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289

Zur Geschichte der Siebenschläferlegende.

Von

WUhelm Weyh.

Über die Siebenschläferlegende hat jüngst Mich. H u b e r nach

umfangreichen Vorarbeiten ein Buchi) veröffentlicht, das mit be¬

wunderungswürdigem Fleiße und Ausdauer der außerordentlich ver¬

wickelten und langen Geschichte der Legende nachgeht. Er hat

außer den europäischen Fassungen die syrischen, koptischen, äthio- 5

pischen und armenischen Texte, die besonders durch Guidi ver¬

öffentlicht worden waren, auch die arabischen, unter dem Einfluß

des Islam stehenden Fassungen, desgleichen die persischen beigezogen.

Dagegen hat er die interessante Weiterbildung der Legende

nicht beachtet, die sich bei den mongolischen Völkern findet, lo

Kein gerechter Beurteiler wird daraus einen Vorwurf ableiten wollen;

sind doch diese Versionen ausschließlich in russischen Zeit¬

schriften veröffentlicht, die z. T. in Deutschländ kaum aufzutreiben

sind, und die betreffenden Aufsätze ausschließlich in russischer

Sprache verfaßt. Es ist das Verdienst von N. Th. Katanov in i5

Kazan, daß wir die Weiterentwicklung verfolgen können. In zwei

Aufsätzen :

1. Tatarskija skazanija o semi spjasSich otrokach (Tatar.

Erzählungen über die Siebenschläfer): Zapiski Vostoönago Otde-

lenija Imper. Russkago Archeolog. ObSöestva 8 (1894) 223—245 20

(= Kat. 1) und

2. Kirgizkaja i kazansko-tatarskaja versii christianskago ska¬

zanija 0 semi spjasiich otrokach (Kirgis. u. kazan-tat. Versionen

der ehristl. Erzählung über die Siebenschläfer) : Izvestija ObSöestva

Archeologii, istorü i etnogr. pri Imperat. Kazanskom üniversitete 21 25

(1905) 382—388 (= Kat. 2)

hat er folgende Fassungen veröffentlicht:

1. Erzählung, in Ostturkestan aufgezeichnet, im Folgenden mit

0 bezeichnet (= Kat. 1, S. 226—241).

1) Mich. Haber, Die Wanderlegende von den Siebenschläfern. L., Harras¬

sowitz, 1910. XXI, 574, 32 S.; im Folgenden als Huber zitiert. Weitere Ab¬

kürzungen: — Dakianus; AI. und M'. = Münchener und Wiener Fassung

des Al-Kisä'l-Textes, herausg. von Huber in R. F. — lioman. Forschungen 26 (1909) 462 — 583; 825—836.

Zeitschrift der D. M. G. Bd. I.XV. 19

2 4 *

(2)

290 Weyh, Zur Geschichte der Siebenschläferlegende.

2. Übersetzung aus den Prophetenlegenden (tLtübi! ^ja^os)

des Rubgüzl (^jyu,) (= R) (= Kat. 1, S. 242—245).

3. Kirgisische Fassung (= K) (= Kat. 2, S. 383—385).

4. Kazan-tatarische Fassung (= T) (= Kat. 2, S. 385—387).

5 Ich teile zunächst den Inhalt der einzelnen Erzählungen mit

ohne die oft recht breiten Erzählungen ganz wörtlich zu übersetzen ;

natürlich wird kein charakteristischer Zug unterdrückt werden.

Danu soll die Stellung der neuen Fassungen in der Entwicklungs¬

geschichte der Legende festgestellt und zum Schluß noch einiges

10 über die Rolle der Siebenschläfer im Aberglauben der mongolischen Völker gesagt werden.

1. Ostturkestanische Passung (0).

Sie wurde von Katanov am 27. Juli 1891 in der chinesischen

Stadt Bijar (russ. öuguSak) nach der Erzählung eines Tataren aus

16 Logufien (Lukdsin oder Lüköün, östl. von Turfan) aufgezeichnet,

der früher lange Soldat in Turfan gewesen war und später seinen

Lebensunterhalt durch Aufnähen von Blumenmustern auf Teppiche

und Borten verdiente. Der Erzähler konnte tatarisch weder lesen

noch schreiben, verstand aber auch chinesisch. Aus seiner Wander-

20 zeit im Bereich von Jarkend, KaSgar und LükJün wußte er eine

Masse von Legenden und Erzählungen. Seine Erzählung über die

Siebenschläfer lautete folgendermaßen:

„Die sog. Höhlenbewohner*) waren drei Brüder. Als sie zum

ersten Male aus Medina auszogen, war der älteste Bruder 15, der

25 mittlere 11 und der jüngste 7 Jahre alt. Sie kamen in der Nähe

Chinas im Gebiete von Turfan zu einer Niederlassung namens Karä-

^ogä*). Dort lebte ein heidnischer König («Zar') namens Dakianus^),

der über sechs Städte von Turfan bis Chami herrschte. Als die

drei Brüder vor dem Palaste des D. standen, fragte einer von

soseinen Höflingen: „Was seid ihr für Leute? Woher seid ihr ge¬

kommen?' Sie antworteten: „Wir sind aus Medina gekommen'.

Der Höfling versetzte: „In diesem Falle wartet hier! Ich will

hineingehen und es dem König melden'. Er ging hinein und

sprach : „ 0 Herr der Welt, aus Medina kamen Knaben, die erklären, 35 sie suchen Gott". D. fragte : „Sind diese Besucher schon größer?"

Der Höfling erwiderte: „Es sind kleine und ganz kleine Knaben."

Darauf befahl D. sie hereinzuführen. Als dies geschehen war, gaben

sie dem König die gleichen Auskünfte und bezeichneten als Ziel

ihrer Wanderung den Ort, wo sich ihr Gott befinde. D. sprach:

40 „Wenn dieser sog. Gott ich bin, wohin wollt ihr dann gehen?

1) Der typische arabische Ausdruclc (\_Ä.^Xi! V-jLsUs!) ist auch ins Tatarische fibergegangen.

