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Stadt Ostfildern Vorabzug ‚Ob der Halde‘ Prüfung zum Bebauungs-plan Artenschutzrechtliche

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Artenschutzrechtliche Prüfung zum Bebauungs- plan ‚Ob der Halde‘

Vorabzug

Stadt Ostfildern

D e t z e l & M a t t h ä u s

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Stuttgart,Vorabzug vom 19.09.2014, ergänzt: 12. April 2017

Auftraggeber: Stadt Ostfildern Otto-Vatter-Straße 12 73760 Ostfildern

Auftragnehmer: Gruppe für ökologische Gutachten Detzel & Matthäus

Dreifelderstraße 31 70599 Stuttgart www.goeg.de

Projektleitung: Matthias Bönicke (Diplom Geograph) Bearbeitung: Matthias Bönicke (Diplom Geograph)

Lukas von der Au (Umweltplanung und Recht) Laura Matthäus (B.Sc. Geoökologin)

Claus Wurst (Diplom Biologe) Ralf Hilzinger (Diplom Biologe)

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1 EINFÜHRUNG ... 1

1.1 Rahmenbedingungen ... 1

1.2 Ziele und Aufgaben ... 1

1.3 Vorgehensweise ... 1

2 RECHTLICHE GRUNDLAGEN ... 3

2.1 Begriffsbestimmung ... 3

2.2 Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände nach § 44 (1) BNATSCHG ... 8

2.3 Möglichkeiten zur Vemeidung bzw. Überwindung der Verbote des § 44 (1) BNatSchG ... 10

3 UNTERSUCHUNGSGEBIET ... 12

3.1 Räumliche Lage des Vorhabens ... 12

3.2 Abgrenzung und Beschreibung des Untersuchungsgebiets ... 12

4 VORKOMMEN RELEVANTER ARTEN... 14

4.1 Vögel ... 14

4.2 Fledermäuse ... 16

4.3 Reptilien ... 18

4.4 Schmetterlinge ... 20

4.5 Käfer ... 20

5 KONFLIKTERMITTLUNG ... 21

5.1 Vorhabensbeschreibung ... 21

5.2 Wirkfaktoren und Wirkprozesse ... 23

5.3 Ermittlung von Verbotstatbeständen nach § 44 BNatSchG ... 25

5.3.1 Vögel ... 26

5.3.2 Fledermäuse ... 31

5.3.3 Reptilien ... 33

6 MASSNAHMEN ... 35

6.1 Massnahmen zur Vermeidung und Minderung ... 35

6.2 Massnahmen zum vorgezogenen Funktionsausgleich ... 39

6.4 Sicherung der Massnahmen ... 46

6.5 Risikomanagement ... 46

7 DARSTELLUNG DER AUSNAHMEVORAUSSETZUNGEN ... 48

7.1 Nachweise der zwingenden Gründe des überwiegenden Interesses ... 48

7.2 Nachweise fehlender zumutbarer Alternativen ... 49

7.3 Bewertung der Beibehaltung des günstigen Erhaltungszustands der betroffenen Populationen ... 50

(4)

8 ZUSAMMENFASSUNG ... 53

9 QUELLEN UND LITERATUR ... 55

10 ANHANG ... 58

10.1 Abschichtungstabelle Arten Anhang IV FFH-RL ... 58

10.2 Erfassungsmethoden ... 60

10.3 Artenlisten ... 62

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1: Artenschutzrechtliche Prüfung nach § 44 Abs. 1 und 5 BNatSchG (Quelle: MATTHÄUS 2009, verändert 2012) ... 9

Abbildung 2: Lage im Raum ... 13

Abbildung 3: Streuobstwiese mit Extensivgrünland und Gebüschen ... 13

Abbildung 4: Gehölzsaum an der Jahnstraße ... 13

Abbildung 5: Brutvorkommen von Charakterarten der ökologischen Vogelgilden ... 16

Abbildung 6: Fundpunkte der Zauneidechse im Untersuchungsgebiet... 19

Abbildung 7: B-Planentwurf ‚Ob der Halde‘, Stand: 12.04.2017, Darstellung unmaßstäblich (STADT OSTFILDERN 2017) ... 23

Abbildung 8: Lage des Bauzauns ... 36

Abbildung 9: Habitatfläche der Zauneidechse ... 41

Abbildung 10: Lage der geplanten FCS-Fläche (Flst. 6239/7, 2.000 m²) ... 43

Abbildung 11: Lage des geplanten Ersatzhabitats ... 44

Abbildung 12: Beispielhafter Querschnitt durch einen Steinhaufen mit Erdhinterfüllung ... 45

Abbildung 13: Beispiel für Steinriegel mit Erdhinterfüllung und Wurzelstubben als Zauneidechsenhabitat ... 45

TABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 1: Im Untersuchungsgebiet nachgewiesene Vogelarten ... 62

Tabelle 2: Liste der nachgewiesenen Fledermausarten ... 63

Tabelle 3: Im Untersuchungsgebiet nachgewiesene Reptilien ... 63

Tabelle 4: Artenliste der nachgewiesenen Tagfalter ... 63

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Gruppe für ökologische Gutachten . Dreifelderstr. 31 . 70599 Stuttgart GÖG

1 EINFÜHRUNG

1.1 RAHMENBEDINGUNGEN

Die Stadt Ostfildern plant im Stadtteil Scharnhausen die Aufstellung des Bebauungs- plans 'Ob der Halde'. Im Rahmen des dafür notwendigen Bebauungsplanverfahrens ist auch der Besondere Artenschutz nach § 44 Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG abzuarbeiten. Die Naturschutzgesetzgebung verbietet Beeinträchtigungen europa- rechtlich streng und besonders geschützter Arten bzw. ihrer Lebensstätten. Aus die- sem Sachverhalt können sich planerische und verfahrenstechnische Konsequenzen ergeben, die sich aus den §§ 44 und 45 BNatSchG ableiten. Die Gruppe für ökologi- sche Gutachten wurde hierfür im Januar 2009 mit der fachgutachterlichen Bearbeitung, welche die artenschutzrechtliche Prüfung beinhaltet, beauftragt.

1.2 ZIELE UND AUFGABEN

Gegenstand dieser Aufgabenstellung ist es, die Relevanz von Eingriffen durch das ge- plante Vorhaben zu ermitteln und zu beschreiben. Der Untersuchungsansatz fokussiert dabei auf die europäischen Vogelarten nach Artikel 1 der EU-Vogelschutzrichtlinie und die nach Anhang IV der FFH-Richtlinie geschützten Arten. Nur national geschützte Ar- ten sind nicht Gegenstand der artenschutzrechtlichen Prüfung im Sinne des

§ 44 BNatSchG.

Auf der Grundlage von Artkartierungen werden die durch das geplante Vorhaben zu erwartenden Auswirkungen beschrieben, um anschließend sich daraus ergebende Rechtsfolgen bzw. Verbotstatbestände des § 44 BNatSchG bewerten sowie ihre plane- rischen und genehmigungsrelevanten Konsequenzen darstellen und kommentieren zu können. Außerdem werden Möglichkeiten zur Vermeidung von Verbotstatbeständen bzw. die Erfordernisse, Inhalte und Formalien einer Ausnahmegenehmigung skizziert und fachbehördlich erörtert.

1.3 VORGEHENSWEISE

In einer ersten Stufe erfolgte die Abschichtung des prüfrelevanten Spektrums der Arten nach Anhang IV der FFH-Richtlinie und Artikel 1 der EU-Vogelschutzrichtlinie anhand der Kriterien Verbreitung, Habitatansprüche und projektspezifische Betroffenheit der Arten (siehe Abschichtungstabelle im Anhang 10.1).

Auf dieser Grundlage wurden anschließend zwischen April und Juli 2009 Primärdaten- hebungen zu Vögeln, Fledermäusen und Reptilien erhoben. Zusätzlich erfolgte für das Schutzgut Fauna eine Erfassung der Schmetterlingsfauna. In Anpassung an die Ände- rungen des Geltungsbereichs fanden in den Jahren 2012 und 2014 ergänzende bzw.

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2 1. Einführung

aktualisierende Erfassungen zu den Artengruppen statt. Nähere Ausführungen zu den Erfassungsmethoden finden sich im Anhang.

Die Artkartierungen bilden die Grundlage für die Prüfung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände mit ihren planerischen und genehmigungsrelevanten Konsequen- zen.

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Gruppe für ökologische Gutachten . Dreifelderstr. 31 . 70599 Stuttgart GÖG

2 RECHTLICHE GRUNDLAGEN 2.1 BEGRIFFSBESTIMMUNG

Einige zentrale Begriffe des BNatSchG sind vom Gesetzgeber nicht abschließend defi- niert worden, so dass eine fachliche Interpretation und Definition der fraglichen Begriff- lichkeiten zur Bewertung der rechtlichen Konsequenzen erforderlich wird. Die Verwen- dung dieser Begrifflichkeiten im vorliegenden Fachgutachten orientiert sich an den in der Fachliteratur vorgeschlagenen und diskutierten Definitionen. Auf eine umfassende Darstellung der verschiedenen Interpretationen wird mit Verweis auf die jeweilige Lite- ratur verzichtet.

