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Zum Kudatku Bilik.
Aus einem Briefe des Herm W. Radloff in St. Petersburg.
Soeben erbalte ich einen Brief des Direktors der Vicekönigl.
Bibliothek in Kairo vom 12./V., in welchem er mir Folgendes mit¬
teilt: ,Zur Berichtigung Ihrer in der ZDMft. gedi-uckten Notiz
bemerke ich, dass unsere Handschrift (des Kudatku Bilik) nicbt
erst in jüngerer Zeit erworben ist. Ich habe vielmehr die Blätter
teils lagenweise, teils einzeln aus einem riesigen Haufen von
Fragmenten , die seit Jahren hier in einem Winkel ruhen , Stück
für Stück zusammengesucht. Meine Hoffnung, dass es mir gelingen
würde das ganze Werk zusammen zu bekommen hat sich nun leider
nicht erfüllt. Was icb gefunden habe ist alles sorgfältig ab¬
gescbrieben und noch sorgfältiger kollationiert worden, so dass Sie
in den übersandten Teilen ein treues Abbild unserer Handschrift
erbalten". Ich ersuche Sie ergebenst diese Berichtigung meiner
Notiz in der ZDMG. abzudrucken. Ich balte es für nötig, noch
hinzuzufügen, dass die mir schon vorliegenden Hefte der Abscbrift
die Wichtigkeit der Entdeckung des Dr. Moritz aufs Deuthchste
beweisen, sie enthalten nicht nur weit über die Hälfte des mit
uigurischer Schrift geschriebenen Manuskripts der Wiener Hof¬
bibliothek, sondem ergänzen auch einen grossen Teil der Lücke
dieser Handschrift (vgl. das auf pag. IV der Einleitung zum Kudatku
Bilik Faksimile Ausgabe St. Petersburg 1890 Gesagte). Wir sind
Herrn Dr. Moritz für diese Entdeckung und für die Sorgfalt, die
er auf die Durchsiebt der Abschrift verwendet hat, zum aufrichtigsten Danke verpflichtet.
Bd. LH. 19
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Anzeigen.
Griechische und lateinische Lehmoörter im Talmud, Midrasch
und Targum von Samuel Krauss. Mit Bemerltungen
von Immanuel Löio. Preisgekrönte Lösung der Lattes-
schen Preisfrage. Teil L (Berlin 1898.) XII u. 349 S. 8°.
Der Verfasser des vorliegenden Buches hat sich augenscheinlich
grosse Mühe gegehen , seines Stoffes Herr zu werden ; es ist ihm
aber leider nur in sebr vereinzelten Fällen gelungen. Verhängnis¬
voll ward für ihn , dass er sich bei seinen Studien über die
griechisch-römischen Lehn- und Fremdwörter in jüdiscben Schriften
nur auf die jüdische Litteratur beschränkt und sich mit dem
Syrischen, das für üntersuchungen dieser Art gradezu unentbehrlich
ist, ersichtlich nur sehr wenig beschäftigt hat. Diesen Mangel,
durch den er schon in seiner, einige hübsche Funde enthaltenden
Erstlingsscbrift') vielfach auf Abwege geraten ist, sowie seine Un¬
bekanntschaft mit den Ergebnissen semitischer Sprachwissenschaft,
haben seine phonetischen Studien nicht ausgleichen können. Seine
weitläufigen Citate aus neueren phonetischen Scbriften wirken viel¬
mehr so nur als falsche Drapierung und haben höchstens dazu gedient,
den ümfang seines Bucbes ganz unverhältnismässig anschwellen zu
lassen. Allerdings gefällt sich der Verfasser auch sonst in einer
Breite , wie sie in wissenschaftlichen Darstellungen nicbt eben
üblich ist. —
Ich will, um Herm Dr. Krauss nicht Unrecht zu thun, zunächst
hervorheben, welche Abschnitte seines Buches den berechtigten An¬
sprächen einigermassen genügen. Es sind dies seine Sammlungen
über das Geschlecht der Lehnwörter (S. 154—170) und die folgenden
Absebnitte ttber den Status emphaticus und constructus, sowie über
die Pluralbildung (S. 170—184). Diese Untersuchungen sind ja
nicht gerade sehr schwierig gewesen, aber es ist nützlich, dass das
Material einmal gesammelt worden ist. Hier zeigt auch der Ver¬
fasser Einiges von der Sorgsamkeit und Genauigkeit, mit der
philologiscbe Detailuntersucbungen geführt werden müssen. Nament¬
lich möchte ich § 323 Anm. hier lobend hervorheben. —• Auch
die Zusammenstellung und Sichtung des ganzen umfangreichen
1) Zur griechischen und lateinischen Lexicographie aus jüdischen Quellen (Byzantin. Zeitsclir.) II, 395—448.