2) L=»j.5» 3) (jäjJLaSJ, gesprochen DekiSnus.

2 4 *

(3)

Weyh, Zur Geschichte der Siebenschläferlegende. 291

Dienet mir!" Die Knaben antworteten aus Unerfahrenheit: ,In

diesem Falle sind wir bereit euch zu dienen".

Als auf diese Weise 2—3 Tage vergangen waren, sprach der

mittlere Bruder: „Diesen D. haben wir, wie es auch gewesen sein

mag, nicht einmal auf die Probe gestellt". Der älteste Bruder 5

versetzte : „Dann wollen wir es am Abend, wenn er ruht, wenigstens

einmal tun". Als der Abend kam, stellte der König auf den Kopf

einer Katze eine Leuchte*) (Kerze) und zündete sie an. Als die

drei Knaben sein Tun gewahrten, sprachen sie zu einander: „Ist

er wirklieh Gott oder nicht? Die Katze ist ein lebendes Wesen; lo

kann ein solehes das lernen?" Ihre Ansichten waren geteilt. Der

älteste Bruder fand es indessen nicht so unbegreiflich, da sie ja

aus femen Gegenden gekommen seien

So dienten sie D. sechs Monate. Da lud D. die Knaben zu

sich ein , weil sie ihn auf einem beabsichtigten Jagdzug begleiten 16

sollten. Der jüngste Brader regte an den D. noeh einmal zu prüfen,

bevor er zur Jagd ausziehe. Der älteste Bruder versetzte: „Dann

müssen wir bis zum Eintritt des Abends irgendwo eine Maus finden.

Wenn dann bei Eintritt der Dunkelheit auf dem Kopf der Katze

die Leuchte befestigt wird, dann hält einer von uns die Maus, die so

anderen zwei treten dem König zur Seite. Wenn das Gespräch

reeht lebhaft wird, werden wir die Maus loslassen. Bleibt die

Katze sitzen und hält ihren Leuchter ohne ihre Aufmerksamkeit

auf die Maus zu richten, dann ist D. Gott; wirft aber die Katze

ihren Leuchter ab und macht sich an die Mausjagd, dann ist er ss

sieher nicht Gott. Morgen wird der König auf die Jagd gehen

und erst übermorgen zurückkehren. Können wir bleiben, uin so

besser; besteht D. die Probe nicht, so können wir bis zu seiner

Rückkehr irgendwohin entfliehen". Gemäß dieser Verabredung fingen

sie in einer Ruine eine Maus. Am Abend Anzünden des Lichtes so

wie gewöhnlich. Die Katze saß ganz ruhig da, indem sie nur auf

den Boden blickte. Als die Unterhaltung recht lebendig und lustig

war, ließ der jüngste Bruder, der sich etwas abseits im Dunkeln

hielt, die Maus leise aus seinem Rockärmel auf den Boden. Sofort

warf die Katze den Leuchter von ihrem Kopfe und nahm die Ver- ss

folgung der Maus auf Im Zimmer wurde es plötzlich stille. Der

König wurde ohne den Zweck des Ganzen zu erkennen sehr anf-

gebraeht auf seine Umgebung, die die Katze ofifenbar habe hungern

lassen. Nachdem wieder Lieht gemaeht war , zeigte sich , daß die

Katze in einem Winkel eben im Begrifife war die Maus zu ver- 40

zehren. In seiner Wut stieß sie der König mit dem Fuß auf den

Kopf, dann befestigte er von neuem den Leuchter auf ihrem Kopf.

Die drei Jünglinge aber gingen leise zur Türe binaus und berieten

sich in einem Winkel , was zu tun sei , nachdem sich D. nicht als

Gott, sondern als Betrüger erwiesen habe." 45

1) Iu W. (R. F. S. 504 Sp. 1) erscheint jedoch in anderem Zusammen¬

hange aucb eine Lampe, die ein Adler in seinem Schnabel trägt.

19*

(4)

292 Weyh, Zur Geschichte der Siebenschläferlegende.

Da der weitere Verlauf der Erzählung im ganzen sich an die

orientalischen vmd okzidentalen Fassungen anlehnt, sei er nur durch Schlagworte angedeutet.

D. Jagdzug. Um Mitternacht Flucht der Brüder aus dem

5 Palast, in der Morgendämmerung aus der Stadt. Möglichste Eile

ohne Pause. Begegnung mit einem jungen Schafhirten. Dessen

neugierige Frage nach ihrem Eeiseziel. ,6ott suchen!" Sofortiger

Entschluß des Hirten mitzugehen. Rückgabe der zur Hut an¬

vertrauten fremden Schafe an ihre Eigentümer, Absicht des Hirten

10 seine eigenen 3600 Schafe in dem Walde zu verbergen; geschieht

nicht, da sie nur den Wölfen zur Beute werden würden. Schafe

auf die Straße getrieben, da sie hier von Leuten gefunden werden

können , denen so eine Wohltat erwiesen wird. Fortsetzung des

Weges zu vieren. Hirtenhund. Bleibt zunächst bei den herrenlos

15 zurückgelassenen Schafen. Vermissen des Herren. Unter lautem

Winseln Nacheilen und Einholen. Bedenken der drei Brüder,

weil der Hund sie verraten könne. Fortjagen des Hundes durch

einen Steinwurf; nutzlos, ebenso Schläge. Mitleid des ältesten

Bruders mit dem Hund, der auch ein Geschöpf Gottes sei, und

so Vorschlag ihn irgendwo anzubinden ; ein Vorübergehender werde

ihn dann schon mitnehmen. Wird ausgeführt. Hund zerreißt den

Strick und springt bald wieder hinterdrein. Großer Zom. Hirte

muß den Hund halten; die drei Knaben reißen ihm zwei Beine

aus, die andern zwei werden fest zusammengebunden und das Tier

S5 so in eine Grube geworfen. Nach einer Stunde Hund wieder da.

Der älteste Bruder spricht: „Es wird gut sein, wenn wir diesen

Hund etwas fragen!" Mittlerer Bruder: ,He, Hund, wohin gehst

du?" Hund: „Wohin geht ihr?" „Wir gehen Gott suchen."