Fortpflanzungs- und Ruhestätten

Laut GUIDANCE DOCUMENT (2007) dienen Fortpflanzungsstätten v.a. der Balz/Werbung, der Paarung, dem Nestbau, der Eiablage sowie der Geburt bzw. Produktion von Nachkommenschaft (bei ungeschlechtlicher Fortpflanzung), Eientwicklung und -bebrütung. Einen Sonderfall stellen die europäischen Vogelarten dar, bei denen sich das Schutzregime der Vogelschutz-Richtlinie gemäß Art. 5 b) VRL zunächst allein auf deren Nester beschränkt. Vor dem Hintergrund des ökologisch-funktionalen Ansatzes geht der in § 44 BNatSchG verwendete Begriff der Fortpflanzungsstätte jedoch deutlich über den nur punktuell zu verstehenden „Nest“-Begriff der Vogelschutz-Richtlinie hinaus. Hier ist vielmehr auch die für die Funktionserfüllung des Nestes notwendige Umgebung mit einzubeziehen.

Ruhestätten umfassen Orte, die für ruhende bzw. nicht aktive Einzeltiere oder Tier- gruppen zwingend erforderlich sind. Sie können auch Strukturen beinhalten, die von den Tieren selbst geschaffen wurden (GUIDANCE DOCUMENT 2007). Zu den Ruhestät- ten zählen beispielsweise Schlaf-, Mauser- und Rastplätze, Sonnplätze, Verstecke und Schutzbauten sowie Sommer- und Winterquartiere. Wichtig ist hierbei eine Unterschei- dung zwischen regelmäßig wieder genutzten bzw. nur in einer Fortpflanzungsperiode genutzten Stätten.

Das Schutzregime des § 44 BNatSchG gilt auch dann, wenn eine Lebensstätte außer- halb der Fortpflanzungs- und Ruhezeiten vorübergehend nicht genutzt wird. Solche re- gelmäßig genutzten Fortpflanzungs- und Ruhestätten unterliegen nach dem EU- Leitfaden auch dann dem Artenschutzregime, wenn sie nicht besetzt sind (vgl.

GUIDANCE DOCUMENT (2007). Dies gilt zum Beispiel für Winterquartiere von Fleder- mäusen im Sommer. Ebenso sind regelmäßig genutzte Horst- und Höhlenbäume oder Brutreviere von standorttreuen Vogelarten sowie Sommerquartiere von Fledermäusen auch im Winter geschützt (KIEL 2007).

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4 2. Rechtliche Grundlagen

Lokale Population

Die LANA (2009) definiert eine lokale Population als Gruppe von Individuen einer Art, die eine Fortpflanzungs- oder Überdauerungsgemeinschaft bilden und einen zusam- menhängenden Lebensraum gemeinsam bewohnen. Im Allgemeinen sind Fortpflan- zungsinteraktionen oder andere Verhaltensbeziehungen zwischen diesen Individuen häufiger als zwischen ihnen und Mitgliedern anderer lokaler Populationen derselben Art.

Hinsichtlich der Abgrenzung von lokalen Populationen wird auf die Hinweise der LANA (2009) verwiesen, welche lokale Populationen „anhand pragmatischer Kriterien als lo- kale Bestände in einem störungsrelevanten Zusammenhang" definiert. Dies ist für Ar- ten mit klar umgrenzten, kleinräumigen Aktionsräumen praktikabel (KIEL 2007). Für Ar- ten mit einer flächigen Verbreitung (z.B. Feldlerche) sowie bei revierbildenden Arten mit großen Aktionsräumen (z.B. Rotmilan) ist eine Abgrenzung der lokalen Population mitunter nicht möglich.

Das MLR (2009) empfiehlt, als Abgrenzungskriterium für die Betrachtung lokaler Popu- lationen solcher Arten auf die Naturräume 4. Ordnung abzustellen. Wenn ein Vorhaben auf zwei (oder mehrere) benachbarte Naturräume 4. Ordnung einwirken kann, sollten beide (alle) betroffenen Naturräume 4. Ordnung als Bezugsraum für die "lokale Popula- tion" der beeinträchtigten Art betrachtet werden.

Erhalt der ökologischen Funktion von Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang

Die Legalausnahme nach § 44 (5) BNatSchG für das Zerstörungsverbot (§ 44 (1) 3) setzt voraus, dass die ökologische Funktion der betroffenen Fortpflanzungs- und Ru- hestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin gegeben ist. Maßgeblich für die Er- füllung des Verbotstatbestandes ist, dass es zu einer Minderung des Fortpflanzungser- folgs bzw. der Ruhemöglichkeiten für das Individuum oder die Individuengruppe der betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätte kommt (LOUIS 2009). Das Individuum ist somit die Bezugsgröße für die Erfüllung des Verbots. Nach LOUIS ist in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob die der lokalen Individuengemeinschaft (hier: Bezugsgröße zur lo- kalen Population) zur Verfügung stehenden Fortpflanzungs- und Ruhestätten auch den betroffenen Individuen oder Individuengruppen zur Verfügung stehen. Es ist also im Einzelnen zu prüfen, ob die verbleibenden Strukturen an Fortpflanzungs- und Ruhe- stätten auch für die vom Vorhaben betroffenen Individuen noch ein ausreichendes An- gebot solcher Stätten zur Verfügung stellen können.

Ist dies nicht der Fall, so ist zu prüfen, ob der Erhalt der ökologischen Funktion von Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang durch CEF-Maß- nahmen zu erreichen ist.

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Gruppe für ökologische Gutachten . Dreifelderstr. 31 . 70599 Stuttgart GÖG Nach Gesetzeslage sind die Legalausnahmen des § 44 (5) BNatSchG nicht für das Störungsverbot vorgesehen. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass sich bei einem vorgezogenen Funktionsausgleich auch der Erhaltungszustand der lokalen Population nicht verschlechtern dürfte (LOUIS 2009). Damit wären auch die Verbote nach

§ 44 (1) 2 BNatSchG nicht erfüllt.

Tötungsverbot

Nach § 44 (5) BNatSchG gilt die Legalausnahme für das Tötungsverbot gemäß

§ 44 (1) 1 BNatSchG, solange die ökologische Funktion der Fortpflanzungs- und Ru- hestätten im räumlichen Zusammenhang (s.o.) weiterhin erfüllt bleibt und es sich um unvermeidbare Beeinträchtigungen handelt.

Nach dem Beschluss des BVerwG vom 14. 7. 2011 (9 A 12.10, 'OU Freiberg') kann der im BNatSchG enthaltene Passus der Zulässigkeit von 'unvermeidbaren' Tötungen al- lerdings nicht aus der FFH-Richtlinie abgeleitet werden und ist damit nicht anwendbar.

Als Bewertungsmaßstab ist demzufolge die Tötung/Verletzung des jeweiligen Individu- ums heranzuziehen und unabhängig von Vermeidungsmaßnahmen als Verwirklichung des Verbotstatbestandes zu betrachten. Für das im Rahmen der artenschutzrechtli- chen Prüfung zu ermittelnde Tötungsrisiko gilt, dass erst eine signifikante Erhöhung desselben den Verbotstatbestand verwirklicht.

Für die Anwendung des o.g. Urteils in der Praxis hat das MLR (2012) am Beispiel der Zauneidechse Hinweise zur Bewältigung dieses Konfliktes gegeben. Hiernach kann durch die Realisierung geeigneter Maßnahmenkonzepte eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos vermieden werden, so dass keine artenschutzrechtliche Ausnahme gemäß § 45 (7) BNatSchG erforderlich wird.

Der Beschluss des BVerwG vom 08.01.2014 (9 A 4.13, 'BAB A14 Colbitz') konkretisiert den Sachverhalt dahingehend, dass als Maßstab hinsichtlich der Verbotsverwirklichung das allgemeine Lebensrisiko des Individuum der jeweiligen Art herangezogen werden kann, unabhängig davon, ob es sich um betriebsbedingte (Kollision mit Fahrzeugen) oder baubedingte Wirkungen handelt (vgl. RN 99). Wird durch gezielte Maßnahmen das für den jeweiligen Einzelfall ermittelte Tötungsrisiko bereits bis zur Schwelle des allgemeinen Lebensrisikos gesenkt, besteht danach keine weitergehende artenschutz- rechtliche Verantwortlichkeit und somit kein Ausnahmeerfordernis für den Tötungstat- bestand. Gleichwohl bleibt das Erfordernis bestehen, die konkrete Konfliktlage im Ein- zelfall mit der genehmigenden Behörde abzustimmen.

