNS entdeckt.

Bei 6 Patienten (LZH=3, Germinom=1, Hypophysitis=1, idiopathisch=1) wurde eine Verdickung des Hypophysenstiels gefunden. Dabei konnte die Ätiologie des DI bei

Osmolalität

29 einer Patientin (Alter 14.7 Jahre) zunächst nicht geklärt werden. Der Hypophysenstiel hatte einen Durchmesser von 2.9 mm. Im weiteren Beobachtungszeitraum von 1.6 Jahren fand sich in der regelmäßig durchgeführten Bildgebung mittels MRT (alle 6 Monate) keine Progredienz der Befunde. Danach erfolgte keine Wiedervorstellung der Patientin.

Bei 8 Patienten mit initial unauffälligem Befund, wurde im Verlauf die neuroradiologische Diagnostik bei 5 Patienten wiederholt. Bei 2 Patienten fanden sich dazu keine Angaben, da sie nicht mehr in Erlangen betreut wurden. Bei einer Patientin lag ein genetischer DI vor, daher wurde das MRT ZNS nicht mehr wieder-holt. Von den 5 Patienten mit einer Bildgebung im Verlauf, wurde bei einem Jungen 1.7 Jahre nach der Erstmanifestation des DI eine Verdickung des Hypophysenstiels beschrieben und dann eine LZH diagnostiziert.

30

Abbildung 8 Ergebnis der neuroradiologischen Bildgebung bei Erstdiagnose LZH=Langerhanszell-Histiozytose

Idiopathisch (n=1)

31 4.9 Molekulargenetische Diagnostik

Bei 6 Patienten wurde eine molekulargenetische Diagnostik durchgeführt.

Bei einer Patientin wurde im Alter von 17.1 Jahren die Diagnose eines Wolfram-Syn-droms (autosomal-rezessiv) gestellt. Zusätzlich zum DI hatte die Patientin einen Dia-betes mellitus Typ 1, eine Optikusatrophie und eine beidseitige Innenohrschwerhörig-keit. Die Betreuung erfolgte in der Diabetesambulanz.

Bei 5 Patienten wurde ein autosomal-dominant vererbter DI diagnostiziert (Tabelle 9).

Die Patienten 1-3 kamen aus der gleichen Familie und hatten die gleiche Mutation. In der Familie hatten die beiden Geschwister (Pat. 1 und 2) bereits am Ende des ersten Lebensjahres Symptome im Sinne einer Polyurie und Polydipsie. Die Diagnose DI wurde aber erst mit 1.0 und 3.8 Jahren gestellt. Die klinischen Symptome des dritten Kindes (Cousin) traten im Alter von 3.3 Jahren auf; die Diagnose DI wurde mit 3.9 Jahren gestellt und mit 4.1 Jahren molekulargenetisch bestätigt. Von den 5 betroffe-nen Kindern mit einem genetischen DI waren vier Kinder bereits in den ersten Le-bensjahren symptomatisch. Nur ein Junge zeigte die Symptome des DI erst mit 8 Jahren.

Bei 4 Patienten unserer Kohorte mit einem idiopathischen DI wurde eine molekular-genetische Untersuchung aufgrund einer familiären Häufung (n=3) und Konsanguini-tät der Eltern (n=1) diskutiert, aber aufgrund vorzeitigen Ausscheidens der Kinder aus der ambulanten Betreuung bzw. Ablehnung durch die Eltern nicht durchgeführt.

32 Tabelle 9 Patienten mit autosomal-dominant vererbtem Diabetes insipidus (DI); * 1,2: Geschwister, # 3: Cousin von 1,2.

Patient, Sex Alter (Jahre) Diagnose DI

Alter bei Molekulargenetik

Mutation

1*, weiblich 3.8 9.8 Exon 2 des AVP-NPII-Gens → heterozygote G/T Transition, Ami-nosäure-Austausch an Position 96 (Gly G [GGC] → Val V [GTC]) 2*, männlich 1.0 6.6 Exon 2 des AVP-NPII-Gens → heterozygote G/T Transition,

Ami-nosäure-Austausch an Position 96 (Gly G [GGC] → Val V [GTC]) 3#, männlich 3.9 4.1 Exon 2 des AVP-NPII-Gens → heterozygote G/T Transition,

Ami-nosäure-Austausch an Position 96 (Gly G [GGC] → Val V [GTC])