Hund: „Wer hat mich und euch geschaffen?" «Alle hat uns Gott

80 geschaffen." „So gewiß euch Gott schuf, hat er auch mich ge¬

schaffen. Warum soll ich nicht auch Gott suchen, wenn ihr es

tut?" Tränen des Hundes. Erkenntnis der Flüchtlinge von der

begangenen Sünde, Beschluß ihn mitzunehmen und abwechselnd zu

tragen. Liebkosen und Streicheln, Wiedergesundwerden der Füße

85 des Hundes *); trotzdem [aus Respekt ?J wird er beim Weitermarsch immer getragen.

Auf dem Gipfel eines Berges eine tiefe Höhle ohne Anfang

und Ende. Entschluß dort eine Stunde zu rasten und nach Ein¬

nahme einer Mahlzeit den Weg fortzusetzen. Entschlummern.

40 Vergebliches Suchen der Leute des Königs nach den Flücht¬

lingen. Vermutung des D., daß sie sich in einer Höhle mit winzig

kleinem Eingang verborgen hätten"). Drohung an seine Leute alle

Bewohner seines Palastes umzubringen, wenn die Flüchtigen nicht

1) Heilung des Hundes auch in M., aber nioht in W.: R. F. S. 525.

2) Diese etwas rätselhafte Andeutung erführt ihre Aufklärung durch W.:

R. F. S. 529.

(5)

Weuh. Zur Getchiehte der Siebenschläferlegende. 293

gefunden würden. ,Wenn ich für diese drei Menschen nioht 3000,

umbringe, so wül ich nicht länger auf meinem Throne sitzen!"

Neue Streife. Einige kommen auf den Gipfel des Berges, verfolgen

menschliche Spuren und gelangen bis zu dem locharügen Eingang

der Höhle. Am Eingang aber brüten Tauben in ihren Nestern und 5

Spinnen haben ihr Netz dort gesponnen. Deshalb Glaube, daß hier

niemand hineingegangen sei. Rückkehr und Mitteilung ihrer Wahr¬

nehmungen und Schlüsse an D. Spruch der Wahrsager, daß Menschen

im Innern der Höhle seien, üm ein Entweichen zu verhindern,

siedelt D. 5000 kalmükische PamUien auf dem Berge gegenüber lo'

dem Eingange an.

Dauer des Schlafes bis zum Er waclien 443 Jahre. In einem

Geldbeutel 11 Miskal (1 = 65 P£). Hirte geht nach Brot'

ins Dorf Bes-kobuk. Bäcker kennt die Münzen nicht und fragt

uach Zeit und Münzberrn. Hirte : „Das Geld fand ich auf der i»

Straße. Ich kenne es auch nicht." Bäcker bemerkt Schriftzüge

darauf. Ein Vorübergehender *) wird gerufen ; der kann lesen und

ermittelt, daß das Geld aus der Zeit des D. stamme, seit welchem

schon sieben Könige regiert hätten; gegenwärtig habe es keine Geltung

mehr. Auf seinen Rat gehen Bäcker und Hirte nach Schließung so

der Brotbude zum König.

Dieser regiert in der Residenzstadt des D. Frage des Königs

nach der Herkunft des Geldes. Gegenfrage des Hirten nach Her-'

kunft des Königs, dann Bereitwilligkeit die eigenen Abenteuer zu

erzählen. König: „Meine Abstammung ist muhammedanisch, Vater 25

und Großvater gehören diesem Glauben an. Bist du nicht Muham¬

medaner?" »Der Herkunft nach bin ich Muhammedaner." Frage

des Königs nach Begleitern .und Aufenthaltsort ünd Zusicherung

von guter Behandlung bei Aufrichtigkeit. Kurze Erzählung des

Hirten : Fünfzahl , Auswanderung aus dieser Stadt auf den Berg, so

Schlaf in einer Höhle, Erwachen und Hungergefühl. Entstehung

der Fünfzahl aus drei Flüchtlingen aus der Stadt + zwei. Infolge

des außergewöhnlichen Falles (Geld aus der Zeit des D.) Zusammen¬

rufen der Astrologen (mit „Theologen" angesprochen). Diese finden

in Büchern , daß die Münzen seit dem Tode des D. außer Kurs ss

seien, seit dessen Todestag 443 Jahre verflossen und sieben Könige

regiert hätten. Finden weiter, daß damals drei Knaben aus Medina

vom Hofe geflohen seien. Die Überlieferung in den Büchern

schwanke zwischen fünf und sechs, Name: „Höhlenbewohner."

Damit Klärung der Sache. 40

Hirte ißt und führt den König mit Gefolge in einer Stunde

zum Berg, geht in die Höhle um seine Gef&hrten vorzubereiten,

weckt sie und teilt ihnen den bevorstehenden Besuch des Königs

mit, der auch Muhammedaner sei. Hirte geht dann hinaus und

1) Dieses Motiv ist hier ungeschickt verwendet, da es die ganze Spannung zerstört. In W. (Jt. F. S. 541) findet es sich auch, aber besser verwertet.

(6)

294 Weyh, Zur Geschichle der Siebenschläferlegende.

lädt den König ein einzutreten. Alles (auch die Gottesgelehrten

mit ihren Büchern) betritt die Höhle. Die Knaben gehen dem

König entgegen, Verbeugung des Königs und seiner Begleitung,

weil beim Anblick der Brüder die Gesichter der Besucher leuchteten

5 wie Fener. Näherkommen unmöglich. Die Gelehrten bestätigen,

daß es die „Höhlenbewohner* sind. Die Knaben schreiben ihnen

folgende Notiz auf: »Wir sind ans Medina gekommen. Wenn ihr

uns fragt, wer wir sind: wir sind die mächtigen Höhlenbewohner.

Kehrt jetzt nach Hause zurück; wenn ihr dort zu uns betet, wird

10 es (fär euch) gut sein."

