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Archiv "So wenige Transfusionen wie möglich" (20.04.1989)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

K RZBERICHTE

So wenige

Transfusionen wie möglich

Die Transfusion von Erythrozy- ten ist eine lebensrettende Maßnah- me bei der Behandlung einer Viel- zahl internistischer und chirurgi- scher Zustände. Seit kurzem hat die AIDS-Epidemie die Furcht vor der Übertragung von Infektionskrank- heiten durch Transfusionen erhöht.

Darüber hinaus gibt es neue Infor- mationen über die Bedeutung peri- operativer Anämie. Diese Entwick- lungen haben eine erneute Prüfung der Nutzen-Risiko-Relation von Transfusionstherapien stimuliert.

Zur Bewertung dieser Behand- lungsmethode veranstaltete das Na- tional Institute of Health (NIH) in Bethesda, Maryland, vom 27. bis 29.

Juni 1988 eine Consensus Develop- ment Conference über perioperative Erythrozytentransfusion ab. Basie- rend auf den dort vorgelegten wis- senschaftlichen Daten verfaßte ein Ausschuß von Vertretern der Ärzte- schaft, von Blutbanken und aus der breiten Öffentlichkeit ein Konsen- sus-Statement. Nachstehend die Er- gebnisse dieses Ausschusses:

Die moderne Chirurgie- und Anästhesie-Praxis wurde bisher von dem Glauben geleitet, daß ein Hä- moglobinwert unter 10 g/dL oder ein Hämatokritwert unter 30 Prozent auf die Notwendigkeit einer periope- rativen Erythrozytentransfusion hin- weist.

Die gängige Praxis legt nahe, daß die meisten Patienten mit Hä- moglobinwerten > 10 g/dL selten pe- rioperative Transfusionen benötigen, während Patienten mit akuter An- ämie und Hämoglobinwerten < 7 g/

dL häufiger Blut brauchen.

Ein einzelnes Kriterium kann gutes klinisches Urteilsvermögen als Basis einer Entscheidung über eine perioperative Transfusion nicht er-

Ein „Consensus-Statement"

aus den National Institutes of Health (USA)

setzen. Die Entscheidung zur Ery- throzytentransfusion hängt von der klinischen Einschätzung ab, gestützt auf Labordaten wie z. B. arterielle Sättigung mit Sauerstoff, Sauerstoff- druck, Herzminutenvolumen, Rela- tion der Sauerstoffextraktion sowie Blutvolumen, wenn angezeigt.

Viele Ärzte und Patienten sind besorgt, daß eine Anämie die peri- operative Morbidität steigern könn- te. Es gibt keine Beweise, daß milde bis mäßige Anämie zu perioperativer Morbidität beigetragen hat. Zum Beispiel wird die Heilung bei norma- lem Blutvolumen nicht durch An- ämie gefährdet.

Einige der Risiken in Zusam- menhang mit homologer Erythrozy- tentransfusion sind die Übertragung des Hepatitisvirus, des HIV-Virus und T-Zellen-lymphotropischer Vi- ren (HTLV-I), des Zytomegalie-Vi- rus und — selten — andere Mikroben wie zum Beispiel Epstein-Barr-Vi- rus, Babesia, Parvo-Virus und Plas- modium. Aus diesem Grunde sollte die Anzahl der homologen Transfu- sionen auf ein Minimum begrenzt werden.

Obwohl die homologen Erythro- zytentransfusionen sicherer werden, sollten sie nicht als Ersatz für gute Chirurgie- und Anästhesie-Technik betrachtet werden. Der Fortschritt im Anästhesie-Bereich hat dem Chirurgen mehr Zeit gegeben, hin- sichtlich der Hämostase sehr sorgfäl- tig zu arbeiten, und neue chirurgi- sche Techniken haben die Möglich- keiten des Chirurgen verbessert, Blutungen unter Kontrolle zu be- kommen

Heute steht eine Vielzahl von Alternativen zu homologen Transfu- sionen zur Verfügung. Einige davon sind der Einsatz von autologem Blut, präoperativ gesammelt, sowie die in- traoperative Blut-Rückgewinnung, die bei einigen Applikationen sicher zu sein scheint und den Bedarf an homologen Transfusionen reduziert.

Darüber hinaus sind auch pharma- kologische Vorgehensweisen zur Re- duzierung des Bedarfs an homologen Transfusionen hoffnungsvoll.

Die Hämostase könnte zum Bei- spiel durch den Einsatz von Des- mopressin und rekombinantem Ery- thropoietin (r-HuEPO) verbessert werden und die verfügbare Blutmen- ge für autologe Transfusionen erhö- hen.