4, weiblich 6.9 7.5 Heterozygote Mutation im Exon 2 des AVP-Gens

5, männlich 10.9 13.8 Heterozygote Mutation im Exon 2 des AVP-Gens

33 4.10 Hormonausfälle im Hypophysenvorderlappen

Bei 32 Kindern (65.4%) mit DI lag ein Panhypopituitarismus vor, da im Beobach-tungszeitraum mindestens ein weiterer Hormonausfall auftrat. Bei 22 Patienten lag ein Wachstumshormon (GH)-Mangel, bei 29 Patienten ein TSH-Mangel, bei 25 Pati-enten ein ACTH-Mangel und bei 17 PatiPati-enten ein LH/FSH-Mangel vor. Der höchste Anteil fand sich bei Patienten mit intrakraniellen Tumoren (n=26) und ZNS-Malforma-tionen (n=4). Hier konnten die Daten von 27 Patienten genauer analysiert werden.

Bei Erstmanifestation des DI hatten 16/27 Patienten einen TSH- und 18/27 einen ACTH-Mangel. Ein GH-Mangel konnte im Verlauf bei 18 Patienten und ein LH/FSH-Mangel bei 16 Patienten diagnostiziert werden (Abbildung 9). Die meisten Patienten hatten neben dem DI zwei oder mehr Hormonausfälle (Tabelle 10).

Abbildung 9 Diabetes insipidus und zusätzliche Hormondefizite bei Hirntumo-ren/ZNS-Malformation

GH = Wachstumshormon; TSH = Thyroidea stimulierendes Hormon; ACTH = Adreno- corti-cotropes Hormon; LH = luteinisierendes Hormon, FSH = follikelstimulierendes Hormon

0 10 20 30 40 50 60

GH TSH ACTH LH/FSH

Anzahl der Patienten

Hormondefizit bei Erstdiagnose (n=27) Hormondefizit im Verlauf (n=27)

34 Tabelle 10 Hormonausfälle in Relation zur Ätiologie des Diabetes insipidus

Legende siehe Abb. 9

4.11 Therapie des DI

Bei Erstmanifestation des DI wurden die Kinder entweder intranasal, oral oder intra-venös mit DDAVP therapiert. Dabei erhielten 65.4 % (n=34) der Kinder ihre tägliche Dosis intranasal und 24.5 % (n=13) oral (Tabelle 11). Verwendete Präparate waren die Nasentropfen/-spray sowie Tabletten von Minirin®, Desmotabs® und Nocutil®

und das Nasenspray von Desmogalen®. Die orale Behandlung in Form von Lyophi-lisat-Tabletten wurde bei keinem Kind durchgeführt. Bei 2 Patienten wurde initial DDAVP intravenös gegeben. Bei 3 Patienten lagen keine Angaben zur Darreichungs-form und Dosis vor. Bei 20 Patienten wurde im Verlauf die Therapie von intranasal auf oral umgestellt, so dass bei der letzten ambulanten Vorstellung nur noch 9 (17.3

%) Patienten mit DDAVP intranasal behandelt wurden; 69.2% (n=36) wurden oral mit Tabletten behandelt. Im Verlauf wurde die tägliche DDAVP-Dosis bei nasaler Appli-kation von durchschnittlich 13 auf 21 µg und bei oraler AppliAppli-kation von 238 auf 473 µg erhöht (Tabelle 11). Bei 3 Patienten konnte nur die Therapie bei Erstmanifestation ermittelt werden, da sie sich nach der Diagnosestellung nicht mehr in der Kinderklinik vorstellten. Bei 4 (7.7 %) Patienten wurde die Therapie beendet, da der DI nur tem-porär war.

35 Tabelle 11 Applikationsart und Tagesdosis (µg) von DDAVP; dargestellt sind

Mittel-wert ± SD, (Min. und Max.)

Erstdiagnose Letzte Kontrolle Applikation N Tagesdosis

(µg)

N (%) Tagesdosis (µg) Intranasal 34 (65.4 %) 13 ± 12

(0.8 – 60)

9 (17.3 %) 21 ± 16 (3 – 50)

Oral 13 (25 %) 238 ± 161

(100 - 700)

36 (69.2 %) 473 ± 365 (25 – 1600)

Intravenös 2 (3.8 %) 0.4 - -

Keine Therapie 4 (7.7)

Unbekannt 3 (5.8 %) 3 (5.8)

4.12 Temporärer Diabetes insipidus

Bei 4 Patienten mit einem Hirntumor (Kraniopharyngeom n=2, Astrozytom n=2) fand sich ein postoperativer temporärer DI. Die Therapiedauer lag zwischen 4 Wochen und 108 Monaten.