Der Ort, an dem die Siebenschläfer ruhen, heißt Tuj^uk. Von

Turfan bis zur Stadt des D. Karä-feogä, einer Gründung des D.,

sind 60 Joi (= 28 km), von hier bis BeS-kobuk 2 Joi (= 0,94 km).

Name des mit den Jünglingen schlafenden Hundes Kytmyr. Berg

15 von Karä-^ogä 30 Joi (= 14 km) entfernt.

2. JS.

Die Übertragung erfolgte nach einem Kazaner Druck des Jahres

1859, S. 440—443.

„Man erzählt, daß in Eüm (= Byzanz) ein Kaiser herrschte

so mit dem Namen „der große Verfolger Dakianus". Mit seinem ge¬

waltigen Heere besiegte er pinst einen Nachbarfiirsten und tötete

ihn. Dessen sechs Söhne*) nahm er gefangen. Wie alle Unter¬

tanen sollten ihn auch diese als Gott anerkennen und bezeichnen.

Einst spielte eine Katze mit einer Maus und stürzte mit dem Leuchter

S5 zu Boden. Bei diesem Anblick erschrak D. Als die sechs Jüng¬

linge das sahen, sprachen sie: „Offenbar ist dieser Mann nicht Gott;

er erschrak vor dieser Katze." Nach einer Beratung schlägt der

älteste Bruder, Jamlicha, vor fortzugehen und Gott zu suchen;

am besten lasse es sich beim Ballspiel*) machen. D. pflegte bei

80 den Wettspielen zuzusehen und gewandte Spieler zu beschenken.

Als die Jünglinge an die Reihe kamen, schlugen sie nicht kräftig,

aber allmählich zogen sie sich nach dem Park zu und entfernten

sich immer weiter. In einem Dorfe wechselten sie ihre Kleider

und machten sich auf die Reise. Sie kamen zu einem Hirten, der

85 ihnen saure Milch gab. Zwiegespräch: „Wohin geht ihr?" — »Wir

sind im Begriffe Gott zu suchen." „Ist denn D. nicht Gott?" „Es hat sich erwiesen, daß er es nicht ist." „Wartet eine Stunde, dann

will ich mit ench gehen!" Rückgabe der Schafe an ihre Eigen¬

tümer und Fortsetzung der Eeise.

40 Hund namens Karkarin*), nach anderen Kytmyr. Namen der

Jünglinge: Jamlicha, Maksilmina, Martunus, Menitunus, Sarfunus,

Zyanvanus, Hirte: Kefisitatjunus. Schläge können den Hund nicht

1) In M. W. (R. F. S. 504; 509) sind sie noch nicht Brüder.

2) In W. {R. F. S. 518 f.) etwas abweichend.

3) Sonst nicht belegbar; andere Namen R. F. S. 554.

(7)

Weyh, Zur Oeschichte der Siebenschläferlegende. 295

entfernen. Ein Bein abgeschlagen. Hund spricht: „Wenn der all¬

mächtige Gott euch nötig ist, ist er mir nicht auch nötig?" Hund

auf den Annen mitgenommen. Am Abend Ankimft vor einer

Höhle; darin Schlaf.

D. kam auf der Suche nach ihnen zur Höhle ; als er sah, daß 5

eine Spinne ihr Netz vor die Öffnung gewoben hatte, glaubte er

die Flüchtlinge tot und sprach : .Sie sind vor mir geflohen ; deshalb

sind sie auch umgekommen." Rückkehr nach Hause.

Dauer des Schlafes 309 Jahre; doch wird auch behauptet,

daß mit 9 Monate oder Tage gemeint seien*). Unterhaltung über lo

die Dauer des Schlafes. Einer aus ihrer Mitte soll zum Bazar

gehen, die reinste Sp^se einkaufen und möglichst vorsichtig Er¬

kundigungen einziehen. Jamlicha geht. Bäcker sieht die Münzen,

aus der Zeit des D., die wohl einem gefundenen Schatze ent¬

stammen, und führt Jamlicha zum König Jastakad*), der Musei- i5

mann ebenso wie seine Leute ist. Jamlicha erzählt sofort aus¬

führlich seine Geschichte. Einer der zusammengerufenen Gelehrten

bestätigt die Wahrheit nach einem Geschichtswerk.

Zug zur Höhle. Jamlicha geht voraus in die Höhle, unter¬

richtet seine Gefährten. Als sie von dem bevorstehenden Besuch so

des Königs hören, verlieren sie die Besinnung, kommen aber bald

wieder zu sich. Weiterführung der Erzählung. König kommt

indessen herein und will die Jünglinge in die Stadt bringen »). Die

Jünglinge wollen nicht und verschwinden in der Tiefe der Höhle.

Heimkehr des Königs. Streit zwischen den .Heuchlern", die ein «5

Einkehrhaus errichten, und den Gläubigen, die, siegreich, eine

Moschee errichten.

Juden und Heiden stimmen nicht überein. Mar Ja'ljübi sagt:

.Es waren drei, aber mit dem Hund vier; Melkai ((^ÜCLo)*) ist

für fünf, mit dem Hund sechs; die Gläubigen sagen, daß es sieben so

waren, mit dem Hunde acht." Sure 18,. V. 21.' Abdallah Ibn

Abbas tritt auch für die letztere Berechnung ein.

Gabriel wendet die Daliegenden einmal monatlich von der

rechten Seite zur linken. Mündung der Höhle näch Norden, so¬

daß Sonnenstrahlen niemals das Innere treffen. Von Gott gesandte ss

Diener schneiden Kopfhaar und Nägel*). Der Chalif Moawija soll

vergebens versucht haben sie zu sehen.

1) Diese Spitzfindiglieit erlilärt sich aus dem Wortlaut von Sure 18, V. 24.

Sonst nicht nachweisbar.

2) Dazu vgl. Huber S. 538; 552; 103 und den Namen Estyka unten in K.

3) So auch in den syrischen Homilien des Jacob von Sarug, Huber S. 2.

4) = Anas Ibn Malik? R. F. S. 527.