Einige erforderliche For- schungsinitiativen sind: Studien über die Wirkung von Anämie auf den Grad der Genesung und die Dauer des Krankenhausaufenthaltes; die Entwicklung von Prädikatoren, die die Notwendigkeit perioperativer Erythrozytentransfusionen besser definieren; zusätzliche Studien über den Wert direkter Blutspenden; die Entwicklung von Möglichkeiten, Transfusionen sicherer zu machen;

die Entwicklung zweckmäßiger Blut- ersatzmittel sowie die Ermittlung des Risikos von durch Transfusion über- tragenen Infektionen mit Hilfe zeit- gemäßer Blutspende-Screening-Ver- fahren und Bewertung neuer Maß- nahmen zur Identifikation infizierter Blutspender. Jhn

Einzelne Kopien des kompletten NIH Consensus Statement über perioperative Erythrozytentransfusionen sind kostenlos erhältlich beim Office of Medical Applica- tions of Research, Building 1, Room 216, National Institute of Health, 9000 Rockvil- le Pike, Bethesda, Maryland 20892, U.S.A.

A-1134 (66) Dt. Ärztebl. 86, Heft 16, 20. April 1989

(2)

Tabelle 1: Wirkung der Strahlentherapie (ST) alleine und der kombi- nierten Strahlen- und Hyperthermiebehandlung (ST + HT) bei glei- cher Strahlendosis auf den Tumor

Tumorlokalisation Literatur

Anzahl der ST allein ST und HT

Tumoren in % in %

Brustwandrezidive Perez et al.

van der Zee et al.

Scott et al.

Gonzales et al.

Lindholm et al.

Li et al.

Dunlop et al.

Overgaard et al.

35 40 34 18 66 42 32 14

43 0 47 33 35 36 67 40

86 24 94 78 70 73 82 78 Primäre Mamma-Karzinome

Morita et al.

Savchenko et al.

Hals-, Nackentumoren Arcangeli et al.

Scott et al.

Valdagni et al.

Emami et al.

Goldobenko et al.

Datta et al.

Uterustumoren Hornbeck et al.

Datta et al.

Morita et al.

Gastro-Intestinale Tumoren Muratkhodzhaev et al.

Hiraoka et al.

Goldobenko et al.

Mentesjasjvili et al.

Savchenko et al.

* Complete response (modifiziert nach Overgaard, 1988) 81

18 36 160 65 65

42 22 37 13 86 32

79 88 82 38 100 55

66 53 24

35 58 71

72 74 90

313 24 48 117 101

25*

10 0*

33*

55 22

507

50 77

100 87

63*

43 11*

69*

71

Die lokale Hyperthermie

Zum Stand der klinischen Forschung

Es ist eine lange bekannte und inzwischen auch eine gut belegte Tatsache, daß lokale Hyperthermie die Wirkung therapeutischer Be- strahlung und systemischer Chemo- therapie verstärken kann Eine gro- ße Datenfülle ist in den vergangenen Jahren auf dem biologischen und technischen Sektor wie auch bei kli- nischen Fragen für den Einsatz der Hyperthermie in der Tumortherapie erarbeitet worden, so daß sie heute in vielen Kliniken als Kombinations- therapie zum Einsatz kommt Ihre Zahl nimmt weltweit zu, unter ande- rem auch in der sogenannten dritten Welt. Insbesondere als Behand- lungsmodalität großer oberfläch- licher Tumoren sind erhebliche Fort- schritte erzielt worden (Überblick in:

Streffer, 1987, Arcangeli et al., 1988, Overgard et al., 1988).

Stand der klinischen Studien

An vielen Kliniken - in der Bun- desrepublik Deutschland beispiels- weise in Essen, München, Freiburg, Erlangen - laufen große, zum Teil auch prospektive randomisierte Stu- dien über Hyperthermie-Behandlun- gen. Die Tabelle 1 zeigt die Ergebnis- se der Phasen I und II für die Kom- binationsbehandlung (Bestrahlung und Hyperthermie), aufgeschlüsselt nach verschiedenen Tumorlokalisa- tionen. Die Nebenwirkungen sind gering, ein deutlich verbesserter Therapieeffekt kann nachgewiesen werden. Dies trifft ebenfalls auf die Gruppe der tiefsitzenden uterinen und gastrointestinalen Tumore zu.

Aus der Analyse des Datenmaterials ergab sich für die Definition der ran- domisierten Phase-III-Studien we- gen ihrer Häufigkeit ein Schwer- punkt bei den oberflächlich liegen- den Tumoren (insbesondere Hals- Nacken-Tumoren, rezidivierende Mamma-Karzinome usw.). Diese werden in multizentrisch angelegten Studien unterteilt in die Behandlung

von Primärtumoren und von bereits rezidivierenden Tumoren. Tabelle 2 gibt einen Überblick über die be- rücksichtigten Entitäten und den Stand der Untersuchungen. Nur we- nige sind bereits abgeschlossen. Al- lerdings wird dieses innerhalb der

nächsten Jahre bei wichtigen Studien der Fall sein. Die Ergebnisse dieser Arbeiten sind von erheblicher Be- deutung, um die Hyperthermie wis- senschaftlich abgesichert in ein Ge- samtbehandlungskonzept maligner Erkrankungen einzuordnen.