36 5 Diskussion

In der vorliegenden Arbeit wurden die Daten von 52 Kindern mit einem zentralen Dia-betes insipidus (DI) retrospektiv analysiert, die in der Kinder- und Jugendklinik des Universitätsklinikums Erlangen behandelt wurden. Bei 33 Kindern wurde die Diag-nose in der Kinder- und Jugendklinik gestellt. Die meisten Patienten wurden in der endokrinologischen Ambulanz oder gemeinsam mit anderen Spezialambulanzen der Kinderklinik betreut.

Wir können nicht genau beurteilen, ob der DI bei den Kindern temporär oder perma-nent war, da einige der Patienten nicht lange genug in der Kinderklinik betreut wur-den. Von den 29 Kindern, die in Erlangen regelmäßig betreut wurden, hatten 4 einen temporären DI. Ähnliche Häufigkeiten wurden in der Literatur berichtet (1, 48).

Die Geschlechterverteilung ergab in unserer Kohorte ein leichtes Überwiegen der männlichen Patienten. Das Verhältnis von betroffenen Jungen zu Mädchen lag bei 1.2. In den meisten Arbeiten waren Jungen häufiger betroffen als Mädchen (17-19, 32, 33, 48, 49), nur in zwei italienischen und in einer australischen Studie hatten Mädchen häufiger einen DI als Jungen (1, 16, 50).

Bei Diagnosestellung lag das Alter der Patienten im Median bei 7.9 Jahren und somit in dem Altersbereich von 6 bis 9 Jahren, der auch in der Literatur berichtet wird (1, 16, 18, 19, 48, 50). In den meisten Fällen wurde die Diagnose zwischen dem 7. und 13. Lebensjahr gestellt. Am seltensten wurde der DI in der Neonatal- bzw. Säuglings-periode diagnostiziert (5.8 %).

In unserer Kohorte war die häufigste Ursache ein intrakranieller Tumor. In den Arbei-ten von Wang et al. (51), De Buyst et al. (18), Werny et al. (25) und De los Santos et al. (48) finden sich vergleichbare Zahlen (siehe Tabelle 12). Betroffen sind vor allem Patienten mit einem Kraniopharyngeom, bei denen der DI auch schon präoperativ vorliegen liegen kann. Nach neurochirurgischer Intervention wird ein Anstieg der Häufigkeit (präoperativ 26 %) auf 45 % berichtet (52). Bei den Patienten unserer Ko-horte mit Kraniopharyngeom und Astrozytom trat der DI ausschließlich postoperativ auf.

37 Andere Ursachen für einen DI sind extrem selten (Tabelle 12). Die Inzidenz der

Langerhanszell-Histiozytose (LZH) wird auf 3-5 Fälle pro 1 Million Kinder geschätzt.

Die Erkrankung kann generell jedes Organ befallen; in etwa 25 % der Fälle ist die Hypophyse betroffen (53). In unserer Kohorte hatten 4 Patienten eine LZH. Der auto-somal-dominant vererbte neurohypophysäre Diabetes insipidus ist durch Mutationen im AVP-Neurophysin II (AVP-NPII) Gen bedingt (29). Bei Patienten mit einem DI wurde eine Häufigkeit von 3.5 % bis 8 % gefunden (1, 16). In unserer Kohorte hatten 5 (9.6 %) Patienten eine solche Form des DI. Bei 9 Patienten (17 %) konnte keine Ursache für den DI gefunden werden.

Der Zeitraum vom Auftreten der ersten Symptome bis zur Diagnosestellung lag in un-serer Patientenkohorte im Durchschnitt bei 0.3 ± 0.9 (SD) Jahren, wobei die Zahl gut mit berichteten Zahlen aus der Literatur übereinstimmt (32, 33). Bei ca. 52 % der Pa-tienten wurde die Diagnose schon innerhalb einer Woche nach dem Auftreten der ersten Symptome durch die Neurochirurgie gestellt. Bei 15.4 % der Patienten, darun-ter vor allem Kinder mit idiopathischem DI (n = 3) und genetischem DI (n = 4), dau-erte es jedoch über ein Jahr bis zur Erstdiagnose. Dies kann dadurch bedingt sein, dass die Symptome sich erst spät manifestiert haben, nicht richtig eingeordnet wur-den oder der Schweregrad des DI erst im Verlauf zunahm (7, 54).