5) Zu erklären aus einer rituellen Vorschrift des Islam. Znr Verknüpfung mit Peter und Paul (Huber S. 184 und 197 ff.) vgl. die Beschneidung von Haar, Bart und Nägel des Petrus durch den Papst am Gründonnerstag, von der arab.

und türk. Schriftsteller erzählen. Vgl. W. Lüdke, Mitt. d. D. Arcb. Inst., Röm.

Abt. 19 (1904) 135 f.

(8)

296 Weyh, Zur Geschichte der ■Siebenschläferlegende.

3. Kirgisische Fassung (= K.).

Diese Fassung wurde Katanov durch N. N. Pantusov über¬

mittelt, der sie nach der Erzählung eines Kaufmannsohnes aus der

jüngst durch ein Erdbeben zerstörten Stadt Prieval'sk aufzeichnete.

6 ,In alter Zeit verstand man unter Rom ein weitausgedebntes

Reich, das sich viele Länder einverleibt und seinen Namen von

einem seiner tapferen Herrscher erhalten hatte. Ein Herrscher,

Dakianus, bekriegte mit seinem mächtigen Heere einen benachbarten

Pürsten und nahm dessen sechs Söhne gefangen. D. hielt sich für

10 Gott und ließ sich so auch von seinen Untertanen und den Jüng¬

lingen nennen.

Einst fielen beim Spiel zwei Katzen von ungefilhr durch den

Rauchfang in das Zimmer des D. Bei dem unerwarteten Anblick

erschrak D. heftig, so unbedeutend an sich der Anlaß war. Als

15 die Jünglinge seine Feigheit bemerkten, sagten sie sich sofort von

ihm lös und nannten ihn nicht mehr Gott.

Besprechung und Flucht um den wahren Gott zu suchen. An

einem Dorfe Begegnung mit einem Hirten, der seine Hammel weidete.

Frage nach ihrem Reiseziel. Antwort: „Wir suchen den wahren

!o Gott.' ,Ist denn D. nicht Gott?" ,Wäre er Gott, wieso erschrak

er vor zwei Katzen, die durch den Ranchfang in sein Zimmer

fielen?' Rückgabe der Schafe an die Eigentümer; nach einer

Stunde Fortsetzung des Weges.

Name des Schäferhundes: Kitmir. Namen der Jünglinge: Jam¬

's licha, Maksilmina, Maratunis, Manitunis, Sarfunis, Zyanyanus. Hirte:

Kafisittinunis. Prügeln des Hundes und Abschlagen eines Beines

nützen nichts. Hund spricht: „Wenn ihr des wahren Gottes be¬

dürft, sollte ich vielleicht seiner nicht bedürfen?' Tragen des

Hundes auf den Armen. Bei Sonnenuntergang Ankunft vor einer

0 Höhle, in der übernachtet werden soU.

Dauer des Schlafes 309 Jahre. Auf Befehl Gottes wendet der

Erzengel Gabriel sie allmonatlich von einer Seite auf die andere*):

ein zweiter Engel rasiert sie und schneidet ihnen die Nägel.

D. verfolgt die Flüchtigen , kommt zur Höhle , die aber aus-

15 sieht, als ob sie eingestürzt wäre und die Flüchtigen zermalmt hätte.

Worte des D. an sein Gefolge: „Seht, sie haben sich von mir los¬

gesagt , indem sie mich nicht Gott nennen wollten ; dafür wurden

sie bestraft; folglich bin ich Gott.' Rückkehr nach Hause.

Erwachen und Entdeckung der Jünglinge entspricht genau

*o der Erzählung in R., abgesehen von folgenden Punkten:

Der Bäcker führt Jamlicha zum Stadthaupt und dieser ihn

erst zum König. Dessen Name: Estyka. Der König wartet un¬

geduldig zu Pferd vor der Höhle auf die Rückkehr des Jamlicha.

Als er hineingehen will, verliert er unmittelbar vor dem Eingang das 1) Nur auf einer Seite zu schlafen ist auch eine der vielen Arten der Indischen Askese.

(9)

Weyh, Zur Geschichte der Siebenschläferlegende. 297

Bewußtsein. Kommt wieder zu sich, sieht vor sich einen versteinerten

Hund liegen und die Höhle geschlossen. Rückkehr nacK Hause.

Es wird überliefert, daß es nach den Worten der Juden der

Jünglinge vier oder fünf waren ; aber Gott enthüllte ihre Zahl dem

Muhainmed. Indes herrscht hier ebenso wie bei den Juden keine 8

ganz genaue Kenntnis der wirklichen Verhältnisse.

4. Kazan-tatarische Fassung (=

Sie wurde von Katänov einem Büchlein oLsÄJt jjs entnommen,

das 1766 verfaßt, in Kazan oft gedruckt wurde und auch bei den

Barten und Kirgisen weit verbreitet ist. lo

.Einst saß Muhammed und erzäblte folgende Geschichte: Es

lebte ein durch seinen Reichtum und seine Macht bekannter König

namens Dakianus. Er besaß weder Barmherzigkeit noch Scham

ünd war grausam vom Morgen bis zum Abeiid sowohl gegen seine

Großen als auch gegen die einfachen Leute. Er verwüstete viele i6

Länder und vernichtete viel Volk. Damals lebten einige Freunde,

die alle zu fliehen gedachten. Unterwegs begegnete ihnen ein Hirte,

der sie fragte, wohin sie gingen. Sie erzählten ihm alles von sich.

Der Hirte hörte ihnen zu und wunderte sich. Er besaß einen

Hund namens Kytmyr. Der Hirte zauderte keinen Augenblick sich 20

ihnen anzuschließen. Sie schlugen den Hnnd, aber er ließ nicht

von ihnen. Sie gingen alle miteinander weiter und ließen sich in

einer Höhle nieder, die sie fanden. Sie lagen in ihr ohne Schaden

300 Jahre. Einige erzählen, daß es ihrer sechs waren, indem sie

auch den Hund mitrechnen, einige sieben, einige aber vier bis fünf. 25

Namen: Jamlicha KeSafut

Maksilmina , Tabiuvis

0Q6I*

Junus Azarfatiunus

KeSafytnt Juvanus.