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6 2. Rechtliche Grundlagen

Tötungsverbot im Falle von Kollisionen

Nach LANA (2009) führen betriebsbedingte Tötungen, die nicht im Zusammenhang mit der Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten stehen, nicht in jedem Fall zum Auslösen des Verbotstatbestandes nach § 44 (1) 1 BNatSchG. Eine unvermeidbare Tötung einzelner Individuen (durch Kollision mit Fahrzeugen) reicht hierfür nicht aus.

Vielmehr muss das Tötungsrisiko durch ein Vorhaben signifikant erhöht sein. Dies muss wiederum im Einzelfall der jeweiligen betroffenen Art überprüft werden.

Die Unvermeidbarkeit der Tötung ergibt sich ggf. erst aus der artgerechten Maßnah- menumsetzung zur Reduktion des Tötungsrisikos, bspw. durch das Anbringen von Querungshilfen (LANA 2009).

Bezugsmaßstab bei Erfüllung von Verboten, Individuum oder lokale Population

Die jeweilige Bezugsgröße für die Erfüllung von Verbotstatbeständen ist der Grafik in Abbildung 1 zu entnehmen. Die Grundlage für diese Zuweisungen bilden die Arbeiten von GELLERMANN 2007, TRAUTNER et al. 2006 und LOUIS 2009.

Erheblichkeit einer Störung nach § 44 (1) 2 BNatSchG

Auch bezüglich der von § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG erfassten Störungshandlungen stellt sich die Frage, ab wann die Verbote tatbeständlich sind. Anders als beim Tö- tungsverbot und beim Verbot der Beeinträchtigung von Lebensstätten ist eine Störung von vornherein (d.h. ohne nachträgliche Freistellung durch eine Legalausnahme) nur dann vom Verbot erfasst, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der loka- len Population der betroffenen Art verschlechtert. Damit dürften beispielsweise Störun- gen von ubiquitär verbreiteten Vogelarten durch Bau- oder Straßenlärm, auch wenn sie die Tiere im Einzelfall zur Flucht veranlassen, in der Regel nicht tatbeständlich sein.

Der Bundesgesetzgeber hat sich damit am Wortlaut des Störungsverbotes in Art. 5 lit d) EG-Vogelschutzrichtlinie orientiert, welches nur dann gilt, „sofern sich diese Störung auf die Zielsetzung dieser Richtlinie erheblich auswirkt“. Zugleich wird in der Begrün- dung zum BNatSchG auch auf den sich aus dem GUIDANCE DOCUMENT (2007) erge- benden Interpretationsspielraum verwiesen, nach dem nur solche Störungen vom Ver- bot des Art. 12 Abs. 1 lit. b) FFH-RL erfasst sind, die sich nachteilig auf den Erhal- tungszustand einer lokalen Population, beispielsweise durch Verringerung der Überle- benschancen oder des Reproduktionserfolges der beteiligten Tiere, auswirken.

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Gruppe für ökologische Gutachten . Dreifelderstr. 31 . 70599 Stuttgart GÖG Abgrenzung des Störungsverbots (§ 44 (1) 2 BNatSchG) gegen das Schädigungs- verbot (§ 44 (1) 3 BNatSchG)

Es wird der prägnanten Abgrenzung der Störung gegenüber den anderen Zugriffsver- boten nach LOUIS (2009) gefolgt. Eine Störung beeinträchtigt immer das Tier selbst, was sich z.B. in einer Verhaltensänderung bemerkbar macht (Flucht- und Meideverhal- ten). Die Störung lässt die Fortpflanzungs- und Ruhestätten physisch unverändert. Ei- ne Beschädigung oder Zerstörung setzt hingegen Auswirkungen auf die Lebensstätte voraus, wobei hier die gesamte Fläche des Habitats betrachtet werden muss. Eine Stö- rung entsteht nach LOUIS (2009) durch bau- oder betriebsbedingte Wirkungen und führt i.d.R. zu Flucht- oder Unruhereaktionen.

Es werden zwei Komponenten von Störungen unterschieden, die an Hand ihres zeitli- chen Wirkens differenziert werden. So kann eine Störung durch temporär begrenzt auf- tretende Wirkungen verursacht werden und dadurch eine spontane Verhaltensände- rung, bspw. im Sinne einer Scheuchwirkung, hervorrufen. Sie kann aber auch von in regelmäßigen Abständen auftretenden Ereignissen erzeugt werden (z.B. Straßenver- kehr einer vielbefahrenen Straße) und damit anhaltend wirken, was zu einer beständi- gen, andauernden Verhaltensänderung (Stresswirkungen) führen kann. Ggf. führt dies zu einer erhöhten Prädation (z.B. durch Maskierung von Warnrufen durch Lärm) oder einem verminderten Bruterfolg.

Führen die andauernden vorhabensbedingten Wirkungen zu einer Meidung betroffener Habitatflächen, muss dies auch als Beschädigung der Fortpflanzungs- und Ruhestätte angesehen werden.

Bewertung des Erhaltungszustandes Europäische Vogelarten

Das MLR (2009) empfiehlt „… auf die Rote Liste und kommentiertes Verzeichnis der Brutvogelarten in Baden-Württemberg" (LUBW) zurückzugreifen, wobei bei einer Ein- stufung in einer Gefährdungskategorie zwischen 0 und 3 sowie bei Arten der Vorwarn- liste von einem ungünstigen Erhaltungszustand auszugehen ist. Sonstige Vogelarten sind bis zum Vorliegen gegenteiliger Erkenntnisse als "günstig" einzustufen.“ Dieser Empfehlung wird gefolgt, wobei im Falle eines ungünstige Erhaltungszustandes zwi- schen den Kategorien "ungünstig/unzureichend" (Arten der Vorwarnliste) und "ungüns- tig/schlecht" (Gefährdungskategorie 0 bis 3) unterschieden wird.

Arten des Anhang IV FFH-Richtlinie

Die Informationen über die aktuellen Erhaltungszustände von FFH Anhang IV Arten in Baden-Württemberg sind der Homepage der LUBW entnommen.

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8 2. Rechtliche Grundlagen

2.2 ARTENSCHUTZRECHTLICHE VERBOTSTATBESTÄNDE NACH

§ 44 (1) BNATSCHG

Zum Schutz wild lebender Tier- und Pflanzenarten vor Beeinträchtigungen durch den Menschen sind auf gemeinschaftsrechtlicher und nationaler Ebene umfangreiche Vor- schriften erlassen worden. Europarechtlich ist der Artenschutz in den Artikeln 12, 13 und 16 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Erhaltung der natürlichen Lebensräu- me sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen vom 21.05.1992 - FFH-Richtlinie - (ABl. EG Nr. L 206/7) sowie in den Artikeln 5 bis 7 und 9 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten vom 02.04.1979 - Vogel- schutzrichtlinie - (ABl. EG Nr. L 103) verankert.

Im nationalen deutschen Naturschutzrecht (Bundesnaturschutzgesetz vom 29. Juli 2009 [BGBl. IA. 2542], das seit 01. März 2010 in Kraft ist) ist der Artenschutz in den Bestimmungen der §§ 44 und 45 BNatSchG verankert. Entsprechend § 44 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG gelten die artenschutzrechtlichen Verbote bei nach § 15 BNatSchG zulässigen Eingriffen in Natur und Landschaft sowie nach den Vorschriften des Bauge- setzbuches zulässigen Vorhaben im Sinne des § 18 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG nur für die in Anhang IV der FFH-RL aufgeführten Tier- und Pflanzenarten sowie für die Euro- päischen Vogelarten (europarechtlich geschützte Arten).

Im Rahmen der artenschutzrechtlichen Prüfung wird für diese relevanten Arten zu- nächst untersucht, ob nachfolgende Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG er- füllt sind (vgl. auch Prüfschema in Abbildung 1):

1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fan- gen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,

2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wande- rungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert, 3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders ge-

schützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstö- ren.

4. wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsfor- men aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören.

Eine schematische Darstellung der zu prüfenden artenschutzrechtlichen Sachverhalte gemäß § 44 BNatSchG gibt Abbildung 1.