38 Tabelle 12 Ätiologie des DI bei Kindern – Literaturübersicht

Autoren Wang

39 Die Häufigkeit der klinischen Symptome der Patienten in unserer Kohorte stimmt mit den Angaben in der Literatur überein. Angaben zur Häufigkeit der Polyurie (55.9% - 98.7%), Polydipsie (44.1% - 90.6%) und Nykturie (15.2% - 56%) zeigen eine große Variabilität (17-19, 33, 48). In einer italienischen Studie wurden neben den Haupt-symptomen bei 40 % der Patienten noch weitere Symptome beschrieben (16). In un-serer Patientenkohorte hatten 45 % noch weitere unspezifische Symptome wie Kopf-schmerzen (9.6%), Übelkeit/Erbrechen (5.8%) und Müdigkeit (17.3%). Diese Symp-tome können Hinweise auf einen Hirntumor sein oder durch den Flüssigkeitsverlust bei nicht ausreichender Flüssigkeitsaufnahme bedingt sein.

Die Körpergröße war bei den Patienten nach Therapie eines intrakraniellen Tumors am niedrigsten, wobei dies durch einen zusätzlichen Wachstumshormonmangel er-klärt werden kann. Eine verminderte Körpergröße kann nicht zwangsläufig einer be-stimmten Ätiologie des DI zugeordnet werden (18, 19). In unserer Kohorte war die mittlere Körpergröße in der Gruppe der Patienten mit idiopathischem DI auch niedrig, wobei zwei Kinder kleine Eltern hatten.

Bei Kindern mit DI führen der renale Wasserverlust und die verminderte renale Kon-zentrationsfähigkeit zu einer Hypernatriämie und einer erhöhten Plasma- osmolalität.

In den meisten Arbeiten finden sich keine Angaben zu den Laborwerten bei Kindern mit DI. Unsere Werte passen gut zu den Daten einer Studie aus Taiwan (Urinosmola-lität 180 ± 174 mosmol/kg, Serumosmola(Urinosmola-lität 306 ± 15 mosmol/kg) (33).

Die höchsten Werte fanden sich bei den Kindern mit einem ZNS-Tumor (Se-Natrium 154 ±9 mmol/l; Plasmaosmolalität 315 ± 24 mosmol/kg), wobei die Werte möglicher-weise durch das fehlende Durstempfinden aufgrund defekter Osmorezeptoren erklärt werden können (21). Bei Patienten mit fehlendem Durstempfinden wurde häufiger ein Kraniopharyngeom gefunden (55). Leider lagen in unserer Kohorte die Laborparame-ter (z.B. Urinosmolalität) nicht immer vor. Dies kann dadurch erklärt werden, dass die Diagnose DI nach einem neurochirurgischen Eingriff am ZNS bereits durch die Po-lyurie und Hypernatriämie gestellt wird und eine weitere Diagnostik nicht durchgeführt wird.

40 Der Durstversuch galt lange Zeit als der klinische Referenzstandard zur Differenzie-rung des Polyurie-Polydipsie-Syndroms, wobei die DifferenzieDifferenzie-rung zwischen den häufigeren partiellen Manifestationsformen (primäre Polydipsie und partiellem zentra-len Diabetes insipidus), oft schwer ist. Jüngere Untersuchungen berichten von einer diagnostischen Gesamtzuverlässigkeit des Durstversuchs von etwa 70 % (56). Im Durstversuch steigt die Urinosmolalität bei einem zentralen DI erst nach Gabe von DDAVP an. Am Ende des Durstversuchs wurden für die Urinosmolalität Werte im Be-reich von 179.1 ± 5 mosmol/kg bzw. 282 ± 191 mosmol/kg berichtet, und nach

DDAVP-Gabe fanden sich Werte von 492 ± 18.6 mosmol/kg bis 617 ± 150 mosmol/kg (19).

Der Durstversuch wird auch dazu verwendet, einen kompletten von einem partiellen DI zu differenzieren, wobei die Kriterien nicht einheitlich sind.