Was Wert und Verhältnis dieser Texte zu einander so

betrifl't, so ist der wertloseste T. Er ist stark verstümmelt und ge¬

kürzt, sowohl was den Gang der Erzählung als auch die Motivierung

betrifft, setzt aber die in der arabischen 'Überlieferung als Al-

Kisäl-Text*) bezeichnete Legendenform voraus. Der Grund der

Verstümmelung ist darin zu suchen, daß in T. nicht die Erzählung ss

der Tatsachen die Hauptsache ist, sondern die daran sich an¬

schließenden Vorschriften über die Verwendung der Namen zur

Verhütung von Bösem (s. unten S. 300 f.). Dagegen sind die drei

Fassungen 0. JR. K. wohl abgerundet und gut motiviert und stehen

auch unter sich in Zusammenhang. Eng miteinander verwandt sind *o

B. und K., wie vor allem die genaue 'Übereinstimmung der Namens-

1) Vgl. Huber S. 251—310.

(10)

298 Weyh, Zw Oeschichte der Siebenschläferlegende.

reihen der Jünglinge und der ganze Verlauf der Erzählung erweisen.

Doch weichen M. und K. von einander in folgenden Punkten ab:

In R. versperren Spinnen den Eingang der Höhle, in K. ist sie

eingestürzt Name des Königs: Jastakad {R.) und Estyka (K.);

6 Abweichung unerheblich. In R. wollen die Jünglinge nicht in

die Stadt zurückkehren, sondem verschwinden in der Tiefe der

Höhle; in K. schließt sich die Höhle, sodaß die Jünglinge un¬

sichtbar werden. In R. werden die Jünglinge ohnmächtig, in K. der

König ; das letztere scheint besser motiviert und wohl ursprünglich.

10 In folgenden Punkten weist R. ein Plus gegenüber K. auf: Ball¬

spiel in Anwesenheit des D., Kleiderwechsel, Erquickung der Jüng¬

linge durch Milch Betonung der Reinheit des Brotes, das in der

Stadt geholt werden soll*). Streit zwischen den Konfessionen«).

R. weist eben am meisten literarischen Charakter auf und

15 hat seine Vorlagen am getreuesten übemommen. Begründet wird

das Irrewerden der Jünglinge an D. in R. und K. mit dem Schrecken des letzteren, doch ist die Ursache des Schreckens verschieden.

0. weicht vor allem darin von R. K. ab, daß es die Sieben¬

zahl durch die Dreizahl*) ersetzt, die Erzählung vom Hirten

so und seinem Hunde erweitert und originell ausgestaltet , daß D.

entsetzliche Drohungen ausstößt, als die Flüchtigen nicht-entdeckt

werden ; Ansiedlung von 5000 Kalmükenfamilien, Dauer des Schlafes

443 Jahre, Sendung des Hirten in die Stadt zum Brotkauf*);

Leuchten der Gesichter. 0. folgt außer den persischen Vor-

»5 bildern bald M., bald W. des AI-Kisa i-Textes , wodurch eine ge¬

naue literarische Fixierung sehr ersehwert, ja zunächst unmöglich

wird. Es geht meist mit K. zusammen, hat aber auch einige Züge,

die sich nur in R. finden : Wie in R. D. durch die Spinnennetze *)

vor der Höhle getäuscht wird, so erweckt auch in 0. die idyllische

»0 Ruhe , in der Spinnen nnd Tauben vor dem Höhleneingang ihr

Wesen treiben, in D. den Gedanken, daß die Jünglinge tot seien.

Charakteristisch ist endlich auch die Entlarvung des D. , wobei R.

wieder eine Mittelstellung einnimmt und die Motive von 0. und

K. vereinigt. Die Entlarvung des " D. erfolgt in K. ohne Zutun

S6 der Jünglinge dadurch , daß D. bei einem unbedeutenden Anlaß

heftig erschrickt; in 0. setzen die Jünglinge durch die merk-

1) Auch in M. W. : R. F. S. 520 und 521.

2) Ebd. 8. 538 f.

3) Nacb Ta'labi : R. F. 8. 557 f.

4) Nicbt hieber gehSrt Huber 8. 20, 7; 25. Ausgangspunkt sind viel¬

mehr die persischen Fassungen: Huber 8. 33 f. Merkwürdig ist die angebliche Herkunft aus Medina, aus irgend einem Mißverständnis entsprungen?

5) So auch M., iber nicht W.: R. F. 8. 539.

6) Dieses Spinnenmotiv findet sicb sonst in keiner Fassung. Zum Ursprung und Anwendung vgl. O. Dähnhardt, Natursagen U (Leipzig 1909) 8. 66—68 ff.

und Toldo, Stud. z. vgl. Lit.-Gescb. 8 (1908) 22; 33.

(11)

Weyh, Zw Oeschichte der Siebenschläferlegende. 299

würdige Geschichte von der dressierten*) Katze und der Maus D.

bewußt auf eine Probe, die er nicht besteht. B. hat das Motiv des

Leuchters (aus 0.) beibehalten, allerdings so knapp, daß es ohne

die Fassung in 0. nicht verständlich wäre; und doch macht in B.

die Jünglinge an D. irre der Schrecken, den er zeigt, wie in K. 5

Der Ausgangspunkt für unsere Fassungen ist der

sog. Al-Kisä'I-Text der arabisch-islamischen Tradition, der ebenfalls

Jamlicha an die Spitze stellt. Weggelassen sind die Jugend¬

geschichte des D. , seine wiederholte Milde und Güte gegen die

Jünglinge {B. F. S. 509 ff.) und die Erzählung seines Untergangs, lo

Neue Züge sind folgende : Prüfung bezw. Entlarvung des D.,

das Spinnenmotiv (in R. und 0.) und eine ganz neue Lokali¬

sierung*) der Geschichte in 0., das sich überhaupt am meisten

von der arabischen Tradition entfernt. Nach der Überzeugung der

jetzigen Bewohner Ostturkestans war D. nicht der Herrscher eines 15

femen Eeiches, sondem von Karä-^ogä und erbaute sich diese seine

Residenz selbst. " Der Gmnd dafür ist, "daß sich manche der dortigen

Bauten im Stü von der sonst üblichen Architektur unterscheiden,

die eben deshalb dem D. zugeschrieben werden. Ja diese Ansicht

des Volkes wird auch von den dortigen Gelehrten geteüt, von denen *o

sich einer wissenschaftlich-kritisch mit unserer Legende beschäftigte.