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Gruppe für ökologische Gutachten . Dreifelderstr. 31 . 70599 Stuttgart GÖG In den Bestimmungen des § 44 Abs. 5 BNatSchG sind verschiedene Einschränkungen hinsichtlich der Verbotstatbestände enthalten. Danach gelten die artenschutzrecht- lichen Bestimmungen des § 44 Abs. 1 Nr. 1 (Tötungsverbot) nicht in Verbindung mit

§ 44 Abs. 1 Nr. 3 (Zerstörung von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten), wenn sie unver- meidbar1 sind und die ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang weiterhin

1 Nach dem Beschluss des BVerwG vom 14. 7. 2011 (9 A 12.10, 'OU Freiberg') kann der im BNatSchG enthaltene Passus der Zulässigkeit von 'unvermeidbaren' Tötungen nicht aus der FFH-Richtlinie abgeleitet werden und ist damit unzulässig. Aufgrund der weitreichenden Auswirkungen dieses Beschlusses auf die Praxis hat das MLR (2012) am Beispiel der Zau- neidechse Hinweise gegeben, unter welchen Umständen eine Umsiedlung ohne Ausnahme möglich ist. Gleichwohl bleibt das Erfordernis bestehen, die konkrete Konfliktlage im Einzel- fall mit der genehmigenden Behörde abzustimmen.

Abbildung 1: Artenschutzrechtliche Prüfung nach § 44 Abs. 1 und 5 BNatSchG (Quelle: MAT- THÄUS 2009, verändert 2012)

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10 2. Rechtliche Grundlagen

erfüllt wird. Bei Gewährleistung der ökologischen Funktion der vom Vorhaben betroffe- nen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten ist auch § 44 Abs. 1 Nr. 3 nicht gegenständlich.

Ggf. kann die ökologische Funktion vorab durch sogenannte CEF-Maßnahmen gesi- chert werden.

Die Erfüllung von Verbotstatbeständen des § 44 (1) BNatSchG gilt nach § 69 BNatSchG als Ordnungswidrigkeit, welche gemäß § 71 BNatSchG mit bis zu fünf Jah- ren Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe bestraft werden kann.

2.3 MÖGLICHKEITEN ZUR VEMEIDUNG BZW. ÜBERWINDUNG DER VERBOTE DES § 44 (1) BNATSCHG

Wenn trotz Berücksichtigung der üblichen Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen Verbotstatbestände erfüllt werden, ist zu prüfen, inwieweit Möglichkeiten des vorgezo- genen Funktionsausgleichs (CEF-Maßnahmen) bestehen bzw. die Voraussetzungen für eine Ausnahmeprüfung zur Überwindung der Verbote gegeben sind.

VERMEIDUNGSMAßNAHMEN

Vermeidungsmaßnahmen dienen dem Zweck, die zu erwartende Erfüllung von Ver- botstatbeständen nach § 44 (1) BNatSchG zu vermeiden. Hierbei kann es sich sowohl um zeitliche Beschränkung wie den Eingriff in Gehölzbiotope außerhalb der Brutzeit als auch um technische Maßnahmen wie eine veränderte Bauweise zur Reduktion von Emissionen oder eine Trassenverlegung in aus artenschutzrechtlicher Sicht weniger empfindliche Bereiche handeln. Der Verbotstatbestand gilt dann als vermieden, wenn im Sinne der Zumutbarkeit keine vermeidbaren Tötungen durch ein Vorhaben stattfin- den, der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art nicht verschlechtert wird oder die ökologische Funktion von Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zu- sammenhang erhalten bleibt.

MAßNAHMEN ZUM VORGEZOGENEN FUNKTIONSAUSGLEICH

Sofern der Erhalt der ökologische Funktion von Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang bei Realisierung von Eingriffen nicht mehr gegeben ist, können nach § 44 (5) BNatSchG bei Bedarf auch Maßnahmen zum vorgezogenen Funktionsausgleich (CEF-Maßnahmen, ’continous ecological functionality’) durchge- führt werden. Der vorgezogene Funktionsausgleich ist nur dann gegeben, wenn vor Umsetzung des geplanten Eingriffs ein für die betroffenen Arten äquivalentes Ersatz- habitat geschaffen und von diesen besiedelt wurde. Diese Ersatzlebensräume müssen sich im räumlich funktionalen Zusammenhang befinden, so dass sie von den betroffe- nen Individuen eigenständig besiedelt werden können.

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Gruppe für ökologische Gutachten . Dreifelderstr. 31 . 70599 Stuttgart GÖG Nach dem GUIDANCE DOCUMENT (2007) der EU-Kommission müssen die Maßnahmen mit großer Sicherheit ausreichen, um Beschädigungen oder Zerstörungen zu vermei- den. Die Beurteilung der Erfolgsaussichten muss sich auf objektive Informationen stüt- zen und den Besonderheiten und spezifischen Umweltbedingungen der betreffenden Lebensstätte Rechnung tragen. Darüber hinaus ist bei der Durchführung von funkti- onserhaltenden Maßnahmen der Erhaltungszustand der betreffenden Art zu berück- sichtigen. So muss beispielsweise bei seltenen Arten mit einem ungünstigen Erhal- tungszustand die Sicherheit, dass die Maßnahmen ihren Zweck erfüllen werden, grö- ßer sein als bei verbreiteten Arten mit einem günstigen Erhaltungszustand (GUIDANCE

DOCUMENT 2007).

Wenn davon auszugehen ist, dass die ökologische Funktion der Fortpflanzungs- und Ruhestätten bestehen bleibt und der Verbleib der betroffenen Populationen in einem günstigen Erhaltungszustand gewährleistet ist, wird kein Verbotstatbestand nach § 44 BNatSchG erfüllt. Demzufolge ist eine Ausnahmeprüfung nach § 45 nicht mehr erfor- derlich.

AUSNAHMEPRÜFUNG

Bei Vorliegen von Verbotstatbeständen im Sinne von § 44 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 BNatSchG können die artenschutzrechtlichen Verbote im Wege einer Ausnahmeprü- fung nach § 45 BNatSchG überwunden werden. Gemäß § 45 Abs. 7 BNatSchG kann von den Verboten des § 44 BNatSchG eine Ausnahme u. a. erteilt werden, wenn

 der Nachweis erbracht werden kann, dass es zum Vorhaben keine zumutbare Al- ternative gibt, was technische wie standörtliche Alternativen umfasst und

 zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses vorliegen und

 bei europäischen Vogelarten sich der Erhaltungszustand der lokalen Population nicht verschlechtert bzw. Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie in einem günsti- gen Erhaltungszustand verbleiben.

Die Ausnahmeerteilung nach § 45 Abs. 7 kann gegebenenfalls mit Nebenbestimmun- gen, wie z.B. einem Monitoring oder einer ökologischen Baubegleitung, versehen wer- den.

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12 3. Untersuchungsgebiet

3 UNTERSUCHUNGSGEBIET

3.1 RÄUMLICHE LAGE DES VORHABENS

Das B-Plangebiet ‚Ob der Halde‘ befindet sich in Ortsrandlage des Stadtteils Scharn- hausen und schließt nördlich an ein bestehendes Wohngebiet an. Naturräumlich gehört es zur Haupteinheit 'Filder', eine nach Westen vorgeschobene, mit Lößlehmen bedeck- te, nach Süden abfallende Liasplatte des Albvorlandes zwischen Schönbuch/ Glems- wald und Schurwald. Die Untereinheit 'Innere Fildermulde' unterliegt als agrarischer Gunstraum einer intensiven landwirtschaftlichen Nutzung und dichten Besiedelung. Sie beginnt nördlich des Sulzbaches und setzt sich aus zwei Teilmulden (Körsch- und Sulzbachmulde) zusammen. Die nördliche Grenze, mit einer Höhe von über 450 m, wird von dem Stufenrand zur Stuttgarter Bucht gebildet - der Südrand wird durch das dort wenig eingetiefte Neckartal bestimmt (HUTTENLOCHER &DONGUS 1967).

3.2 ABGRENZUNG UND BESCHREIBUNG DES UNTERSUCHUNGS- GEBIETS

Der Geltungsbereich des Bebauungsplans umfasst ein ca. 1,86 ha großes Gebiet mit Streuobstwiesen, Extensivgrünland, linearen Gebüschstrukturen und Verkehrsflächen.

Abzüglich der bereits vorhandenen Jahnstraße im Süden des B-Plangebietes verblei- ben als Eingriffsfläche nur etwa 1,69 ha. Im Westen befindet sich außerdem eine ehe- malige Tennisanlage, die derzeit mit Containern bestanden ist und als temporäre Flüchtlingsunterkunft dient.

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Gruppe für ökologische Gutachten . Dreifelderstr. 31 . 70599 Stuttgart GÖG Die zu untersuchende Fläche bezieht zusätzlich die angrenzenden Kontaktlebens- räume in Hinblick auf den Vorhabenswirkraum und den Raumanspruch bzw. den Le- bensraumverbund der zu erwartenden Arten ein. Dabei handelt es sich im Osten und Süden um ein Wohngebiet mit Einzelhausbebauung, während im Norden Offen- bzw.

Halboffenland mit Hecken, Streuobst, Grünland und Acker angrenzen. Im Westen schließen sich ein ehemaliges Gasthaus sowie die Ausläufer eines Feldgehölzes an.