Nach Di Iorgi et al. liegt ein kompletter DI bei einer Urinosmolalität von < 300 mosmol/kg am Ende des Durstversuchs und bei einer Urinosmolalität von > 750 mosmol/kg nach DDAVP vor (12). Für Fenske et al. ist zusätzlich der prozentuale An-stieg der Urinosmolalität > 50% nach DDAVP-Gabe für die Diagnose DI entschei-dend (39, 57, 58). In unserer Kohorte erreichte kein Patient nach DDAVP-Gabe die geforderte Urinosmolalität von > 750 mosmol/kg. Bei den Patienten, die am Ende des Durstversuchs eine gewisse Konzentrationsfähigkeit zeigten (Urinosmolalität > 300 mosmol/kg) und einen prozentualen Anstieg von > 50% nach DDAVP hatten, han-delte es sich um Patienten mit einem autosomal-dominant vererbten DI.

In den letzten Jahren wurde bei Erwachsenen die Bedeutung der Messung von Co-peptin als einfach zu messender Laborparameter für die Diagnose DI gezeigt. Nach hypertoner Kochsalzinfusion hatte der Copeptin-Cut-Off-Wert von 4.9 pmol/l eine Sensitivität bei 93.2% und eine Spezifität bei 100% für die Diagnose DI (39). In unse-rer Kohorte wurde Copeptin nicht bestimmt.

In der neuroradiologischen Diagnostik fanden sich initial bei 8 Patienten (17.0 %) keine Auffälligkeiten. Das hyperintense Signal („bright spot“) im Hypophysenhinter-lappen wird als Zeichen der funktionalen Integrität der Neurohypophyse gewertet. Ein fehlendes Signal gilt daher als ein diagnostisches Kriterium für einen Diabetes insipi-dus. In unserer Kohorte fehlte das hyperintense Signal bei 5 Patienten (Ätiologie des

41 DI: LZH n=2, idiopathisch n = 3). Die Daten zum „bright spot“ im Hypophysenhinter-lappen sind in der Literatur kontrovers. Das fehlende Signal wird in einigen Studien als diagnostisches Kriterium beschrieben (1, 16, 18, 19), in anderen Arbeiten aber nicht (25, 33). Der „bright spot“ kann auch bei Gesunden fehlen, wobei dies vor allem bei älteren Patienten beobachtet wird.

In den schriftlichen Befunden der Neuroradiologie fanden sich bei 15 Patienten vari-able Angaben zur Größe bzw. zum Durchmesser des Hypophysenstiels. Ein verdick-ter Hypophysenstiel (> 3 mm) wurde bei 4 Patienten gefunden. Bei einer Patientin (Diagnose: idiopathischer DI) wurde ein Wert von 2.9 mm gemessen und der Stiel durch den Radiologen als verdickt interpretiert. Im weiteren Verlauf blieb der Befund bei den regelmäßigen Kontrollen unverändert; eine Biopsie wurde abgelehnt. Die weitere Nachsorge wurde nach 18 Monaten durch die Patientin beendet. In der bis Anfang 2016 gültigen deutschen AWMF-Leitlinie zum Diabetes insipidus zentralis (aktuell in Überarbeitung) werden MRT-Kontrollen des ZNS in 1- bis 2-jährigen Ab-ständen empfohlen. Eine italienische Arbeitsgruppe empfiehlt Kontrollen in den ers-ten zwei Jahren in 4-6-monatigen Abständen und danach im jährlichen Rhythmus, um relevante Veränderungen des Infundibulums frühzeitig zu erkennen (1, 34). Bei progredienter Größenzunahme und Hinweisen auf einen infiltrativen Prozess soll ne-ben der Bestimmung der Tumormarker auch eine Biopsie durchgeführt werden.

Ein autosomal-dominant vererbter Diabetes insipidus wurde bei 5 Patienten in unse-rer Kohorte nachgewiesen, wobei 3 Patienten miteinander verwandt waren. Das ADH-Neurophysin-II-Gen besteht aus 3 Exons, welche für ein Vorläu-ferhormon des ADH codieren. Die häufigsten Mutationen sind Missens-Mutationen im Exon 2 (59).

Der Schweregrad der Polyurie kann bei Patienten mit einem autosomal-dominant vererbten neurohypophysären Diabetes insipidus innerhalb von betroffenen Familien und sogar bei betroffenen Geschwistern mit der gleichen Mutation beträchtlich variie-ren. Eine klare Genotyp-Phänotyp-Korrelation wurde bisher nur für die Mutation c.55 G>A (p.Ala19Thr) gefunden, bei der der Beginn der Symptome im Median bei 120 Monaten lag. Die klinische Symptomatik entwickelt sich insgesamt verzögert und lag im Median bei 32.5 Monaten (59). In unserer Kohorte dauerte es bei 3 von 5 betroffe-nen Patienten vom Symptom bis zur Diagnose des DI über ein Jahr.