Ein Mullah Kurban Ali, der früher in Sergiopol (Provinz Semi-

rjeßie) gelebt hatte, widmete in einem 1888 gedruckten historischen

Werke auch 27 Seiten unserer Legende. Bei einer Wallfahrt zur

Höhle der Siebenschläfer sammelte er wie ein modemer europäischer is

Forscher verschiedene Erzählungen, darunter auch eine solche über

die Siebenschläfer. Im Anschluß daran sucht er, da er von der

Identität der im Koran genannten und in Ostturkestan verehrten

Jünglinge überzeugt ist, nachzuweisen, daß die Siebenschläfer nicht

aus Kleinasien, sondem äus China, d. h. Zentralasien stammen. Das so

Wort Rüm (= Byzanz) ist für ihn eine Verstümmelung im Volks¬

mund der Tataren aus Urumöi, am Nordabhang des Tien-äan.

Ephesus sei über Tarsus*) — Tarfus — Tarfun aus Turfan ent¬

standen, eine Kette, bei der man unwillkürlich an Voltaire's be¬

kannte Äußerang über Etymologie denkt. Albistan *) sei eigentlich S5

die Niederlassung Astane (etwa 30 km südöstlich von Turfan).

Wertvoller als diese für uns naiven Versuche sind die Namens¬

formen der Jünglinge, die Kurban Ali mitteUt:

1. Maximüian: LUALiX«, LuJuXo, Lju*>*jOi, L«*4.--<uiw«.

2. Jamblich: LjpJUj,. L^Xoi, lipJo», Ls^L«(. «'

1) . Die Dressur, von der in M. (nicht auch in W.) R. F. S. 505 die Bede ist, hat ganz andero Bedeutung. — Berrn Prof. Stumme verdanlie ich den interessanten Hinweis, dafi sich in seinen „Härchen der Berbern von Tamazratt in Südtnnisien" (Leipzig, Hinrichs, 1900) im VI. StOck das gleicbe Hotiv findet.

2) Angebahnt schon in der persiscben Fassung Huber S. 38 f.

8) Vgl. Huber S. 234. 4) Vgl. Huber S. 234.

(12)

300 Weyh, Zur Oeschichte der Siebenschläferlegende.

3. Martian: ^jLy), d^Joy, ^y^f.

4. Johannes: ^jwJjjyjo, (jw^aaIij^ O^i'» LT^Ij^» LT'Ij'J«

5. Dionysius: jjmUJ!^, j*<J^aaJj (j<.!jj»j, y^Jt.o.

5

(Katanov's ^^yM^Sy ist wohl nur Druckfehler.)

6. Konstantin: {j j.*.^^; t^~^, ifj .'. ^ «> JaLi >

Wir werden dem ostturkestanischen Kollegen in seinen Hypo¬

thesen nicht beistimmen, sondem daran festhalten, daß die Legende

10 zuerst in Ephesus lokalisiert wurde. Die Lokalisierung in

Ostturkestan ist erst eine sekundäre. Die Gründe dafür sind

leicht einzusehen. Mit der geographischen Verschiebung der Legende

in ein ganz anderes Milieu waren die geschichtlichen Voraus¬

setzungen der christlichen Legende unverständlich geworden. Dem¬

is gemäß wurde die Legende islamisiert. Die Jünglinge sind eigentlich

Anhänger des Islam, bevor er noch von Muhammed gepredigt wurde;

D. ist kein Christenverfolger mehr, sondern dei- sich für Gott

haltende, vom Größenwahn gepackte Herrscher; der König, unter

dessen Regiernng die Jünglinge wieder erwachen , ist wie seine

20 Vorfahren und seine Untertanen Muhammedaner. Der Zweck der

Erzählung ist nicht mehr religiös-dogmatisch wie in der christ¬

lichen Legende. Die Erzählung soll einfach unterhalten und

die auffallenden Bauten in Karä-l)ogä erklären; daher ihre Aus¬

stattung mit vielen Märchenzügen, die sich besonders an die

«5 Person des D. heften. Diese Befreiung von der religiös-dogmatischen

Tendenz der christlichen Legende und die Lokalisierang an auf¬

fallenden Orten der Heimat hat zur Folge, daß wir die ost¬

turkestanische Fassung eigentlich nicht mehr als Legende

bezeichnen dürfen, sondern sie in die Gattung der Sagen ein-

30 reihen müssen. Darin beruht das Interesse dieser Passung. Ich

kenne kein zweites, so klares Beispiel dafür, wie eine christliche

Legende in fremdem Lande, in fremdem Milieu den

Übergang zu einer Sage erlebt, einer Sage, die sich in ihrer

östlichsten Ausgestaltung, in ihrer neuen Heimat, noch lebendiger

S5 im Volksmund erhalten hat als in ihrem Ausgangspunkt und in

Europa, wo sie im ganzen doch nur mehr ein Buchdasein fristet.

Es leuchtet ein, daß die Rolle der Siebenschläfer im

Aberglauben*) bei den Mongolen eine wichtige ist. T. sagt

1) Vgl. Haber 8. 135; 138; 308 bis 310. Nacb brieflieber Mitteilung von Katanov belfen die Namen und Abbildungen bei den Russen gegen Schlaf¬

losigkeit, bei den Tataren dem Kinde gegen Weinen, dem Kaufmann zu Käufern, der Witwe zu gutem Leben, dem Verliebten zur Erringung von Liebe.