Abbildung 3: Streuobstwiese mit Extensiv- grünland und Gebüschen

Abbildung 4: Gehölzsaum an der Jahnstra- ße

Abbildung 2: Lage im Raum

(18)

14 4. Vorkommen relevanter Arten

4 VORKOMMEN RELEVANTER ARTEN 4.1 VÖGEL

Insgesamt wurden bei den Erfassungen in den Jahren 2009 und 2014 in den kartierten Flächen 30 Vogelarten nachgewiesen. Dabei lagen für 14 Arten im Jahr 2009 bzw. für 19 Arten im Jahr 2014 ausreichende Hinweise auf ein Brutvorkommen vor, wobei acht Arten (Amsel, Feldsperling, Goldammer, Klapper- und Mönchsgrasmücke, Kleiber, Kohlmeise, Star) Reviere innerhalb des Geltungsbereichs besaßen. Insgesamt sechs Arten nutzten das Untersuchungsgebiet zur Nahrungssuche und zwei Arten sind auf- grund des Zeitpunkts ihrer Beobachtung als Durchzügler einzustufen.

Alle nachgewiesenen Vogelarten sind durch Artikel 1 der EU-Vogelschutzrichtlinie eu- roparechtlich geschützt. Die als Nahrungsgäste beobachteten Milanarten und der Turmfalke zählen darüber hinaus zu den streng geschützten Arten der Bundesarten- schutzverordnung. Alle übrigen Vogelarten sind besonders geschützt. Eine Übersicht zu den nachgewiesenen Vogelarten enthält Tabelle 1 im Anhang.

Brutvögel

Um den artenschutzrechtlichen Anforderungen zu genügen, aber gleichzeitig unnötige Doppelungen zu vermeiden, sind im Folgenden häufige und anspruchsarme Vogel- arten mit ähnlichen ökologischen Ansprüchen und somit ähnlichen Empfindlichkeiten gegenüber Eingriffen in neststandortbezogene Gilden zusammengefasst. Die Gilden werden wie folgt definiert:

 Bodenbrüter (Nest am Boden oder dicht darüber)

 Gebäudebrüter (Nest überwiegend in oder an Gebäuden und Bauwerken)

 Halbhöhlen- und Nischenbrüter (Nest in Nischen oder Halbhöhlen)

 Höhlenbrüter (Nest in Baumhöhlen)

 Röhricht-/Staudenbrüter (Nest in Röhrichten und Hochstauden)

 Zweigbrüter (Nest in Gehölzen deutlich über dem Boden)

Eine Zuordnung der einzelnen Vogelarten zu den Gilden ist der Gesamtartenliste im Anhang (Tabelle 1) zu entnehmen. Arten mit hervorgehobener naturschutzfachlicher Bedeutung werden keiner Gilde zugeordnet, sondern einzeln abgehandelt. Folgende Kriterien führen zu einer Einstufung als Vogelart mit hervorgehobener naturschutz- fachlicher Bedeutung:

 gefährdete Art

 hinsichtlich des Habitats anspruchsvolle Art

 streng geschützte Art

 seltene Art

 in Kolonien brütende Art

 Art nach Anhang I bzw. Art. 4 Abs. 2 der Vogelschutzrichtlinie

Arten der Vorwarnliste verfügen i.d.R. nicht über eine hervorgehobene naturschutz- fachliche Bedeutung, jedoch wird ihnen im Rahmen der saP auf Grund ihres negativen Bestandstrends eine besondere Gewichtung zuerkannt. Sie werden im Folgenden als

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Gruppe für ökologische Gutachten . Dreifelderstr. 31 . 70599 Stuttgart GÖG Charakterarten der Gilden berücksichtigt. Eine Übersicht über die im Untersuchungs- gebiet nachgewiesenen Brutvogelarten mit hervorgehobener naturschutzfachlicher Be- deutung und Arten der Vorwarnliste zeigt Abbildung 5.

Charakterisierung der Artengemeinschaft

Im untersuchten Gebiet wurde eine mäßig artenreiche, von häufigen Brutvögeln ge- prägte Artengemeinschaft vorgefunden, die sich aus landesweit abnehmenden Arten des Halboffenlandes (Feldsperling, Goldammer, Dorn- und Klappergrasmücke, Star, Wacholderdrossel) sowie aus ubiquitären Arten ohne besondere Lebensraumansprü- che zusammensetzt. Auffallend ist der hohe Revieranteil von Arten, die in Baumhöhlen brüten (Höhlenbrüter). Als charakteristische Vertreter sind hier Star und Feldsperling, aber auch Kleiber, Kohl- und Blaumeise zu nennen. Ihr gehäuftes Auftreten ist eng mit dem vorhandenen Höhlenpotenzial des alten Streuobstbestandes verknüpft, die auch Vertretern der Halbhöhlen- und Nischenbrütern (Gartenbaumläufer) Brutmöglichkei- ten bieten. Andere Arten wie Goldammer, Mönchs-, Dorn- und Klappergrasmücke pro- fitieren von den im Gebiet vorhandenen Gebüschen und Heckenstrukturen, die sie als Singwarten bzw. als Neststandort nutzen (Zweig- und Bodenbrüter). Im angrenzen- den Siedlungsbereich finden sich außerdem siedlungstypische Gebäudebrüter wie Haussperling und Hausrotschwanz. Für alle diese Arten bieten die blütenreichen Wie- sen mit ihrem Insektenangebot eine gute Nahrungsgrundlage.

Seltene bzw. gefährdete Arten mit einem hohen Indikationswert für den Naturschutz fehlen. Mögliche Gründe sind die Kleinflächigkeit von für Vögel wertvollen Habitatstru- turen (Obstwiesen, Hecken) sowie die siedlungsnahe Lage. Dennoch ist das Untersu- chungsgebiet aufgrund des gehäuften Auftretens landesweit zurückgehender Arten für Brutvögel als lokal bedeutsam einzustufen.

Abgrenzung der lokalen Populationen:

Für die häufigen und weit verbreiteten Vogelarten ist eine Zuordnung zu einer lokalen Population nicht möglich, weshalb der Empfehlung des MLR (2009) folgend auf den Naturraum 4. Ordnung (im vorliegenden Fall Naturraum 'Filder') verwiesen wird.

Nahrungsgäste

Als Nahrungsgäste wurden Arten angesprochen, die sporadisch bis regelmäßig im Un- tersuchungsgebiet beobachtet werden konnten, deren Brutplätze aber außerhalb lie- gen. Hierzu gehören Mauersegler, Rabenkrähe, Rot- und Schwarzmilan, Stieglitz und Turmfalke. Da der Eingriffsbereich für diese Arten nicht als essenzielles Nahrungshabi- tat anzusprechen ist, sind sie nicht Gegenstand der weiteren artenschutzrechtlichen Prüfung.

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16 4. Vorkommen relevanter Arten

Durchzügler/Überflieger

Heckenbraunelle und Nachtigall halten sich nur während des Zuges kurzzeitig im Ge- biet auf und sind daher ebenfalls nicht Gegenstand der weiteren artenschutzrechtlichen Prüfung.

4.2 FLEDERMÄUSE

Im Untersuchungsgebiet wurde sowohl 2009 als auch 2014 nur die Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus) nachgewiesen. Sie ist im Anhang IV der FFH-Richtlinie aufge- führt und darüber hinaus streng geschützt. Während sie bundesweit aus der Roten Lis- te genommen wurde, ist sie in Baden-Württemberg als gefährdet (Rote Liste 3) einge- stuft, obgleich sie mittlerweile wieder als häufige Art gilt (siehe Tabelle 2 im Anhang).

Als Jagdlebensraum einer weitverbreiteten, als Kulturfolger einzustufenden Art besitzt das Untersuchungsgebiet für Fledermäuse eine untergeordnete Bedeutung. Mit einer beobachteten Fledermausart bleibt die Artenzahl hinter den Erwartungen für diese strukturreiche Fläche zurück.