Dt. Ärztebl. 86, Heft 16, 20. April 1989 (69) A-1135

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KONGRESSNOTIZ

Adenomatöse Polypen bei Colitis ulcerosa

In den USA beginnt zur Zeit ei- ne umfangreiche Studie über die Wirkung von lokaler und regionaler Hyperthermie in Kombination mit Chemotherapie. Für die Gruppe der tiefsitzenden Tumoren haben bereits Phase-I- und -II-Studien begonnen;

hierbei stellen insbesondere techni- schen Probleme, wie zum Beispiel die Applikation ausreichender Ener- gie in tiefsitzenden Tumoren, derzei- tig noch die limitierenden Faktoren dar. Die verschiedenen Methoden der interstitiellen Hyperthermie be- finden sich überwiegend noch im Phase-I-Stadium.

Weitere Forschungs- schwerpunkte

In dieser Entwicklungsphase der Hyperthermie werden unter ande- rem zwei wichtige Fragen diskutiert:

> Welche tumorinhärenten Fakto- ren mit prognostischer Relevanz de- terminieren einen möglichen Erfolg dieser Therapieform?

> Welche klinisch praktikablen Un- tersuchungen sind für die Auswahl von Tumoren durchzuführen?

Neben der Lokalisation, der Hi- stologie, einer möglichen Vorbe-

handlung und dem Allgemeinstatus sind weitere Parameter bestimmend:

große Tumoren reagieren offensicht- lich relativ besser als kleine auf eine Kombinationstherapie. Der Blutper- fusion von Tumoren wird ebenfalls ein erheblicher Einfluß beigemessen.

Es zeigt sich, daß diese gegen- über den tradierten Behandlungsfor- men vergleichsweise junge Therapie sich in allen Bereichen, insbesondere in der biologischen und physikali- schen Grundlagenforschung, in der Entwicklung der dazu notwendigen Technik, aber auch in der klinischen Anwendung in einer Aufwärtsent- wicklung befindet. In den nächsten zwei bis vier Jahren werden weitere prospektive und randomisierte Pa- tientendaten für eine differenzieren- de Gesamtbeurteilung vorliegen.

Dies wird dann die Einordnung in die klinische Routine ermöglichen.

(Literatur beim Verfasser).

Anschrift des Verfassers:

Friedrich Steinberg Institut für

Medizinische Strahlenbiologie Dir. Prof. Dr. C. Streffer Universitätsklinikum Essen Hufelandstr. 55

4300 Essen 1

Die Colitis ulcerosa totalis gilt als potentielle Präkanzerose, wobei der Weg über die Epitheldysplasie geht. Daneben scheint jedoch auch eine Karzinomentstehung auf dem Boden adenomatöser Polypen mög- lich. Die Autoren vom Istituto di Medicina Interna der Universität Pa- dua berichten über koloskopische Untersuchungen bei 292 Patienten mit Colitis ulcerosa, bei denen insge- samt 772 Untersuchungen durchge- führt wurden. 109 Patienten wiesen eine Colitis ulcerosa totalis, 183 eine Linksseitencolitis auf. Insgesamt fan- den sich 58 entzündliche Polypen bei 16 Patienten, 26 adenomatöse Poly- pen bei insgesamt 20 Patienten, in zwei Fällen fand sich ein fokales Adenokarzinom. Eine mäßiggradige bis schwere Dysplasie konnte bei acht von 72 Patienten (2,9 Prozent) ohne adenomatöse Polypen doku- mentiert werden, während bei Pa- tienten mit adenomatösen Polypen in 65 Prozent dysplastische Verände- rungen gefunden wurden. Zusam- menfassend läßt sich feststellen, daß bei Patienten mit einer Colitis ulce- rosa in 6,8 Prozent adenomatöse Po- lypen gefunden werden können. Die- se Adenome finden sich auch bei jungen Patienten und bei Patienten, bei denen die Colitis ulcerosa weni- ger als 7 Jahre besteht. Ab einem Durchmesser von über 5 mm dürfte es sich nicht um Pseudopolypen, son- dern um adenomatöse Polypen han- deln, die mit der Diathermieschlinge abgetragen werden sollten.

Sturniolo G. C., A. Martin, R. D'Inca, A.

D'Odorico, C. Montino, A. Cecchetto, R.

Naccarato: Adenomatous polyps in ulcera- tive colitis.

(Digestive Desease Week, New Orleans, 1988)

Tabelle 2: Derzeitiger Stand multizentrischer klinischer Hyperther- mie-Studien (Phase 1-111) für Hyperthermie alleine oder als Kombina- tionsbehandlung mit Strahlentherapie oder Chemotherapie

1987 1988 1989 1990 1991 A. lokale HT und ST:

Hals-, Nacken-Tumoren x x x x

Brust, Weichteilsarkome x x x x

malignes Melanom x x x

Nackentumoren x x x

Brustwandrezidive x x x x

regionale HT:

fortgeschr. Beckentumoren 0 x x x

B. Interstitielle u. endokavitäre HT:

Zungengrundtumoren +x x x x

Ösophagus +x x x x

C. HT alleine oder mit CT:

Ganzkörper HT x

lokale HT u. CT x x x

regionale HT u. CT 0 x x x

O Phase I, + Phase II, x Phase III

HT Hyperthermie; ST Strahlentherapie, CT Chemotherapie (modifiziert nach Arcangeli et al., 1988)

A-1136 (70) Dt. Ärztebl. 86, Heft 16, 20. April 1989

Referenzen

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