(13)

Weyh, Zur Geschichte der Siebenschläferlegende. 301

darüber folgendes: ,Der Name eines jeden hat seine besondere

Eigenschaft. Wer ihre Namen reinen Herzens ausspricht oder sie

nur bei sicb trägt, der erhält die Erfüllung seiner Wünsche, bleibt

unversehrt, bleibt Sieger; ihm und seinen Eltern werden die Sünden

vergeben. Er bleibt von Kummer und Krankheit, von ünglück 5

und Gram verschont. Wer vora Morgen bis zum Abend die Namen

bei sich trägt, wird lange und glücklich leben. Wer sie raorgens

und abends liest, dera vergibt Gott seine Sünden, der versinkt nicht

im Wasser und verbrennt nicht im Feuer. Schreibt man die Namen

auf ein Stück Papier, steckt dieses in einen Wollfleck und wirft 10

das Ganze in ein Feuer, so erlöscht es sofort. Stehen die Namen

auf einem Stücke unserer Habe, so raubt es weder Dieb noch

Wasser noch Feuer. Schreibt man die Naraen auf einen Holzspan

und befestigt ihn am Brot, so berührt keine Heuschrecke das Brot.

Papier mit den Namen beschrieben und an ier linken Seite einer 15

Schwangeren befestigt, erleichtert die Geburt, wie ja überhaupt

diese Namen dem Menschen die Erfüllung seiner Wünsche erleichtern ;

man muß aber nicht nur die Namen der Jünglinge sehreiben, sondern

auch den Namen des Hundes. Man graviert sie gerne auf Finger¬

ringe, Gürtelschnallen und Siegel." 20

Demgemäß werden in Kazan in großen Auflagen lithographierte Tafeln („Einblattdrucke") hergestellt, in verschiedener Größe*), die

als Schmuck der Wohnungen und zum Schutze der Bewohner und

des Inv eil cars dienen. Die Namen sind entweder in einem Kreis

mit 2—3 cm Radius angeordnet, so in einer in meinem Besitz be- 25.

findlichen kazan-tatar. Broschüre von 1909, die eine tatarische Sage über die Siebenschläfer und ihre Naraen in der siegelartigen, kreis¬

förmigen Anordnung enthält ; die unvokalisierten Namen sind : Jam-

lihä, Maksilmina, Mitllnä, Marnü§, DabarnüS, äädnüS, KefeStatiüS,

Kitmir , stimmen also im ganzen mit den von Katanov nach einer so

1901 gedruckten Tafel mitgeteilten Namen (Jamlicha, Maksilmina,

Maslina, Marnus, Dabamus, Saznus, KefastatiuS, Kytmyr) überein.

Die Kreise werden ausgeschnitten und dort angehängt, wo sie gegen

Diebe, Wasser und Peuer schützen sollen.

Eine spezielle Aufgabe ist schließlich dem Hunde Kitmir zu- 35

gefallen. Wollen die Tataren einen Brief vor Verlust schützen, so

schreiben sie auf die Adreß-Seite den Naraen des Hundes, und der

Narae ersetzt dann schließlich und vertritt den russischen Vermerk

zakaznoe (= Eingeschrieben !). So sehen wir den Naraen in Ver¬

bindung mit einer postalischen Einrichtung der jüngsten Vergangen- heit lebendig weiterleben.

1) Die zwei in meinem Besitz befindlicben Exemplare, die ich der Liebens¬

würdigkeit von Katanov verdanke, sind 22 X 18 cm groß. Es gibt aber welche

bis zu 71X53 cm und mehr. Preis 3—8 Kopeken (= 10—25 Pf.).

2 5

(14)

302

Zu den altpersischen Keilinschriften von Bagistan.

Von A. Hoffmann-Kutschke.

Über meine Dissertation, die 1909 im Buchhandel erschien,

hatte "Weißbach 1909 in dieser Zeitschrift (ab S. 830) gesprochen,

und seine Ausstellungen hat z. T. Bork (ZDMG. 1910, S. 569/580)

angegriffen. Es sei mir erlaubt auf. einiges davon zurückzukommen.

6 Auf S. 832 (1910) nahm W. die Herren King und Thompson

mit ihrer Bagistän-Inscbriftenausgabe in Schutz, betreffs Qandwmava;

die betreffende Anmerkung der beiden Herren „daß das -wa-Zeichen in elamisch Kantuma- dem -tu- ohne Lücke folge" ist klar; daran habe ich auch nichts auszusetzen gehabt. Nur tadelte ich in meiner

10 Dissertation und in der kürzeren Broschüre , daß die Herren K.

und Th. die Anmerkung selbst nicht beachtet haben. Statt nun

das nicht ganz klare Oandutava in Gandumava (nach Kantuma-,

elamisch, das selber zu Kantumama zu ergänzen ist) zu verbessern, setzten sie im iranischen Text : Gandutava und in der Übersetzung

16 des elamischen Textes Gandu tava ein, während sie im elamischen

Texte Kantuma- haben. Korrektheit kann man das nun gerade

nicht nennen. Infolgedessen konnte auch Marquart's Vergleich

des Ortsnamens Gandumava mit Gandumin nicht wahrscheinlich

werden, worin er jedoch Recht hat.

ao Auch Weißbach nennt noch 1909 in seiner Abhandlung

,Zum' babylonischen Kalender" in „Hilprecht, Anniversary Volume*

in der Tabelle zu S..290 den Ort Gandutava.

In Bagistän V hat selbst Herzfeld in seinen „Iranischen

Felsreliefs" (1910 E. Wasmuth, Berlin) noch „Saken am Tigris«,

26 nach Weißbach's Ablehnung der von mir übernommenen Deutung

Oppert's, Justi's und Poy's „Saken [welche den Helm] spitz

(tigra) tragen*. In Herzfeld's Arbeit steht übrigens auch noch

die Schlacht von Kundurusch als am ,26. Adukänisch* angegeben,

während sie doch am 25. Adukanischa war ; auch heißt der Perser

80 Windafama bei Herzfeld (S. 191) noch Windafra (was durch

K. & Th. als falsch nachgewiesen wurde), der Ort Kampanda noch

Kampada, die Saka Homavarga noch Saka und Haumavarka,

2 5

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