Biologie Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus)

Wochenstuben Spaltenquartiere in und an Gebäuden (Fensterläden, Wandverschalungen, Flachdachleisten, Rollladenkästen), Hohlkastenbrücken

Bezug: April/Mai; Auflösung: August

Männchenquartiere Spaltenquartiere an Gebäuden, Brücken, Felsen, hohen Mauern, selten auch in Flachkästen

Abbildung 5: Brutvorkommen von Charakterarten der ökologischen Vogelgilden

(21)

Gruppe für ökologische Gutachten . Dreifelderstr. 31 . 70599 Stuttgart GÖG Zwischenquartiere Spaltenquartiere an Gebäuden, Brücken, Felsen, hohen Mauern, Wasser-

durchlässen

Winterquartiere Höhlen und Stollen, Gewölbekeller und Brücken mit relativ geringer Luft- feuchtigkeit und mit Temperaturen zwischen -2 und 7 °C (kälteresistent)

Bezug: Oktober/November; Verlassen: März

Jagdhabitat Ufervegetation von Gewässern, aufgelockerte Laub- und Mischwälder, He- cken, Waldränder, Streuobst, Gärten, Parkanlagen, Alleen, Straßenlaternen

Entfernung zwischen Quartieren und Jagdgebieten bis 2,5 km

Verbreitung Ba-Wü Die Zwergfledermaus ist in Baden-Württemberg nahezu flächendeckend verbreitet und nirgends selten

Die Zwergfledermaus jagt flächendeckend im B-Plangebiet. Schwerpunkte mit erhöhter Jagdaktivität konnten innerhalb des vergleichsweise kleinen Geltungsbereichs nicht ermittelt werden. Hecken, Wiesen und Streuobst lassen auf gute Entwicklungs- möglichkeiten für Insekten als Nahrungsgrundlage der Zwergfledermaus schließen. Bei Sichtbeobachtungen auf der Obstwiese konnten bis zu drei Individuen gleichzeitig re- gistriert werden.

Die Kontrolle der teils alten, höhlenreichen Obstbäume ergab keine direkten Quartier- funde. Die angrenzende Siedlung bietet für die gebäudetypische Fledermausart vielfäl- tige Quartiermöglichkeiten, von wo aus die Tiere zur Jagd ins B-Plangebiet einfliegen.

Abgrenzung der lokalen Population:

Die Zwergfledermaus gilt als insgesamt ortstreue Art. Die Jagdhabitate liegen wohl meist innerhalb eines ca. 1,5 km großen Radius um die Wochenstube. Insgesamt ist die Zwergfledermaus eine eher kleinräumig ziehende Art, wobei die Entfernungen zwi- schen Sommer- und Winterquartier meist unter 20 km liegen, auch Schwärmquartiere können ähnlich weit entfernt sein. Wochenstubenquartiere werden gelegentlich und bis in Entfernungen von 1,3 km gewechselt, von Einzeltieren bis 15 km Entfernung.

Grundsätzlich sind alle nachgewiesenen Wochenstuben und Winterquartiere der Zwergfledermaus als lokale Populationen einzustufen. Auch der Nachweis kleiner Kol- lektive (Detektornachweis, Netzfang, sonstige Quartiere) kann zur Abgrenzung einer lokalen Population herangezogen werden. Finden sich hierbei (bereits bekannte) Popu- lationen/Wochenstuben/Winterquartiere innerhalb eines Radius von ca. 3 bis 5 km, so sind die nachgewiesenen Tiere gegebenenfalls mit diesen zu einer lokalen Population zusammenzufassen. In Siedlungen können Zwergfledermäuse – als typische „Gebäu- defledermäuse“ – zu einer gemeinsamen lokalen Population vereinigt werden.

Strukturarmes und intensiv genutztes Offenland sowie stark befahrene Straßen führen zur Unterbindung eines möglichen Populationsverbundes und zur Isolation von Popu- lationen.

Da die nachgewiesenen Individuen das Untersuchungsgebiet in erster Linie zur Jagd nutzen, ist eine Zuordnung zu einer lokalen Population nicht möglich, weshalb der

(22)

18 4. Vorkommen relevanter Arten

Empfehlung des MLR (2009) folgend auf den Naturraum 4. Ordnung (im vorliegenden Fall Naturraum 'Filder') verwiesen wird.

4.3 REPTILIEN

Die Untersuchung der Reptilien erbrachte Nachweise der Zauneidechse (Lacerta agi- lis). Die Art steht im Anhang IV der FFH-Richtlinie und ist darüber hinaus bundesweit streng geschützt. Eine Übersicht zu ihrem Schutzstatus und ihrer Gefährdung zeigt Tabelle 3 im Anhang.

Biologie Zauneidechse (Lacerta agilis)

Habitate, Requisiten trockenwarme Lebensräume in sonnenexponierter Lage

Felsheiden, Geröllhalden, natürliche Kiesschüttungen und anthropogene Se- kundärbiotope (Bahndämme, Brachen), extensiv genutzte Grünland- und Ru- deralflächen, Wegböschungen und Gärten mit ausreichendem Nahrungs- angebot

(mäßig) trockenes Substrat, offene Bodenstellen, Sonnenplätze (Steine, abge- storbene Äste)

Tagesverstecke unter Steinen und Holz, in Kleinsäugerbauten oder selbstgegrabenen Höhlun- gen

Eiablage in vegetationsarmen, sonnigen und nicht zu trockenen Bereichen mit guter Dränung; in eine vom Weibchen gegrabene Grube

Ende Mai bis Ende Juni

Zweitgelege zwischen Ende Juni und Ende Juli möglich

Jungtiere ab Mitte Juli

Wanderungen, Ausbrei- tungsvermögen

häufig stark ortsgebunden (Wanderbewegungen im Habitat: max. etwa 20-50 m); maximale Wanderungen von bis zu 4 Kilometern

Überwinterung in Fels- oder Erdspalten, Baumstubben, verlassenen Nagerbauten oder selbstgebauten Röhren

Adulte ab September, spätestens ab Mitte/Ende Oktober bis April Verbreitung in Ba-Wü,

Erhaltungszustand der Art

in allen Naturräumen verbreitet, v.a. in der Ebene und im Hügelland, in großen Waldgebieten sowie in den höheren Lagen von Schwarzwald und Alb nicht oder kaum anzutreffen

Erhaltungszustand in Baden-Württemberg: ungünstig - unzureichend

Innerhalb des Plangebiets beschränken sich die Nachweise der Zauneidechse auf die südliche Grenze des Geltungsbereichs. An einer schütter bewachsenen, südexponier- ten Böschung konnten bei mehreren Begehungen maximal drei Individuen beobachtet werden. Hier sind für die thermophile Art alle Habitatvoraussetzungen wie Besonnung, Deckung und ein ausreichendes Nahrungsangebot erfüllt. Außerhalb des Geltungsbe- reichs befinden sich weitere Vorkommen entlang des Gehölzsaums an der Jahnstraße westlich der Tennisplätze. Insgesamt wurden im Untersuchungsgebiet fünf adulte Tiere (2 Männchen, 3 Weibchen) sowie drei subadulte Tiere festgestellt. Unter Berücksichti- gung einschlägiger Erfassungsgrade und eigener Erfahrungswerte ist somit im Unter- suchungsgebiet eine Mindestpopulation von 25 bis 30 Tieren anzunehmen, ca. 12 Tie- re davon im Eingriffsbereich.

(23)

Gruppe für ökologische Gutachten . Dreifelderstr. 31 . 70599 Stuttgart GÖG Abgrenzung der lokalen Population:

Die Zauneidechse ist eine Art, die geeignete und für sie günstige Lebensräume über lange Zeiträume besiedelt und hier im allgemeinen auch nur geringe Ausbreitungsten- denzen zeigt. Die Zauneidechse ist insgesamt als sehr ortstreue Reptilienart zu be- zeichnen. Es wurde jedoch beobachtet, dass suboptimale Lebensstätten häufiger ge- wechselt werden und die Tiere hierbei, zumindest in linearen Biotopen wie Bahndäm- men, durchaus auch größere Distanzen zurücklegen können. Für einzelne Individuen wurden so maximale Wanderstrecken von bis zu 4 km pro Jahr nachgewiesen (BLANKE

2004,GÜNTHER 1996,PETERSEN et al. 2004).

Als lokale Populationen können Zauneidechsenkollektive gewertet werden, die höchs- tens ein bis zwei Kilometer voneinander entfernt sind, wobei diese zwingend durch ge- eignete kleinflächige Trittsteinbiotope - wie z.B. magere Wiesenstücke, kleine Wegbö- schungen, extensiv genutzte, besonnte Heckensäume oder auch Kleinstrukturen wie Holzstapel, Komposthaufen oder (möglichst Hecken bewachsene) Steinriegel - mitei- nander verbunden sein müssen. Auch das Vorhandensein höher wüchsiger Vegetation (Hecken, Gebüsche) als Versteckplätze ist hierbei notwendig. Entlang linearer Struktu- ren wie z.B. von Bahndämmen, Waldrändern oder geeigneten Straßenböschungen können einzelne Tiere Entfernungen von mehreren Kilometern überbrücken.

Die Vorkommen im Untersuchungsgebiet sind strukturell über die Gehölzränder der Feldhecken bzw. –gehölze an geeignete Habitatflächen im Süden und Westen des Be- bauungsplangebiets angebunden, die aus Streuobstwiesen und Halboffenland mit ei- Abbildung 6: Fundpunkte der Zauneidechse im Untersuchungsgebiet

(24)

20 4. Vorkommen relevanter Arten

ner Vielzahl besonnter Saumstrukturen. Hierauf deutet der Nachweis einer adulten Zauneidechse im Bereich der westlichen Fortsetzung der Jahnstraße, ca. 120 m vom Eingriffsgebiet entfernt. Die hier vorkommenden Zauneidechsen sind einer gemeinsa- men lokalen Population zuzuordnen, die sich fachlich durch die Ruiter Straße im Wes- ten, die Nellinger Straße im Süden und Osten sowie den Scharnhauser Park im Nor- den abgrenzen lässt.