42 Aufgrund der Ätiologie werden bei den Patienten mit zentralem Diabetes insipidus auch häufig Hormonausfälle im Hypophysenvorderlappen gefunden. Die berichteten Zahlen in der Literatur liegen zwischen 53 % und 81 % (16, 17, 19, 33). Ein Wachs-tumshormonmangel (GH-Mangel) wird am häufigsten berichtet (1, 16, 18, 32, 33, 41).

In unserem Patientengut lag die Häufigkeit eines GH-Mangels bei 42 %.

Mittel der Wahl ist die Therapie mit DDAVP (Synonym: Desmopressin) (45). In unse-rer Kohorte erhielten die meisten Patienten DDAVP zunächst intranasal und wurden dann im Verlauf auf Tabletten umgestellt. Die verabreichte DDAVP-Dosis ist altersab-hängig und individuell sehr unterschiedlich (45, 60). Eine orale Applikation wird emp-fohlen, da es dabei seltener zu einer Hyponatriämie kommt (44-46, 60). Die Bevor-zugung der oralen Einnahme konnte auch durch eine dänische Studie gezeigt wer-den (4).

Bei der Bewertung der Betreuungssituation von Patienten mit einem DI müssen meh-rere Faktoren berücksichtigt werden: 1. Der Diabetes insipidus ist eine seltene endo-krine Erkrankung mit einer variablen Ätiologie. 2. Die Häufigkeit der Kontrolluntersu-chungen hängt von der Ätiologie ab. 3. Die medikamentöse Therapie muss individu-ell an die Bedürfnisse der Patienten angepasst werden. 4. Ein Notfallausweis sollte vorhanden sein. 5. Eine wiederholte Schulung der Patienten, der Eltern und weiterer beteiligter Personen (z.B. Kindergarten, Schule) ist notwendig.

Nach der Erstdiagnose des DI fanden wir in unserer Kohorte eine abnehmende Häu-figkeit der Kontrolluntersuchungen. Überraschend war auch die Erkenntnis, dass sich viele Patienten nach der Erstdiagnose und Einstellung des DI nicht wieder ambulant in der Kinderklinik des Universitätsklinikums vorstellten. Im ersten Jahr nach Diagno-sestellung war die Zahl der Verlaufsuntersuchungen am größten. Patienten mit ei-nem Panhypopituitarismus (nach Therapie eines ZNS-Tumors) wurden häufiger am-bulant vorgestellt (3 x pro Jahr) als Patienten mit einem genetischen oder idiopathi-schen DI (1 x pro Jahr).

Von den ursprünglich 52 Patienten mit DI waren zum Zeitpunkt der Datenanalyse (Juli 2016) noch 29 Patienten in der Kinderklinik in Betreuung, während 23 Patienten über ein Jahr lang nicht in der Kinderklinik waren. Von diesen Patienten hatten 20

43 Patienten im Verlauf das Erwachsenenalter erreicht und 3 Patienten schieden vorzei-tig aus der ambulanten Betreuung aus. Von den 20 erwachsenen Patienten wurden 10 in der Erwachsenen-Endokrinologie des Universitätsklinikums weiterbetreut (Arzt-berichte lagen vor), während von den anderen 10 Patienten keine Informationen vor-liegen.

Zusammenfassung

Der zentrale Diabetes insipidus (DI) ist im Kindesalter selten. Die Daten der vorlie-genden Studie wurden an einem Universitätsklinikum der Maximalversorgung in Bay-ern erhoben und geben aber auch nur die Erfahrungen an dieser Klinik wieder. Das retrospektive Studiendesign hat gewisse Schwächen. So waren die Daten durch feh-lende Arztberichte und mangelhafte Dokumentation, vor allem bei den zunächst ex-tern behandelten Patienten, nicht immer vollständig vorhanden. In unserer Kohorte trat ein DI am häufigsten bei Therapie eines ZNS-Tumors auf. Daher hatten viele Pa-tienten im Verlauf zusätzliche Hormonausfälle im Hypophysenvorderlappen. Dies un-terstreicht die Bedeutung einer umfassenden endokrinologischen Diagnostik und adäquaten Betreuung durch einen Kinder-Endokrinologen. Eine große Herausforde-rung stellen die Patienten dar, bei denen die Ätiologie des DI bei Erstmanifestation nicht geklärt werden konnte. Hier sind regelmäßige neuroradiologische Verlaufsun-tersuchungen notwendig.

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