DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
KURZBERICHT
Saudi-Arabien:
Bau-Boom sondergleichen
Saudi-Arabien hat sich zum am schnellsten wachsenden Markt der Welt für medizinisches Gerät entwickelt, stellt die saudi-arabi- sche Botschaft in Bonn in einer In- formationsschrift fest. Man kann hinzufügen: Das Königreich hat einen Bauboom sondergleichen für jegliche Einrichtungen des Ge- sundheitswesens, vor allem für Krankenhäuser bis hin zu hoch- spezialisierten Einrichtungen, er- lebt. Zwischen 1980 und 1985 wur- den nach offiziellen Angaben fast zehn Milliarden Dollar für Gesund- heitsprojekte allein vom Gesund- heitsministerium ausgegeben.
Hinzu kommen nicht näher bezif- ferte Ausgaben von 15 weiteren Ministerien.
Heute gibt es in Saudi-Arabien, das sieben Millionen Einwohner hat, 126 Krankenhäuser und 1830 Gesundheitszentren für die ambu- lante Versorgung. Die Bettenka- pazität beläuft sich auf 30 000 (vor zehn Jahren: 47 Krankenhäuser mit weniger als 10 000 Betten).
Der neue Fünfjahresplan (1985 bis 1990) stellt weniger auf Expansion als auf Verbesserung der Qualität ab. So soll die Zahl der Spezialkli- niken und Forschungseinrichtun- gen erhöht werden. Größtes Pro- jekt ist die König Fand Medical Ci- ty in der Hauptstadt Riad, die 1986 fertiggestellt sein soll und Kosten von 570 Millionen Dollar verschlin- gen wird. Im Aufbau ist daneben eine psychiatrische Klinik mit 1000 Betten.
Die Saudis haben zweifellos das Beste weltweit eingekauft, was für das Gesundheitswesen zu haben ist, aber sie haben immer noch Probleme mit dem medizinischen Personal (was, nebenbei, auch re- gelmäßig im Stellenanzeigenteil des Deutschen Ärzteblattes zu er- kennen ist). Die Gesamtzahl des medizinischen Personals beläuft sich auf 21 000 (1984). Ein Großteil
davon kommt aus dem Ausland.
Man hofft, so heißt es, „daß am Ende dieses Jahrhunderts die überwiegende Zahl der Ärzte und Pfleger aus dem Königreich selbst stammen wird". Zu diesem Zweck wird mit Hochdruck am Ausbau auch der medizinischen Ausbil- dungsstätten gearbeitet.
Saudi-Arabien ist an deutschen Fachkräften, nicht zuletzt auch an Ärzten, interessiert und bereit, sie gut zu honorieren. Gleichwohl macht es Schwierigkeiten, für Ge- sundheitseinrichtungen qualifi- ziertes deutsches PerSonal zu be-
kommen, vor allem für solche Krankenhäuser, die außerhalb der Hauptstadt oder der anderen gro- ßen Städte liegen. Das betrifft vor allem leitendes Personal. Jüngere Ärzte, die noch in Weiterbildung befindlich sind, können nach Aus- kunft der Bundesärztekammer zur Zeit ohne Schwierigkeiten Weiter- bildungszeiten an der medizini- schen Fakultät der König-Saud- Universität in Riad anerkannt be- kommen. Die Anerkennung von Weiterbildungszeiten an anderen Krankenhäusern wird nach Aus- kunft des Hauptgeschäftsführers der Bundesärztekammer, Dr.
Heinz-Peter Brauer, zur Zeit ge- prüft, darüber laufen Verhandlun- gen, unter anderem mit der GTZ in Frankfurt und saudi-arabischen Stellen.
Umfassende Informationen über die Entwicklung Saudi-Arabiens
und speziell der Hauptstadt Riad gibt eine Wanderausstellung, die von der Stadt Riad, von der Bon-
ner Botschaft des Königsreichs Saudi-Arabien, dem saudischen Informationsministerium und der Deutschen Welle ausgerichtet wird. Erste Station der Ausstel- lung ist Köln. Dort läuft sie vom 12.
bis zum 21. September. Es folgen Stuttgart (5. bis 9. Oktober) und Hamburg (7. bis 11. November).
Die Ausstellung ist in erster Linie der Hauptstadt gewidmet („Riad gestern und heute"), bringt aber auch allgemein Informationen über das Land, auch über das Ge- sundheitswesen und die Sozial- fürsorge. Der Botschafter des Kö- nigreichs Saudi-Arabien, R. M.
Nowilaty, mahnte anläßlich einer Pressekonferenz zur Ausstellung, auch tatsächlich die volle Wahr- heit über das Land zu schreiben — nun, jeder Interessierte kann sich selbst an Hand der Ausstellung ein Bild machen.
Der stellvertretende Informations- minister des Landes, Dr. Jam- joom, erinnerte vor der Bonner Presse daran, daß viele junge Leu- te aus Saudi-Arabien in Deutsch- land studieren und studierten und die Beziehungen zu Deutschland traditionell eng seien. Man wolle mit dieser Ausstellung nun den Deutschen zeigen, „was wir mit ihrer Technologie und Hilfe haben leisten können". Auf den techni- schen Fortschritt und den An- schluß an die Moderne sind die Verantwortlichen besonders stolz.
Man zeige, so der Botschafter, daß der Islam den Fortschritt auf- nehmen könne, ohne den Boden der Religion zu verlassen. Der stellvertretende Bürgermeister des innerhalb einer Generation zur Millionenstadt angewachse- nen Riad, M. AI-Angary: „Die Ein- wohner bekommen heute alles, was das moderne Leben bietet."
Ein Vertreter der Botschaft von Saudi-Arabien bedeutete dem Chronisten lächelnd, das Bild von Tausendundeiner Nacht, das viele Deutsche vielleicht noch vor Augen hätten, stimme schon längst nicht mehr. NJ Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 38 vom 18. September 1985 (19) 2703