4.4 SCHMETTERLINGE

Im Rahmen der Untersuchungen wurden im Vorhabensgebiet 11 Tagfalterarten regis- triert (Tabelle 4). Falterarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie konnten nicht festge- stellt werden, wodurch eine Beurteilung dieser Artengruppe hinsichtlich der arten- schutzrechtlichen Regelungen des § 44 BNatSchG entfällt.

4.5 KÄFER

Für den vorhabenrelevanten TK25-Quadranten 7221SO sind in der aktuellen Verbrei- tungskarte der LUBW (LUBW 2013) keine Fundpunkte des Juchtenkäfers eingetra- gen. Da jedoch in den angrenzenden TK25-Blättern Vorkommen verzeichnet sind, ist eine Betroffenheit der Art in den tangierten, z. T. Mulmhöhlen enthaltenden Obstbaum- beständen nicht von vorneherein auszuschließen.

Die Beprobung der Baumhöhlen ergab keine Nachweise des Juchtenkäfers. Eine vor- habenbezogene Betroffenheit der Art ist nicht zu erwarten, wodurch eine Beurteilung dieser Artengruppe hinsichtlich der artenschutzrechtlichen Regelungen des § 44 BNatSchG entfällt.

Ein Vorkommen anderer Käferarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie ist im Wirkraum des Vorhabens nicht zu erwarten. Bei der Beprobung wurden mehrere national ge- schützte Arten (u. a. Großer Goldkäfer) nachgewiesen.

(25)

Gruppe für ökologische Gutachten . Dreifelderstr. 31 . 70599 Stuttgart GÖG

5 KONFLIKTERMITTLUNG 5.1 VORHABENSBESCHREIBUNG

Die Vorhabenbeschreibung ist der Begründung zum Bebauungsplan in gekürzter Form entnommen.

Die städtebauliche Konzeption für das Plangebiet weist eine durchmischte Struktur aus in Blöcken mit innerem Gemeinschaftsgrün organisierten Gebäudetypen (Geschoss- wohnungsbauten und individuelle Wohngebäude auf eigener Parzelle) unterschiedli- cher Körnigkeit, jedoch relativ homogener Höhenentwicklung von 2 – 3 Geschossen auf. Am nördlichen Gebietsrand, mit Orientierung zum angrenzenden Landschafts- raum, befinden sich als „Stadtvillen“ bezeichnete, um 1 Geschoss höher ausgeführte Kuben, am Quartiersplatz an der Jahnstraße ist ein 3-geschossiges Gebäude mit Staf- feldachgeschoss vorgesehen, das den dort als Treffpunkt konzipierten Freibereich räumlich fasst.

Die rechtwinklig von der Jahnstraße abzweigenden Erschließungsstiche sollen als ni- veaugleich ausgebaute Mischverkehrsfläche hergestellt werden. Sie sind jeweils durch kurze, einspurige Querspangen verbunden, die - neben der Erschließung einiger priva- ter Stellplätze - i.W. der Durchfahrt von Versorgungsfahrzeugen (z.B. des Müllfahr- zeugs) und als Querverbindung für Fußgänger dienen. Eine nördlich des östlichsten Erschließungsstichs verbleibende Fläche im Übergangsbereich zum Landschaftsraum soll als öffentlicher Spielplatz für das neu entstehende Quartier entwickelt werden.

Im Zuge der Neuordnung des Areals wurde die bisher störende Nutzung (Sporthalle, Tennisplätze und Parkierung) verlagert. Gleichzeitig wird eine bislang am Ortsrand be- stehende Lücke baulich geschlossen. Neben der Schaffung von Wohnraum werden somit in diesem Bereich auch die Arrondierung der vorhandenen Strukturen und eine Aufwertung des Stadtbilds in gestalterischer Hinsicht angestrebt.

Art und Maß der baulichen Nutzung

Entsprechend den angrenzenden Wohnbereichen wird für das Plangebiet „Allgemeines Wohngebiet (WA)“ festgesetzt.

Bei der Art der baulichen Nutzung sind einige nach dem Zulässigkeitskatalog der Baunutzungsverordnung allgemein zulässige Einzelnutzungen und Ausnahmemöglich- keiten teilweise ausgeschlossen oder eingeschränkt, da sie dem beabsichtigten Ge- bietscharakter nicht entsprechen. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets bleibt jedoch gewahrt.

Das Maß der baulichen Nutzung orientiert sich am oben beschriebenen städtebauli- chen Konzept: für die Bereiche verdichteter Einfamilienhäuser sind geringere Ausnut-

(26)

22 5. Konfliktermittlung

zungsziffern (GRZ/GFZ) zugelassen, als in den Baufeldern für Mehrfamilienhäuser.

Gleiches gilt für die zulässige Höhenentwicklung: bei den Mehrfamilienhäusern am nördlichen Gebietsrand wird die Errichtung eines vierten Geschosses als Vollgeschoss ermöglicht, während die übrige Bebauung i.W. mit 2 – 3 Vollgeschossen festgesetzt ist.

(27)

Gruppe für ökologische Gutachten . Dreifelderstr. 31 . 70599 Stuttgart GÖG Abbildung 7: B-Planentwurf ‚Ob der Halde‘, Stand: 12.04.2017, Darstellung unmaßstäblich

(STADT OSTFILDERN 2017)

5.2 WIRKFAKTOREN UND WIRKPROZESSE

Nachfolgend werden die Wirkfaktoren auf die betroffenen Artengruppen ausgeführt, die sich aus dem geplanten Vorhaben ergeben und in der Regel Beeinträchtigungen und Störungen der europarechtlich geschützten Arten verursachen können. Dabei ist zwi- schen bau-, anlage- und betriebsbedingten Wirkungen zu unterscheiden.

(28)

24 5. Konfliktermittlung

Die Beeinträchtigungen durch die ehemalige Nutzung der Tennisplätze, deren aktuelle Nutzung als temporäre Flüchtlingsunterkunft und die im Süden angrenzende Wohnbe- bauung werden als Vorbelastung berücksichtigt.

Baubedingte Wirkfaktoren/Wirkprozesse

Baubedingte Wirkungen charakterisieren sich durch die entsprechenden Baustellentä- tigkeiten und die mit der Bauausführung verbundenen Flächeninanspruchnahmen, Emissionen und weiteren Auswirkungen. Sie wirken i.d.R. für eine begrenzte Zeit (zeit- licher Umfang der Bauausführung).

Wirkfaktor Beschreibung der Auswirkung Betroffene Arten/

Artengruppen Temporäre Flächeninan-

spruchnahme durch Bau- felder und Baustellen- einrichtungen

(temporärer) Verlust von Habitaten im vorliegenden Fall nicht relevant (da auf den Geltungsbereich beschränkt)

Beseitigung von Habi- tatstrukturen, Baustellen- tätigkeiten

Direktverluste von Individuen - Brutvögel - Fledermäuse - Zauneidechse akustische und visuelle

Störreize sowie Erschüt- terungen durch Personen und Baufahrzeuge

Funktionale Entwertung von Habitaten durch Beunruhigung von Individuen, Flucht- und Meidereaktionen

- Brutvögel - Fledermäuse - Zauneidechse

Staub-, Schadstoffim- missionen durch Baufahr- zeuge

Entwertung von (Teil-)Habitaten durch Stoffeinträge

im vorliegenden Fall aufgrund geringer Intensitäten bzw.

Empfindlichkeiten der betroffenen Arten und Lebensräume nicht relevant Anlagebedingte Wirkfaktoren/Wirkprozesse

Anlagenbedingte Wirkungen entstehen durch die baulichen Anlagen selbst und wirken dauerhaft.

Wirkfaktor Beschreibung der Auswirkung Betroffene Arten/

Artengruppen Nachhaltige Flächeninan-

spruchnahme durch Ver- siegelung, Bebauung

dauerhafter Verlust von Fortpflanzungs- und/oder Ruhestätten

- Brutvögel - Fledermäuse - Zauneidechse dauerhafter Verlust von Nahrungs-

habitaten

- Fledermäuse

Zerschneidung; Verände- rung der Raumstruktur

Beeinträchtigung und Funktionsverlust von Lebensräumen als (Teil-)Habitate

- Brutvögel - Fledermäuse - Zauneidechse

(29)

Gruppe für ökologische Gutachten . Dreifelderstr. 31 . 70599 Stuttgart GÖG Betriebsbedingte Wirkfaktoren/Wirkprozesse

Betriebsbedingte Wirkungen gehen von der Nutzung der baulichen Anlagen aus und wirken für die Dauer des Betriebes.

Wirkfaktor Beschreibung der Auswirkung Betroffene Arten/

Artengruppen akustische und visuelle

Störreize durch Personen, Verkehr, Licht

Auslösen von Vertreibungseffekten und Fluchtreaktionen

im vorliegenden Fall aufgrund gleicharti- ger Vorbelastung nicht relevant

Prädation Stress, erhöhtes Lebensrisiko - Zauneidechse

5.3 ERMITTLUNG VON VERBOTSTATBESTÄNDEN NACH § 44 BNATSCHG

Die Ermittlung der Verbotstatbestände gem. § 44 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 5 BNatSchG erfolgt unter Berücksichtigung eventuell erforderlicher und verbindlicher Vermeidungs- und/oder Ausgleichsmaßnahmen. Vermeidungs- bzw. Minderungsmaß- nahmen sind dabei mit einem 'V', vorgezogene funktionale Ausgleichsmaßnahmen (CEF) mit einem 'C' und Maßnahmen zur Sicherung des Erhaltungszustands (FCS) mit einem 'F' gekennzeichnet. Die Beschreibung der Maßnahmen ist dem Kapitel 6 zu ent- nehmen. Die in den folgenden Tabellen zu findende Spalte 'VB' enthält die Angaben zur Erfüllung des Verbotstatbestandes ohne die Durchführung von Vermeidungs-, CEF- und FCS-Maßnahmen.

Der Hausrotschwanz ist Brutvogel an den angrenzenden Wohnhäusern. Er wird in die- sem Gutachten daher in der Gilde der Gebäudebrüter abgehandelt.

Nahrungshabitate ohne Fortpflanzungs- und Ruhestätten unterliegen nicht den Be- stimmungen des § 44 BNatSchG, vorausgesetzt sie stellen keinen essenziellen Habi- tatbestandteil dar. Da dies bei den nachgewiesenen Arten nicht der Fall ist, sind sie nicht Gegenstand der vorliegenden artenschutzrechtlichen Betrachtung.

(30)

5. Konfliktermittlung 26

5.3.1 Vögel

Ökologische Gilde: Bodenbrüter (Charakterart Goldammer) Verbot nach

BNatSchG Wirkungsprognose VB Maßnahmen

Verbot nach Umset- zung von Maßnah-

men erfüllt

§ 44 (1) 2 erhebliche Störung während sensibler Zeiten

Für die im Untersuchungsgebiet am Boden bzw. bodennah brütenden Arten ergeben sich baubedingt vorübergehende Störungen durch Lärm und visuelle Effekte. In erster Linie betreffen diese die Goldammer und den Zilpzalp, die nicht als besonders störungsempfindliche Arten einzustufen sind. In Anbetracht der geringen Betroffenheit und der lokalen Häufigkeit der Arten verbinden sich hiermit in Anlehnung an TRAUTNER &JOOS (2008) keine populationsrelevanten Auswirkungen, die eine erhebliche Störung begründen würden.

nein - nein

§ 44 (1) 3

Zerstörung Fortpflan- zungs- und Ruhe- stätten

Die Realisierung des Bauvorhabens tangiert zwei Fortpflanzungs- und Ruhe- stätte der Goldammer. Dabei beschränkt sich der Verlust auf Teilflächen der Brutreviere. Außerhalb des Geltungsbereichs verbleiben Gebüschstrukturen, die von der Art weiterhin genutzt werden können. Für die anspruchsarme Art ist aufgrund der vergleichsweise geringen Betroffenheit die ökologische Funk- tion ihrer Lebensstätten im gehölzreichen Umfeld weiterhin im räumlich- funktionalen Zusammenhang erfüllt. Fortpflanzungs- und Ruhestätten des Zilpzalps liegen außerhalb des Geltungsbereichs und sind nicht unmittelbar betroffen.

nein - nein

§ 44 (1) 1 Tötung, Verletzung, Entnahme, Fang

Baubedingte Handlungen (Gehölzrodung, Bodenarbeiten) können während der Fortpflanzungszeit die am Boden oder bodennah brütenden Vögel bzw. ihre Entwicklungsformen (Eier, Jungvögel) in der tangierten Fortpflanzungsstätte schädigen oder töten.

ja V 1

Beschränkung der Baufeldfrei- räumung

nein

(31)

GÖG Gruppe für ökologische Gutachten . Dreifelderstr. 31 . 70599 Stuttgart Ökologische Gilde: Gebäudebrüter (Charakterart Haussperling)

Verbot nach

BNatSchG Wirkungsprognose VB Maßnahmen

Verbot nach Umset- zung von Maßnah-

men erfüllt

§ 44 (1) 2 erhebliche Störung während sensibler Zeiten

Für die im Untersuchungsgebiet nachgewiesenen Gebäudebrüter (Hausrot- schwanz, Haussperling) ergeben sich baubedingt vorübergehende und be- triebsbedingt dauerhafte Störungen durch Lärm und visuelle Effekte. Als häufig in Siedlungen vorkommende Vogelarten besitzen sie eine große Toleranz ge- genüber anthropogenen Störungen. Somit können erhebliche Störungen mit populationsrelevanten Auswirkungen für die lokal häufigen Arten ausgeschlos- sen werden.

nein - nein

§ 44 (1) 3

Zerstörung Fortpflan- zungs- und Ruhe- stätten

Nachgewiesene Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Gebäudebrüter sind nicht unmittelbar betroffen. Eine relevante funktionale Beschädigung der im Umfeld vorhandenen Niststätten wird durch die geringe Störungs- empfindlichkeit der siedlungstypischen Arten unter Berücksichtigung der Vor- belastungen im Siedlungsbereich ausgeschlossen.

nein - nein

§ 44 (1) 1 Tötung, Verletzung, Entnahme, Fang

Auch wenn aktuell keine Fortpflanzungs- oder Ruhestätte im Eingriffsgebiet nachgewiesen wurden, besteht durch die Beanspruchung des Vereins- gebäudes während der Brutzeit grundsätzlich die Möglichkeit von Individuen- verlusten der an Gebäuden brütenden Vögel bzw. ihrer Entwicklungsformen (Eier, Jungvögel).

ja V 1

Beschränkung der Baufeldfrei- räumung

nein

(32)

5. Konfliktermittlung 28

Ökologische Gilde: Höhlenbrüter (Charakterarten Star, Feldsperling) Verbot nach

BNatSchG Wirkungsprognose VB Maßnahmen

Verbot nach Umset- zung von Maßnah-

men erfüllt

§ 44 (1) 2 erhebliche Störung während sensibler Zeiten

Für die im Untersuchungsgebiet nachgewiesenen Höhlen- bzw. Halbhöhlen und Nischenbrüter ergeben sich baubedingt vorübergehende und betriebsbe- dingt dauerhafte Störungen durch Lärm und visuelle Effekte. Für die lokal häu- figen, störungstoleranten und siedlungstypischen Arten verbinden sich hiermit in Anlehnung an TRAUTNER &JOOS (2008) keine populationsrelevanten Auswir- kungen, die eine erhebliche Störung begründen würden.

nein - nein

§ 44 (1) 3

Zerstörung Fortpflan- zungs- und Ruhe- stätten

Im Zuge der Baufeldvorbereitung entfallen im Vorhabensgebiet durch Gehölz- rodung artbezogen jeweils zwischen 1 und 3 Fortpflanzungs- und Ruhestätten der nachgewiesenen Höhlenbrüter. Im Einzelnen sind 1-3 Brutpaare (BP) Sta- re, 2-3 BP Feldsperlinge sowie je 1 BP Kleiber und Kohlmeise betroffen. Da das Baumhöhlenangebot für die Vogelgilde ein limitierender Faktor ist, muss bei Wegfall der alten, höhlenreichen Obstbäume im Plangebiet ein Verlust der ökologischen Funktion angenommen werden.

Die Maßnahme C 1 dient dem langfristigen Ersatz von Höhlenräumen. Sie ist nicht vorgezogenen realisierbar. Zur Überbrückung der Reifezeit ist die Instal- lation von Nistkästen (C 2) vorgesehen.

ja C 1

Neuanpflan- zung hoch- stämmiger Obstbäume C 2

Installation von Nistkästen

nein

§ 44 (1) 1 Tötung, Verletzung, Entnahme, Fang

Baubedingte Handlungen (Rodung der Gehölze) können während der Fort- pflanzungszeit Brutvögel bzw. ihre Entwicklungsformen (Eier, Jungvögel) in den betroffenen Baumhöhlen schädigen oder töten.

ja V 1

Beschränkung der Baufeldfrei- räumung

nein

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